September

September
Mein Herbst
Hoppla!
Jetzt habe ich dich ja gar nicht bemerkt und auch mein Hund Rudi hat tatsächlich kein Ohr gehoben!
Du hast dich wirklich ganz leise auf meine Terrasse geschlichen und ich war so versunken in meine Handarbeit und meine Gedanken.
Nein, nein! Du störst nicht! Ich habe schon oft an dich gedacht und freue mich ungemein, dich jetzt wieder zu treffen und meine Zeit mit dir teilen zu dürfen!
Geht es dir gut? Hattest du auch einen wundervollen Sommer?
Ich hoffe doch!
Komm, nimm dir den Korbstuhl da drüben, setzt dich zu mir und lass uns gemeinsam die wunderschöne Abendsonne genießen.
Ich liebe diese ganz besondere, fast magische letzte Stunde bevor die Sonne untergeht und die Nacht beginnt, sehr!
Sieh mal, gefällt dir diese Wolle, aus der ich gerade ein buntes Tuch häkele auch so gut wie mir?
Ich musste sie einfach haben und finde sie wirklich wunderschön!
Vor einer längeren Zeit habe ich dieses wunderschöne Knäuel auf einem Künstlermarkt von einer jungen Färberin gekauft.
Sind diese Farben nicht einfach herrlich?
Sie erinnern mich sehr an den kommenden Herbst!
Beim Anblick dieses, langsam, aber dennoch immer größer werdenden Tuches habe ich fast das Gefühl durch einen Herbstwald zu laufen und das wundervolle Farbenspiel der Blätter und der Natur sehen zu können. Manchmal entdecke ich sogar das leuchtende Orange eines dicken Kürbis, das grelle Grün der reifen Kastanienschalen, das Schokobraun eines kleinen Igels oder auch das tiefe Violett von reifen Trauben!
Hier, nimm doch mein angefangenes Tuch und das Wollknäuel auch einmal in deine Hand! Fühlst du die zarten Fäden zwischen deinen Fingern?
Riechst du noch den sanften Geruch der Schafe?
Und spürst du die Liebe, mit der die Färberin die Wolle gefertigt hat?
Bei einer so schönen Wolle steigt in mir immer ein unglaubliches Gefühl der Dankbarkeit empor und ich möchte am liebsten den Schafen über ihre Köpfe streicheln und ihnen für ihre herrlich Wollspende danken. Auch die Färberin möchte ich am liebsten in den Arm nehmen und ihr für ihre Liebe und Mühe danken.
Und meinem Leben bin ich in so einem Moment auch immer unglaublich dankbar!
Ich bin dankbar für das wundervolle Geschenk, dass ich mit meinen Händen solch schöne Handarbeiten anfertigen darf und auch dafür, dass ich diese Dankbarkeit, das große Glück und die tiefe ehrliche Liebe erkennen und spüren darf!
Kennst du das womöglich auch?
Und gerade bin ich auch dankbar, dass ich mir dir, ja nur mir dir, diesen wunderbaren Sonnenuntergang erleben darf!
Vielleicht macht mich der Herbst auch ein wenig melancholisch und nachdenklich?
Wer weiß? Vielleicht geht es dir ja auch genauso?
In den Herbstmonaten wird schließlich schon seit Menschengedenken gedankt und gedacht … gedankt für die Ernte, die uns die Natur geschenkt hat … und gedacht, an die bereits von uns gegangen, aber immer in Erinnerung bleibenden Menschen und Tiere. Sogar feste Feiertage zum Innehalten und Denken und Danken wurden bei uns dafür eingeführt und tatsächlich bis heute bewahrt!
Oh, wenn ich mir jetzt gerade mein Stück für Stück größer werdendes Tuch und das Stück für Stück kleiner werdende Wollknäuel betrachte, kann ich tatsächlich auch eine Ähnlichkeit zu unserem Jahreslauf und auch zu unserem Leben erkennen!
