Mirinia-Kapitel 8
Kapitel 8
Als Mirinia dieses Mal aus dem See auftauchte, stellte sie sofort fest, dass sie nicht allein war.
Dunkle Augen blickten sie an, während nur ein Fackelschein die Umgebung um Dylan herum erhellte. Dennoch starrte er auf den See, als könne er trotz Dunkelheit sehen. „Was hatte ich dir gesagt?“, fragte er, als hätte er sie wirklich gesucht.
Mirinia erstarrte und blieb im Wasser, während sie seinen Blick erwiderte. Das hatte sie nicht erwartet und das war auch gar nicht gut. Was sollte sie jetzt tun?
Sie wandte ihren Blick ab, bevor sie vorsichtig ihre Schwanzflosse hob.
Aus den Augenwinkeln, aus denen sie Dylan beobachtete, konnte sie sehen, wie er die Augen weitete. Dann fluchte er leise. „Eine Meerjungfrau“, brummte er frustriert und fuhr sich durch die Haare. Es schien ihm als Erklärung zu reichen. „Wenn du sowas abziehst, hast du doch bestimmt irgendwo Kleidung und ein Handtuch, oder?“, fragte er, wobei er mit der Fackel die Umgebung schon absuchte.
„Bei den Ruinen“, erwiderte sie und hoffte, dass Evel die Sachen abgelegt hatte, ohne, dass es Dylan gesehen hatte.
Während Dylan suchte, zog sie sich nun doch aus dem Wasser und positionierte ihre Schwanzflosse auf dem frischen Gras.
Als der junge Magier zurückkehrte, blieb er zuerst einige Meter von ihr entfernt stehen und musterte sie eingängig. Der Schein des Feuers ließ ihre Flossen wie Juwelen schimmern. „Du musst wirklich vorsichtiger hier sein“, brummte er und reichte ihr schließlich das Handtuch, bevor er ihre Kleidung in ihrer Nähe ablegte. Dann drehte er sich um, was Mirinia eine leichte Röte ins Gesicht zauberte.
Er war nah genug, damit die Fackel ihr Licht spendete und doch weit genug weg, um ihr das Gefühl zu geben, er würde sie nicht beobachten. Ob Dylan jedoch schielte, während sie sich anzog, konnte sie nicht ausmachen. Dazu war sie zu sehr auf sich und ihre Kleidung konzentriert.
„Fertig“, sagte sie schließlich, wobei in ihrem Magen noch immer alle rumorte. Hatte er vielleicht eine Ahnung? Aber würde er sie dann noch immer so behandeln? Mirinia war sich unsicher.
„Gut. Das nächste Mal warnst du mich vor. Ich habe dich gesucht. Wenn bei uns ein Gast verschwindet, ist das keine gute Außenwirkung“, bemerkte er grummelnd, als hätte er sich wirklich Sorgen gemacht.
Mirinia glaubte ihn jedoch nicht so wirklich. Sie hatte das Gefühl, dass da noch mehr war. Als würde er etwas verschweigen.
Da Mirinia ihm gegenüber ähnliches tat, nahm sie sich das nicht so zu Herzen. Jeder hatte seine eigenen Geheimnisse.
„Jetzt weißt du es ja“, bemerkte sie mit einem schiefen Lächeln. „Gibt es eigentlich eine Möglichkeit, hierherzuziehen?“, fragte sie, da sie nicht permanent in der Taverne bleiben wollte. Die erste Woche war in Ordnung, doch auf Dauer würde das schwer werden.
Dylan zuckte die Schultern. „Es gibt wohl eine neue Königin im Dorf. Wenn sie dir Land verkauft … klar“, bemerkte er, als würde er nicht einmal an die Königin glauben.
Mirinia beruhigte das irgendwie ungemein, denn das hieß, dass er nichts bemerkt hatte.
„Verstehe. Dann werde ich mich da in nächster Zeit drum kümmern“, sagte sie nachdenklich, während sie mit Dylan zurück zur Herberge ging.
Die Nacht im Dorf war überraschend dunkel. Ob es wohl möglich war, magische Lichter zu beschaffen? Dann wäre die Brandgefahr auch nicht so groß.
