Kapitel 18

Unruhig wälzte sich Lilitha in ihrem Bett

Unruhig wälzte sich Lilitha in ihrem Bett.

Sie hatte den Baum eingepflanzt, ihn aber nicht völlig auswachsen lassen. Trotzdem hätte die Größe reichen sollen, damit sie sich erschöpft fühlte und gut schlief.

Doch sie hatte die Nacht gar nicht geschlafen und als die ersten Sonnenstrahlen zu sehen waren, schälte sie sich aus ihrem Bett, um sich für den Tag fertig zu machen.

Ihre Gedanken kreisten noch immer um den Highlord.

Würde er sie aus seinem Harem verbannen? Oder würde er ihr erlauben, weiter hier zu bleiben? Würde er sich noch von ihr massieren lassen?

Vermutlich nicht … sie barg nun eine zu große Gefahr für ihn.

Vermutlich dachte er jetzt, sie sei eine verdeckte Attentäterin, die schlecht im Lügen war.

Aber er sollte doch wissen, dass sie ihn nicht töten würde. Sie hätte es schon längst tun können, wenn sie denn gewollt hätte. Doch das hatte sie nicht. Hatte nicht mal daran gedacht.

Er war ihr Gebieter, Herrscher und der Highlord, sie würde nie etwas tun, was ihm schaden würde.

Lilitha seufzte.

Sie hatte sich die ganze Nacht mit den Gedanken herumgeplagt und einfach keine Antwort gefunden. Außerdem konnte sie sowieso nichts anderes tun, als abzuwarten, was der Tag so brachte.

Und da sie noch immer eine Dienerin war, machte sie sich bereit dazu, ihren Pflichten nachzugehen.

Heute würde sie Chiana rechtzeitig wecken, damit diese zufrieden mit ihr war.

Also schlüpfte sie in ihren Yukata und machte sich die Haare, ehe sie ihr kleines Zimmer aufräumte.

Dann betrat sie den Raum der Favoritin.

Sie erkannte Bewegungen unter der Bettdecke, als Chiana sich zu wälzen begann.

Lilitha warf dieser einen kurzen Blick zu, als sie auch schon vorsichtig die geschlossenen, großen Vorhänge zur Seite zog, um das gleißende Licht hereinzulassen.

Gähnend richtete sich Chiana auf und schwang die Beine zur Seite, wo sie innehielt.

»Guten Morgen, Lilitha«, grüßte sie leise und rieb sich über das hübsche Gesicht.

»Guten Morgen, Mistress«, grüßte Lilitha leise zurück und reichte ihr einen leichten Morgenmantel, mit dem sie sich ins Bad begeben würde.

Auch wenn Chiana ein wenig schleppend in ihren Bewegungen war und alles andere als glücklich aussah, so war sie augenscheinlich wohl doch auf dem Weg der Besserung.




»Ich hoffe, ich habe dir gestern keine Umstände bereitet«, sagte die Schwarzhaarige nun und beobachtete, wie Lilitha ihren Mantel schloss.

»Nein, Mistress. Ich hoffe, Ihr fühlt Euch heute besser«, sagte die Rothaarige ruhig, während sie Chiana ins Badezimmer begleitete.

Chiana lächelte und ging in den gemeinschaftlichen Hamam des Harems, in dem auch Lilitha sich waschen durfte.

»Ja, in der Tat geht es mir besser. Ich habe viel über deine Worte nachgedacht«, gestand sie leise und hieß den heißen Dampf auf ihrer Haut willkommen.

»Das freut mich«, murmelte Lilitha und hielt den Blick gesenkt.

Wenn sie ehrlich war, hörte sie Chiana nur mit einem halben Ohr zu, denn ihre eigenen Gedanken kreisten noch immer um die letzte Nacht. Was würde jetzt geschehen?

Lilitha führte Chiana mit fast schon mechanisch Bewegungen zu den Handtüchern, entledigte sie ihres Mantels und führte sie dann zu dem Hocker, wo sie diese waschen würde. Ihre Gedanken dabei aber immer noch auf den Highlord fokussiert.

»Du wirkst ein wenig zerstreut«, bemerkte Chiana verwundert und musterte Lilithas Bewegungen, die zwar richtig waren, aber zu sehr in etwas vertieft, als dass sie sich wirklich auf das, was sie tat, konzentrieren würde.

Lilitha schluckte und senkte noch weiter den Blick, wenn das überhaupt möglich war und trat hinter Chianas Rücken.

Sie konnte ihr immerhin schlecht erzählen, dass sie beim Highlord gewesen war und er von ihrer Gabe wusste. Sie konnte sie doch aber auch nicht anlügen …

»Verzeiht, Mistress. Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen. Ich glaube, ich habe den Highlord verärgert«, murmelte sie nervös. Vielleicht reichte es, wenn sie ihr erzählte, dass sie diesen heimlich beim Training beobachtet hatte und erwischt worden war.