Kannst du die Ähnlichkeit auch erkennen?
Ja!? Wie schön!
Das dicke Wollknäuel ist wie ein Jahres- oder auch ein Lebensbeginn für mich, Masche für Masche wächst das Jahr und das Leben. Der Frühling bringt neues Leben und der Sommer lässt die Früchte reifen. Die Kinder wachsen zu jungen Erwachsenen heran und gehen ihre eigenen Wege.
Mein Wollknäuel wird langsam immer kleiner, dafür wächst das Stück zwischen meinen Fingern von einem kleinen zu einem größeren Tuch heran und ich erkenne schon das Muster und sogar den einzigartigen Farbverlauf. Und genauso wächst mein Leben und auch mein Jahr schreitet voran.
Ich freue mich wirklich immer sehr auf diese Jahreszeit und ich merke auch wie sehr mein Körper und meine Seele diese Zeit brauchen. Geht es dir, deiner Seele und deinem Körper da vielleicht genauso?
Der Herbst lässt die Natur und auch uns ruhiger werden. Die Tage werden kürzer, die Sonne verliert langsam ihre Kraft. Und auch wir werden im jahreszeitlichen Herbst und auch in unserem Lebensherbst milder und ruhiger. Die unermüdliche Geschäftigkeit und die strahlenden Farben des Sommers sind vorüber und wir sehnen uns nach etwas mehr Ruhe und werden manchmal sogar ein klein wenig grauer.
Wie die Bäume die Blätter verändern, los lassen und sich auf den Winter vorbereiten, so lassen wir im Herbst auch oft los, verändern uns und bereiten uns auf eine besinnliche und stade Zeit vor.
Wir reflektieren mehr, wir gedenken und danken mehr, wir riechen andere Düfte, wir sehnen uns nach anderen Speisen oder Getränken und wir befreien uns sogar oft von Kleidungs- oder Möbelstücken und machen es uns zu Hause, wie ein kleiner Igel in seinem Laubhaufen gemütlich.
Mmmmmh, riechst du gerade auch schon den leckeren Früchtetee und die aromatische Orange? Und hörst du das leise Knistern des wärmenden Feuers im Kamin, während außen ein kleiner Herbststurm die letzten Blätter von den Bäumen fegt?
Mach es dir gemütlich! Es wird Herbst!
Und mein Wollknäuel unseres Jahres wird ganz langsam, aber mit steter Gleichmäßigkeit immer kleiner und weniger … und auch mein Wollknäul unseres Lebens wird auf die gleiche Art und Weise immer kleiner und weniger … aber dafür nimmt das Tuch unseres Jahres und auch das Tuch unseres Lebens immer mehr an Größe, Farbenpracht und an sensationeller Einzigartigkeit zu!
Glaube mir und hab Vertrauen! Alles ist im Fluss und im Einklang, alles hat seinen Sinn und seine Notwendigkeit!
Es gibt kein nie endendes Wollknäuel und es gibt auch keinen nie endenden Sommer … auch wenn es sich so mancher von uns sehnlichst wünscht … wir brauchen für unser Jahr und unser Leben von allem etwas!
Eine motivierende, aufstrebende Portion Frühling, einen wilden aufregenden und unvergessenen Sommer, einen über die unendliche Fülle dankbaren und zur Ruhe und Milde kommenden Herbst und einen demütigen, entschleunigenden aber mit wundervollen Erinnerungen erfüllten Winter!
Oh, du hast ja deine Augen geschlossen! Wunderbar! Genieße den Moment und die herrliche herbstliche Sonne, die gerade dein Gesicht mit Wärme erfüllen darf!
Sogar mein, in seinem Lebensherbst stehender Hund Rudi hat sich ein sonnenerfülltes Plätzchen im Gras gesucht und streckt sich wohlig und tief entspannt dem wärmenden und wohltuenden Licht entgegen.
