DBdD-Kapitel 52

Zunae las den Brief, den Fürst Dravar ihr geschrieben hatte. Der neue Vertrag kam bei ihm gut an und wenn alles gut ging, würde die erste Lieferung in wenigen Tagen ankommen. Er hatte einige Söldner mitgeschickt, sodass es keine Probleme geben sollte.
Gerade, als Zunae eine Antwort aufsetzen wollte, klopfte es an der Tür. Sie hatte diese Beschäftigung gewählt, um nicht über Arcas Frage nachzudenken, jetzt aber versteifte sie sich, da sie eben jenen erwartete, der nach einer Antwort verlangte.
Trotzdem brachte sie irgendwie ein Fest klingendes: »Herein«, zustande.
Die Tür öffnete sich und als Zunae den Mann mit den kurzen braunen Haaren erkannte, entspannte sie sich sofort wieder. Es war nicht Arcas.
»Du bist wieder da«, sagte sie und erhob sich. Ein seltsamer Drang, ihn zu begrüßen machte sich in ihr breit, denn sie freute sich wirklich, Yelir wiederzusehen.
Dieser trat ein und sah sich kurz um. »Ist alles in Ordnung gewesen, während ich weg war?«, fragte er, wobei er angespannt war. Er hatte sich Sorgen um sie gemacht, doch es gab nichts im Zimmer, das auf Probleme hinwies. Trotzdem war er so schnell wie möglich durch den Schnee geritten.
Zunae schüttelte leicht den Kopf, wobei sie ihn musterte. Seine Haare waren nass und er wirkte auf sie auch noch sehr gehetzt. »Du bist ganz schön schnell gewesen. Hab es Probleme?«, fragte sie, da sie nicht verstand, warum er so gehetzt war.
»Lacrew ist krank. Charlet kümmert sich um ihn und Degoni ist dort geblieben, um alles im Auge zu behalten«, sagte er, wobei Zuna auffiel, dass er recht distanziert sprach. Selbst von seinem Vater, was sie misstrauisch machte. Sie hatte bisher keinen Grund gehabt zu glauben, die Beziehung der beiden wäre problematisch. Im Gegenteil. Daher fragte sie sich nun, ob er einfach so schnell zurückgekehrt war, weil er hier etwas zu tun hatte oder, weil er aus Gründen, die ihr unbekannt blieben, nicht dort sein wollte.
Dass sie der Grund gewesen war, kam ihr gar nicht in den Sinn.
»Wäre es dann nicht besser, wenn Dainte ihn besuchen geht?«, fragte sie, denn der alte König war ihr bisher immer sehr freundlich gegenüber gewesen. Auch, wenn sie sich nicht häufig gesehen hatten. Eigentlich nur zwei Mal.
»Degoni hat die Aufgabe ihn zu rufen, sollte er gebraucht werden«, erklärte Yelir, der sich durch sein feuchtes Haar fuhr.
Zunae, die noch immer stand, griff zu dem Schultertuch, das sie manchmal trug. Es bestand nicht aus Seide, sondern feinen Leinen, weil es dadurch wärmerhielt. Nun aber ging sie damit zu und legte es Yelir über die Haare. »Du solltest dich trocknen«, bemerkte sie, wobei sie sanft seine Haare mit dem Tuch rieb. »Sonst erkältest du dich auch noch.«
Nachdem nicht nur sie, sondern auch Lacrew krank waren, war die Gefahr, dass Yelir sich auch ansteckte, größer als gut war.
Ein leises Brummen verließ seine Kehle, doch er blieb brav stehen und ließ sich abtrocknen. Er genoss es sogar ein wenig, da es sich anfühlte wie Streicheleinheiten. Als Nachfahre der Götterkatzen war das ein sehr angenehmes Erlebnis, das dafür sorgte, dass sich sanftes Fell über seine Arm zog.
Als Zunae das bemerkte, musste sie leicht schmunzeln. Eigentlich wollte sie ihn auffordern, ein warmes Bad zu nehmen, doch sie wollte auch mit ihm reden. Sie hatte lange darüber nachgedacht und würde jetzt keinen Rückzieher machen, weshalb sie tief Luft holten. »Es gab doch etwas, als du weg warst«, sagte sie schließlich, was Yelir ein fragendes Brummen entlockte. »Arcas hat um meine Hand angehalten«, verkündete sie und spürte, wie sich Yelir sofort unter ihren reibenden Bewegungen verspannte.
»Was?«, stieß er knurrend hervor, wobei er seine Gefühle über diese Dreistigkeit kaum zurückhalten konnte. Sein Körper bebte, während er Mühe hatte, sein Wut im Zaun zu halten. Arcas handelte damit gegen die Riten der Nordlande und hatte einen Pfad gewählt, der ihm einen unfairen Vorteil gegenüber seinen Brüdern verschaffte. Allerdings handelte es sich bei Zunae um die ehemalige Königin der Südlande. Selbst Yelir hatte sich über die Bräuche rund um die Hochzeiten in ihrem Land informiert. Allerdings wäre er nie auf die Idee gekommen, diesen Schritt zu wählen.
