Die Schöne und der Werwolf

Belle steht mit verschränkten Armen vor dem Badezimmerspiegel. Hinter ihr, im Halbschatten, ihr Mann – das Biest. Oder besser gesagt: der Ex-Biest, zumindest die meiste Zeit.

»Du hast es mir nie gesagt«, sagt Belle leise.

»Ich dachte, es wäre vorbei«, murmelt er und vermeidet ihren Blick.

»War es aber nicht. Du bist ein verdammter Werwolf, und du hast es mir nicht erzählt!«

Er seufzt schwer. »Ich dachte, nach dem Fluch wäre alles weg. Ich wurde ein Mensch, du warst glücklich, ich war glücklich. Aber dann kam der Vollmond. Und ich… ich verwandle mich wieder. Nicht in ein Biest wie früher. Sondern in das hier.« Er deutet auf sich selbst – zottelig, klauenbewehrt, mit glühenden Augen.

Belle schüttelt den Kopf. »Und was hast du gemacht, wenn das passiert ist?«

»Ich bin in den Schlosskeller gegangen. Tür abgeschlossen. Drei Tage eingesperrt. Keiner hat was gemerkt. Ich wollte dich nicht verlieren.«

»Und wie lange soll das noch so gehen? Irgendwann fällt das doch auf! Du warst einmal einen ganzen Tag weg – ich dachte, du hättest mich verlassen! Dabei warst du im Keller und hast… was? Mäuse gejagt?«

»Ich… hab an einem alten Knochen gekaut, glaub ich«, sagt er kleinlaut.

Belle atmet tief durch. »Das ist zu viel. Ich bin mit einem Ex-Biest verheiratet, jetzt ist er ein Teilzeit-Werwolf, und ich führe eine Bibliothek. Mein Leben klingt wie ein schlechter Roman.«

»Ich hab’s dir nicht gesagt, weil ich dachte, du verlässt mich dann. Wer will schon mit einem halben Biest verheiratet sein?«

»Vielleicht eine, die auf Biester steht«, sagt Belle trocken. »Aber ich will die Wahrheit. Ich will nicht nachts aufwachen und dich im Garten jaulen hören.«

Er senkt den Kopf. »Ich kann nichts dagegen tun.«

»Wir gehen zum Arzt«, beschließt Belle. »Oder zum Alchemisten. Oder zur Fee von nebenan. Irgendwer muss doch wissen, wie man das stoppt. Wenn nicht – dann kauf ich dir wenigstens einen Maulkorb und schick dich zum Training.«

Er grinst schief. »Mit Hundeschule? ›Sitz, Biest. Platz, Biest.‹«

»Läufst du wenigstens gut an der Leine?«

»Kommt drauf an, wie lang die ist.«

Belle lacht trotz allem. »Na gut. Aber wenn du das nächste Mal den Mond anheulst, dann bitte im Gästezimmer. Und wenn du noch mal ein Kissen zerkaust, war’s das mit uns.«



Er nickt reumütig. »Deal.«

Belle schaut ihn an. »Weißt du, ich hab immer gedacht, Liebe heißt, jemanden zu nehmen, wie er ist. Aber ich hätte nie gedacht, dass das ›Werwolf mit Aggressionsproblemen‹ bedeutet.«

Er grinst. »Aber du liebst mich trotzdem.«

Belle lächelt. »Ja. Leider. Aber wehe, du holst dir Flöhe.«

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