Chiana horchte sichtlich auf und wirbelte bei dessen Titel herum, um zu ihr zu blicken.

»Ihn verärgert? Was meinst du damit?«, fragte sie nach und Lilitha konnte ihr ansehen, dass die bloße Erwähnung ihres Geliebten sie schon hellhörig machte.

Lilithas Hände wuschen weiter Chianas Körper, soweit es möglich war, während die Rothaarige den Blick weiter senkte. »Nun, als Ihr mir freigegeben habt, bin ich durch den Garten gelaufen und habe ihn beim Training entdeckt. Ich weiß nicht, ob es verboten war, in diesen Teil des Palastes zu gehen«, sagte sie und hoffte, damit einen Teil ihrer Nervosität zu beruhigen. Auch wenn das nur ein sehr kleiner Teil von dem war, was ihr durch den Kopf ging.




»Hat er dich gesehen?«, fragte sie nun fast schon gespannt und wandte sich immer weiter Lilitha zu. Sie hatte wohl nicht erwartet, dass Lilitha mit dem Highlord konfrontiert wurde. Zumindest nicht ohne ihr Wissen.

Sie war schon davon ausgegangen, dass sie sich umsehen würde, jedoch dachte Chiana, sie würde sich mit einer der Roten gegen sie verbünden. Das wäre keine Seltenheit bei dem Konkurrenzkampf, der hier herrschte.

»Ich denke schon«, murmelte Lilitha. Eigentlich wusste sie es. Immerhin hatte er am Abend danach etwas angedeutet, wenn sie sich recht entsann. »Mylord hat zu mir gesehen. Aber ich bin weggerannt. Ich wollte wirklich keine Grenzen übertreten. Aber es ist so faszinierend, wenn Männer mit Schwertern kämpfen.«

Chiana senkte den Blick und schmunzelte, fast schon ein wenig verträumt.

»Ja, er ist wirklich faszinierend«, murmelte sie und begann mit einer schwarzen Strähne zu spielen. »Er hatte mich einmal zum Training mitgenommen, um ihm zuzusehen. Jedoch war das zu der Anfangszeit, als ich noch bei den roten Halsbändern war«, erklärte sie und drehte sich mit dem Rücken zurück zu Lilitha, damit diese besser arbeiten konnte. »Wirkte er denn verärgert?«

»Das ist wirklich beneidenswert. Er wirkte nicht, als wünsche er dabei gesehen zu werden«, murmelte Lilitha und begann Chiana weiter zu säubern, ehe sie auf ihre Frage antwortete. »Ich weiß nicht, ob er verärgert war. Ich habe nicht lange genug gewartet, um seinen Gesichtsausdruck zu sehen.«

Nun schien Chiana ebenfalls nachzudenken und begann ihre Haare zusammenzudrehen.

»Er bekommt kaum etwas mit, wenn er trainiert, soviel ich weiß«, murmelte sie abwesend bis sie seufzte. »Du solltest womöglich aufpassen. Er … spielt gerne«, sagte sie ein wenig zögerlich. Unsicher darüber wie sie es beschreiben sollte.

Lilitha hielt in ihrer Bewegung inne, ehe sie fragte: »Er spielt gerne?« Ihre Stimme zitterte ein klein wenig.

Vielleicht war es das, was er die letzten Tage getan hatte? Mit ihr gespielt?

Möglicherweise hatte er sonst nicht mit Vampirkindern zu tun, oder hatte keine anderen Vampire. Vielleicht war sie für ihn daher nur eine Art Spielzeug? Das würde vieles erklären.

Aber es war nicht so, als hätte sie das nicht bereits angenommen. Immerhin war er der Highlord und sie nur eine kleine, unbedeutende Waise, die hier als Dienstmagd arbeitete.




»Ja, er spielt gerne. Ich weiß nicht, wieso«, gestand Chiana und zuckte ein wenig unsicher mit den Schultern. »Dieses ständige Hin und Her scheint seine Art der Unterhaltung zu sein, oder sowas wie Humor«, erklärte sie und legte die Haare nach hinten, damit Lilitha diese waschen konnte.

Die rothaarige Vampirin nahm sich einige Kräutercremes und begann damit, diese in Chianas Haare einzureiben. »Mylord erscheint mir sehr einsam«, sagte sie und schnitt damit ein Thema an, dass sie auch schon ihm gegenüber erwähnt hatte. Doch der Highlord hatte sofort abgeblockt, was Lilitha natürlich nicht entgangen war.

»Wie meinst du das?«, fragte die Hexe und schien ehrlich nicht zu wissen, wovon Lilitha sprach. War es nicht offensichtlich?

Es schien doch offenkundig, dass der Highlord nicht viele soziale Kontakte suchte oder hatte.

