Adora-Kapitel 8

„Hier!“, schrie Aaron, was Rayan dazu bewegte in der Dämmerung und dem Regen seiner Stimme zu folgen. Sein ganzes Gefolge war unterwegs, während die junge Prinzessin schlief.

Als Nil angemerkt hatte, dass Adora noch immer nicht zurück war, hatte sich Rayan Sorgen gemacht. Mehr darum, dass sie vielleicht etwas Dummes tat und versuchte, ihm irgendwie zu schaden, doch mit dem, was sich ihm nun zeigte, hatte er nicht gerechnet.

Aaron fluchte, als er sich vor die junge Frau kniete, um zu sehen, ob sie noch lebte. Sie lag am Boden, schimmerte aber in der anbrechenden Dunkelheit.

Rayan blieb ein Stück entfernt stehen und traute seinen Augen nicht. Was war das da um sie herum? Sie strahlte ein sanftes Licht aus, das dafür sorgte, dass er sehen konnte, dass um sie herum frisches Gras wuchs und sich Blumen an ihren Körper schmiegten.

Hatte Nil sie auch so gefunden? War sie vielleicht in den Wald gelaufen und dort zusammengebrochen, so wie sie es jetzt war?

„Sie scheint ohnmächtig“, bemerkte Aaron besorgt.

Sofort lief Rayan wieder los, bevor er sich zu ihr hockte. Warum hatten seine Leute sie nicht gefunden? So weit war sie doch gar nicht von den Stallungen entfernt.

Der Regen war auch nicht so stark, dass man sie nicht sehen konnte, obwohl die Sicht eingeschränkt war. Immerhin war da dieses Leuchten um sie herum.

Rayan legte ihr eine Hand an den Hals, um ihren Puls zu spüren. Er war ruhig und nicht, als wäre etwas passiert. Trotzdem sah sie nicht gut aus. Ihr Atem ging schnell und sie war sehr warm.

„Sie macht nichts als Ärger“, grummelte Rayan, der sie kurzerhand auf den Arm nahm. Sie war viel leichter, als er erwartet hatte.

„Aber ich verstehe, warum du so fasziniert von ihr bist“, bemerkte Aaron, der seinen Blick nicht von ihr wenden konnte.

„Sie strahlt. Natürlich ist das interessant“, brummte Rayan, der sich irgendwie ertappt fühlte.

„Glaubst du, sie ist vielleicht … magisch?“, fragte sein Bruder, was Rayan die Schultern zucken ließ. Es interessierte ihn nicht sonderlich, ob sie das war oder nicht. Ihn interessierte nur, wie sie war. Sie war warmherzig und sanft. Das hatte er schon in den ersten Stunden mit ihr bemerkt, obwohl er sonst nicht gut darin war, andere einzuschätzen.



„Es gibt viele Menschen, die eine gewisse Magie in sich tragen. Wir so gesehen auch“, bemerkte er, bevor er sich umwandte, um zurück ins Trockene zu gehen.

Aaron folgte ihm, wirkte aber skeptisch. „Nicht so wie sie“, stellte er fest, wobei es wirkte, als würde er sie berühren wollen.

Rayan gefiel das nicht und er wandte sich ein Stück von ihm ab, damit sein Bruder Adora nicht erreichen konnte.

Aaron war ein Frauenheld und diese Frau war viel zu unschuldig, um ausgerechnet auf ihn hereinzufallen. Sie sollte kein Spielzeug sein.

„Ich bringe sie in ein Gästezimmer. Hol du einen Arzt“, bemerkte Rayan, der es mochte Adora so an sich zu spüren. Gleichzeitig machte er sich aber auch Sorgen. Sie schien Fieber zu haben, was nicht sonderlich gut war. Wahrscheinlich hatte sie zu lange draußen im Regen gelegen.

Rayan trat in sein Schloss und wurde sofort von besorgten Dienern empfangen. Sie hielten Handtücher in den Händen, doch Rayan schüttelte den Kopf und lief weiter. Die Diener folgten ihnen, was in Ordnung war.

Eine junge Frau, die scheinbar verstand, wo er hinwollte, öffnete ihnen die Tür zu einem Gästezimmer. „Wir trocknen sie“, sagte eine ältere Dame, die Rayan schon als Kind gekannt und auf ihn aufgepasst hatte.

Zuerst wollte Rayan widersprechen, doch sie hatten Recht. Sie durfte nicht nass ins Bett gelegt werden, sonst wurde es noch schlimmer.

