Kapitel 5

5

Haunstetten bei Augsburg, Juni 2024

 

Nachdenklich schaufelte Rick die Spaghetti in sich hinein. Ungefragt hatte sich sein Hirn auf eine Reise in die Vergangenheit begeben. Es war alles so einfach gewesen, damals. Wie hätte er auch ahnen können, wie sich seine erste große Liebe entwickeln würde? Sein ganzer Himmel hing voller Geigen. Der Ärger, den es gegeben hatte, als die Lehrer sein zerschrammtes Gesicht bemerkten, hatte sein Glück nur kurzfristig trüben können. Daniel hatte zwar am Morgen Sonja und eine Freundin alarmiert, die es vor dem Frühstück mit Utensilien aus ihren Schminkkoffern geschafft hatten, das blaue Auge und den Bluterguss an der Wange weitgehend zu kaschieren, aber eben nicht völlig. Dazu stach die geschwollene Nase regelrecht aus Ricks Gesicht heraus. Die Lehrer hatten ihm die Erklärung, dass er im Dunkeln gegen die Toilettentür geknallt war, nicht wirklich abgenommen. Doch schließlich hatten sie die Sache auf sich beruhen lassen, als niemand aus der Klasse ähnliche Verletzungen aufwies, die auf eine Prügelei hingedeutet hätten. Nur der Hostelbesitzer, der am Morgen seine Runde durch die Frühstückstische machte, sah ihn nachdenklich an, und Rick fiel siedendheiß ein, dass vermutlich er es gewesen war, dem bei einer späten Kontrolle der offene Riegel an der Hintertür aufgefallen war. Doch der gute Mann hielt dicht, was er ihm hoch anrechnete. Für den Rest des Aufenthaltes in Amsterdam versuchte er, sich auf das Programm zu konzentrieren und nicht unablässig an Kim zu denken. Leicht war es nicht und oft genug stieß Joe ihn an, wenn er wieder so sehr in Gedanken versunken war, dass er ständig vor sich hin grinste. Mehrmals beschwerte sich Joe, dass mit ihm nichts mehr anzufangen war. Aber was sollte Rick tun? Er war mit Haut und Haaren verliebt und sein Kopf voller Pläne, wie er sich die Zukunft mit Kim vorstellte.

Seine Eltern, denen er schließlich von ihr erzählte, waren nicht ganz so begeistert von seinen Ideen. Aber sie ließen ihn gewähren, so lange sich seine Leidenschaft nur aufs Briefeschreiben bezog. Und er schrieb viel. Berichtete Kim von sich und schilderte ihr euphorisch seine Pläne. Er war enttäuscht, als sie nicht mit dem gleichen Enthusiasmus antwortete, sondern ihre Zusagen für ein Wiedersehen eher vage hielt. Im Sommer hätte sie leider keine Zeit für einen längeren Besuch von oder bei ihm, schrieb sie, was seinen Plänen einen herben Dämpfer versetzte. Dann kam schon wieder der Schulstress, der sich durch den Druck, ein gutes Abitur abzuliefern, zunehmend verstärkte. Bald wurden die Abstände zwischen den Briefen länger und die Schreiben dafür kürzer. Und als Rick für ein neues Mädchen brannte, wusste er nicht mehr, was er Kim sagen sollte. Sie blieben in Kontakt, tauschten später E-Mail-Adressen und Handy-Nummern aus und schrieben sich immer mal wieder Nachrichten. Er mochte und schätzte Kim nach wie vor, doch seine Liebe zu ihr war in der großen Entfernung zwischen Bayern und den Niederlanden verloren gegangen.



 

»Woran denkst du?«, riss Marijke ihn aus seinen Gedanken. »Du scheinst kilometerweit weg zu sein.«

»Bis in Holland«, lächelte Rick.

»Da habe ich wohl alte Wunden aufgerissen.«

»Nein. Es war nur ein Anstoß, an frühere Zeiten zu denken.«

»Ich würde sehr gern mal wieder hinfahren«, bekannte Marijke.