»Wenn ich in den Gängen unterwegs bin, dann sehe ich ihn mehrere Male am Tag«, erklärte Lilitha leise. »Manchmal kann ich ihn aus den Fenstern beobachten. Er ist fast immer allein. Begleitet von Dienstmädchen, doch nie mit Vertrauten. Nur sehr selten sucht er Gesellschaft und auch dann habe ich nicht das Gefühl, dass er diese an sich heranlässt«, versuchte sich Lilitha zaghaft zu erklären.

»Er ist nun einmal vielbeschäftigt.« Es war Chianas Versuch, sich sein distanziertes Verhalten zu erklären. Jedoch nicht wirklich effektiv. Sie schien selbst nicht so genau zu wissen, wo der Grund dafür lag. »Er ruft schließlich auch selten jemanden zu sich. Im Gegensatz zu allen anderen Herrschern vor ihm«, murmelte sie fast schon enttäuscht.

»Das kann ich verstehen. Er ist noch nicht so lange an der Macht und hat noch immer viele Feinde. Niemand kann ihm garantieren, dass alle seine Haremsfrauen loyal sind«, murmelte Lilitha und begann damit Chianas Haare auszuspülen.

Die Favoritin kicherte leise, aber belustigt.

»Ich denke nicht, dass das ein Problem für ihn darstellt, Verräter zu entlarven«, antwortete die Hexe und legte den Kopf in den Nacken.

Lilitha spülte die Haare gewissenhaft aus und tupfte sie schließlich mit einem Handtuch trocken.

Dabei erinnerte sie sich daran, dass er sie über Nacht an das Bett gebunden hatte, weil er ihr nicht vertraute.




»Wie meint Ihr das, Mistress?«, fragte sie neugierig. Doch diese schüttelte nur abwehrend den Kopf.

»Ach nichts. Mach dir keinen Kopf. Er wird dich nicht hinrichten lassen, falls du das befürchtest«, erklärte sie und meinte damit wohl wieder das Thema mit dem Schwerttraining.

Wenn das das einzige Problem gewesen wäre, wäre sie auch gar nicht so nervös.

Lilitha war sich sicher, dass noch irgendwas auf sie zukam. Immerhin war sie selbst für den Harem eine Gefahr. Daher konnte er es eigentlich nicht zulassen, dass sie so nahen Kontakt zu seinen Frauen hatte.

Es gab für sie genug Möglichkeiten, den Highlord zu töten, ohne an ihn heranzukommen.

»Wieso nicht?«, wollte Lilitha leise wissen. Vielleicht konnte ihr Chiana mehr über den Herrscher erzählen.

»Weil er einfach nicht so ist. Und abgesehen davon, sieht er uns nicht als seinen Besitz, obwohl wir das eigentlich sind. Ist dir schon mal aufgefallen, dass er immer sagt der Harem und nicht mein Harem? Ich habe ihn einmal darauf angesprochen«, erklärte sie und drehte die nassen Haare zusammen zu einem Knoten, um ihn mit Haarnadeln an ihrem Kopf zu befestigen.

»Nein, das ist mir nicht aufgefallen, so oft war ich noch nicht in seiner Gegenwart, wenn er gesprochen hat«, sagte Lilitha leise. Eine glatte Lüge. Natürlich hatte er oft mit ihr gesprochen. Aber aufgefallen war es ihr wirklich nicht. Aber jetzt, wo sie darüber nachdachte, hatte Chiana recht.

Er hatte sie nie als seine Frauen bezeichnet.

»Irgendwann wirst du es bestimmt noch merken. Er bezeichnet nicht mal mich als seine Favoritin, sondern immer als die Favoritin.« Chiana erhob sich von ihrem Hocker, als Lilitha auch schon mit dem Morgenmantel zu ihr eilte und sie sich zurück zu den Räumen der Hexe begaben. »Als ich ihn jedoch darauf angesprochen hatte, sagte er nur: Ich sei doch die Favoritin. Doch ich konnte ihm ansehen, dass er wusste, was ich damit meinte. Eingehen wollte er aber trotzdem nicht darauf.«

Dieses Verhalten hatte auch Lilitha bemerkt. Es war ein wenig seltsam. Aber eigentlich auch verständlich. Dem Highlord schien dieses Thema nicht nur unangenehm zu sein, sondern auch Schmerzen zu bereiten. Daher wies er es immer wieder von sich.

»Was habt Ihr heute geplant, Mistress?«, wollte Lilitha leise wissen. Ihre Gedanken waren schon wieder dabei abzuschweifen und sie wollte versuchen, diese im Hier und Jetzt bei Chiana zu belassen.




»Ich weiß nicht«, gestand die Schwarzhaarige schulterzuckend und ließ sich vor ihrem Schminktisch nieder, auf dem auch der Armreif lag, den der Highlord ihr geschenkt hatte.

