Luana – Kapitel 22


Luana wusste nicht genau, was sie erwartet hatte. Sie stand mit Sienna zusammen draußen im Innenhof und wurde dabei von Amon gemustert. Sie fühlte sich durch seinen Blick sehr unwohl.
Was wollte er von ihnen? Wollte er sich lustig machen?
Luana hatte doch keine Ahnung von Magie und sollte sie ihm zeigen? Wieso?
Unruhig sah sie zu, wie Sienna den Anfang machte. Sie trug kein Halsband, obwohl sie das sonst immer um hatte. Lag das daran, dass sie dieses Mal Magie nutzen sollte? Wahrscheinlich unterdrückte es diese.
Erstaunt sah Luana zu, wie Sienna die Augen öffnete und ihre Arme zur Seite streckte. Der Sternenstaub um sie herum reagierte, bevor aus dem Boden, dort wo Sternenstaubpartikel zu Boden fielen, Blumen aus der Erde schossen.
Luana blieb der Atem weg, als sie sah, wie das Land um sie herum plötzlich aufblühte und alles wuchs. Nicht nur in dem Bereich, in dem Sienna stand. Es schien den ganzen Garten zu betreffen. So etwas hatte sie noch nie gesehen. Es war wunderschön. Gleichzeitig sorgte es bei ihr aber auch für Komplexe. So etwas konnte sie nicht. Sie konnte nicht einmal sehr viel mehr als einen Wasserball!
Wenn sie an der Reihe war, ihre Magie vorzuführen, würde das peinlich werden.
„Das ist ein interessanter Zauber“, bemerkte Amon, womit er Sienna aus ihrer Konzentration riss. Die Magie geriet nicht außer Kontrolle, wie Luana es erwartet hatte, doch die Magie floss weiter. Obwohl Sienna die Arme senkte, wirkte sie noch immer Magie.
Sienna lächelte Amon fröhlich an. Merkte sie überhaupt nicht, dass sie noch immer Magie wirkte?
Luana konnte zusehen, wie die Pflanzen einen eigenen Willen entwickelten. Es wirkte, als würden sich die Bäume zu ihr beugen und Sienna die Früchte präsentieren. Um sie herum neigten die Pflanzen ihre Köpfe zu der Itari.
Ein Bild, das sie für Luana zu einer Göttin machte. War das reine Magie oder etwas anderes?
Amon schien es ähnlich zu sehen und runzelte die Stirn, während er sie musterte. Dann trat er auf Sienna zu und hob sie hoch. Das verwirrte diese und sie krallte sich an ihm fest. Allerdings war so die Verbindung zum Boden scheinbar getrennt, denn der Sternenstaub hörte auf zu fließen.
„Das ist interessant“, bemerkte der Vampirfürst, der auf die Stelle starrte, wo Sienna gerade noch gestanden hatte.
Interessant war Luanas Meinung nach völlig untertrieben.
Sienna, deren Atem plötzlich schneller und erschöpft klang, schmiegte sich an den Vampir. „Warum?“, fragte sie leise murmelnd.
„So etwas habe ich schon einmal gesehen. Aber ich habe nicht erwartet, das noch einmal zu sehen“, gestand Amon, der irgendwie nachdenklich klang. Vielleicht sogar ein wenig besorgt. Luana konnte es nicht so ganz sagen. Sie fragte sich, was ihm in Kopf herumging.
„Ich wusste gar nicht, dass man mit Magie sowas machen kann“, gab Luana mit ehrfürchtiger Stimme zu.
„Normalerweise kann man sowas auch nicht“, sagte Amon, der plötzlich ernst wurde. „Kein Wort darüber“, mahnte er Luana.
Überrascht nickte sie. Mit wem sollte sie auch darüber sprechen? Als würde sie mit anderen Vampiren kommunizieren. Sie würde es jedoch auch vor den anderen im Haushalt geheim halten.
„Jetzt du“, meinte Amon dann und deutete Luana an, ihre Magie zu zeigen.
