Kapitel 26

Jade

Mit Rückenschmerzen wache ich auf. Ich brauche ein paar Sekunden, bis ich mich erinnere. Lilly und ich haben wohl zu lange geredet.

Mit einem Blick neben mich, sehe ich Lilly schlafen. Der Teppich war tatsächlich bequemer als das Sofa, stelle ich fest. Ächzend stehe ich auf und schaue im Kinderzimmer nach unseren Kindern. Da sie noch schlafen, lasse ich sie.

Zum Glück habe ich heute eine 24-Stunden-Schicht, wodurch ich nicht verschlafen habe. Gemächlich mache ich das Frühstück.

Vom Geruch angelockt, gesellt sich Lilly Augen reibend zu mir. „Morgen“ nuschelt sie. „Morgen“ antworte ich. Wortlos schiebe ich ihr eine Tasse Kaffee zu. Nachdem Lilly einen Schluck getrunken hat, wird sie wacher.

„Wie geht es dir?“ fragt sie mich. „Ich habe Rückenschmerzen.“ antworte ich. „Das meinte ich nicht.“ spricht sie. „Ich weiß.“ wende ich mich dem Frühstück zu. „Also?“ harkt Lilly nach.

„Nun, irgendwie glaube ich es. Andere Möglichkeit wäre ja auch nur, dass ich verrückt geworden bin.“ sage ich und merke selber, wie verzweifelt ich klinge. „Oh man.“ spricht Lilly und kommt zu mir, um mich zu umarmen.

„Ich bin für dich da und beantworte jede deiner Fragen.“ tröstet sie mich. Ich setzte an, doch beiße ich mir auf die Lippe. Lieber nicht. „Was ist es, was dir auf der Zunge liegt?“ fragt sie nach. Schüchtern frage ich „Würdest du mir vielleicht deinen Wolf zeigen?“

„Ich dachte schon du fragst nie.“ ruft sie euphorisch. Begeistert zieht sie mich ins Wohnzimmer. Dort zieht sie sich aus und binnen Sekunden steht anstelle von Lilly ein wunderschöner weißer Wolf.

„Wow, du bist so schön.“ spreche ich. Freudig springt sie auf mich zu, was mich zurück taumeln lässt. „Vielleicht ein bisschen langsamer, ja?“ bitte ich sie. Schuldbewusst senkt sie den Kopf und winselt entschuldigend.

Langsam nähere ich mich ihr und streiche über ihren Kopf. Das Fell ist unglaublich weich und sie lehnt sich in meine Berührung.

Ich streichle sie einige Zeit, bevor mir ein Gedanke kommt. „Du, Lilly? Warum habt ihr mir so bereitwillig von euch erzählt und nicht versucht, das Gesehene als eine Halluzination abzutun?“

Die Wölfin vor mir seufzt und geht zu ihren Klamotten zurück. Lilly verwandelt sich und zieht sich wieder an. „Jade, es gibt etwas sehr Entscheidendes, was ich dir noch nicht erzählt habe. Aber dafür bin ich die falsche Person. Das sollte dir Mathias erzählen.“



„Mathias?“ frage ich nach. Dann fällt mir wieder ein, was er im Halbschlaf gesagt hatte. „Hat es etwas mit Mate zu tun? Was auch immer das bedeutet?“ Lillys Blick schießt zu mir. „Du weißt davon?“ Von ihrer Reaktion überrascht, rudere ich zurück. „Nein. Aber scheinbar ist es was wichtiges.“ „Wovon du ausgehen kannst.“ bestätigt Lilly mir.

Das Schreien von Fiona lenkt mich ab und wir kümmern uns gemeinsam um unsere Kinder.

Nach dem Frühstück heißt es für mich dann auch schon wieder Arbeit. Die ersten Stunden gehen ruhig vorbei. In der Küche treffe ich Kai an, der das Abendessen vorbereitet.

