Luana – Kapitel 8


Luana war so benommen, dass sie gar nicht richtig bemerkte, was um sie herum geschah. Was war mit Ragnar? Was würde man jetzt mit ihr machen?
Sie sah, wie sich der Boden bewegte, doch da sie ihren Kopf nicht bewegen konnte, war sie nicht in der Lage zu sagen, was hier vor sich ging.
Sie erkannte zwar die Steine des Portals, doch dann hüllte Sternenstaub sie ein und der Boden änderte sich plötzlich.
Die Luft wurde seltsam drückend. Zudem wurden Stimmen laut und unangenehme Gerüche drangen an ihre Nase. Ihr wurde schlecht.
Unsanft wurde sie nach weiteren Minuten auf den Boden geworfen.
Keuchend schnappte sie nach Luft, weil sie unsanft aufkam.
Noch immer konnte sie sich nicht umsehen, doch man bewegte sie, weshalb es ihr gelang, die Gitterstäbe auszumachen.
Luana spürte Schmerzen an ihren Handgelenken, die auf ihren Rücken gebunden wurden. Dann griff jemand nach ihrem Kinn und zog ihren Kopf hoch. So war sie gezwungen, in die orangefarbenen Augen eines Mannes zu sehen, dessen Gesicht mit Narben übersät war. „Sie ist eine kleine Schönheit. Die bringt uns Kohle“, gurrte er zufrieden. Seine Stimme löste in Luana einen ungeahnten Ekel aus und am liebsten hätte sie ihm ins Gesicht gespuckt. Das schaffte sie jedoch nicht. Nur ein Knurren verließ ihren Mund.
Das ließ den Mann lachen, bevor er sie losließ.
Luana sackte wieder nach hinten. Allerdings landete sie nicht so unsanft wie zuvor. Hinter ihr war irgendetwas Weiches, Warmes.
Der Mann schnaubte, bevor er die Gitter vor ihr schloss.
Luana konnte ein Wimmern nicht zurückhalten. Was war nur mit ihrem Körper los?
„Die Lähmung wird bald nachlassen“, erklärte eine sanfte Stimme, was Luana dazu brachte, so weit wie möglich nach hinten zu sehen. Dort bemerkte sie dunkelrotes, langes Haar, das ihr sogar auf die Schulter fiel. Also lag sie wirklich auf einem Schoß. Das war ihr sogar irgendwie peinlich.
Luana versuchte, Worte zu formen, doch es gelang ihr einfach nicht.
„Ich bin Sienna“, stellte sich die Frau leise vor. Ihre Stimme hatte etwas sehr Beruhigendes. Dabei war an dieser Situation überhaupt nichts gut.
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, in der Luana nichts tun konnte.
Die Frau mit dem Namen Sienna streichelte sie dabei sanft und beruhigend. Warum war sie nicht gefesselt? Und warum unternahm sie keinen Fluchtversuch?
Schließlich konnte Luana ihre Lippen wieder dazu bewegen, Töne hervorzubringen. Stammelnd und mühsam wollte sie wissen, was hier vor sich ging.
„Wir sind in den Händen von Sklavenhändlern“, antwortete Sienna düster und irgendwie entschuldigend. Dabei konnte sie überhaupt nichts dafür.
„Sklaven-“, brachte Luana hervor, doch ihre Stimme brach, als die Tragweite bei ihr ankam.
Ihr Bruder hatte sie an Sklavenhändler verkauft?
Panisch versuchte sie, sich aufzusetzen, doch es gelang ihr erst, als Sienna ihr half.
Dabei erhaschen sie einen Blick auf die schmächtige, junge Frau, welche blutrote Haare hatte. Zudem ragten zwei große Katzenohren aus ihrem Haar und um ihren Hals prangt eine riesige Eisenkette. Mit dieser war sie am Boden befestigt. Von wegen nicht gefesselt. Nur anders als Luana.
Diese befeuchtete ihre Lippen und betrachtete Sienna. Sie sah schrecklich aus, doch das Gold ihrer Augen hatte eine unglaubliche Tiefe und Wärme, dass Luana darin versinken könnte.
„Was passiert jetzt?“, fragte Luana, die nicht verhindern konnte, dass ihre Stimme zitterte.
„Wir werden verkauft“, brachte Sienna erschöpft von sich.
