Luana – Kapitel 14


Die nächsten Wochen überraschten Luana sehr. Es ging hier viel gesitteter zu, als sie erwartet hatte. Nach ihrem ersten Eindruck von Amon hatte sie ihn für ein Monster gehalten, doch an sich wirkte er mehr wie ein Mann, der zwar streng war, aber nichts Unmenschliches erwartete. Zumindest bekam Luana davon nichts mit. Ihre Aufgaben waren die einer Dienerin. Sie sollte dafür sorgen, dass Sienna gut angezogen war, gewaschen wurde und zu ihren Terminen bei Amon auftauchte.
Wenn Sienna bei Amon war, dann hatte sie die Aufgabe erhalten, im Garten zu helfen.
Da Luana nicht wusste, was vor sich ging, während Sienna bei dem Vampir war und auch nie darüber sprach, konnte sie sich kein vollständiges Bild dieses Vampirs machen.
Sie traf mehrmals auf ihn, doch er wirkte nie, als würde er die Leute, die hier arbeiteten, als Sklaven sehen. Nur außerhalb des Grundstückes schien er darauf zu achten, das zu tun, was die anderen Vampire von ihm erwarteten. Die Sklaven sollten gefesselt sein, sodass sie nicht wegrennen konnten. Je nach Stärke auf unterschiedliche Art.
Luana selbst erhielt bei ihrem Ausflug in die Stadt lediglich ein Halsband mit Eisenkette. Man hielt sie für schwach und nicht sonderlich begabt in der Magie. Das war ihr Vorteil. Dafür traf es Sienna immer recht hart. Luana wusste nicht, über welche Macht sie verfügte, doch oft war sie geknebelt und mit den Händen auf den Rücken gefesselt. So wie sie auch schon gewesen war, als Luana sie auf dem Sklavenmarkt mit Amon zusammen gesehen hatte.
Was Luana allerdings schockte, waren die Vampire in der Stadt. Diese hatten meist mehrere Sklaven bei sich, die manchmal sogar völlig nackt waren und nur Ketten trugen. In der Öffentlichkeit wurde von ihnen getrunken, sie wurden bestraft und einmal war Luana sogar Zeuge geworden, wie ein Vampir auf offener Straße einen Sklaven vergewaltigt hatte.
Man sprach ihnen sämtliche Rechte ab und sie waren lediglich Waren. Jeder Meister konnte selbst entscheiden, wie er mit diesen umging und Luana wurde schnell klar, dass die meisten Vampire nicht gerade sehr sorgsam mit ihren Waren umgingen. Gerade die Menschen schienen Wergwerfartikel zu sein. Wahrscheinlich, weil sie sich wesentlich schneller fortpflanzten, als Vampire.
Itaris hingegen schien man wie Ausstellungsstücke zu behandeln. Werwölfe waren die Arbeitstiere, weshalb Luana immer wieder Angst hatte, dass sie auch bald in einer der heißen Schmieden schuften musste oder sogar zu den Mienen gebracht wurde. Zum Glück schien Amon mit ihr andere Dinge vorzuhaben.
Der Vampir besaß sehr viele Geschäfte in dieser Gegend, doch meistens besuchten sie diese nicht, sondern seine Partner und Untergebenen.
Luana verstand nicht, warum Amon nicht einfach befahl, dass die Vampire ihre Sklaven besser behandelten, denn laut Sienna lag ihm einiges daran. Stattdessen richtete er sich nach den anderen.
War er vielleicht doch nicht so stark und hatte so viel Einfluss, wie sie angenommen hatte?
Luana folgte ihn durch die Straßen der Stadt und wich denen aus, die ihr entgegenkamen. Manchmal hatte sie ein wenig Angst, denn wenn sie Amon verlor oder anderen im Weg stand, konnte sie bestraft werden. Das wollte sie nicht riskieren.
Sie sah sich um und für einen Moment konnte sie ihren Blick nicht trauen. Luana starrte auf einen jungen Mann, der ihr sehr bekannt vorkam. Ihr lag Seydons Name auf der Zunge und sie wollte ihn gerade rufen, als dieser plötzlich einfach so zwischen den anderen verschwand und sie ihn einfach nicht mehr ausfindig machen konnte.
Obwohl sie es nicht durfte, entfernte sie sich ein Stück von Amon, um nach ihrem Bruder zu suchen, doch sie konnte ihn einfach nicht wiederfinden. Sie lief so lange, bis die Leine an ihrem Hals sich spannte und sie somit zurückhielt.
„Was soll denn das?“, fragte Amon, der sie mit einem Ruck zu sich heranzog und seinen Arm um sie legte. Seine Stimme klang enttäuscht. Das bemerkte Luana aber kaum. Sie versuchte sich zu befreien, während ihre Augen weiterhin umherwanderten, in der Hoffnung, sie würde Seydon finden. War er wirklich hier oder hatte sie sich geirrt?
Amons Griff wurde fester, bis es ihr sogar weh tat, doch erst jetzt kam sie wieder richtig zu sich. Ihr Herz klopfte heftig und ihr Atem ging schnell, während sie sich nur langsam wieder beruhigte. Wahrscheinlich hatte sie sich geirrt. Das konnte gar nicht Seydon sein, oder?
Der Vampir ließ sie los und nahm die Kette wesentlich kürzer. So kurz, dass er seine Hand fast an ihrem Hals hatte. Luana sah, wie er die Augen verdrehte. „Du hast doch sonst keinen Ärger gemacht“, bemerkte grummelnd, bevor er sie mit sich zog. „Jetzt beeil dich, wir werden erwartet“, sagte er, bevor er sie mit sich zog.
Luana stolperte ihn nach, denn er hielt ihren Kopf nach oben gezogen und zu sich, sodass es ihr schwerfiel, zu laufen. Sie traute sich aber auch nicht, nach seinen Händen oder der Kette zu greifen.
War er böse auf sie oder würde er ein Auge zudrücken? Sie konnte es nicht sagen. Wenn er im Privaten viel durchgehen ließ, so waren sie hier doch in der Öffentlichkeit. Das würde seine Entscheidung sicherlich beeinflussen.
Obwohl Luana gedanklich noch daran hing, dass sie vielleicht Seydon gesehen hatte, war ihr Kopf auch damit beschäftigt, was jetzt geschehen würde. Würde Amon sie bestrafen? Was würde er tun?
Schließlich schob er sie zu einem Gebäude, das nicht ganz so groß war wie seines und doch sehr edel wirkte. War das der Ort, wo Amon heute jemanden treffen wollte?
Er führte sie weiter zum Tor. Dort warteten bereits zwei Sklaven, die sich verneigten und die Tore öffneten.
Als sie eintraten, empfing angenehme Wärme sie. Das Licht, das durch die Glasdecke fiel, bildete schöne Muster auf dem Boden. Amon schien kein Interesse daran zu haben, denn er ging schnell weiter, weshalb auch Luana nicht lange schauen konnte.
Sie folgte ihm durch Gänge und bemerkte dabei, dass ein Dienstmädchen sie scheinbar führte. Ihr war nicht aufgefallen, woher es gekommen war, doch da sie noch immer gedanklich irgendwie abwesend war, machte sie sich nicht so viel daraus.
Das Dienstmädchen öffnete ihnen eine Tür, durch die sie schritten. Hinein in einen Raum, der Luana einen Schauer über den Rücken jagte.
In der Mitte war eine Liege und ringsherum standen alles Mögliche an Gläsern, Messern und anderen Dingen, die sie nicht ganz zuordnen konnte. Wo waren sie hier?
































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