Luana – Kapitel 19


Es vergingen Wochen, in denen Luana Sienna pflegte. Jeden Tag konnte sie sehen, wie ihre Flügel nachwuchsen und bald schon waren sie wieder so, wie sie wohl sein sollten. Die Membran war blutrot. Etwas, was Luana noch nie gesehen hatte. Sie hatte angenommen, dass diese schwarz war, wie es bei anderen Vampiren, die sie gesehen hatte, der Fall war. Da sie jedoch noch nicht viele Vampirflügel gesehen hatte, wusste sie es auch nicht genau.
Luana war erleichtert, dass es Sienna besser ging und sie sich gut erholte. Amon war sehr streng mit ihr und hatte eine Art Zeitplan ausgearbeitet. Es gab Zeiten, da war die Itari mit Luana zusammen und dann wieder mit Amon. Manchmal konnte Luana sehen, wie beide im Garten spazieren gingen. Wenn sie das taten, dann war sie meist in der Küche und half dort beim Kochen.
Sie verstand sich gut mit den Sklaven, die in der Küche arbeiteten. Alle waren freundlich und irgendwie auch ausgelassen. Man sah ihnen nicht an, dass sie versklavt waren. Es wirkte eher so, als würden sie hier leben. Zudem war den meisten sogar Amons Wohlbefinden wichtig. Dabei war eigentlich er der einzige im Gebäude, der kein Essen brauchte. Die Küche war an sich nur für die Sklaven zuständig und trotzdem gab es allerlei Leckereien.
Heute Abend hatten sie ein ganzes Wildschwein, was schon seit einiger Zeit an einem Spieß briet. Sienna als Itari konnte tatsächlich solche Dinge essen und Amon hatte es als kleines Geschenk zur Genesung bestellt. Er war es sogar zusammen mit Luana einkaufen gegangen. Sienna war zu der Zeit im Haus geblieben. Wo, das wusste Luana nicht.
„Ich habe gehört, heute kommt ein Lord mit einigen Sklaven vorbei“, bemerkte Amara, die Küchenfrau.
„Wirklich?“, fragte Luana überrascht. Warum sollte das der Fall sein? Sie verstand nicht, warum Amon jemanden einladen würde. Oder kam er vorher? „Gehört das zu dem Fest, das er für Abend geplant hatte?“, fragte Luana unschlüssig.
Amara schüttelte den Kopf. Sie war eine ältere Werwolfdame, doch sie zeigte keine Anzeichen von Alter. Dabei war sie mehr als doppelt so alt wie Luana. „Nein. Der Lord kommt gegen Mittag“, sagte sie und blickte Luana mit einem schiefen Lächeln an. „Du bist für den Blutwein heute zuständig. Fühlst du dich kraftvoll genug?“, wollte sie wissen.
Luana erschauderte. Sie wusste, wie sie Blutwein herstellte, doch sie hatte es bisher nie gemusst. Amon trank lieber von Sienna und Sienna dafür von ihr. Daran hatte sie sich gewöhnt.
„Ich … bin unsicher“, gestand Luana zögerlich. Es gehörte sich allerdings, einen Lord mit allem zu bewirten, was nötig war. Vampire tranken Blut, also musste sie etwas Blut geben.
„Ich helfe dir dabei“, versicherte Amara mit beruhigender Stimme. Sie schien Luanas Nervosität zu verstehen.
Luana versuchte, sich zu beruhigen. Es war nicht so schwierig. Ein kleiner Schnitt, damit Blut floss.
Amara legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Ich sage dir Bescheid, wenn es so weit ist“, sagte sie sanft. „Geh jetzt die Wäsche aufhängen“, wies sie an und lächelte weiter.
Luana nickte, bevor sie die Küche verließ, um zu den Waschfrauen zu gehen. Diese waren in der Nähe des Brunnens und kümmerten sich um die Wäsche. Viele der Kleider waren sehr elegant. Luana wusste, dass diese Sienna gehörten. Sie musste also vorsichtig sein, da diese Stoffe teuer waren.
Luana nahm sich den Korb mit den nassen Kleidern und brachte diesen zu den Wäscheleinen. Von hier aus konnte sie Amon und Sienna sehen.
Die Itari war gerade hinabgebeugt und schnupperte an einer Blume, während Amon ihr von einem Baum eine Frucht pflückte. Siennas Katzenschwanz wackelte aufregt und ihr Lächeln steckte sogar Luana an. Sie war so voller Gefühle, dass es schwer war, mit ihr in einem Raum zu sein und schlechte Laune zu haben.
Jeder hier mochte sie, was Luana sehr faszinierend fand. War das in anderen Häusern auch so gewesen? Wie hatte eine Frau, die es schaffte alle Leute für sich zu gewinnen, nur so enden können? Fühlten sich die Vampire durch ihre Nähe vielleicht sogar in ihrer Macht angegriffen? Sienna besaß viel Macht. Vielleicht nicht körperlich oder in ihrer Magie, doch sie zog andere an. Konnte sie mit den Worten umgarnen und für sich gewinnen.
Luana beobachtete Amon und Sienna, während sie die Wäsche aufhing. So verging die Zeit und erst, als Amara sie holte, bemerkte Luana, wie lang sie eigentlich gebraucht hatte. Es war recht spät und wenn sie es richtig sah, würde der Lord bald kommen.
Schnell machte sie sich auf den Weg in die Küche, um dort den Blutwein vorzubereiten. Sie nutzte ein scharfes Messer, um an ihrem Handgelenk einen Schnitt zu setzen. Das Blut ließ sie in eine Karaffe laufen, bevor sie über die Wunde leckte. Es dauerte nicht lange, da war der kleine Schnitt wieder verheilt, ohne dass sie etwas anderes tun musste. Sie war stark und gut genährt, weshalb ihre Selbstheilung normal vonstattenging.
Amara mischte ihr Blut mit Wein. Luana beobachtete sie dabei sehr genau, weil sie neugierig war, wie diese Dinge funktionierten.
„Die anderen haben das Zimmer bereits hergerichtet. Lord Amon wünscht, dass du das Trinken bringst“, sagte Amara nachdenklich. „Ich habe das Gefühl, dass er noch etwas anderes von dir will, aber er hat nichts gesagt.“
Das klang nicht gut. Was er wohl von ihr erwartete? Sollte sie sich vielleicht eine Ausrede einfallen lassen?
Luana spürte, dass sich Angst in ihr breit machte. Das war nicht gut.
Sie atmete tief ein und machte sich mit festen Schritten auf den Weg zu dem Salon, in dem Gäste begrüßt wurden. Hoffentlich ging alles gut.



























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