Diese lächelte schief. „Ich kann nicht viel“, gestand sie, wobei sie sich unwohl fühlte.
Sie trat ein Stück von Amon weg und hob die Hand, um einen Wasserball zu erschaffen. Es fiel ihr schwer, denn sie hatte es schon sehr lange nicht mehr gemacht. Daher dauerte es auch, bis der Wasserball erschien. Luanas Atem ging schneller, weil sie erschöpft war. Zudem wusste sie, dass man sie genau beobachtete. Sie lief sogar leicht rot an.
„Nun, damit kann man arbeiten“, meinte Amon nüchtern, der scheinbar versuchte, nicht zu herablassend und belustigt zu klingen. Damit hatte Luana gerechnet, weshalb sie die Schultern hängen ließ. Gleichzeitig war sie jedoch auch glücklich darüber, dass er sie nicht niedermachte oder auslachte. „Kann dein Bruder auch Magie?“, fragte der Vampir und deutete mit dem Kopf zur Seite. Luana folgte seinen Blick und versteifte sich, als sie Seydon bemerkte. Dieser stand in einem der offenen Bögen und starrte sie mit großen Augen an. In der Hand hielt er ein Tablett mit Getränken und Essen, was er ihnen wohl bringen sollte.
Luana biss sich auf die Lippen. „Nein“, antwortete sie. „Magie ist bei uns nicht bekannt“, erklärte sie zögerlich.
Amon rieb sich das Kinn, bevor er Seydon zu sich winkte. „Das ist nicht gut. Dann ist dein Rudel angreifbarer, als ich angenommen habe.“
Luana bemerkte, wie Seydon zögerlich einige Schritte auf sie zukam, bevor er die Dinge servierte. Amon nahm sofort das Glas mit dem Blutwein und reichte es Sienna weiter, bevor er Luana andeutete, etwas zu nehmen.
Neugierig, aber auch besorgt betrachtete Luana ihren Bruder. „Seydon?“, fragte sie sanft. „Was ist los?“
Seydon kniff die Lippen zusammen und wirkte irgendwie angstvoll. „Du … beherrschst Magie?“, fragte er zögerlich, als hätte er Angst, dass sie ihm etwas tat, wenn er sprach.
Luana lächelte sanft. „Ja. Ich habe euch doch erzählt, dass ich in den Wäldern jemanden gesehen habe“, sagte sie mit ruhiger Stimme, da sie ihn nicht noch weiter ausschließen oder verletzen wollte. Dann fiel ihr jedoch auf, dass Seydon gar nicht dabeigewesen war, weil man ihn schon verkauft hatte. Daher lächelte Luana schief. „Tut mir leid, du warst da gar nicht dabei“, bemerkte sie. Es kam nicht selten vor, dass sie glaubte, einer ihrer Brüder war anwesend, obwohl er es gar nicht war.
Seydon wirkte irritiert und auch überfordert. „Was genau war da los?“, fragte er, als würde er versuchen, das Ganze zu verstehen.
„Ich habe einen Wolf kennengelernt, der durch ein Portal kam“, erklärte Luana mit einem Lächeln. Sie mochte Seydon sehr, doch er wirkte noch immer so verstört und zögerlich, dass sie sich Sorgen um ihn machte. Das passte nicht zu ihm. Hoffentlich wurde es bald besser.
„Ich bringe Sienna jetzt rein. Ihr könnt den heutigen Tag frei nehmen“, meinte Amon, bevor er sich abwandte. Bevor er jedoch ging, blieb er noch einmal stehen und blickte zu Luana zurück. „Morgen gehen wir in die Stadt. Mach dich also sehr früh fertig.“ Dann wandte er sich ganz ab und ging, ohne auf Luanas Reaktion zu warten. Diese nickte lediglich, was er wohl nicht mehr sehen konnte.
Luana widmete sich wieder Seydon. „Komm, gehen wir an den kleinen See“, sagte sie sanft zu ihrem Bruder. „Dort erzähle ich dir alles.“
































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