Mirinia-Kapitel 11
Als Mirinia am Morgen erwachte, entschied sie sich, einen Schritt zu gehen, der hoffentlich nicht zu gewagt war.
Sie verließ die Taverne und steuerte auf sie Bäckerei zu.
Als sie eintrat, erkannte sie die Bäckerin, die fröhlich Summe Teig in einer Schüssel knetete. Dazu kam der Geruch von frischem Brot, das im Raum lag.
„Guten Morgen“, grüßte Mirinia, was bei der Frau dazu führte, dass sie sich ihr zuwandte.
„Guten Morgen“, erwiderte sie mit roten Wangen und einem zufriedenen Ausdruck.
„Was ist denn hier los?“, fragte Mirinia, obwohl sie das sehr genau wusste. Obwohl die Mühle noch nicht in Betrieb war, hatte Micas das gelagerte Mehl verkauft. Immerhin hatte er nun genug Korn, um weiteres zu produzieren.
„Es gibt genug Mehl, sodass ich endlich nichts mehr strecken muss“, erklärte sie fröhlich, aber irgendwie auch schuldbewusst.
„Ach, wirklich?“, fragte Mirinia, die angesteckt von der guten Laune der Bäckerin, ebenfalls grinsen musste. „Wie viele Brote wirst du denn über haben?“, fragte sie und erhielt einen verwirrten Blick.
„Ich backen das, was normalerweise gekauft wird. Nur, weil mehr Mehl da ist, heißt das nicht, dass die Leute sich mehr leisten können“, stellte sie fest.
Das war verständlich und bestätigte Mirinias Annahme.
„Kannst du mir … fünf zusätzliche Brote backen?“, fragte sie, was bei der Frau für große Augen sorgte.
„Fünf? Was willst du denn damit?“, fragte sie, als verstünde sie nicht, was ein Mädchen wie sie damit wollte.
Mirinia grinste nur. „Kannst du oder kannst du nicht?“, wollte sie wissen.
Die Frau blickte auf das Mehl und ihre Öfen. „In zwei Stunden“, bot sie an.
„Gut, dann komme ich dann wieder.“
Sie hatte noch andere Dinge zu erledigen.
Deshalb suchte sie such sofort Dylan auf. „Sag mal“, begrüßte sie ihn. „Bekommt man hier irgendwo sowas wir Kaffee?“, wollte sie wissen, was den überrumpelten Mann überrascht eine Augenbraue heben ließ.
„Nicht, dass ich wüsste“, erwiderte er schulterzuckend.
Mirinia verzog etwas enttäuscht den Mund. „Na gut“, gab sie sich geschlagen. „Kannst du mir dann bei etwas anderem helfen?“, fragte sie, was dazu führte, dass Dylan die Augen zusammenkniff und sie anstarrte. Da er nicht fragte, entschied sie sich dazu, einfach weiter zu reden. „Der große See gehört doch niemanden, oder?“, wollte sie aufgeregt wissen. Vielleicht steigerte sie sich zu sehr rein, doch sie wollte den Menschen hier etwas Gutes tun. Auf ihre Art und mit ihren Möglichkeiten.
„Na ja“, erwiderte er, „der Königin.“
Das war gut. „Liege ich richtig, dass es nicht wirklich ein Verbot gibt, dort zu fischen?“, fragte sie mit funkelnden Augen.
Dylan war anzusehen, dass er sich heute Morgen von ihr ein wenig überfahren fühlte. „Nicht … das ich wüsste. Aber dort beißt nichts“, bemerkte er, bevor er ihr folgte, da Mirinia schon losgelaufen war.
„Das ist nicht schlimm“, trällerte sie und hüpfte förmlich Richtung See.
Als sie ankam, sah sie sich nachdenklich um. „Also“, begann sie und wandte sich Dylan zu. „Bei mir zuhause war es immer so, dass jeder etwas beigetraten hat, wenn Arbeiten im Dorf anfielen“, erklärte sie, was Dylans skeptischen Blick nicht besserte. „Ich wohne zwar noch nicht offiziell hier, möchte aber meinen Teil beitragen. Darum dachte ich, dass ich Brot und Fisch anbieten könnte, damit sich die Arbeiter stärken können“, erklärte sie und behielt Dylan dabei genau im Auge. Sie wollte unbedingt wissen, was er von ihrer Idee dachte, denn das würde bestimmen, wie es bei den anderen ankam.
Zu ihrer Überraschung wirkte er nachdenklich. „Ich glaube, sowas hat vorher noch nie jemand gemacht. Ich meine … das ist doch teuer“, stellte er fest, wobei er sie fragend ansah. „Wenn du hier wohnst, wirst du nicht so schnell Geld verdienen können. Wenn die also … alles für andere ausgibst“, bemerkte er, ließ seinen Satz offen.
