DBdD-Kapitel 34

Yelir ärgerte sich etwas, dass er so spät dran war. Die Dunkelheit hatte bereits eingesetzt, als er mit seinem Pferd in Kavalare einritt. Das Treffen hatte länger gedauert und er hoffte, dass mit Zunae alles gutgegangen war.
Als er auf Aarons Haus zuritt, konnte er die Dorfbewohner tuscheln hören. Er schnappte auf, dass sie an Geld gelangt waren und damit endlich Vorräte für den Winter besorgen konnten.
Yelir wusste zwar nicht, wo es herkam, doch ein gutes Gefühl breitete sich in ihm aus. Es war die richtige Entscheidung. Nur hoffte er, dass es auch so bleiben würde.
Als er schließlich Aarons Haus erreichte, stieg er ab und band sein Pferd fest. Dadurch, dass er so spät dran war, hatte er Zunae keines mitgebracht. Sie würde bei ihm mitreiten müssen. Daher stellte er sich bereits auf Diskussionen ein, als er nach einem leisen Klopfen das Haus betrat.
Aaron hatte es ihm erlaubt, da er nicht stören wollte. Allerdings war er überrascht, als er Zunae, zugedeckt mit einer Decke und dem Kopf auf ihren Armen vergraben, schlafen sah.
Vor ihr auf dem Tisch ein Stapel Magiesteine, die in einer Stärke schimmerten, die Yelir förmlich anzogen. Diese Steine könnte er für sehr viel Geld verkaufen. Was machten sie in diesem Dorf?
Aaron, der einen der Steine in der Hand hielt, hob den Kopf, als er Yelir bemerkte. Dieser deutete stumm auf den Haufen.
Aaron erhob sich leise, um Zunae nicht zu wecken, bevor er Yelir deutete, ihm kurz zu folgen.
Also verließen sie beide wieder das Haus. Dieses Mal jedoch in den Hintergarten.
»Wo kommen diese Steine her?«, fragte Yelir, der frustriert darüber war, dass die Bewohner diese scheinbar vor ihm versteckt hatten.
Aaron stieß die Luft aus. »Wo soll ich anfangen?«, fragte er überfordert. Er war heute Zeuge von dem geworden, was Zunae konnte und auch, was sie bereit war, für sein Dorf zu tun. »Wusstest du, dass deine Lady ihr eigenes Geld mitgebracht hat?«, fragte Aaron, dem es leichter fiel, mit Yelir zu sprechen, als mit Zunae.
»Ja«, erwiderte Yelir, der unruhig mit seinem Fuß auf den Boden klopfte. »Was hat das mit den Magiesteinen zu tun? Die kann sie damit ja kaum gekauft haben«, sagte er angespannt und mit einem leisen, ungeduldigen Knurren in der Stimme. Warum sprach Aaron um den heißen Brei herum?
»Sie hat den Dorfbewohnern ihre alten, leeren Magiesteine abgekauft«, bemerkte er und sah seinen Freund und König genau an.
Dieser fuhr sich durch die Haare. »Und?«, fragte er, konnte er doch keinen Zusammenhang zwischen dieser Tatsache und dem Haufen an Steinen herstellen.
»Dann hat sie diese gefüllt«, erwiderte Aaron nüchtern.
Er hatte die letzten Stunden zugesehen, wie sie einen nach dem anderen gefüllt hatte. Gewissenhaft und mit so viel Kraft, dass er es noch immer nicht glauben konnte. Dass sie jetzt tief und fest schlief, zeigte ihm jedoch, wie sehr es ihren Körper erschöpft hatte.
Yelir blickte Aaron geradezu an, ohne seinen Blick abzuwenden oder das Gesicht zu verziehen. »Das soll ich dir glauben? Weißt du wie viel Magie diese ganzen Steine brauchen?«, fragte er, erinnerte sich aber gleichzeitig daran, wie stark die Magie gegen ihre Verletzungen gekämpft hatte. Wenn er diese Menge und den Berg aus Steinen betrachtete, war es vielleicht doch machbar.
Aaron nickte leicht, weil er auch nicht wusste, was er noch sagen oder wie er es beweisen sollte. »Ich habe es mit eigenen Augen gesehen«, erwiderte er leise.
Yelir stieß die Luft aus. Er hatte zwar auch bemerkt, dass sie ihre Magie nutzte, immerhin teilte ihm die Kette das mit, doch da es nicht zu einem negativen Zweck war, hatte er dem keine Bedeutung geschenkt.
Jetzt fuhr er sich durch die Haare. »Behalt das bitte für dich«, murrte er schließlich. »Sie musste wirklich vorsichtiger sein«, stieß er dann hervor.
»Ich wüsste auch gar nicht, wie ich es erklären sollte«, erwiderte Aaron nüchtern.