Langsam griff sie danach und rieb mit dem Daumen über den leuchtenden Rubin. »Ich hatte gehofft, dass mich der Highlord mit zur Audienz nimmt. Doch, das ist wohl eher unwahrscheinlich«, erklärte sie und legte das Schmuckstück zurück in sein Kästchen.

Lilitha öffnete Chianas Haarknoten, damit sie die Haare trocknen und frisieren konnte.

»So eine Audienz ist sicherlich keine leichte Angelegenheit«, murmelte sie und erinnerte sich wieder zurück an den gestrigen Abend und daran, was der Highlord ihr gesagt hatte. »Vielleicht möchte er Euch und die anderen nicht solchen Strapazen aussetzen?«

Chiana nickte ein wenig abwesend.

»Er hat mich früher einige Male mitgenommen, jedoch eher, weil ihm langweilig war. Jedes Mal war er immer kurz davor einen Wutausbruch zu bekommen«, kicherte sie leise bei dieser Erinnerung und sah durch den Spiegel hinweg zu Lilitha. »Er ist nicht sonderlich geduldig, wenn ihm langweilig ist oder er gestresst ist.«

Diese Erklärung verblüffte sie. Hatte er nicht gesagt, dass er seine Haremsfrauen diesem nicht aussetzen wollte? Interessant, dass er dennoch Chiana mitgenommen hatte.

»Ich kann mir vorstellen, dass er häufig gestresst ist.«

Abwesend griff Chiana zu den kleinen Glasflaschen, die ihre Parfüms enthielten und roch an jedem, während sie langsam nickte.

»Ja, häufig, aber nicht immer«, verbesserte sie sich selbst nochmals. »Ich denke, er hat sich in den letzten Jahren verändert. Zu der Zeit, bevor ich seine Favoritin war, hat er sehr oft Zeit mit mir verbracht. Na ja, mit mir und mit seiner damaligen Favoritin«, ergänzte sie ein wenig widerwillig.

»Ich kann mir vorstellen, dass das Leben eines Herrschers nicht sonderlich leicht ist. Vielleicht ist es ihm zu eintönig? Immerhin ist er ja ständig hier im Palast. Vielleicht solltet Ihr einmal etwas tun, was Ihr vorher nicht getan habt? Damit er sieht, dass Ihr sehr interessant seid?«, wollte Lilitha leise wissen und bürstete Chianas schwarze Haare mit einer Geduld, die selbst Chiana auffiel.

»Ich wüsste nicht was«, gestand die Hexe und ließ eines der Fläschchen vor ihr stehen, welches sie wohl heute tragen wollte. »Ich bin direkt zu den roten Halsbändern gekommen«, fügte sie ein wenig widerwillig hinzu, als wäre sie schon damals für nichts Besseres zu gebrauchen gewesen.




Lilitha grübelte ein wenig.

Ob er mit Chiana auch schon mal außerhalb der Mauern gewesen war?

»Ich bin mir sicher, dass Ihr noch andere Talente habt, Mistress«, meinte Lilitha und hoffte, dass dieser vielleicht etwas einfallen würde. »Ich denke Favoritin zu sein, bedeutet, dass man ihn nicht nur im Bett unterhalten kann, sondern auch ein angenehmer Gesprächspartner ist, mit dem man seine Zeit verbringen möchte«, murmelte sie und begann damit Chianas Haare zu einer aufwändigen Frisur zu stecken.

»Hm«, machte diese nachdenklich und senkte die Lider ein wenig. »Ich war schon immer sehr begabt in Sachen Magie«, gestand sie, doch sie schien mit der Antwort selbst nicht wirklich zufrieden zu sein. »Das könnte jedoch eher sein Misstrauen wecken. Und ich denke nicht, dass ich mich damit beliebter machen könnte. Ich habe eher darauf gesetzt, dass ich die Erste sein würde, die ihm einen Sohn schenkt, doch dazu müsste er mich erstmal wieder in seine Nähe lassen.«

Lilitha hielt in ihrer Bewegung inne, ehe sie leise meinte: »Ich kenne mich mit Kräutern und Tränken aus. Es gibt einige Tränke, die dafür sorgen, dass eine Empfängnis wahrscheinlicher wird.«

Chiana schlug die Augen auf und blickte durch den Spiegel zu Lilitha, die hinter ihr stand. 

»Und das funktioniert?«, fragte sie ein wenig skeptisch und zog eine ihrer dunklen, geschwungenen Brauen in die Höhe.

»Es erhöht nur die Chance. Es kann nicht garantieren, dass dabei ein Junge entsteht«, murmelte die Rothaarige leise und senkte den Blick. »Und Vampire sind generell nicht sonderlich fruchtbar. Meine Eltern erzählten mir, dass sie über hundert Jahre lang auf mich gewartet haben, obwohl sie es jeden Abend versuchten«, gestand sie leise und schüchtern.

