Mirinia-Kapitel 14

Kapitel 14

Mirinia blickte hinauf und strahlte. die Windmühle erstrahlte in neuem Glanz und drehte sich sanft im Wind. Sie war ein Beispiel dafür, dass dieses Dorf es schaffen konnte. Es war gar nicht so verloren, wie es die Königinnen immer hinstellten. Vielleicht ließen sie sich nicht von einer Königin regieren, aber das musste auch nicht passieren. Sie wussten selbst, was gut für sie war.

„Sieht gut aus“, bemerkte Micas, der neben sie trag.

Mirinia nickte. „Ich freu mich schon drauf, sie erneut zu zeichnen“, sagte sie gut gelaunt, während sich der Duft einer Fischsuppe über das Gelände schlängelte.

Statt Brot mit Fisch anzubieten hatten Sean und Magarith Gemüse organisiert und wollten in einem großen Kessel Suppe an alle servieren.

Alles wirkte so friedlich und gemütlich, dass sich Mirinia voll und ganz wohlfühlte.

Es war der Moment, in dem sie sich darüber freute, dass sie dieses Dorf bekommen hatte. Obwohl es noch Arbeit kosten würde, dieses Dorf wieder zum Strahlen zu bringen, konnte Mirinia doch die Hoffnung sehen. Vielleicht würden sie Königinnen nie mögen, doch das mussten sie auch nicht. Nicht, solange Mirinia sie reagierte. Sie würde dennoch tun, was sie konnte.

„Essen“, rief Magarith über die Wiese und das Dorf sammelte sich bei ihr, um sich eine Schüssel Suppe und Brot abzuholen.

Mirinia wartete, bis sie an der Reihe war, doch der Mann, der sich als erstes geholt hatte, der Schreiner Lucius, kam direkt auf sie zu. In seiner Hand zwei Schalen. Eine davon reichte er ihr. „Für deine tägliche Unterstützung hast du dir die erste Schale verdient“, sagte er gut gelaunt.

Mirinia wurde leicht rot um die Nase, bevor sie die Schale annahm. „Danke dir. Ihr habt aber auch alle sehr gute Arbeit geleistet“, sagte sie bewundernd. Sie selbst hatte nur eine Kleinigkeit beigetragen. Ihrer Meinung nach konnte das nicht mit dem konkurrieren, was die Männer geleistet hatte.

„Das war auch nur dank der Baumaterialien möglich“, winkte Lucius ab und nahm einen Bissen Suppe.

Mirinia bemerkte die längeren Fingernägel, die seine Finger zierten. Dazu kam ein überraschend starker Haarwuchs an den Armen. Ob er wohl gar kein Mensch war? Alles an ihm deutete darauf hin, dass es sich um einen Werwolf handeln könnte. Einer ohne Magie, was überraschend selten vorkam.



Mirinia spürte erneut Stolz in sich aufsteigen. Es wusste zwar niemand außer Sean und Magarith, dass die Baumaterialien von der Königin stammten, doch das war auch gewollt. Die Bürger sollten selbst erleben, dass sich die Königin um sie kümmerte. Es war oft besser es zu sehen und nicht nur zu hören.

Mirinia nahm einen Löffel und schloss genießerisch die Augen. „Das ist wirklich lecker“, bemerkte sie. So leckeres Essen hatte sie lange nicht mehr gehabt.

Lucius nickte. „Ja und Sean will es jetzt auch in seiner Taverne anbieten.“

„Ah, ja richtig“, sagte Mirinia, der deshalb wieder einfiel, dass Sean mit ihr über den Fisch gesprochen hatte. „Er hat mich gefragt, ob ich ihm den Fisch günstiger anbieten kann, damit er für die Suppe nicht so viel nehmen muss, um Gewinn zu machen“, erklärte sie. „Bisher konnten wir uns noch nicht auf einen Preis einigen, aber ich bin sicher, dass wir das werden“, erklärte sie und schenkte Lucius ein Lächeln.

Dieser lachte leise. „Du passt perfekt in dieses Dorf. Hier, wo keine Fragen gestellt werden, solange man füreinander da ist.“

Das war eine Wortwahl, die Mirinia nachdenklich machte. Generell fragte sie sich, was ein magieloser Werwolf hier suchte. War das Dorf vielleicht eine Art Zufluchtsort für gestrandete Seelen? Es würde passen und auch den Zusammenhalt erklären.

Mirinia wollte gerade etwas erwidern, als es eine Explosion gab, die so stark war, dass sie den Boden erschütterte. Sie schwankte und verschüttete die Suppe, doch das war ihr egal.

Panisch wandte sie sich um und erkannte, wie Flammen an der Windmühle entlangzüngelten. Ihr Herz setzte einen Moment aus, während sie sich fragte, ob der Mehlstaub zu einer spontanen Entzündung gesorgt hatte oder jemand das Feuer gelegt hatte.

Um sie herum erklangen Rufe und kurz darauf hatte sich eine Kette gebildet, die eimerweise Wasser von den Flüssen herbeischaffte.