Er wusste, dass die Herrscherfamilien eine Menge Magie besaßen, doch noch nie hatte er von einer Gabe gehört, die scheinbar pure Magie war.
Yelir fuhr sich über sein Gesicht. »Solange sie ihre Gaben für uns nutzt, werde ich sie nicht beschränken«, murmelte er, weil er Aaron vertraute. Ansonsten hätte er Zunae auch nicht bei ihm gelassen. Ihm graute es jedoch davor, dass sie sich vielleicht gegen sie stellen konnte. Mit dieser Menge an Magie würde sie sein Volk platt machen, ohne, dass er überhaupt reagieren konnte.
»Ich glaube, dass sie ein gutes Herz hat«, bemerkte Aaron, der ihre Ruhe und ihr Interesse den Tag über genau beobachtet hatte. Er hatte den Eindruck gehabt, dass sie sich wirklich für seine Leute interessierte. Etwas, wodurch sie ihm sympathisch wurde.
»Gute Herzen können leicht gebrochen werden«, erinnerte Yelir, der daran denken musste, wie Missina am Tod ihrer Tochter beinahe zerbrochen wäre.
Aaron glaubte nicht, dass sie leicht brach. Dazu wirkte sie auf ihn zu stark. Aber er kannte sie auch nicht.
»Sie will ein Gewächshaus bauen«, bemerkte er und blickte Yelir fragend an. »Weißt du etwas davon?«
Dieser schüttelte den Kopf. »Sie war fasziniert von euren Feldern und den Wetterbedingungen. Vielleicht geht es ihr um eine Überdachung für die Felder, oder so«, spekulierte Yelir, der ihre Gedankengänge oft nicht nachvollziehen konnte. Sie basierten auf Technologien und Ideen, die bei ihnen nicht so verbreitet waren.
»Wir werden es das nächste Mal erfahren«, bemerkte Yelir, der neugierig darauf war, wie Zunae diesen Tag beschreiben würde. So wie er sie kannte, hatte sie alles notiert. Er wollte einen Blick darauf werfen, um davon zu lernen. Heimlich.
Ein Geräusch erklang, als jemand die Tür des Hauses öffnete. Verschlafen ihre Augen reibend, trat Zunae in den kleinen Garten. »Yelir. Du bist ja schon da«, bemerkte sie mit träger Stimme. Ein Zeichen dafür, wie müde sie war.
»Schon?«, fragte er und blickte hinauf zu dem dunklen Himmel, wo der Mond zu sehen war und auch die ersten Sterne. »Ich bin wohl eher zu spät«, sagte er nüchtern und wandte sich zu ihr um.
Dafür erhielt er ein leises Gähnen, bevor sie auf Grund einer kalten Böe erzitterte.
Wenn sie wirklich in so kurzer Zeit so viele Magiesteine gefüllt hatte, musste sie müde sein. Vielleicht war es sogar gut, dass er nur mit einem Pferd gekommen war. So müde wie sie gerade war, hatte er Angst, dass sie ihm vom Pferd fiel, wenn sie versuchte, selbst zu reiten.
Zunae lehnte im Türrahmen und blickte Yelir einen Moment lang müde an. Sie wollte sich am liebsten wieder hinlegen und weiter schlafen, wusste aber, dass sie zurück musste. Daran hätte sie denken sollen. Selbst, wenn sie das Pferd schnell vorantrieb, würden sie mindestens eine halbe Stunde unterwegs sein.
Als Yelir bemerkte, dass sie nicht wirklich reagierte, klopfte er Aaron als Abschied auf die Schulter. »Bring sie gut heim«, murmelte dieser, ließ Yelir aber machen.
»Ich glaub, ich bin zu müde zum selbst reiten«, gab Zunae widerwillig, aber trotzdem ehrlich zu. Sie hatte keine Lust vom Pferd zu fallen.
»Dann ist ja gut, dass ich sowieso nur ein Pferd bei mir habe«, erwiderte Yelir, der ihr einen Arm umlegte, damit er sie führen konnte. Sie war niedlich, wenn sie so verschlafen aussah.
Zunae ließ sich führen und lehnte sich sogar etwas an Yelir. Sie war zu erschöpft, aber gleichzeitig fühlte sie sich auch entspannt. Lange hatte sie sich nicht mehr so magisch erschöpft. Es war ein schönes Gefühl, das sie genießen wollte. Daher protestierte sie auch nicht, als Yelir sie vorsichtig auf das Pferd hob und sich dann hinter sie setzte.
Obwohl sie ihm noch immer nicht ganz vertraute, fühlte sie sich doch mittlerweile so wohl bei ihm, dass sie sich guten Gewissens an seine Brust lehnen und dösen konnte. Sie wusste, er würde sie nicht verletzen. Zunae wusste zwar noch immer nicht genau, wie sie seine Handlungen einschätzen sollte, doch sie war sich sicher, dass er einen direkten Kampf jeder Heimtücke vorzog.
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