Ihre Hände dabei immer bei der Arbeit.

Chiana schluckte ein wenig unsicher und holte zögerlich Luft.

»Mir ist bekannt, dass es schwer bei Vampiren ist ein Kind zu bekommen. Aber hundert Jahre sind doch eine recht lange Zeit«, murmelte sie abwesend und griff erneut nach dem goldenen Armreif. »Was bräuchtest du denn dafür?«, fragte sie, als wolle sie es nur aus Neugier wissen. Doch man musste kein Genie sein, um zu merken, dass sie es durchaus in Erwägung zog.

»Es gibt mehrere Möglichkeiten. Es gibt Fruchtbarkeitsmassagen, bei denen man durch eine Massage die Empfängniswahrscheinlichkeit steigert. Klappt bei Männern und Frauen. Es gibt Tränke, welche ähnliche Wirkungen haben. Beides zusammen könnte allerdings zu einer sehr aphrodisierenden Wirkung führen«, murmelte Lilitha unsicher. »Im Grunde habe ich alles, was ich bräuchte hier«, fügte sie hinzu. Das stimmte zwar nicht ganz, aber durch ihre Gabe würde sie auch an die Zutaten gelangen können, die sie noch nicht hatte. Viele Kräuter, die sie brauchte, wurden zum Verfeinern der Mahlzeiten benutzt.




»Aphrodisierend«, wiederholte Chiana langsam und schien nachzudenken. Ein Ton der Lilitha ein wenig Gänsehaut bereitete. Als würde sie bereits Pläne machen, ohne dass Lilitha überhaupt angefangen hatte. »Heißt das … du könntest dem Highlord ebenfalls dieses Mittel verabreichen?«, fragte sie neugierig und versuchte stillzuhalten, damit Lilitha nicht in ihrer Arbeit unterbrochen wurde.

Diese schluckte. »Ja, das könnte ich. Aber ich würde vorher gern sichergehen, dass es auch wirklich die richtige Wirkung hat. Ich möchte nicht, dass etwas dabei schiefgeht«, flüsterte sie. »Wenn Ihr das wirklich wollt, würde ich um ein paar Tage Zeit bitten, damit ich testen kann, ob die Kräuter, die ich hier zur Verfügung habe, nicht doch die Wirkung verfälschen.«

Chiana lächelte und schüttelte den Kopf leicht.

»Nein, nicht nötig. Das wäre wohl doch eine sehr drastische Maßnahme«, wehrte sie ab, doch Lilitha sah ihr an, dass sie den Vorschlag nicht vollkommen aus ihren Gedanken gestrichen hatte.

»Da habt Ihr Recht, Mistress«, stimmte Lilitha zu und war ein wenig erleichtert. Sie wollte den Highlord nicht durch solche Mittelchen zwingen. Doch es würde ihm zugutekommen, oder?

Lilitha war sich nicht ganz sicher.

»Verzeiht die unhöfliche Frage, Mistress. Aber wie alt können Wesen Eurer Rasse eigentlich werden?«, fragte Lilitha zögerlich. Sie war sich nicht ganz sicher, was Chiana war, auch wenn sie es schon mehrere Male angedeutet hatte.

»Hexen werden im Durchschnitt bis zu tausend Jahre alt«, antwortete sie leichthin und streifte sich den Armreif über die Hand, hoch auf den Oberarm, wo er fest sitzen blieb.

Lilitha verkniff sich die Reaktion darauf.

Das war, im Vergleich zu Vampiren, kein wirkliches Alter. Kein Wunder, dass Chiana so auf die hundert Jahre reagiert hatte. Für sie war das immerhin ein recht großer Teil ihrer Lebensspanne.

Aber wenn man die Meerjungfrauen und Sirenen betrachtete, war es eigentlich ein ziemlich hohes Alter.

»Vielen Dank für die Antwort«, murmelte Lilitha und steckte die letzten Strähnen fest.

Chiana lächelte sanft und nickte ihrer Kammerzofe dankend zu, als sich diese zu ihr umdrehte und aufstand, damit Lilitha sie einkleiden konnte.

»Nicht sonderlich viel im Gegensatz zu einem Vampir, ich weiß. Womöglich hat der Highlord deswegen kein Interesse an mir. Weil unsere Beziehung nicht lange halten würde«, dachte sie laut.




»Nein, das glaube ich nicht. Mir schien der Highlord niemand zu sein, der auf so etwas achtet«, murmelte Lilitha, während sie Chiana den Morgenmantel auszog und sie in die restlichen Kleider hüllte.

Die Haremsdame lächelte ein wenig traurig und hob kurz die Arme, damit Lilitha ihr das Kleid hochziehen konnte.