»Ach Ricky«, seufzte er. »Ich weiß, dass du das willst, aber …«

»Es ist mir klar, dass du dich nicht so richtig traust«, fiel sie ihm ins Wort. »Aber was soll nach so langer Zeit denn noch passieren? Ich möchte so gern zurück nach Den Bosch. Und ein bisschen mehr von den Niederlanden kennenlernen. Oder Orte wiedersehen, an denen wir gemeinsam waren. Erinnerst du dich an die Zaanse Schans?«

Rick schluckte schwer. Selbstverständlich erinnerte er sich.

»Tut mir leid, Pa«, sagte Marijke leise und legte ihm die Hand auf den Arm.

Er streichelte sie kurz. »Muss es nicht, Schatz. Es ist alles gut.«

»Ich würde auch gerne Ma besuchen.« Ihre Stimme war nur ein Flüstern.

Rick nickte. »Natürlich. Vielleicht ergibt sich eine Gelegenheit. Ich werde mal mit Maarten sprechen.«

»Au ja, tu das. Es wäre toll, alles mal wiederzusehen.«

Er lächelte zustimmend. Dann wechselte er das Thema. »Und was machst du mit deinem Bossenaar? Wird das was Ernstes?«

»Pfff«, machte Marijke. »Woher soll ich das wissen? Wir haben gerade ein paar Sätze miteinander geredet.«

»Aber du nimmst seine Einladung an?«

Sie zuckte mit den Schultern. »Ich glaube, ja«, entschied sie. »Es wird Zeit, nach vorn zu sehen.«

 

»Echt jetzt? Du gehst schon mit ihm essen? Das ging ja schnell.« Lea kicherte.

»Ja, ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist«, gab Marijke zu und sah stirnrunzelnd auf ihr Smartphone, von dem ihr das Gesicht ihrer zwei Jahre jüngeren Freundin entgegenlachte.

»Ich schon. Du hast endlich beschlossen, Dominik Geschichte sein zu lassen und dich wieder ins Leben zu stürzen. Erzähl. Wie ist er?«

»Wer?«

Lea schlug sich an die Stirn. »Na, wer wohl? Dein Neuer.«

»Er ist noch lange nicht mein Neuer«, wehrte Marijke ab. Sie wusste nicht, ob sie schon bereit für die nächste Beziehung war. Vielleicht würde dieser Abend helfen, es herauszufinden. »Er heißt Arjen«, verriet sie Lea dann.



»Wie Robben, der Fußballer?«

»Richtig.« Marijke musste grinsen. »Und genau wie Arjen Robben ist er Niederländer.«

»Hey, das passt ja. Dann kannst du mal wieder Holländisch reden.«

»Ja, mal sehen. Du, ich muss Schluss machen. Er kommt.«

»Ich erwarte genauestens Bericht«, forderte Lea noch, bevor sie das Gespräch beendeten. Marijke steckte ihr Handy ein und sah Arjen erwartungsvoll entgegen.

Mit einem strahlenden Lächeln kam er auf sie zu. »Hallo.« Er zögerte kurz, dann umarmte er sie. Doch als er merkte, wie sie sich versteifte, ließ er sie sofort los. »Sorry«, stammelte er. »Es tut mir leid. Ich dachte …«

»Nein, bitte entschuldige dich nicht. Mir tut es leid«, murmelte sie verlegen. Sie wusste selbst nicht, warum sie so reagiert hatte. »Es kam nur so überraschend.«

Er musterte sie nachdenklich. »Sollen wir hineingehen?«, fragte er dann schlicht.

Sie nickte erleichtert. Was war nur in sie gefahren? Es war doch nur eine einfache Umarmung gewesen. Aber sie hatte in diesem Moment an Dominik gedacht und wie es wäre, wenn er auf sie zukäme und sie in den Arm nehmen würde. Sie musste damit aufhören. Dominik war, wie Lea es ausgedrückt hatte, Geschichte.

Sie setzten sich und bestellten Getränke. Marijke nahm ein Spezi.

»Was ist das?«, fragte Arjen neugierig.

