Mirinia-Kapitel 7
Kapitel 7
Mirinia hatte sich dazu entschieden, mit einem Pferd zu reiten, während Cassian und Evel neben ihr herliefen.
Die Spange, die ihre Aura unterdrückte, hatte sie entfernt, denn dieses Mal wollte sie, dass jeder sie als Königin erkannte.
Trotzdem reisten sie nicht durch das Dorf. Im Gegenteil. Sie nutzten die anbrechende Dämmerung, um möglichst ungesehen dem Fluss zu folgen. Sie hielten direkt auf die Windmühle zu.
Auf den Weg unterhielten sie sich und scherzten sogar. Wäre da nicht die Tatsache, dass sie als Königin unterwegs war, hätte man sie einfach nur für eine Gruppe Freunde halten können.
Als sie sich der Windmühle näherten, stürmte der Müller hinaus. Vielleicht war er kurzsichtig, doch dafür schien sein Gespür für die magische Klasse der Königin sehr gut.
Überrascht stellte Mirinia fest, dass sich der Müller, den sie als raubeinig und abweisend erlebt hatte, vor sie zu Boden warf, als sie zum Stehen kamen.
„Eure Hoheit. Euer Wille ist mein Leben“, brachte er panisch hervor.
Mirnia spürte, wie sich eine eiskalte Hand um ihr Herz legte und zudrückte. Was musste geschehen sein, dass er eine solche Reaktion zeigte?
„Erhebe dich“, sagte sie mit sanfter Stimme. Sie nutze ein klein wenig Magie, um diese zu verändern, sodass sie nicht so klang wie das letzte Mal. Immerhin wusste sie, dass er ein sehr gutes Gehör hatte.
Der Mann kam ihrer Aufforderung zwar noch, blieb aber auf den Knien sitzen und hielt den Kopf gesenkt.
Mirinia blickte zu Cassian und deutete ihm an, dass er helfen sollte.
„Ihr könnt Euch ganz erheben“, sagte der Magier, der auf den Mann zutrat und ihn sanft nach oben zog, bis er stand.
Dieser zitterte am ganzen Leib und schaffte es nicht, den Blick vom Boden zu lösen.
„W-Was wünscht meine Königin?“, brachte er hervor.
Mirinia, deren Schmerz in der Brust immer stärker wurde, hatte Mühe, ihre Wut nicht in ihrer Stimme zu zeigen. Das würde den Mann nur noch mehr Angst machen. „Morgen wird für dich und das Dorf eine Lieferung kommen. Verwende sie, um deine Mühle zu reparieren“, erklärte sie und nickte Evel zu.
Diese trat vor und drückte dem Mann ein kleines Säckchen Gold in die Hand. „Nutze dies, um im Dorf Handwerker zu bezahlen“, fügte sie hinzu, wobei sie den Mann genau betrachtete. Sie war gespannt, ob er tun würde, was sie gesagt hatte, oder sich vielleicht mit dem Geld aus dem Staub machen würde.
Als dieser den Lederbeutel leicht öffnete, wurde er blass und warf sich erneut zu Boden. „Eure Hoheit, das kann ich nicht annehmen. Ich habe nichts, das ich Euch im Austausch bieten kann“, sagte er angstvoll.
„Ihr habt eine Bäckerin im Dorf, richtig?“, fragte Mirinia, die versuchte sanft zu bleiben.
Der Mann sah auf und sie erkannte Panik in seinen Augen. Kannten sie sich oder waren sie vielleicht sogar verheiratet? Ein Liebespaar?
Mirinia konnte es nicht sagen, doch das musste sie auch nicht. „Ich möchte, dass du ihr einen Teil des Mehls kostenlos abgibst, damit sie für das Herrenhaus am Berg morgens Brötchen backen kann“, erklärte sie. „Wie viel das sein wird, werde ich mit ihr besprechen. Sie wird es dir mitteilen“, erklärte Mirinia, denn auch das war ein Test. Wie viel würde die Bäckerin wohl Mehl nehmen, wenn es kostenlos war? So viel, wie sie für die Lieferung ins Herrenhaus brauchte oder mehr?
Der Müller sah noch immer recht schockiert aus, doch er schien sich seinem Schicksal zu beugen. „Wie Ihr wünscht, Eure Hoheit“, brachte er schließlich hervor, wobei Mirinia das Gefühl hatte, ihm keinen Gefallen getan zu haben. Allerdings würde er hoffentlich bald verstehen, was sie damit bezweckte.
Gerade, als sie dachte, sie wäre hier fertig, hob der Mann doch noch einmal seinen Blick. „Eure Hoheit, was die Steuern für diesen Monat betrifft“, brachte er stammelnd hervor, weshalb Mirinia sofort wusste, was er damit sagen wollte. Er konnte sie nicht zahlen.
Ihr Blick wanderte zu Cassian. „Konntest du herausfinden, wie hoch die aktuellen Steuern waren?“, fragte sie an diesen gewandt.
Der Blonde nickte lediglich und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. „Die letzte Königin hat die Steuern auf 10 Bronze pro Kopf gesetzt“, erklärte er.
Mirinia musste sich Mühe geben, nicht entsetzt dreinzublicken. In diesem Dorf war das ein Vermögen!