»Vielleicht nicht. Aber wenn man heiratet, will man sicherlich längere Zeit mit jemandem verbringen, als nur ein paar Jahrhunderte«, sagte diese traurig und steckte ihre Arme durch die Träger, die Lilitha ihr entgegenhielt.

»Ich denke nicht, dass der Highlord jemals heiraten wird«, gestand die Rothaarige leise und richtete das Kleid. »Ich denke, dabei ist es egal, ob die Frau länger oder kürzer lebt als er.«

Chianas violetter Blick hob sich augenblicklich vom Boden und musterte Lilitha eine Weile.

»Vermutlich«, stimmte sie ihr leise zu und drehte sich um, damit Lilitha das Kleid zuknöpfen konnte. »Bist du zufrieden mit deiner Stellung?«, fragte sie nun nach einer Phase der Stille, in der Lilitha den letzten Feinschliff anlegte.

»Macht hat mich nie interessiert. Ich wollte immer nur anderen helfen. Das liegt bei uns in der Familie. Lediglich die Tatsache, dass man mit mir umspringen kann wie man möchte, stört mich etwas«, gestand sie leise, während sie das Kleid noch ein wenig glättete. »Aber meine Eltern haben den Highlord und dessen Vater verehrt. Es ist mir also eine Ehre, ihm dienen zu dürfen.«

Chiana lachte ein wenig belustigt, was Lilitha zwar wunderte, doch sie schwieg.

»Der Haremstanz steht bald vor der Tür. In ungefähr einem Monat bekommen alle Frauen die Gelegenheit, sich auf einem neuen Gebiet zu behaupten. Sie werben um neue Titel, was für mich heißt, meinen Titel zu verteidigen«, erklärte sie und begutachtete ihre fertige Erscheinung im Spiegel.

»Der Haremstanz? Ist das dieses Fest, von dem alle reden?«, wollte Lilitha neugierig wissen und holte eine Brosche aus dem Kästchen, die perfekt zu Chianas Kleid passte.

So langsam kam sie dahinter, was von ihr erwartet wurde und was nicht.

»Sie lästern wohl eher, als dass sie darüber reden«, korrigierte sie die Rothaarige und ließ sie die Brosche befestigen. »Aber ja. Es ist eine Gelegenheit dem Highlord nahe zu sein, auch wenn man es sonst nicht ist«, erläuterte sie und rückte ihre Träger zurecht.




»Da habt Ihr wohl recht«, murmelte Lilitha und räumte die Sachen zurück. »Ich hatte mir überlegt, ob ich vielleicht den Tanz meiner Familie vorführe, aber ich bin nicht gut darin. Meine Bewegungen sind zu unbeholfen und ich bin noch zu jung. Aber ich würde ihm gern mit irgendwas eine Freude bereiten.«

Mit einem schiefen Lächeln wandte sich die Schwarzhaarige zu ihr um und sah mit violetten Augen zu ihr herab.

»Ich wünschte, ich könnte dir sagen, was ihm Freude bereitet. Bei einem Vampir sollte man eigentlich meinen, dass er im Bett das meiste Vergnügen haben sollte«, seufzte sie und trat einen Schritt zurück. »Aber anscheinend ist dem nicht so. Bring mir meinen Mantel und zieh dir auch einen an. Wir gehen ein wenig raus.«

»Sehr wohl, Mistress«, sagte Lilitha ruhig und eilte von dannen, um den Mantel für Chiana zu holen und sich selbst einen überzuwerfen.

Normalerweise hätte sie auf einen Mantel verzichtet, doch es wurde bald Winter und daher immer kühler.

Als Vampir konnte sie zwar nicht krank werden, aber Kälte tat ihr dennoch nicht gut.

Chiana nahm den weißen Mantel entgegen und wickelte sich den warmen Stoff um die Schultern.

»Du bist doch auch ein Vampir. Verspürst du keine unbändige Lust? Ich dachte immer, dass Vampire ihren Trieben unterliegen?«, fragte sie unverfroren, als wäre es wichtig, so etwas zu wissen.

Lilitha wurde bei dieser direkten Frage ein wenig verlegen, folgte Chiana aber dennoch durch die leeren Flure nach draußen in die Gärten.

Die meisten Frauen würden, aufgrund der kommenden Kälte, vermutlich die meiste Zeit im Hamam verbringen.

Der Hamam war durch seinen Nebel und die Wärme des Wassers ein guter Platz. Oder auch die Kamine in den Salons.

»Das ist ein Irrglaube. Vampire haben nur einen Trieb, dem sie unterliegen können. Der nach Blut. Doch die meisten haben diesen gut im Griff. Was wichtig ist, sonst würde der Palast in Blut ertrinken«, erklärte Lilitha langsam, während sie die Bäume beobachtete.

Sanft segelten einige verfärbte Blätter hinab und bedeckten langsam den Boden.

