Luana – Kapitel 10


Luana beobachtete das hektische Treiben um sich herum. Ihr war zum Weinen zu mute, doch sie riss sich zusammen. Es war besser, wenn sie diese Schwäche nicht zeigte. Das würde sie nur angreifbar machen.
Wenn sie ihre Lage mit der von Sienna verglich, dann war sie sogar recht gut dran. Diese wurde die ganze Zeit von Männern angefasst und betrachtet, während diese über ihre Vorzüge diskutierten und Summen boten, die sich Luana nicht einmal vorstellen konnte.
Dann erschien ein Vampir, der anders wirkte als die anderen. Er hatte langes, weißes Haar, das ihn aber trotzdem nicht weiblich wirken ließ, denn seine Statur war sehr kräftig und muskulös. Zudem war seine Kleidung auf eine Art und Weise edel, die Luana gar nicht beschreiben kann. Sie ließ ziemlich viel Haut frei, war aber gleichzeitig über und über mit Gold verziert.
Er sprach leise mit dem Sklavenhändler, hielt seinen Blick jedoch auf Sienna gerichtet.
Der Mann mit den Narben im Gesicht wirkte zuerst geschockt, bevor er plötzlich heftig nickte und sich die Hände rieb. Wenig später trat er auf Sienna zu und löste ihre Fesseln. An dem Halsring befestigte er eine Eisenkette und zog sie mit sich.
Stolpernd und mit gesenktem Kopf wurde sie zu dem weißhaarigen Vampir gezogen. Dieser nahm die Eisenkette und überreichte dem Sklavenhändler einen kleinen Lederbeutel. Darin musste sich eine ganze Menge Geld befinden. Zumindest ging Luana davon aus.
Sienna wandte ihren Blick zu ihr und für einen Moment streckte sie fast hilfesuchend ihre Hand nach Luana aus. Diese wollte die Geste erwidern, denn sie wusste, dass sie die Rothaarige wohl nie wieder sehen würde, doch sie konnte es nicht.
Siennas Lippen formten Worte, die Luana nicht ganz verstand, dann wurde sie mitgezogen.
Luana sah ihr lange Zeit hinterher, dann senkte sie den Blick und wartete, was jetzt geschehen würde.
Während Sienne bei ihr gewesen war, hatte sie sich nicht ganz so verloren gefühlt, doch jetzt wurde dieses Gefühl immer schlimmer. Sie vermisste ihr Rudel und Ragnar. Würde sie diese je wiedersehen?
Luana biss sich auf ihre Lippen, um nicht zu weinen, während sie einfach wartete. Auf was wusste sie selbst nicht.
Sie bemerkte, wie es dunkler wurde und dann wurde es irgendwann wieder hell und wieder dunkel. Manchmal kam ein Mann, der ihr etwas Wasser einflößte oder ihr einen seltsamen Brei verabreichte. Sie aß und trank, weil sie nicht so abmagern wollte wie Sienna, doch sie bekam nicht genug.
Es waren zwei ganze Tage, die sie nun schon hier hing und der dritte brach an. Würde dieser anders werden?
Die Sonne stand heute hoch ab Himmel und brannte heftig auf ihren Kopf und ihre Schultern. Diese waren bereits sehr rot und würden wohl bald Sonnenbrand aufweisen.
Die Zeit verging immer weiter, während Luana nicht wusste, was sie tun sollte. Ihre Gedanken drehten sich im Kreis und obwohl sie alles Mögliche überlegte, schaffte sie es doch nicht, sich von den Fesseln zu lösen. Jeden Tag wurden diese kontrolliert und wenn die Wächter glaubten, sie würde sich befreien, wurde sie bestraft. Entweder bekam sie kein Essen, einen Eimer eiskaltes Wasser über den Kopf gekippt oder sogar Peitschenhiebe. Sie hatte alles bei anderen Frauen beobachtet und hatte kein Interesse daran, diese Erfahrungen zu machen.
Weitere Tage vergingen und Luana war froh, dass sie die Sonne sehen und so die Tage einschätzen konnte. Es musste über eine Woche her sein, dass sie hier gelandet war. Wie lange würde sie hier noch sein, bis jemand sie kaufte?
Sie hatte es schon aufgegeben, als sie einen bekannten Mann in der Menge sah. Neben ihr eine Frau, die so in Kleider eingehüllt war, dass man kaum ihre Augen sehen konnte. Da sie den Blick gesenkt hatte, konnte Luana erst recht nichts Genaues sehen. War dieser Frau nicht verdammt warm? Sie musste doch in diesen Kleidern schwitzen. Selbst ihr war heiß und dabei trug sie nur ein leichtes, ziemlich zerrissenes Kleid.
Der weißhaarige Vampir trat an sie heran und hob ihren Kopf. Seine roten Augen bohrten sich förmlich in ihre, was dafür sorgte, dass ihr Herz für einen Moment aussetzte.
Er ging sogar so weit und beugte sich zu ihrem Hals. Luana versteifte sich und ballte ihre Fäuste. Was würde jetzt passieren? Würde er sie beißen?
Ihr Atem ging schneller, doch er roch nur an ihrem Hals, bevor er von ihr abließ und schließlich zu dem Sklavenhändler ging. Er schien mit diesem etwas zu besprechen, bevor er einige Goldtaler in dessen Hand legte.
Zufrieden damit nickte der genarbte Mann und kam zu ihr, bevor er ihre Hände löste und sie unsanft in Richtung Vampir schubste. Luana, die lange nicht mehr gelaufen war, spürte, dass ihre Beine nachgaben, weil sie es nicht mehr gewohnt waren. Sie krachte zu Boden und landete somit direkt vor den Füßen des Vampirs.
„Hoch mit dir. Wenn du nicht laufen kannst, kann ich dich nicht gebrauchen“, sagte er mit rauer, fester Stimme, die sehr dominant klang.
Luana keuchte leise, da alles in ihren Körper kribbelte. Was würden sie tun, wenn sie nicht mehr laufen konnte? Würde man sie dann frei lassen oder töten?
Mühsam setzte sie sich auf und kam dann schließlich auf wackeligen Beinen hoch. Eigentlich hätte sie den Moment nutzen können, um zu fliehen, da sie nicht mehr gefesselt war, doch wie sollte sie das tun, wenn sie kaum stehen konnte?
Zittrig versuchte sie, stehenzubleiben und zu dem fremden Vampir nach oben zu blicken. „Senk den Blick“, fuhr er sie an, als sie ihm direkt in die Augen sah. Sofort kam Luana dieser Aufforderung nach, denn seine Stimme hatte etwas an sich, dem sie nicht gern widersprechen wollte.
Luana bemerkte, wie ihr ein Seil um den Hals gebunden wurde, bevor an ihr gezogen wurde. „Lauf“, fuhr der Vampir sie an, als sie nicht sofort reagierte.
Zögerlich stolperte sie hinter ihm her. Was würde jetzt passieren? Er hatte sie gekauft und würde ihr neuer Herr sein. Würde es ihr gelingen, zu fliehen, sobald sie bei ihm waren?






























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