Rayan setzte sie auf einen Stuhl und ließ dann zu, dass sich die Diener um sie kümmerten. Diese trockneten Adora, zogen sie aus und ihr neue, trockene Kleidung an, bevor sie Adora sogar ins Bett legte. In dieser Zeit trocknete sich Rayan ebenfalls ab, behielt Adora aber im Auge.

„Der Arzt ist auf dem Weg“, sagte Aaron, der ins Zimmer kam. Er schien die Zeit genutzt zu haben, um sich umzuziehen. Zudem reichte er Rayan ein trockenes Oberteil, damit er sich umziehen konnte.

Froh, sich seiner nassen Kleidung entledigen zu können, zog Rayan das Oberteil aus und reichte es einem Dienstmädchen, bevor er seinen Oberkörper abtrocknete und sich dann das neue Hemd anzog.

„Was hat sie da draußen nur gemacht“, murmelte Rayan, der seinen Blick einfach nicht von Adora nehmen konnte.

„Keine Ahnung. Ob sie weglaufen wollte?“, fragte Aaron, der sie ebenfalls musterte.



Die Dienstmädchen deckten sie zu und zogen sich dann zurück. Damit wurde es ruhig im Zimmer.

„Das glaube ich nicht. Sie sah eher so aus, als wäre sie zurückgelaufen“, meinte Rayan nachdenklich. War sie vielleicht angegriffen worden? Das würde er erst erfahren, wenn der Arzt sie untersucht hatte.

Dieser ließ auch nicht lange auf sich warten. Als es an der Tür klopfte, bat Rayan ihn hinein.

Es war ein alter Mann mit langem Bart und eingefallenem Gesicht.

Carlos war schon lange im Dienst des Königs und hatte, soweit Rayan sich erinnerte, sogar bei seiner Geburt mitgewirkt. Er war alt und vertrauenswürdig. Darum war er perfekt.

Er trat auf Adora zu, zog eine dicke Brille aus seinem Koffer, den er dabeihatte, und setzte sie auf.

Er musterte Adora zuerst, bevor er die Decke zur Seite zog.

Rayan näherte sich etwas, ließ den Arzt aber machen. Er wusste, was er tat und so störte es Rayan auch nicht, als Carlos die junge Frau bei seiner Untersuchung halb auszog.-

„Sie hat Fieber. Ich nehme an, dass sie sich verkühlt hat. Sie ist sehr leicht angezogen für dieses Wetter“, bemerkte er mit kratziger Stimme. „Zudem ist ihre Haut ganz kalt. Wärme ist also wichtig“, murmelte er vor sich hin.

Der Arzt holte eine kleine Tasche aus seinem Koffer heraus. Dann einen Mörser und Stößel. „Ich mache ihr eine fiebersenkende Mischung“, erklärte er, bevor er begann, einige Kräuter aus der kleinen Tasche zu holen. Diese warf er in den Mörser und begann, sie zu zerstoßen.

„Wurde sie angegriffen?“, fragte Aaron, der ebenfalls ein Stück näherkam.

„Nein. Sie wirkt an sich unverletzt“, antwortete der Arzt, der kurz darauf ihren Mund leicht öffnete und ihr das einflößte, was er im Mörser gemacht hatte.

Rayan fragte nicht nach, denn damit kannte er sich nicht aus. Der Arzt wusste sicher, was zu tun war. Er hatte schon oft Krankheiten am Hof geheilt und war sehr erfahren.

Wenn Rayan sich richtig daran erinnerte, dann hatte Carlos sogar bei den Heilern gelernt, als diese noch Magie wirken konnten, doch sein Großvater hatte damals Jagd auf diese gemacht und fast alle magischen Wesen ausgerottet.

„Das wird ihr helfen. Jetzt braucht sie nur noch Ruhe“, sagte der Arzt mit besorgter Stimme. „Ihre Temperatur ist sehr hoch. Höher, als sie selbst bei Fieber sein sollte. Es ist ein Wunder, dass sie noch lebt“, gestand er schließlich und schüttelte leicht den Kopf.



„Was heißt das?“, fragte Rayan, der spürte, dass er plötzlich aufgeregt wurde. Die Vorstellung, sie könnte es nicht überleben, hatte er bisher gar nicht zugelassen. Jetzt verursachte diese einen Knoten in seinem Hals.

Warum hinterließ diese Frau, die er doch gar nicht kannte, so ein Chaos bei seinen Gefühlen?

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