Mirinia-Kapitel 17

Kapitel 17

Irgendwie war es den Dorfbewohnern gelungen, Mirinia dazu zu überreden, nicht zur Königin zu gehen, um sich versorgen zu lassen. Sie wollten sich auf diese Art bei ihr bedanken, weshalb sie sich rührend um sie sorgten. Mirinia gefiel das sehr, denn so war es ihr möglich die Beziehungen zu den Dorfbewohnern noch weiter zu verstärken.

Außerdem waren jeden Tag Kinder da, um sie zu besuchen. Allen voran Ava, die Mirinia wirklich dankbar war.

Sie war gerade dabei, mit Ava zusammen ein Kinderbuch zu lesen und dieser die Buchstaben beizubringen, als es in der Taverne, die zu ihrem Krankenzimmer geworden war, laut wurde.

Überrascht legte Mirinia das Buch zur Seite und blickte auf die Tür, da sie Schritte hörte. Sie stürzten förmlich die Treppe nach oben, was dafür sorgte, dass sich Sorge in ihr breit machte. War vielleicht etwas passiert?

Dylan riss die Tür auf. Er war blass und atmete schwer, was Mirinia dazu veranlasste, die Decke zur Seite zu werfen. Sie wollte eigentlich aufstehen und zu ihm gehen, doch stattdessen kam Dylan auf sie zu. „Der Magier der Königin ist hier“, sagte er angespannt. „Er sagt, sie haben einen Heiler für dich besorgt“, fügte er hinzu, wobei seine Stimme in Mirinias Ohren so klang, als wäre er gar nicht begeistert davon. Sie verstand nur nicht, warum.

„Das ist doch … gut, oder?“, fragte sie. Immerhin hieß das, dass sie schneller gesund werden würde.

Dylan, der noch immer schwer atmete, als wäre er gerannt, schnappte nach Luft. „Sie wollen dich mitnehmen“, brachte er leise und besorgt hervor.

Mirinia griff seine Hand. „Schon gut“, sagte sie sanft. „Sie werden mir schon nichts tun.“

„Sie wollen dich uns wegnehmen?“, fragte Ava, die sich halb auf Mirinias Schoß legte.

Diese legte dem Mädchen eine Hand auf den Kopf, um sie zu streicheln. „Nein, das wollen sie nicht. Sie wollen sicherlich nur dafür sorgen, dass ich außerhalb des Dorfes bin, wo mich der Heiler behandeln kann, ohne, dass seine Magie Auswirkungen auf euch hat“, sagte sie sanft, um beide zu beruhigen. Sie verstand nicht, warum auch Dylan so ein Drama abzog. Machte er sich Sorgen, dass sie nicht wiederkam?

Dylan war anzusehen, dass er nicht begeistert war. Trotzdem stieß er einen Seufzer aus, der irgendwie ergeben klang. „Wenn wir uns weigern, bringen wir das Dorf in Gefahr“, bemerkte er entschuldigend.



Mirinia bezweifelte, dass Cassian sie mit Gewalt hier wegholen würde, sofern es keinen direkten Hinweis darauf gab, dass sie Hilfe brauchte, doch Dylan konnte das nicht wissen.

Sie drückte sanft seine Hände. „Ist schon gut. Immerhin habt ihr auch um Hilfe gebeten. Also wäre es nur gerecht, wenn wir sie jetzt auch annehmen“, sagte sie, weil sie hoffte, dass sie sich mit einem Heiler an der Seite besser erholte.

Dylan brummte, bevor er ihr sanft half, aufzustehen. „Soll ich dich nach unten tragen?“, fragte er und musterte besonders ihre Beine, als hätte er Angst, sie könnten Mirinia nicht halten.

Diese schüttelte den Kopf. „Ich werde zwar Hilfe brauchen, will es aber allein probieren“, sagte sie, denn nur so konnte sie ihren Körper einschätzen. Sie war sich nicht sicher, ob ihre Beine sie die Treppe hinabtragen würden, doch im Notfall war Dylan da. An seiner Seite fühlte sie sich sehr wohl.

Gemeinsam mit ihm lief sie langsam aus dem Zimmer, doch als es zur Treppe kam, spürte sie bereits ihre Erschöpfung. Sie wollte gerade sagen, dass sie sich nicht im Stande fühlte, die Treppe zu bezwingen, als sie einen Ruck durch ihren Körper wandern spürte. Kurz darauf lag sie in Dylans Armen, der sie bestimmt festhielt. „Die wirst du nicht allein laufen“, sagte er entschieden, während er sie sicher nach unten transportierte.

Dort wartete Sean, der sie beobachtete. In seiner Taverne hatten sich auch Magarith, Micas und einige andere aus dem Dorf versammelt. Vermutlich waren die Müllersleute hier, weil sie hier untergekommen waren. Mirinia musste das Problem unbedingt bald in Angriff nehmen. Am besten, wenn sie sich ausruhte. Geistig war sie immerhin kräftig genug. Nur musste dann Cassian die Arbeit machen.

Unten angekommen, wurde Mirinia sofort von den Bewohnern umring. „Du musst nicht gehen“, sagte Magarith besorgt. Sie hatte sich die letzten Tage ins Zeug gelegt, um ihr Essen zu kochen, das kräftigend war, doch mit ihren bescheidenen Mitteln war nicht sonderlich viel zustande gekommen. Dazu kam, dass sie als magisches Wesen, das ihre Magie so sehr verbraucht hatte, wesentlich mehr essen musste. Darum fühlte sie sich auch schlecht, wenn das Dorf sie versorgte.



„Es ist in Ordnung“, versicherte sie beruhigend. „Ist ja nicht so, als würden sie mich eibehalten“, winkte sie ab. Dann bemerkte sie aber die seltsamen Blicke. Als würden sie genau das erwarten. Hatte die alte Königin also wirklich mit den Sklavenhändlern zusammengearbeitet? Mirinia kam es so vor, auch wenn sie es nur ungern glaubte.

Mirinia brauchte all ihre Kraft, um die Leute davon zu überzeugen, dass es in Ordnung war. Erst dann ließen sie Dylan, der Mirinia noch immer trug, hinaus.

Überrascht stellte die junge Frau fest, dass die Kutsche direkt vor der Taverne stand. Cassian abwartend davor.

Als er Mirinia sah, spannte sich seine Miene an, doch er blieb ruhig. Trotzdem erkannte Mirinia, dass er Dylan mit seinen Blicken förmlich erdolchte. So lange bis dieser näherkam. Dann wurde Cassians Ausdruck nachdenklich. Ob er gespürt hatte, dass Dylan auch magisch war?

„Setze sie bitte in die Kutsche“, bat Cassian noch immer angespannt und öffnete die Tür.

Nur widerwillig kam Dylan der Aufforderung nach. Mirinia sah, dass er mit sich kämpfte, sie hier allein zurückzulassen. Darum strich sie ihm sanft über die Hand.

Als sich Dylan zurückgezogen hatte, schloss Cassian die Tür und setzte sich auf den Kutschbock. Kurz darauf wackelte die Kutsche los Richtung Herrenhaus.

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