Mirinia-Kapitel 15

Kapitel 15

„Miri“, drang Dylans besorgte Stimme an ihr Ohr.

Mirinia stöhnte leise, bevor sie blinzelnd die Augen öffnete. Sie spürte Schmerzen an ihren Armen und Beinen und auch an ihrer Kehle, als sie nach Luft schnappte und hustete. Das Feuer musste irgendwie durch ihren Schild gekommen sein.

Sie drehte sich auf die Seite, bevor sie versuchte, sich abzustützen. „Ava“, keuchte sie und sah sich suchend nach dieser um.

„Du musst liegenbleiben, verdammt. Was hast du dir dabei gedacht? Wolltest du gleich mit sterben?“, schnauzte er sie verärgert an, doch in seiner Stimme war deutlich Panik und keine Wut zu hören.

Mirinia konnte sich ihm allerdings nicht widmen. Ihre Sinne suchten nach Ava, die nicht weit entfernt von ihr auf den Rücken lag.

Magarith und Micas hockten neben ihr und lagen sich weinend in den Armen.

Mirinias Herz setzte einen Moment aus. War sie tot? Hatte sie versagt.

„Ava“, flüsterte sie und kroch auf das Mädchen zu. Ihr ganzer Körper schmerzte, doch dafür hatte sie jetzt keine Zeit. Stattdessen streckte sie die Hand aus und legte sie vorsichtig auf das verbrannte Kleid des Mädchens.

Obwohl ihr das Blut in den Ohren rauschte, konnte sie doch eine leise Resonanz auf ihre Magie spürten. Sie lebte noch. Es war noch nicht zu spät.

Mirinia schloss die Augen, doch der Sternenstaub um sie herum reagierte nur spärlich. Er war zum größten Teil in das Feuer geflossen, weshalb die Konzentration noch zu gering war. Sie musste also ihre Sinne weiter ausstrecken, was nicht gerade einfach war. Trotzdem tat sie, was sie konnte, um ihn zu sich zu ziehen. Gleichzeitig leitete sie den Sternenstaub, der ihren eigenem Körper innewohnte, ebenfalls in Avas Körper.

Sie würde dieses Mädchen nicht sterben lassen!

„Ein Kind stand allein am Ufer der Zeit.“ Ihre Stimme klang leise, während sie die Melodie eines alten Liedes anstimmte, das ihr bei der Heilung helfen sollte. „Sein Herz war schwer, voll Traurigkeit.“

Wind zog auf und rauschte über die Ebene. Ließ Blumen und Gräser sich in einer sanften Woge beugen, während er Sternenstaub mit sich brachte. „Doch die Wellen sangen ein altes Lied,

Von einem Geheimnis, das niemand sieht.“

Das Wasser trat über die Ufer des Flusses und strömte auf Mirinia zu, die noch immer ihre Augen geschlossen hielt und sich auf das Mädchen konzentrierte. Deren Arme und Beine wurden von Wasser eingenommen und so gekühlt.



„Flüsternde Wellen, tragt meinen Schmerz,

Gebt mir die Melodie, heilt mein Herz.

In eurer Tiefe, so alt und weit,

Finde ich Trost und Heiligkeit.“

Mirinia spürte, wie der Sternenstaub ihren Körper verließ und in Ava eindrang. Obwohl sie bemerkte, dass sie extrem schnell abmagerte und ihr Körper bald nicht mehr viel zu geben hatte, machte sie weiter. Sie würde erst aufhören, wenn Ava überlebte.

„Unter dem Sternenhimmel, klar und rein,

Fühlte sich das Kind nicht mehr allein.

Denn die Wellen, sie flüsterten leise,

Eine Geschichte von Liebe und Reise.“

Mirinia schlug die Augen auf und beobachtete, wie die Verbrennungen an Armen und Beinen sich zurückzogen, sich neue Haut bildete und ausbreitete.

„Mit jedem Flüstern, mit jedem Ton,

Verblasste die Dunkelheit, kam die Sonn‘.

Das Kind verstand, dass in jeder Welle,

Ein Versprechen liegt, eine helle Stelle.“

Mirinias Stimme brach bei den letzten Worten und bevor sie den Heilungszauber beenden konnte, brach die Schwärze über sie herein. Ihr Körper gab auf, doch sie glaubte – hoffte – zu sehen, wie Ava ihre Augen aufschlug und nach Luft schnappte.

Dann wurde alles schwarz und Mirinia fiel zu Boden.

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