DBdD-Prolog

»Verflucht!« Yelir presste seine Hand auf die klaffende Wunde, die sich über seine Schulter zog. Die Schmerzen waren stark, doch er konnte sie aushalten. Wäre da nicht das Blut, das er verzweifelt versuchte zu stoppen. Noch mehr davon zu verlieren, würde seine Kräfte bald aufzehren. Ihm war bewusst, dass dieser Kampf verloren war. Als der riesige, kristallene Drache erschienen war, hatte sich das Blatt gewendet. Auf kurz oder lang wäre er nicht der Einzige, dessen Körper aufgab.
»Halt still«, flüsterte Dainte, sein Cousin, der seine Hände auf die Wunde drückte, während heilende Magie von ihm zu Yelir floss.
Yelir, dessen braunes Haar vom Blut seiner Feinde getränkt war, entwand sich murrend seinem Griff. »Heil lieber die, die es gebrauchen können«, knurrte er erschöpft, denn vielleicht konnten einige von ihnen noch fliehen, wenn es ihm gelang, den Drachen abzulenken.
Dainte sah das jedoch anders. »Du bist unser Herrscher. Du bist wichtig. Außerdem: Wie soll ich deiner Frau erklären, dass du gefallen bist?«, fragte er herausfordernd, bevor er an Yelir herantrat und die Heilung fortsetzte. Er wusste sehr genau, womit er seinen König motivieren konnte.
Dieser schloss ergeben seine Augen. Seine Frau. Wann war ihm diese Frau, die ihm eigentlich noch immer so fremd war, so wichtig geworden, dass es Dainte möglich war, ihn damit dazu zu bringen, zu gehorchen? Er vermisste sie, obwohl dieser Kampf noch gar nicht so lange tobte. Erst vor ein paar Tagen hatte er sie in der Burg, in Sicherheit, wie er damals dachte, zurückgelassen. Jetzt jedoch sah das anders aus. Wenn sein Heer fiel, würde auch seine Burg nicht mehr lange stehen.
In der Ferne schrien seine Soldaten auf, als eine riesige Drachenklaue sie hinwegfegte, bevor ein Schwall Feuer sich ausbreitete.
Hitze schlug Yelir entgegen, doch zum Glück erreichte das Feuer sie nicht.
Yelir, als Herrscher der Nordlande und Anführer des Clan der Seelenkatzen, hatte schon viele Kämpfe bestritten. Gegen den Clan der Drachen aus dem Süden anzutreten, war jedoch nie so schwer gewesen wie das hier. Dabei war er es bereits gewohnt, gegen ein riesiges Monster zu kämpfen.
Er bereute es, das Angebot zur Unterstützung abgelehnt zu haben. Dieser Gegner stellte eine Bedrohung für sie alle dar. Allerdings hatte er die Familie seiner Frau nicht hineinziehen wollen.




»Schick jemanden zur Burg, der sie zurück nach Hause bringen soll. Dort ist sie sicher«, sagte er, während die Schmerzen in seiner Schulter nachließen. Natürlich hatte Dainte seine Heilung nicht abgebrochen, sondern machte noch immer weiter. Seine Ausdauer und Beharrlichkeit waren etwas, für das er Dainte wirklich schätzte.
Erneut breitete sich Feuer aus, und der beißende Geruch von verbranntem Fleisch erfüllte die Luft.
Yelir wandte sich an Dainte. »Nun mach schon«, knurrte er, da dieser noch immer nicht reagierte. Wenn sein Reich schon unterging, dann wollte er zumindest seine Frau in Sicherheit wissen. Ihr Clan würde hoffentlich nicht den gleichen Fehler begehen wie er. Sie konnten sicher irgendwo Hilfe finden.
Dainte erstarrte für einen Moment und schüttelte dann den Kopf. »Das kann ich nicht …«, setzte er an, als der Boden plötzlich bebte. So sehr, dass beide Männer sich gegenseitig stützen mussten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Verdammt, was bei allen Göttertieren war das schon wieder? Reichte ein mächtiger Drache denn nicht? Mussten die Götter sie noch weiter strafen?
Ein tiefes Brüllen überzog das Land. Bekannt und gefürchtet.
Yelir erschauderte, während Dainte kreidebleich wurde.
Das war definitiv nicht der Drache gewesen.
Langsam und angespannt drehten sie sich um und entdeckten ein riesiges Skelett, das sich schwerfällig einen Weg durch die Verletzten bahnte. Es kam aus der Richtung ihrer Heimat.
Ein riesiger Knochenfuß kam aus dem Himmel nach unten und krachte so heftig zu Boden, dass dieser erneut bebte.
Yelir schwankte, während er sich Mühe gab, nicht zu Boden zu fallen. Sein Blick auf das Wesen gerichtet, das größer war als seine Burg. Weitere Knochen eines Fußes verdunkelten den Himmel und als er erneut zu Boden krachte, verlor Yelir das Gleichgewicht.
Keuchend stürzte er zu Boden und schloss die Augen. War es nun vorbei?
Der Fuß schlug krachend neben ihm ein, sodass der Boden unter ihm erzitterte und ihn ein weiteres Mal erschütterte.
Yelir schielte zu dem Mittelfußknochen, der größer war als er selbst. Erst als dieser sich erneut bewegte, bemerkte er, wie bedacht das Skelett seine Schritte setzte. Es bahnte sich fast schon vorsichtig einen Weg durch die Massen an Soldaten.




Yelir konnte seinen Augen nicht trauen, als er bemerkte, dass es mit seinem Fuß sogar einen Feuerangriff, der auf Dainte und ihn gerichtet war, abfing.
Hitze schlug ihm entgegen und die Ränder seines Blickfeldes verschwammen. War er nun schon so benommen, dass er glaubte, etwas zu sehen, das nicht da war?
Wie konnte es sein, dass ausgerechnet Goikotsu, die Geheimwaffe der Südlande hier war? Er kannte dieses brutale Monster aus den vergangenen Schlachten. Er war ein Anblick, der Yelir verstörte, aber gleichzeitig auch faszinierte.
Diese Waffe hatte ihnen im Krieg gegen die Südlande unermesslichen Schaden zugefügt und er konnte nicht glauben, dass der Grund seines Auftauchens dieses Mal ein anderer war. War vielleicht doch alles von den Südlanden geplant? War er der Bote ihres endgültigen Untergangs?

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