„Ich lade dich heute zum Essen ein, da du mir so viel geholfen hast“, bot Mirinia an, denn sie hatte das Gefühl, es ihm schuldig zu sein.
Dylan hob eine Augenbraue. „Das Essen des alten Sean ist echt teuer dafür, dass es nicht gerade schmeckt. Wenn du was haben willst, wo Trockenfleisch drin ist, musst du echt für blechen“, bemerkte er und verzog den Mund.
„Und wo kann man hier sonst essen?“, fragte Mirinia, denn solange sie kein eigenes Haus hatte, konnte sie nicht kochen.
Dylan überlegte einen Moment. „Der geht an dich“, stellte er fest, was Mirinia in ihrer Annahme bestätigte.
Das würde sie jedoch später in Angriff nehmen.
„Bestell dir das, was man deiner Meinung nach essen kann. Dann nehm ich das auch“, bemerkte sie, da sie wusste, dass Geld keine Rolle spielte. Zudem ging sie davon aus, dass es nicht viel teurer werden würde als ein normales Essen in einem anderen Dorf.
Dylan betrachtete sie von der Seite und öffnete ihr die Tür in die, jetzt voll besetzte, Taverne.
Als Mirinia eintrat, sah sie sich als erstes suchend um. Es gab keinen freien Tisch, doch Dylan schien sich davon nicht stören zu lassen. Er suchte einen Zweiertisch auf und starrte die Gäste, die er sicher kannte, da es Dorfbewohner waren, solange an, bis sie sich erhoben und wo anders hinsetzten. Dann warf er Mirinia einen charmanten, fast unschuldigen Blick zu.
Dieser gefiel sein Verhalten gar nicht, weshalb sie den Mund verzog, als sie sich niederließ. Ihrer Meinung nach hätten sie warten können.
Statt sich zu Mirinia zu setzen, ging Dylan an den Tresen, um dort zu bestellen.
Mirinia konnte beobachten, dass er eine Diskussion mit dem Wirt hatte, bevor Sean zu ihr Blickte. Dann brummte er und packte die gewünschte Bestellung zusammen.
Mirinia fühlte sich zwar geschmeichelt, aber auch bevormundet. Ja, sie hatte gesagt, sie wollte das gleiche wie er, doch das galt nicht für das Getränk, das er jetzt zu ihr brachte.
Allerdings stellte sie überrascht fest, dass es tatsächlich der leckere Kikinira-Wein war. Also beschwerte sie sich nicht.
Dylan setzte sich zu ihr und nahm einen Schluck, bevor er zufrieden seufzte. „Es geht doch nichts über einen ordentlichen Kikinira-Wein“, sagte er zufrieden.
Mirinia blickte ihn überrascht an. „Du hast den schonmal getrunken?“, fragte sie überrascht, denn sie hatte nicht erwartet, dass Dylan das Geld dazu besaß.
Dieser winkte ab. „In der Vergangenheit bin ich das ein oder andere Mal in den Genuss gekommen.“
Das überraschte Mirinia nicht so sehr, wie es das hätte tun sollen. Vermutlich war Dylans Weste nicht gerade rein. Ob er wohl sehr viel Dreck am Stecken hatte?
Sie wollte gerade fragen, als eine Unterhaltung ihre Aufmerksamkeit beanspruchte.
„Die Königin, die hergezogen ist, soll Dinge aus dem Haus verkaufen“, bemerkte ein Mann. Aus dem Augenwinkel betrachtete Mirinia diesen. Er gehörte zu der Gruppe Männer, die sie versklaven wollten.
„Und Micas ist irgendwie an Geld gelangt“, bemerkte ein anderer. „Es heißt, er heuert Leute für eine eventuelle Reparatur an“, fügte er grollend hinzu.
„Das werde ich zu verhindern wissen. Solange er seine Schulden nicht abbezahlt, wird da gar nichts wieder aufgebaut.“
So war das also. Damit hatte sich Mirinias Verdacht bestätigt.
Dieses Dorf war nicht nur die Heimat der Sklavenhändler, sie hatte dieses auch in ihren Fängen.
Nun musste Mirinia nur noch herausfinden, wie fest diese saßen und wer alles involviert war.



























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