„Um das Geld musst du dir keine Sorgen machen“, versicherte sie. „Das Brot kaufe ich bei der örtlichen Bäckerin und den Fisch werde ich selbst aus dem See holen.“
Dylan runzelte die Stirn. „Ich sagte doch, da beißt nichts“, meinte er, als würde er mit einem dummen Kind sprechen, das nicht verstehen wollte, dass etwas nicht ging.
Mirinia grinste lediglich. „Kannst du Fische ausnehmen?“, fragte sie, als hätte sie seine Einwände nicht gehört.
Dylan brummte. „Für den unwahrscheinlichen Fall, dass du etwas fängst, kann ich ihn dir ausnehmen“, gab er sich geschlagen.
Er war nicht ansatzweise der grummelige, kalte Kerl, für den sie ihn anfangs gehalten hatte. Er war einfach nur sehr darauf bedacht, sein Dorf zu schützen.
„Dann wirst du das machen. Ich würde sie ja roh essen, aber ich nehme an, dass wir sie wohl auch kochen oder braten sollten“, bemerkte sie. „Am besten ein Fischeintopf. Aber dafür bräuchten wir Gemüse“, sinnierte sie, während sie begann, sich auszuziehen.
Dylan gab ein warnendes Geräusch von sich, bevor er sich umdrehte. „Das kannst du doch nicht einfach machen“, beschwerte er sich, doch sie konnte sehen, dass er trotzdem linste. Heute war es jedoch egal, denn sie trug ein knappes Oberteil und einen kurzen Rock unter ihrer Kleidung, sodass sie nicht nackt sein musste, wenn sie sich zurückverwandelte. Das fühlte sich zwar beim Schwimmen seltsam an und normalerweise mied sie es, doch sie wusste auch, dass sie ihren Körper schützen musste.
Als sie ins Wasser sprang, hörte sie Dylan vor sich hinmurmeln, dass er das doch glatt vergessen hatte.
Mit einem Lächeln tauchte Mirinia ins Wasser, worauf sich ihr Körper sofort anpasste. Schuppen schoben sich unter ihrer Haut hervor und bildeten an ihren Beinen eine große, kräftige Flosse, mit der sie nach unten in den See schoss.
Die Fische, die hier lebten, schwammen sehr tief. So tief, dass es schwer für eine Angel war, sie zu erreichen. Nicht so für Mirinia.
Sie stieß einen leisen Laut aus, der sich wie ein Sonar durch das Wasser zog und schon hatte sie kleine Schwärme entdeckt.
Mirinia suchte sich einige Fische davon aus. Die, die alt genug waren und schon gelaicht hatten. Diese beförderte sie mit ein wenig Magie nach oben, sodass der See diese vor Dylan ausspuckte.
In dem Moment dachte sie nicht daran, dass sie keine Magie einsetzen und diese geheim halten wollte. Sie wusste nicht einmal, ob Dylan überhaupt spüren würde, dass sie Magie nutzte.
Zu sehr versunken in ihrem Element warf sie Fische aus dem Wasser, bis sie glaubte, dass es genug waren.
Dann tauchte sie auf und erblickte einen überforderten Dylan.
Dieser war dabei die Fische mit einem kräftigen Schlag zu töten, doch er hatte noch keinen davon auseinandergenommen. „Musstest du so übertreiben?“, fragte er atemlos. „Was willst du mit dem ganzen Fisch?“
Mirinia zuckte die Schultern. „Einlegen, trocknen, braten. Dann vielleicht verkaufen“, schlug sie vor, obwohl das nicht geplant war.
„Das … wäre vermutlich sogar eine Idee“, bemerkte Dylan, dem anzuhören war, dass er nicht so ganz wusste, wie er mit der Situation umgehen sollte.
Mirinia, die aus dem Wasser kam und sich trocknete, lächelte lediglich zufrieden. „Aber heute sind sie für die Arbeiter“, fügte sie hinzu, damit er nicht dachte, sie wollte die Fische nur zum Geld verdienen.
„Du könntest einige davon an Magarith abgeben“, murmelte Dylan, der einen Fisch nach den anderen aufschnitt und ausnahm.
„Magarith?“, fragte Mirinia, die diesen Namen noch nie gehört hatte.
„Die Bäckerin. Es heißt, sie kann echt leckeren Fischauflauf machen.“
„Oh“, gab Mirinia von sich, die darüber nachdachte. „Ich frage sie dann gleich mal.“ Mit diesen Worten widmete sie sich den restlichen Fischen, um sie auszunehmen. Es fühlte sich gut an, etwas zu tun, was sie schon viele Male getan hatte. Immerhin liebte sie als Meerjungfrau Fisch und aß oft nichts anderes. Nicht, dass sie die menschliche Küche nicht schätzte, aber mit Fischen zum Essen konnte man ihr immer eine Freude machen.


































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