»Wie lange wohnst du schon hier?«, zog sie ihn freundschaftlich auf. Sie war fest entschlossen, ihren Fauxpas wieder gutzumachen. »Spezi ist eine Mischung aus Cola und Orangenlimo. Wurde übrigens hier in Augsburg erfunden.«

»Wirklich? Dann muss ich das auch versuchen.«

Marijke blätterte in der Speisekarte. Arjen hatte sie in ein Steakhouse eingeladen, in dem sie schon mit Dominik gewesen war. Aus Steak machte sie sich nicht viel, aber die Salate waren fantastisch. Nachdem sie bestellt hatten, entstand eine verlegene Stille.

»Können wir holländisch reden?«, fragte Arjen. »Mein Deutsch ist nicht so gut.«

»Schlecht aber auch nicht. Du musst einfach noch üben. Und das tust du nicht, indem du die Sprache vermeidest.«

Er seufzte. »Du hast natürlich recht. Aber ich möchte den Abend genießen und nicht ständig in meinem Kopf nach Wörtern suchen.«

»Also gut.« Marijke gab nach und wechselte ins Niederländische. »Ich freue mich ja, dass ich mal wieder meine Muttersprache sprechen kann. Ich habe nicht viel Gelegenheit dazu.«



»Bist du nicht regelmäßig in den Niederlanden?«

Sie schüttelte den Kopf.

»Nicht mal, um Verwandte zu besuchen?«

»Da gibt es nicht mehr viel.« Marijke überlegte kurz, was sie verraten durfte. »Nur eine Großtante und einen Großonkel in Amsterdam, die ich gar nicht kenne, und ein paar liebe Freunde, die uns auch ab und zu besucht haben.«

»Bist du in Deutschland aufgewachsen?«

»Nein, in der Schweiz. Mein Vater hatte da einen super Job. Aber dann hat ihn das Heimweh zu sehr gepackt.«

»Dich nicht?«

»Ich habe die ersten Jahre meines Lebens in Holland verbracht. In Deutschland war ich im Endeffekt gar nicht so lange, da war die Sehnsucht nicht so groß. Ich fand es in der Schweiz sehr schön.«

»Man hört dir aber gar nichts an.«

Sie lachte. »Mein Vater hat immer darauf geachtet, dass ich mir keinen Schweizer Dialekt aneigne. Anscheinend mit Erfolg.«

»Dann ist dein Vater offenbar Deutscher. Und deine Mutter? Ist sie die Niederländerin in der Familie?«

»Sozusagen, ja.« Marijke sah auf, als das Essen gebracht wurde. »Das sieht ja köstlich aus«, lobte sie die freundliche junge Bedienung. »Erzähl mir von dir«, wechselte sie das Thema. »Was tust du in Deutschland? Studierst du?«

Arjen säbelte in sein Steak. »Nein. Ich mache bei Siemens eine Art Training. Die sind sehr gut in der Automatisierungstechnik und unter den führenden Anbietern von Stromerzeugungs- und Stromübertragungslösungen.«

»Stop.« Marijke hob die Hände. »Ich bin als Achtjährige nach Deutschland gekommen. Solche Wörter kenne ich nicht. Ich habe zwar verstanden, dass es irgendwie um Strom geht, aber das musst du mir genauer erklären.«

»Ich arbeite in einer Firma, die etwas Ähnliches macht und eine Kooperation anstrebt. Ich darf mich hier umschauen und die Methoden lernen, um sie daheim umzusetzen.«

»Das heißt, du bist nicht dauerhaft in Deutschland?« Sie war enttäuscht. Dann machte eine Beziehung wenig Sinn und sie dachte am besten gar nicht erst darüber nach.

»Vorerst nicht.« Seine Augen blitzten. »Aber das sagt ja nichts. Mir gefällt es sehr gut hier. Ich könnte mir durchaus vorstellen, länger, oder sogar für immer hierzubleiben.« Er neigte den Kopf zu ihr. »Wenn ich gewisse Anreize für eine solche Überlegung kriege«, grinste er.



Marijke spießte ein Stück Paprika auf und betrachtete es angehend. »Ich weiß nicht, ob ich schon bereit für eine neue Beziehung bin«, gab sie dann zu.