Mirinia konnte sehen, wie das Wasser ins Feuer gekippt wurde, doch nichts geschah.

Sie spürte, wie der Sternenstaub um das Gebäude herum vibrierte. Das war kein normales Feuer.

Es knarzte und der neugebaute Teil der Windmühle löste sich plötzlich.

„Passt doch auf“, schrie Dylan, der angerannt kam. Er hob die Hände in einer schützenden Geste. Magie strömte von diesen aus und legte sich auf das Holz, um dafür zu sorgen, dass es niemanden unter sich begrub.



In diesem Moment erklang die panische Stimme von Magarith. „Ava!“, schrie sie panisch und rannte auf das Gebäude zu. „Meine Tochter! Sie ist noch drin“, schrie sie, doch bevor sie hineinstürzen konnte, hielt ihr Mann sie fest.

„Das ist Selbstmord“, sagte er mit Tränen in den Augen.

Bevor Mirinia nachdenken konnte, trugen ihre Beine sie schon Richtung Mühle und sie stürmte in das Gebäude hinein.

Instinktiv schlang sich eine Schicht Wasser um sie, damit sie nicht sofort verbrannt wurde. Das war jedoch auch nur ein Schutz vor direkten Verbrennungen. Die Hitze und den Rauch spürte sie dennoch.

Hustend und mit tränenden Augen sah sie sich in der Mühle um. „Ava?“, rief sie und hustete, während sie sich weiter vorkämpfte. Wo war sie nur?

Mirinia blickte auf die Treppe, die bereits begann zu bröckeln. War sie oben?

Mirinia erinnerte sich daran, dass das Mädchen ihr aus einem Fenster zugewunken hatte.

Ohne groß nachzudenken, setzte sie einen Fuß auf die Treppe. Wäre das Feuer kein magisches, hätte sie es mit Wasser löschen können, doch hiergegen kam sie nicht an. Irgendjemand wollte, dass dieses Gebäude bis auf die Grundfesten niederbrannte.

Mit Ärger und Sorge im Magen nutzte Mirinia alle Magie, die sie aufbringen konnte, um die Treppen irgendwie hinaufzukommen.

Der Rauch sorgte dafür, dass sie kaum noch Luft bekam, doch das würde sie überleben. Als Heilerin konnte sie ihren Körper gut genug einschätzen, um zu wissen, wie weit sie gehen konnte. Noch gab es keinen Grund aufzugeben! Sie würde Ava finden.

Als sie oben ankam, bemerkte sie sofort, dass es sich um die Wohnung der kleinen Familie handelte. Auch hier wütete das Feuer, doch nicht ganz so stark.

„Ava“, rief sie erneut, doch wieder bekam sie keine Antwort.

Weil ihr nichts anderes übrigblieb, blickte sie in jedes Zimmer und entdeckte das Mädchen schließlich. Sie lag am Boden. Um sie herum eine kleine Pfütze Blut.

Mirinias Herz setzte einen Moment aus, bevor sie auf das Kind zustürmte. War sie vielleicht gestürzt?

Sanft hob sie das Mädchen auf ihren Arm. Neben einer Wunde am Kopf hatte sie Verbrennungen an Armen und Beinen.

Es stand wirklich nicht gut um sie, doch Mirinia spürte ihren Herzschlag und den röchelnden Atem. Noch war es nicht vorbei!



Mirinia wandte sich zur Tür, doch in den Moment spürte sie den Boden wanken und es krachte, als vermutlich die Treppe zusammenkrachte.

Panisch sah sie sich um, bevor sie ihre Hand nach dem Fenster ausstreckte. Sie sammelte den Wind und riss dieses aus den Angeln, bevor sie darauf zu rannte und samt Ava im Arm aus dem Fenster sprang.

Das sie so weit oben war, dass der Sprung ihr gut das Leben kosten könnte, ignorierte sie. Sie war eine Königin! Obwohl ihre Magie nicht sonderlich stark war, konnte sie diese nutzen.

Noch während sie fiel, webte sie einen Zauber, der sie und Ava einschloss und ihren Fall soweit verlangsamte, dass sie halbwegs heil am Boden aufkamen.

Kaum hatten ihre Beine den Boden berührt, stürzte sie nach vorn. Weg von der Windmühle, die hinter ihr immer weiter knackte. Der obere Teil, der nicht so sehr verbrannt war, wurde für den brennenden Unterteil zu schwer und drohte einzustürzen.

Mirinia rannte auf die Gruppe an Menschen zu, die sich von der Mühle entfernt hatten und mit resignierten Gesichtern dabei zusahen, wie diese brannte.

Magarith streckte ihre Hände immer wieder nach der Mühle aus, bis sie Mirinia bemerkte.

Schützend hielt sie Ava im Arm, doch als die Mühle komplett einstürzte, verlor sie das Gleichgewicht und stürzte vor der besorgten Mutter zu Boden und blieb dort keuchend liegen.

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