Es waren einige Dienerinnen unterwegs, welche die Blätter zusammenfegten.

»Ja, das auch. Aber viele sagen, dass Vampire sehr dazu neigen, sich im Sex zu verlieren. Ebenso wie Dunkelelfen, wobei ich gehört habe, dass es bei ihnen noch schlimmer sein soll. Darum frage ich dich, ob es bei dir so ist. Bei Mylord scheint es schließlich definitiv nicht der Fall zu sein, obwohl er schon lange geschlechtsreif ist«, sagte sie, wobei sie sich wieder auf ihre erste Frage bezog. Dabei blickte sie Lilitha an, als würde sie auf eine Antwort bestehen.




Wieso war ihr das so wichtig?

Hatte Chiana etwa Angst davor, dass Lilitha und der Herrscher durch eine potentielle Gemeinsamkeit aufgrund von Gelüsten einen Weg zueinander finden würden?

Jedenfalls klang es danach.

»Das kann ich Euch leider nicht sagen, Mistress. Ich bin noch nicht geschlechtsreif. Bisher verspüre ich nicht einmal Interesse am anderen Geschlecht«, sagte sie ehrlich. Was sollte sie auch sonst sagen? Immerhin war sie noch Jungfrau und wollte es auch gern noch eine Weile bleiben. Dass sie bei der Frage jedoch unweigerlich an den Highlord im Bad denken musste und dadurch ein Kribbeln spürte, verdrängte sie.

»Und am gleichen?«, fragte sie nun, doch lachte gleich wieder, um Lilitha zu symbolisieren, dass sie nicht antworten musste. »Aber du bist doch gar nicht so jung. Du kannst mir nicht erzählen, dass dich noch nie etwas erregt hat«, wägte Chiana ab und schien wirklich davon überzeugt. Für sie war es gar nicht vorstellbar, dass Lilitha das Unschuldslamm war, was sie vorgab zu sein.

Lilitha überlegte kurz, während sie einem Blatt dabei zusah, wie es vom Wind getragen wurde. »Nein. Bisher hat mich wirklich nichts erregt. Vampire kommen nicht alle zur selben Zeit in die Geschlechtsreife. Bei einigen passiert es früher, bei anderen später. Und ich rede hier nicht von Monaten, sondern von bis zu fünfzig Jahren.«

»Vielleicht ist Mylord ja auch noch nicht geschlechtsreif«, schlug Chiana ironisch vor, lachte jedoch gleich abwegig, als wäre sie davon überzeugt, dass das nicht der Fall sein konnte.

»So jung ist er doch gar nicht mehr«, meinte Lilitha nun, doch es klang eher wie eine Frage.

Sie wusste gar nicht, wie alt er eigentlich war.

»Nein, das ist er auch nicht«, kicherte Chiana, als ihr Blick plötzlich nachdenklich auf Lilitha lag. »Soll das heißen, du hast noch nie …«, setzte sie an und hob verheißungsvoll die Brauen.

Lilitha schüttelte den Kopf. »Nein. Ich bin noch nicht einmal volljährig. Unter Vampiren ist es streng verboten, Kinder unter der Volljährigkeit auch nur lüstern anzusehen. Gerade Frauen können durch einen unbedachten Liebesakt ihre Fähigkeiten verlieren, oder daran sterben. Unsere Körper funktionieren anders, solange wir noch Kinder sind«, erklärte Lilitha und zuckte die Schultern. »Darum verspüren wir auch keinerlei Interesse. Es ist ein Selbstschutz.«




Nun runzelte die Hexe die Stirn und wandte ihren Blick wieder geradeaus.

»Wie alt bist du denn?«, fragte sie und wunderte sich, wieso sie das nicht bereits wusste. Lilitha war schließlich schon seit ungefähr einem Monat bei ihr und sie wusste so gut wie nichts über sie.

»Ich werde diesen Winter hundert Jahre und damit volljährig«, erklärte sie und klang stolz darauf. Vor allem, weil sie es geschafft hatte auf der Straße zu überleben, obwohl Vampirkinder unter hundert Jahren noch sehr empfindlich waren. Teilweise sogar empfindlicher als Menschenkinder. Erst mit hundert setzten die Entwicklungen ein, die ihr die natürliche Robustheit und Schnelligkeit der Vampire verliehen. Aber das war ein Prozess, der ebenfalls recht unterschiedlich verlief.

Einige Vampire durchliefen diesen Prozess während ihres fünfundneunzigsten bis zu ihrem hundertsten Lebensjahr und bei anderen setzte dieser Prozess erst mit hundert ein. Auch wenn das die wenigsten waren. Daher galt ein Vampir mit hundert Jahren als volljährig. Es war einfach der Mittelwert. Trotzdem brauchten einige wenige Vampire sogar bis sie hundertfünfzig waren.