Warte, ich lege dir noch mein fast fertiges Tuch über deine Beine! Spürst du schon die angenehme Wärme, die von diesem kleinen Tuch in deine Beine fließt?
Ja, ich weiß, das tut gut! Genieße es! Atme tief ein … und wieder aus!
Und nehme ganz bewußt die herbstlichen Gerüche des hohen Klees, des erntereifen Mais, der ersten Pilze, der wunderschönen Sonnenblumen, der Goldmarie und auch der Ringelblume wahr.
Magst du mit mir vielleicht einen kleinen gedanklichen Herbstspaziergang durch unser Dorf machen?
Ja?! Wundervoll! Dann lass uns los ziehen und es genießen!
Ganz ruhig liegt unser kleines Dorf, umringt von Wald in einer Senke. Von unser Anhöhe können wir herrlich weit blicken. Erkennst du die herrlichen Herbstfarben der Bäume? Wie von einem gut gelaunten, lebensfrohen Künstler gemalt, gestalten sie gerade nur für uns eine wahre Naturvernissage.
Der leichte Herbstwind wiegt die Bäume sanft hin und her und immer wieder fliegen, in wunderschönen Pirouetten rote, gelbe und orange Blätter in den, von der Abendsonne in allen nur erdenklichen Rottönen gefärbten Himmel.
Komm, wir gehen hinunter ins Dorf!
Wie schön doch die kleinen alten liebevoll restaurierten Fachwerkhäuser die schmale Dorfstraße schmücken!
Und in den noch blätterdichten Hainbuchenhecken der Häuser verstecken sich unzählige Vögel und … oh, was raschelt denn da? … wohl auch der eine oder andere Igel!
Sieh mal hier durch das zart beleuchtete Küchenfenster!
Zwei Kinder schnitzen lachend und voller Leidenschaft an einem großen Kürbis!
Ach, guck doch! Ihr Opa sitzt äußerst vergnügt am Küchentisch und macht mit seinem Gesicht die frechsten Kürbisgrimassen!
Und ihre Oma steht schon am Herd und bereitet aus dieser herrlichen Herbstfrucht eine wunderbare Suppe zu!
Schmeckst du vielleicht auch schon den leckeren und cremigen Geschmack einer heißen Kürbissuppe auf deiner Zunge? Oder gelüstet es dich gerade mehr nach ofenfrischen Maronen?
Gleich hier vorne, am Dorfplatz steht neben dem alten Dorfbrunnen schon seit vielen Jahrzehnten ein dicker knorriger Kastanienbaum!
Vielleicht haben wir Glück und wir finden schon ein paar kleine Handschmeichler?
Oh, wie schön! Rings um den alten Baum liegen unzählige Kastanien!
Wie sie glänzen! Wie sie strahlen! Und wie wunderschön sie geformt sind! Komm, such` dir schöne aus und lasse sie deine Hände schmeicheln!
Siehst du den herrlichen und noch von der Herbstsonne gewärmten Dorfbrunnen links neben der Kastanie? Zu jeder Jahreszeit dekorieren unsere Dorffrauen ihn mit viel Liebe und Wertschätzung.
Was für eine unglaubliche Fülle unsere Natur uns allen doch jedes Jahr aufs Neue bietet! Goldgelbes Getreide, saftige Äpfel und honiggleiche Zwetschgen, strahlende Sonnenblumen, zentnerschwere Kürbisse, zuckersüßer Mais und ockergelbe Erdäpfel, duftender Sonnenhut, tief violett getränkte Trauben und knackige Paprika, nach Moos und Erde riechende Pilze und energiegebende Nüsse!
Hab Vertrauen, es wird uns an nichts mangeln!
Langsam verschwindet die strahlende Sonne hinter den großen Bäumen … aber sieh mal … ein kleiner Sonnenstrahl erhellt noch ein kurzes Stück eines hölzernen Lattenzaunes und offenbart für uns ein weiteres Kunstwerk der Natur!