„Sie deine Steuern als Abgabe von Mehl an die Bäckerin, damit sie die Brötchen für das Herrenhaus liefern kann“, bemerkte Mirinia schließlich, was den Mann dazu veranlasste, mit den Händen zu ringen.
Da sie davon ausging, dass er es immer noch nicht verstanden hatte, machte sie es etwas deutlicher: „Selbst ein Blinder kann erkennen, dass hier im Dorf niemand Geld hat“, sagte sie, auch wenn es recht harsch klang. „Also werde ich auch kein Geld von euch verlangen.“ Zumindest nicht zu diesem Zeitpunkt.
Wie ihre Mutter einmal gesagt hatte, taten Königinnen wichtige Arbeit, die auch bezahlt werden sollte. Mirinia war jedoch eine Person, die sich nicht darum scherte, ob sie am Ende des Monats einen einzigen Bronzetaler hatte, den sie ihr Eigen nennen konnte. Ihr war es wichtiger, dass die Dorfkasse gefüllt war und so alles nötige zum Leben vorhanden war.
Der Mann warf sich erneut zu Boden. „Danke für Eure Großzügigkeit“, stammelte er, noch immer voller Angst und nicht, als würde er es meinen. Vermutlich erwartete er immer noch einen Haken.
Mirinia wandte ihr Pferd. Jetzt kam das Schwierige. Sie musste die Bäckerin aufsuchen und mit ihr die Sachen besprechen.
Als sie den Weg ins Dorf mit ihrem Pferd entlangritt, bemerkte sie Dylan, der an der bekannten Mauer lehnte und rauchte. Ob er wohl nach Miri gesucht hatte? So entspannt, wie er aussah wohl eher nicht.
Mirinia passierte ihn, ohne, dass er etwas sagte. Dennoch spürte sie seinen Blick auf sich. Es war ein durchdringender Blick, doch sie konnte keinen Hass erkennen.
Kaum kamen die ersten Häuser in Sicht und das Gespann wurde entdeckt, nahmen die Menschen Reißaus. Sie stürmten von den Straßen in die Häuser und schlossen die Türen.
Obwohl Mirinia ein solches Verhalten nicht gefiel, setzte sie ihren Weg zur Bäckerei unbeirrt fort.
Ihr Blick huschte immer wieder umher, doch sie konnte niemanden mehr auf den Straßen entdecken.
Vor der Bäckerei, die auch schon einmal bessere Tage erlebt hatte, hielten sie inne. „Evel, bleibt du bei dem Pferd“, bat Mirinia, die Angst hatte, dass man es ihr klaute.
Widerwillig nickte die Vampirin, während Cassian die Tür öffnete. Da es sich um ein öffentliches Gebäude handelte, in dem man einkaufen konnte, war das für Mirinia in Ordnung. Sie hoffte nur, dass die Bäckerin auch da war.
Cassian trat ein und sah sich um. Mirinia folgte nur wenig später und erkannte die Frau sofort. Sie war gerade dabei, in einer kleinen Schüssel Teig anzurühren.
„Guten Abend“, lenkte Cassian ihre Aufmerksamkeit auf sich, während Mirinia sich die Ausstattung der Bäckerei ansah. Sie war überraschend groß, was hieß, dass es sich früher einmal gelohnt hatte, mehr zu produzieren.
Die Bäckerin wirbelte herum, als wolle sie die Besucher anschreien und erblasste, als sie erkannte, dass es sich nicht einfach nur um Dorfbewohner handelte.
„E-Eure Majestät. Was führt Euch zu mir?“, fragte sie und straffte die Schultern.
Mirinia richtete ihren Blick auf die Frau. Da sie den Schleier trug, konnte niemand ihr beruhigendes Lächeln sehen, doch Mirinia hoffte, dass die Bäckerin es an ihren Augen erkannte. „Ich komme zu dir, um mit dir über die Steuern zu sprechen“, sagte sie, worauf die Frau nur noch blasser wurde. „In den nächsten Tagen wird es mehr Mehl geben als sonst“, sagte sie mit ruhiger Stimme. „Der Müller ist angewiesen, dir einen Teil davon kostenlos zur Verfügung zu stellen, damit du für das Herrenhaus Brot und Brötchen backen kannst“, erklärte sie mit ruhiger Stimme und machte keine Pause, damit die Frau ihre falschen Gedanken nicht zu sehr vertiefte. „Daraus wirst du entweder ein Brot oder fünf Brötchen backen, die am Morgen abgeholt werden“, erklärte sie, wobei sie den Blick der Frau einfing.
Diese sah sich unbeholfen um. „Unsere Brote sind nicht … gut. Es fehlt an Zutaten“, erklärte sie schnell und entschuldigend. Dabei krallten sich ihre Hände in ihre dreckige, zerschlissene Schürze.
Mirinia verengte die Augen. „Was fehlt dir, außer Mehl?“, fragte sie sanft, denn selbst sie wusste, dass nicht sehr viel mehr als Mehl, Wasser und Salz in den Teig kam.
Die Frau zögerte. „Das Wasser ist nicht das sauberste und Salz ist sehr knapp“, erklärte sie ausweichend.
„Dann werde ich mich darum kümmern“, erwiderte Mirinia. „Du wirst tun, was du kannst.“




























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