Luana – Kapitel 28


Wenigste Stunden später war der Sklavenaufstand niedergeschlagen und Amon ließ seine Wunden von seiner Heilerin, Luana und Sienna behandeln. Ragnar, der zwar im Raum war, widmete sich einem Essen und ruhte. Er wirkte erschöpft und nicht, als würde er viel um sich herum wahrnehmen.
„Das war sehr gefährlich“, tadelte Amon Sienna, die besorgt wirkte.
„Für Euch. Warum habt Ihr nicht gekämpft?“, fragte sie Sienna unruhig. „Ihr wisst, dass Ihr dafür Ärger bekommen werdet. Es hätte Eure Aufgabe sein sollen, den Aufstand zu zerschlagen.“
Amon seufzte leise. „Dann wären nie so viele Sklaven entkommen“, murmelte er. „Oder hätten sich uns angeschlossen. Ich werde einfach aussagen, dass ich die Gelegenheit genutzt habe, um mich an den Sklaven zu bereichern, wenn ihre Herren nicht in der Lage sind, sie zu halten“, bemerkte er, wobei er müde klang.
Luana hörte genau zu, während sie die feuchten Tücher vorbereitete.
Es klang, als hätte Amon einen Fehler gemacht. Sie hoffte sehr, dass er dafür nicht zu hart bestraft werden würde, denn damit würden auch alle seine Sklaven Gefahr laufen, weiterverkauft zu werden.
„Denkst du wirklich, dass du damit durchkommt?“, fragte Sienna skeptisch.
Amon seufzte. „Nein. Amara wird alles versuchen, um mich loszuwerden“, gestand er zögerlich.
Luana hatte ein ganz seltsames Gefühl. Ihr war bisher nicht bewusst gewesen, dass die Rangkämpfe untereinander so heftig waren. Es schien, als ständen sie in einer Sackgasse.
„Wir könnten …“, begann Sienna zögerlich und wirkte dabei unruhig, als sie ihren Blick über sie Anwesenden schweifen ließ.
Amon fuhr sich durch die Haare. „Obwohl ich nicht begeistert bin, war abzusehen, dass wir bald handeln müssen“, gestand er nicht begeistert. „Aber wir haben kein Ziel“, brummte er, wobei er frustriert klang.
Luana fand das Gespräch seltsam. Sie verstand nicht, um was es genau ging und wie es schien, wollte man ihr diese Dinge nicht erklären.
„Ich wüsste, wohin“, sagte Sienna noch immer zögerlich.
Amon hob eine Augenbraue. „Ach?“, fragte er neugierig und überrascht.
Sienna wirkte unruhig und nicht, als würde sie erwarten, dass andere ihr zustimmten.
„Die Eiswüste. Dort wären wir sicher“, bemerkte sie. Schon die Erwähnung ließ Luana schaudern. Dort wären sie vielleicht sicher, würden allerdings erfrieren. Sie hatte viel über diesen unwirklichen Kontinent gelesen. Yamana war im Grunde eine Gegend mit sehr vielen Klimazonen. Darunter auch das Gebiet, das permanent von Eis überzogen war. Wie sollten sie dort überleben? Sie würden wohl eher erfrieren.
Amon wirkte ungewöhnlich nachdenklich. „Ich bin nicht sicher, ob wir lange genug in der Kälte überleben können“, bemerkte er, schien jedoch nicht abgeneigt.
„Mit genug Feuermagie sollte das doch gehen, oder?“, fragte Sienna, die irgendwie nicht so abgeneigt wirkte, wie Luana erwartet hatte.
Wie stellten sich das die beiden vor? Sollten Sie durch die Eiswüste wandern? Wohin überhaupt? Es gab dort doch kein Leben, oder? Luana wusste es nicht. Vielleicht gab es da etwas, was sie nicht wusste.
Amon rieb sich das Kinn. „Wenn wir das machen, sollten wir es schnell in Angriff nehmen“, entschied er.
„Moment“, rief Luana überfordert. „Über was sprechen wir hier?“, wollte sie wissen, denn sie kam nicht richtig mit.
Sienna wandte sich mit einem zögerlichen Lächeln an Luana. „Um eine geplante Flucht“, sagte sie mit funkelnden Augen.
„In … die Eiswüste?“, fragte Luana zögerlich. Vielleicht hatte sie sich verhört.
„Das klingt doch logisch“, mischte sich Ragnar ein. „Wenn ich das richtig sehe, gibt es hier eigentlich nur einen Vampir und für Vampire ist die Kälte gefährlich. Die meisten anderen sollten weniger Probleme damit haben“, sagte er, während er ein weiteres Stück Fleisch verzehrte.