Ich atme einmal tief durch und nähere mich dann langsam. „Cap, ist alles in Ordnung? Du verhältst dich ehrlich gesagt, als würdest du einem Raubtier gegenüberstehen?“ scherzt er. „Tue ich das nicht?“ frage ich ihn zurück. Kai stoppt im schneiden.

Langsam schaut er zu mir. Nach einem schnellem Blick durch die Küche fragt er „Hat der Alpha also seinen Mut zusammengefasst und dich aufgeklärt?“ Dabei wackelt er mit den Augenbrauen. „Also genau genommen war es Paul und danach ein bisschen Mathias. Aber hauptsächlich Lilly.“

„Lilly und Paul? Du kennst die Beiden?“ fragt er überrascht. „Ja, sie sind meine Freunde und Nachbarn.“ Überschwänglich umarmt Kai mich. „Hoffentlich veränderst du das Denken und die beiden werden wieder ein geschätzter Teil des Rudels.“

„Wieso genau sind sie kein Teil des Rudels? Ich weiß, dass es etwas mit Paul zu tun hat, aber nicht was genau.“ harke ich nach. Kai seufzt und deutet auf das restliche Gemüse. Gemeinsam machen wir uns also daran weiter zu kochen.

Währenddessen erzählt Kai „Naja, die genaue Geschichte kenne ich auch nicht. Das tun wohl nur die Beteiligten. Aber im Kern geht es wohl darum, dass Lilly ein Kind mit einem Mann hat, der nicht ihr Mate ist. Gerade die Familie von Lilly und Chris sind da noch in veralteten Gedankenmustern hängen geblieben.“

„Mate?“ frage ich nach, in der Hoffnung dieses Mal eine Antwort zu bekommen. „Mate ist die Abkürzung für Soulmate, also Seelenverwandter. Uns Wölfen teilt Luna, unsere Göttin eine Seelenverwandte zu. Diese Seelenverbindung ist heilig. Nur selten irrt sich Luna bei den Paaren.“ erklärt mir Kai ausführlicher.



Geschockt halte ich im schneiden inne und höre ihm nicht wirklich weiter zu. Seelenverwandtschaft? Aber ich dachte John und ich wären seelenverwandt?

Das waren wir auch! „Nein, das kann nicht sein!“ sage ich entschieden. „Was kann nicht sein?“ fragt Kai verwirrt. „Hm?“ stelle ich mich unwissend. Ich werde das mit Mathias abklären, dass er sich getäuscht hat und gut ist. Er wird das sicher auch schnell einsehen.

Ich hatte mich nach dem Abendessen gefühlt gerade erst zum schlafen hingelegt, als mein Melder losging und das Licht auch einschaltet. Müde stehe ich auf und schaue auf den Melder. ‚Verunglückter Tanker‘, das könnten die auch alleine, aber da ich jetzt schon wach bin, fahre ich mit.

Schnell schlüpfe ich weiter in die Schuhe samt Hose und greife mir die Jacke ehe ich ins Auto steige. Während ich auf das Tor warte, signalisieren mir die anderen, dass sie auch fertig sind und schon geht es los.

Wir fahren mit Blaulicht aus der Stadt hinaus. Etwa fünf Kilometer außerhalb sehen wir den umgekippten Tanklaster und ein weiteres Auto verunglückt.

Sofort gebe ich Befehle, dass die Verletzten aus den Fahrzeugen geholt werden. Unsere Sanitäterinnen gehen zu ihnen und stabilisieren sie.

„Und Cruz? Steht auf dem Tanker was er geladen hat?“ rufe ich. Doch bevor er antwortet, fängt er an zu Schreien. „Macht es aus, macht es aus!“

Ein Verdacht kommt mir und ich rufe „Macht die verdammten Lichter aus. Travis hole den Feuerlöscher mit Schaum, Los!“ Travis geht den Feuerlöscher holen, doch beim Licht geht es nicht schnell genug, wodurch ich ihnen Feuern unterm Arsch mache.

„Die Kopflampen auch verdammt.“ rufe ich. Als schließlich alles Licht aus ist, kommen die blauen Flammen zum Vorschein.

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