»Verstehe«, nickte Arjen. »Deshalb deine Reaktion vorhin. Ist es noch frisch?«

»Drei Wochen.«

Er holte tief Luft. »Dann tut es mir doppelt leid, dass ich dich so überrumpelt habe.« Er lächelte schief. »Ehrlich gesagt habe ich sogar daran gedacht, dich zu küssen, aber das erschien mir doch etwas zu frech. Ich bin froh, dass ich es nicht getan habe.«

»Ich auch«, murmelte Marijke, musste allerdings zugeben, dass ein Kuss von Arjen vielleicht gar nicht so schlimm war. Er gefiel ihr. Das schmale Gesicht war ebenmäßig geschnitten und die braunen Haare fielen ihm über die Stirn, was ihm ein jungenhaftes Aussehen verlieh. Die warmen Augen, ebenfalls braun, zeugten von einer gewissen Lebenserfahrung. Er musterte sie voller Anteilnahme.

»Hat er Schluss gemacht? Was muss das für ein Idiot sein.«

»Nein, ich war es.« Marijke verzog schmerzlich das Gesicht. »Er hat mir ein Bild geschickt, wie er mit einer anderen Frau im Bett liegt und dazu geschrieben, dass er seine Traumfrau gefunden hätte.«

»Nein.« Arjen legte sein Besteck zur Seite und richtete sich auf. »Das hat er nicht getan.«

»Doch. Genau das.«

»Das glaube ich nicht. Da ist das Wort Idiot ja noch sehr geschmeichelt.« Er strich flüchtig über ihren Arm. »Das muss schlimm für dich gewesen sein.«

»Ist es nach wie vor.«

»Du hängst also noch an ihm?«

»Ich weiß es nicht. Wenn ich an ihn denke, bin ich hauptsächlich wütend. Wir waren über vier Jahre zusammen, das kann ich nicht so leicht wegwischen.«

»Verständlich. Du brauchst einfach Zeit. Aber ich mag dich. Sehr sogar. Meinst du, ich habe eine klitzekleine Chance bei dir?«

Marijke biss sich auf die Lippe. Dominik war die Vergangenheit. Sie musste nach vorn sehen. Sie hatte zwar nicht geplant, sich so schnell wieder in eine neue Beziehung zu stürzen, aber Arjen schien verständnisvoll genug zu sein, um sie nicht zu bedrängen und es langsam angehen zu lassen.

»Ja, ich glaube schon«, antworte sie ihm lächelnd. Und als sie das Strahlen in seinem Gesicht sah, dachte sie daran, ihm vielleicht zum Abschied sogar einen Kuss zuzugestehen.



 

Zur gleichen Zeit hastete Rick durch den Supermarkt. Marijke hatte ihm eine Liste erstellt, die aber nicht sehr geordnet war. So rannte er ständig wieder zurück, weil er den Überblick verloren hatte. Es war schon kurz vor Ladenschluss und er musste sich beeilen. Gerade heute hatte sich das Meeting mit der Geschäftsleitung endlos hingezogen. Da sagte man nicht: »Entschuldigung, ich habe meiner Tochter versprochen, einkaufen zu gehen«, sondern vermied es tunlichst, ständig auf die Uhr zu schauen.

Mist, jetzt stand auch noch Mais am unteren Ende der Liste. Das Dosenfutter war ganz am Anfang des Ladens. Seufzend blieb Rick mitten im Schritt stehen und drehte sich um. Prompt knallte er in die Frau, die hinter ihm lief und den Blick auf ihr Handy gesenkt hatte. Erschrocken sah sie auf.

»Mein Fehler, tut mir leid«, lächelte er entschuldigend, wich ihr aus und beschleunigte seinen Schritt.

»Rick?«, rief sie hinter ihm her. »Rick Deisser. Bist du das?«

Er blieb stehen, als hätte eine Betonmauer ihn gestoppt. Er kannte diese Stimme. Mit vor Staunen offenem Mund drehte er sich um. »Daniela?« War es möglich? Eine ungläubige Freude breitete sich in ihm aus.