„Wir müssen alles mitnehmen, was wir für eine neue Siedlung brauchen“, stimmte Sienna zu.
„Siedlung?“, fragte Luana skeptisch. Wollten sie etwa ein Dorf im Eis gründen?
Sienna nickte ernst. „Wir haben diese Idee schon länger“, gestand sie.
Amon schnaubte. „Du. Du hast die Idee schon länger. Ich helfe nur“, winkte er ab.
Das überraschte Luana. Sie bemerkte auch, dass Ragnar ebenfalls überrascht war.
Es war wirklich nicht normal, wie die beiden miteinander umgangen. Wie ein Liebespaar.
„Wie lange haben wir Zeit, diese Sache zu planen?“, fragte Ragnar nach. Er schien sich hier wohlzufühlen, was Luana verwunderte. Gefiel ihm die Idee etwa?
„Ich gehe von einer Woche aus. Dann werden sie die Sklaven wieder gesichert haben und können sich mir widmen“, sagte Amon, der angespannt wirkte.
Luana seufzte leise. Was hatten sie für eine andere Wahl?
„Dann sollten wir uns beeilen“, meinte Luana nüchtern. „Gibt es schon Listen?“, wollte sie wissen. Da es klang, als hätten Sienna und Amon das Ganze schon lange vorbereitet hatten, ging sie davon aus.
Damit sollte sie recht haben.
Nur fünf Tage später waren sie mit Wagen voller Dinge und Tiere auf den Weg, das Anwesen zu verlassen.
Es gab Baumaterialien, Tiere zum Verzehr und andere wichtige Dinge. Luana fragte sich jedoch, wie lange es reichen würde. Wo sollen sie neue Nahrung herbekommen? Sienna hatte gesagt, dass sie sich darum gekümmert hatte. Sie vertraute ihr, machte sich aber dennoch Sorgen.
Die Strecke, die sie liefen, überraschte Luana. Sie wusste, dass Amon in einer Gegend lebte, wo nicht viele Vampire hausten. Die meisten Vampire lebten in der Stadt Sataro. In diesem Bereich herrschte dauerhaft Nacht, weshalb die Sklaven sehr darunter litten. Die Vampire hingegen liebten es.
Der Sklavenmarkt war, wie Luana nun wusste, in der Stadt Yukanda gewesen. Diese Stadt war eigentlich keine Stadt, sondern ein riesiger Sklavenmarkt.
Sie würden jetzt in Richtung Süden laufen. Etwa zwei Tage lang, bevor sie die Grenzen erreichten und das Eisgebiet anfing. Mit den ganzen Karten und Tieren würden sie vielleicht noch länger brauchen. Wie sollten sie diese durch den Schnee bringen?
Luana kannte strenge Winter von Wolfsmond. Dort war es nicht nur sehr kalt, es lag auch sehr viel Schnee. Dieser machte das Jagen kompliziert. Ob es wohl hilfreiche Magie dafür gab?
Luana würde warten müssen.
Bis dahin genoss sie die Umgebung und versuchte es positiv zu sehen. Es war das Abenteuer, das sie schon immer haben wollte. Sie würde Teil eines Neuanfangs sein. Zumindest hoffte sie das.
Würde das Eis ihnen genug Schutz bieten?
Die Reise verging überraschend ruhig.
Niemand war da, der sie aufhielt. Lag das an dem Sklavenaufstand? Waren noch immer alle damit beschäftigt? Das wäre sehr gut.
In den Nächten schliefen diejenigen, die schlafen mussten, auf und in den Wagen. Immer abwechselnd ein paar Stunden. Sie hielten jedoch nicht an. Das konnten sie sich nicht leisten, das war Luana klar.
Mit der Zeit wurde es immer kühler, weshalb sich alle in dir Mäntel hüllten, die sie bekommen hatten. Jeder war für die Kälte ausgestattet und im Notfall würde es die Möglichkeit eines Wärmezaubers geben.
Bisher brauchte Luana aber noch keinen. Als Werwolf war ihre Körpertemperatur sehr viel höher als bei anderen Rassen.
„Schaut euch das an“, flüsterte eine Frau, die Luana nicht wirklich kannte. Sie reiste allerdings mit ihnen und hatte wohl in der Küche gearbeitet.
Luana folgte ihrem Blick und riss die Augen auf. Vor ihnen lag der erste Schnee, der sie in ein weißes Land führte. Sie waren an der Grenze angekommen. Jetzt wurde es ernst.




























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