AdD2-Kapitel 4

Rhana folgte ihren Instinkten, nur waren diese nicht sonderlich gut statt, wie beabsichtigt, in das Zimmer der Direktorin zu gelangen, fand sie sich bei den Klassenräumen wieder.
Ein Seufzen verließ ihre Lippen. Sie lebte jetzt schon so lange hier und schaffte es noch immer nicht, die richtigen Zimmer zu finden.
Allerdings sah auch alles irgendwie anders aus. Hatten die Steinwände schon immer diese filigranen Bilder von Drachen gehabt? Oder war sie hier in einem Bereich, den sie noch nicht kannte?
Nein. Sie war sich ziemlich sicher, dass hier die Klassenräume waren.
Vielleicht sollte sie jemanden fragen. Auch wenn es unwahrscheinlich war, dass sie jemanden fand. Für die Größe dieser Akademie gab es nicht gerade viele Bewohner. Gäbe es nicht so viele gemeinsame Zeiten, wie das Essen, würden sie sich vielleicht nie über den Weg laufen.
Ein Murmeln drang an Rhanas Ohren und Erleichterung durchströmte sie. Vielleicht war sie doch instinktiv richtig gelaufen oder fand wenigsten jemand, der ihr helfen konnte und wenn es nur ein Drache war.
Langsam lief sie auf die Stimmen zu und betrat dann einen Klassenraum.
Überrascht blieb sie stehen, denn es war Idris, der auf einem Stuhl saß, den Kopf in den Händen, als würde er weinen.
Neben ihm stand Lotta, die sanft sein Haar tätschelte.
Lotta sah kurz zur Tür, aber wie auch schon Idris an Rhana vorbei. »Es ist nicht deine Schuld«, sagte sie sanft.
Idris schnaubte. »Ich haben sie gezwungen«, stieß er hervor. »Das sollte nicht passieren.«
Von was sprach er da? Rhana verstand überhaupt nicht, was er meinte. Ging es um sie? Aber er hatte sie nie gezwungen, oder?
»Das braucht Zeit. Ihr müsst beide lernen, damit umzugehen«, sagte Lotta sanft.
Sie hatte eine sehe beruhigende Art, doch Rhana spürte dennoch einen gewissen Stich der Eifersucht. Es gab zwar keine Anzeichen darauf, dass zwischen ihnen mehr als Freundschaft war, doch es gefiel Rhana dennoch nicht, dass Lotta so vertraut mit ihrem Idris war.
Idris sah auf. Als er zu Lotta blickte, sah er kurz in ihre Richtung.
Rhana hob zur Begrüßung leicht die Hand, doch er blickte einfach zu Lotta, als hätte er sie gar nicht gesehen.
»Als Kind der Einhorngöttin bist du doch auch in der Lage, andere zu wandeln? Hast du jemals einen Werwolf erschaffen?«, fragte Idris.




Eine Frage, die Rhana nicht ganz verstand.
Wer war das Kind der Einhorngöttin? Lotta? Ihre Mutter war ein Gott? Wir war das möglich oder hatte sie etwas falsch verstanden?
Und was meinte Idris mit wandeln?
»Ich …«, setzte Lotta zögerlich an. Ihr Blick ging an die Wand, doch Rhana hatte das Gefühl, dass er eher in die Ferne ging. Als würde sie an etwas denken, das lange Zeit zurücklag. »Einmal«, flüsterte sie, wobei ihre Stimme brach.
Rhana verstand zwar nicht, worüber sie sprachen, doch sie spürte Mitleid mit Lotta.
»Dann wirst du verstehen, dass es nicht so einfach ist«, bemerkte Idris, der sie aufmerksam beobachtete. Er sah aus, als würde ihm die Frage schon jetzt leit tun.
Lotta schluchzte leise, hob aber sofort die Hand, um sich die Tränen aus den Augen zu wischen. »Tut mir leid«, murmelte sie mit erstickter Stimme.
Sofort zog Idris sie in seine Arme, um sie zu beruhigen. »Mir tut es leid. Die Frage war unfair. Ich kann deine Situation nicht mit der von mir und Rhana vergleichen.«
Lotta schniefte leise. »Nein. Das ist schon okay. Wenn wir uns nicht gegenseitig um Rat fragen, wen sollen wir dann fragen?«, fragte sie und versuchte, sich zu fangen.
Lotta wischte sich die Tränen weg und blickte zu Idris nach oben. »Also. Was ist vorgefallen?«
Rhana erkannte, wie Idris schluckte. Er war blass und sah aus, als wäre er erschöpft. »Ich mache mir Sorgen um die Macht, die ich über Rhana habe. Was, wenn ich sie zu etwas zwinge, was sie nicht will?«
Lotta löste sich sanft von Idris, um nun ihn in den Arm zu nehmen. »Als du dich entschieden hast, sie zu wandeln, wusstest du, dass das passieren könnte«, erinnerte sie ihn, streichelte aber beruhigend seinen Rücken.
Rhana erstarrte. Was hieß denn, dass Idris sie gewandelt hatte?
War nicht der Gott der Drachen dafür verantwortlich? Wie konnte ein Mensch …
»Ich hatte keine Wahl. Sie wäre gestorben, wenn ich es nicht gemacht hätte«, stieß Idris hervor, wobei er in Lottas Armen förmlich zusammensackte.
Rhana fühlte sich überfordert. Sie hatte Idris noch nie so fertig gesehen. Das und die Informationen, die sie gerade erhalten hatte, ließen sie schwanken.
War es gut, dass sie das gehört hatte? Hatte Idris gewollt, dass sie es hörte?




Rhana taumelte einige Schritte zurück. Ihr Blut rauschte ihr durch die Adern und ihr Herzklopfen hallte in ihren Ohren, weshalb sie nicht genau verstand, was Lotta zu Idris sagte.
Rhana wusste nur, dass sie weg musste. Sie brauchte Zeit, um das alles zu verarbeiten.
Tränen sammelten sich in ihren Augen, während sie durch die Flure stolperte. Ihr Herz schmerzte und gleichzeitig spürte sie auch eine gewisse Wärme. Sie verstand nicht, was sie spürte. Es war so viel, dass sie es nicht fassen konnte.
Was sollte sie denn jetzt tun?
Rhana bog um die Ecke und bemerkte Yuvan zu spät.
Erschrocken stieß sie einen Laut aus, bevor sie direkt in Yuvan hineinrannte.
Dieser fluchte, als er mit Rhana zusammen zu Boden ging.

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