Siehst du wie sich das Licht in den hauchdünnen Fäden bricht und sich, fast einem Regenbogen gleich, spiegelt? Ein wahrer Meister war hier wohl am Werk und hat, scheinbar erneut nur für uns, dieses wundervolle Spinnennetz in einer einmaligen Präzession gefertigt. Wie großartig ist unsere Natur! Ein Hoch auf unsere Künstler!
„Bing! Bong! Bing! Bong! Bing! Bong!“ Hörst du die Kirchenglocke auch? Und siehst du auch die kleinen immer heller werdenden roten Lichtern? Komm, wir gehen noch ein Stück näher!
Oh, die kleinen Lichter kommen von unzähligen, ewig brennenden Ölkerzen, welche liebe Menschen in Gedenken und Erinnerung auf die Gräber ihrer Liebsten gestellt haben. Und sogar herbstliche Blumen, kleine persönliche Andenken und liebevoll bemalte Steine schmücken ganz individuell und mit viel Liebe die Gräber!
Ist das nicht einfach schön? Auch wenn das Wollknäuel des Lebens zu Ende geht und das Lebenstuch gehäkelt wurde, bist du hier nicht vergessen, sondern immer und ewig in Gedenken und Erinnerung!
Oh, deine Augen werden feucht! Darf ich dich in den Arm nehmen?
Hab Vertrauen, alles ist gut und richtig!
Langsam wird der Abend etwas frischer, aber bleibe bitte noch einen Moment, ich möchte dir noch etwas schenken!
Ich häkele noch die letzten Maschen meiner Herbstwolle und dann darf dich mein Tuch begleiten. Es wird dich wärmen, dich schmücken und dich schützen und dir immer ein Lächeln auf dein Gesicht zaubern und dich an unsere wunderschöne Herbstzeit und unser wundervollen Leben erinnern.
Danke, dass du mir deine Zeit geschenkt hast!
Für Dich:
Zeit in der Natur
Genieße die wundervolle Natur im Herbst! Lausche den knisternden Blättern, beobachte den Wind, sammle Kastanien oder Eicheln für die Tiere oder zum Basteln oder entspanne beim Pilze suchen.
Stöbern und Dekorieren
Ich liebe es, an einem stürmischen und regnerischen Herbsttag, begleitet von ruhiger und entspannter Musik oder einem inspirierendem Hörbuch, quer durch mein Haus zu stöbern und dabei freche Woll- und Staubmäuse frei zu lassen und mein Haus mit den Geschenken der Natur herbstlich zu dekorieren.
Mach’s dir gemütlich!
Koche dir einen leckeren Tee oder Kakao und mache es dir auf deinem Sofa mit deiner Lieblingskuscheldecke und einem tollen Buch so richtig gemütlich! Jetzt ist deine Zeit!
Fülle deinen Vorratsschrank auf
Der Herbst hat herrliche Früchte und Gemüsevariationen in Hülle und Fülle für uns bereitgestellt. Suche dir leckere Rezepte, lade vielleicht sogar Freude ein und kocht und weckt nach Herzenslust ein. Sei gewiss, es kommen Tage da hat man keine Zeit oder Lust zum Kochen und da sind solche schmackhaften und gesunden Vorräte ganz wunderbar!
Raum für Deine Gedanken, Ideen, Notizen und Geistesblitze:
– Was beschäftigt Dich in diesem Monat?
– Für was bist Du aktuell besonders dankbar?
– Was tut Dir gerade gut? Was brauchst Du momentan?
– Was macht Dich glücklich?
– Wem oder wo konntest Du eine Hilfe sein?
– Wann, wo oder wie spürst Du Dein Leben?
– Wann musstest Du herzhaft lachen?
– Durftest Du auch einem anderen Menschen ein Lächeln ins Gesicht zaubern?
– Traf Dich womöglich ein „Blitz der inneren Erleuchtung“?
































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