»Ja.« Die Frau, die er angerempelt hatte, kam auf ihn zu. Die blonden Haare waren kürzer als früher, doch sie war es eindeutig. »Ich fasse es ja nicht. Rick! Wo hast du all die Jahre gesteckt?«

Er stand da, als wäre er wirklich mit dem Kopf voran in die virtuelle Betonmauer geknallt. In seinem Hirn herrschte purer Nebel. Er starrte sie nur an. Erst als sie zu grinsen begann, besann er sich auf seine sprachlichen Fähigkeiten. »Bis vor etwa fünf Jahren hatte ich einen Job in der Schweiz, dann sind wir zurück nach Deutschland gezogen.«

»Wie geht es Marijke?«

»Gut. Sie studiert hier in Augsburg an der Hochschule soziale Arbeit.«

»Toll. Ich wusste gleich, dass sie ein schlaues Mädchen ist. Und wie geht es dir? Was machst du beruflich?«

»Ich bin CFO in einer Möbelfirma. Ist ein guter Job, manchmal ein bisschen stressig, na ja, meistens sogar, aber es gefällt mir.« Er sah auf die Uhr. »Saublöd jetzt«, murmelte er. »Ich muss schauen, dass ich mit meinen Einkäufen fertig werde.«

»Ja, ich auch.« Daniela lächelte entschuldigend. »Es war schön, dich mal wieder zu sehen, Rick.« Sie reichte ihm die Hand.



Nein. Er konnte sie nicht so gehen lassen. »Hast du Zeit?«, fragte er. »Darf ich dich zum Essen einladen, um über die alten Zeiten zu reden? Oder vielleicht auch nur in ein Café für einen kleinen Imbiss?« Als er ihr zweifelndes Gesicht sah, sank sein Herz. »Natürlich, du musst bestimmt heim zu deiner Familie. Tut mir leid.«

»Nein.« Sie legte ihm die Hand auf den Arm. »Ich bin geschieden. Auf mich wartet niemand. Ich würde sehr gern mit dir essen gehen. Lass uns unsere Einkäufe erledigen und uns draußen auf dem Parkplatz treffen.«

»Super. Dann bis gleich.« Ricks Herz hüpfte plötzlich ständig in die Luft und sein Magen schlug einen Salto nach dem anderen. Dazu schien auch noch ein dümmliches Grinsen in seinem Gesicht festgeklebt zu sein. Vielleicht sollte er zum Arzt gehen. Normal war das sicher nicht.

 

»Wie lange ist das her, Rick?«, fragte Daniela, als sie an einem Glas Weißwein nippte.

»Unser erstes Treffen? Fast siebzehn Jahre.«

»Eine Ewigkeit«, sinnierte sie. »Jetzt kann ich es ja zugeben, ich hatte mich damals sofort in dich verguckt.« Sie kicherte verlegen.

»Wirklich? Du hattest doch einen Freund.«

»Ich dachte, er wäre der Richtige, nur lag ich damit komplett falsch. Leider wusste ich das erst ein halbes Jahr später. Da warst du aber mit Marijkes Mutter zusammen.«

Rick nickte wehmütig.

»Du hast versprochen, dich zu melden. Aber das hast du nie getan. Warum?«

»Um das zu verstehen, müsstest du die ganze Geschichte kennen. Und die ist sehr lang.«

Demonstrativ sah Daniela auf die Uhr. »Ich habe heute nichts mehr vor.« Sie zuckte mit den Schultern. »Irgendwann sollte ich Butter und Sahne in den Kühlschrank stellen, aber das reicht in zwei Stunden auch noch. Also schieß los.«

Rick zögerte, suchte nach Worten. Wollte er Daniela wirklich alles erzählen? Der Frau, die er nur zweimal getroffen hatte und von der er fast gar nichts wusste? Aber er hatte Vertrauen zu ihr. Zumindest den Anfang durfte sie gerne erfahren.

»Ich war mit meinem Kurs auf Studienfahrt in Amsterdam«, begann er. »Das war Ende der zwölften Klasse, also eher eine Abschlussfahrt, und mit den Studien haben wir es nicht mehr so genau genommen. Da habe ich Kim kennengelernt.«



»Ah ja. Du hattest erwähnt, dass Marijkes Mutter Niederländerin ist.«

»Wirklich?«

»Natürlich. Bei unserem ersten kurzen Gespräch damals.« Daniela kicherte. »Aber ich hätte da gern etwas mehr Kontext.«

Rick drehte sein Colaglas in den Händen, während er nach einem Anfang suchte. Es war so lange her, es fühlte sich an wie ein anderes Leben.

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