Luana sah sich um und erschauderte. Sie hatte sich so sehr auf sich konzentriert, dass ihr gar nicht aufgefallen war, dass sie mit anderen Gefangenen in einem Käfig hockte, der sich auf einer klapprigen Kutsche befand. Dadurch, dass es dunkel war, hatte sie angenommen, dass sie in einem Raum waren, doch das stimmte nicht. Der Mond am Himmel spendete nur nicht so viel Helligkeit, wie es bei ihr Zuhause der Fall war. Luana erkannte ihn zwar am Himmel, doch er war sehr schwer zu finden.
„Wo bin ich hier?“, wollte sie leise wissen. Alles war so anders. War sie wirklich auf einem anderen Planeten? Wenn ja, auf welchem?
„Du bist hier auf Yama“, sagte Sienna traurig.
Luana verstand nicht, warum diese so traurig war. War Yama nicht der erste Planet?
Luana runzelte die Stirn. Sie versuchte herauszufinden, was sie alles über den Planeten wusste. Es war nicht viel. Hier lebten Vampire und Itaris. Sie musste wohl eine davon sein. Die Katzenohren waren ein Hinweis. Aber sonst schienen die restlichen Frauen weder Vampir noch Itari zu sein. Wie Werwölfe wirkten sie jedoch auch nicht. Was waren sie?
„Was?“, fragte Luana leise und deutete auf die anderen Frauen. Unauffällig. Sie hoffte, dass Sienna ihre Frage verstand.
„Man nennt sie Menschen. Sie haben keinen tierischen Aspekt und sind komplett magielos“, erklärte die Rothaarige ganz leise. „Die meisten sagen, sie wären eine Krankheit, die sich unter ihren Kindern ausbreitet. Ich hingegen halte sie für eine Strafe der Drachen. Denen, die mit dem Geschenk der Magie und dem langen Leben nicht richtig umgegangen sind, wurden bestraft, indem man es ihnen nahm.“
Schockiert starrte Luana auf die Menschen. Sie hatten kein langes Leben und keine Magie?
Obwohl sie selbst erst vor kurzem ihre entdeckt hatte, war ihr doch bewusst, dass auch ihre Gabe zur Verwandlung in einen Wolf ähnlich war. Ein Geschenk der Drachen.
Und diese Menschen hatten sie nicht. Sie würden niemals wissen, wie es als Tier war.
Bisher hatte jedes Wesen einen solchen Teil besessen. Luana wusste, dass Vampire Fledermausflügel besaßen. Lycaner und Werwölfe, die tierischen Eigenschaften ihrer Namensgeber und Itaris waren die Rasse, die am meisten gesegnet waren. Unter ihnen traten alle möglichen Tierarten auf. Die Drachen mussten sie entweder als Erstes und zum Üben geschaffen haben oder als letztes, sodass sie all ihre Erfahrung in sie gesteckt hatten. Was davon es war, konnte Luana nicht sagen, aber Itaris hatten sie schon immer fasziniert.
Luana wurde aus ihren Gedanken gerissen, als sich der Wagen auf dem ihr Käfig stand, in Bewegung setzte.
Sie alle wurden heftig durchgeschüttelt, doch Luana verletzte sich nicht, weil Sienna sie schützend in den Arm nahm.
Luana spürte jeden Knochen der jungen Frau, was ihr Sorgen bereitete. Sie war unglaublich abgemagert. Das war sicher nicht gut.
„Wollen die, dass du verhungert?“, fragte sie leise knurrend. Sie war wirklich wütend darauf, dass diese Leute die arme Sienna so behandelten.
„Sie geben mir genug, dass ich überlebe, aber nicht genug, um für sie gefährlich zu werden“, antwortete Sienna leise. Sie schien sich damit abgefunden zu haben.
„Du bist eine Itari. Du brauchst Blut, oder?“, flüsterte sie fragend.
„Ich darf nicht“, murmelte Sienna niedergeschlagen.
„Sie können dich doch nicht davon abhalten zu essen“, sagte Luana entsetzt.
Sienna deutete auf ihr Halsband. „Damit schon“, gab sie zu und ließ die Schultern hängen. „Es jagt Magie durch meinen Körper, wenn ich nicht tue, was sie wollen“, erklärte sie niedergeschlagen.
Luana wollte etwa sagen, doch ein Schlagloch sorgte dafür, dass sie durchgeschüttelt wurden und das Gleichgewicht verloren. Beide landete am Boden, was Luana leise knurren ließ. So langsam machte sich die Angst in ihr breit. Wo würde sie landen und was war mit Ragnar? Noch immer glaubte sie, dass dieser sie retten kommen würde.




























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