»Ich wollte nur sichergehen, dass es zu keinen Problemen kommt, wenn ich diese Antrag ablehne«, bemerkte Zunae, die Yelirs Wut gar nicht richtig einschätzen konnte. Sie zog ihre Hände zurück, falls er unerwartet wütend auf sie war. Fast rechnete sie sogar damit, dass er handgreiflich wurde, wie sein Bruder.
Obwohl Yelir nicht wütend auf Zunae war, sondern auf Arcas, hob er doch die Hand und umschloss damit ihr Handgelenk, bevor er ihr tief in die Augen blickte. »Du hast seinen Antrag abgelehnt?«, fragte er, wobei noch immer ein Knurren in seiner Stimme mitschwang.
Zunae versuchte ruhig zu bleiben, auch wenn ihr Herz immer heftiger klopfte. Die grünen Augen hatten noch nie so raubtierhaft geschimmert. »Noch nicht, aber ich habe es vor.«
Yelir stieß den heißen Atem aus, der sogar als kleine Wölkchen zu sehen war. Magie, wie Zunae erkannte, was ihren Körper kribbeln ließ.
Nur langsam beruhigte sich Yelir wieder. Sie würde Arcas Antrag ablehnen. Das war gut. Ihm war gar nicht bewusst gewesen, wie sehr die Möglichkeit, dass sie sich für einen seiner Brüder entschied, an ihm nagte.
»Gut«, knurrte er schließlich. »Denn du gehörst mir«, bemerkte er in einem Anflug von tierischer Besitzgier.
Seine Worte ließen Zunae überrascht blinzeln. Was sollte sie denn jetzt davon halten? »Ist das ein Antrag?«, fragte sie neugierig geworden, was er auf einmal damit meinte.
Yelir, der durch ihre Frage ein wenig seine Gefühle unter Kontrolle bekam, atmete leise aus. »Nein«, sagte er schließlich.
»Angenommen«, erwiderte Zunae mit einem belustigten Funkeln in den Augen, was Yelir so überraschte, dass sich das Fell auf seinen Armen zurückzog und sogar sein Ärger verrauchte.
»Was?«, fragte er leise und Zunae lachte.
»Ich habe deinen Antrag, der keiner war, angenommen«, erwiderte sie neckend. Sie hatte sich schon von Anfang an dazu entschieden, den König zu heiraten und dabei blieb sie. Dass Yelir sie auch noch auf eine Art faszinierte, wie es Arcas nicht tat, war nur eine angenehme Dreingabe.
Yelir brauchte einen Moment, bevor ihre Worte zu ihm durchdrangen. Sie wollte ihn heiraten und er hatte sich gerade sehr idiotisch verhalten.
Peinlich berührt räusperte er sich, um seine aufkommenden Gefühle zu verstecken. »Gute Entscheidung«, sagte er schließlich und versuchte ernst zu klingen. »Arcas hatte nie das Recht, dich derart zu drängen, daher sollte es keine Konsequenzen haben. Ich werde ihn dennoch im Auge behalten«, bemerkte er, weil er sie etwas beruhigen wollte. Einen Antrag abzulehnen konnte Probleme machen. Gerade, weil Arcas es nicht gewohnt war, abgelehnt zu werden.
Zunae lächelte sanft. »Ich vertraue dir«, erwiderte sie, bevor sie ihn Richtung Badezimmer schob. »Aber jetzt gehst du erst einmal warm baden. Sonst wirst du krank und steckst mich wieder an.«
Yelir brummte erneut und wollte den Raum gerade verlassen, als hektische Schritte im Flur erklangen. Es war Dainte, der die Tür schwer atmend aufriss. »Da ist ein Bote. Die Lieferung wurde angegriffen«, sagte er keuchend. »Er ist sehr schwer verletzt.«
Erst, nachdem er die Botschaft überbracht hatte, nahm er sich einen Moment Zeit, um die Anwesenden zu mustern. Er hatte nicht mit Yelir gerechnet, sonst wäre er sofort zu ihm gegangen.
Zunae blickte zu Yelir und dieser erwiderte kurz seinen Blick. »Bring uns zu ihm«, sagte er schließlich und warf das Tuch von sich.
Da er wusste, was Zunae geplant hatte, war er involviert, hatte jedoch nicht so schnell mit einem weiteren Angriff gerechnet.
Dainte nickte und deutete beiden an, ihm zu folgen. Er hatte bereits die schwersten Verletzungen versorgt, doch noch war er nicht über den Berg. Außerdem beunruhigte Dainte die Tatsache, dass seine Heilmagie bei ihm nicht richtig zu wirken schien, weshalb er auch wollte, dass er alles weitergab, solange er noch konnte.
Kommentare