Lilitha wusste nicht, ob sie eine von ihnen war, doch sie zog es vor, die Sache so schnell wie möglich hinter sich zu bringen.

Sie wollte nicht mehr das verletzliche Kind sein, das um Essen betteln musste.

»Und dieser Reifeprozess hat bei dir noch nicht eingesetzt?«, fragte Chiana nun expliziter nach und schielte ein wenig verstohlen zu Lilitha.

Diese ließ die Schultern hängen und wirkte wie ein getretener Hund. »Nein«, sagte sie gequält. »Oder zumindest merke ich davon nichts. Ich bin noch immer so tollpatschig wie immer und wenn man mich schlägt, bekomme ich blaue Flecken. Es hat sich also nichts geändert.«

Kaum hörbar atmete Chiana erleichtert aus und schloss kurz die Augen.

»Sieh es mal so, solange du ein Kind bist, hast du es doch viel einfacher. Du stehst beim Highlord doch quasi schon im Mutterschutz«, lachte sie amüsiert und hielt an, um an einer hübschen, vollblütigen Rose zu schnuppern. Eine Blüte, die zu dieser Jahreszeit zwar selten anzutreffen war, doch erkannte sie, dass es sich dabei um eine Frostrose handelte. Eine besondere Unterart der Rosen, welche erst Anfang Winter seine dunkelblauen Blütenblätter zu entfalten begann. Sie war wunderschön und Lilitha faszinierte diese Laune der Natur. Daher blieb sie ebenfalls gerne stehen und besah sich den Strauch.




»Es ist wohl eher Welpenschutz«, murmelte Lilitha zu sich selbst und betrachtete gedankenverloren die Rose.

Der Strauch war erstaunlich gut gepflegt.

»So oder so bist du geschützt und noch dazu wird er dich nicht zu sich ins Bett holen«, fügte Chiana hinzu und schloss lächelnd die Augen, um den Geruch in sich aufzunehmen.

Daher wehte also der Wind …

Chiana befürchtete, der Highlord würde sie zu sich holen. Vermutlich zu Fortpflanzungszwecken, weil sie beide Vampire waren. »Willst du meinen Rat?«, fragte die Schwarzhaarige nun und richtete sich wieder auf, um Lilitha anzusehen.

Die Rothaarige hob den Kopf und legte ihn ein wenig schief, während sie Chiana musternd anblickte. »Sehr gern«, sagte diese leise. Sie war wirklich neugierig, was jetzt kommen würde.

Die Hexe deutete den Anflug eines Lächelns an, doch ihr Gesicht blieb trotzdem überraschend ernst.

»Sag niemandem, dass du reif bist. Sollte der Fall eintreten, leugne alles und denk am besten nicht mal an die Wahrheit. Besonders nicht, wenn Mylord dich darauf anspricht«, erklärte sie und sah Lilitha eindringlich in die Augen.

»Glaubt Ihr wirklich, Mylord könnte Interesse an jemandem wie mir haben?«, fragte Lilitha und klang ungläubig. »Das kann ich mir nicht vorstellen«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Aber ich werde Mylord nicht belügen, wenn er mich fragt.«

Chiana zuckte die Schultern und schlenderte langsam weiter den Weg entlang.

»Vielleicht weniger an dir als an deiner Rasse. Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, was für einen Typ er genau bevorzugt. Meinem Erachten nach ist er eher an erfahrenen Frauen interessiert. Du dagegen bist doch recht unschuldig«, versuchte sie zu vergleichen, doch selbst Lilitha merkte, dass sie sich recht unsicher war. »Du musst ihn ja nicht belügen, verheimliche es ihm einfach. Dreh die Wahrheit so, dass sie noch der Wahrheit entspricht.«

»Wenn er mich direkt darauf anspricht, wird es keine Möglichkeit geben, es zu verheimlichen«, erklärte Lilitha. »Aber das würde er wohl sowieso nicht machen. Warum sollte er auch? Ich werde es einfach niemandem erzählen. Ich habe außerdem kein Interesse, sein Bett zu wärmen, oder sein Kind auszutragen. Ich bin selbst noch ein Kind«, murmelte Lilitha leise und strich sich eine Strähne hinter ihr Ohr. Irgendwie machte sie diese Aussage ein wenig nervös, doch sie wusste nicht ganz wieso. War sie das denn noch? Sie wollte, dass es der Wahrheit entsprach, aber oft genug, sprach ihr Unterbewusstsein eine andere Sprache.




»Es geht hier weder um Liebe noch um Wollen, Lilitha. Und damit du zu nichts gezwungen bist, was du nicht willst, sag es ihm nicht«, erklärte sie und griff im Laufen nach ihrer Hand, um diese zu drücken. »Vertrau mir«, beharrte sie und musterte Lilitha besorgt.

Lilitha wurde ein wenig blass. »Glaubt Ihr wirklich, er würde mich zu sich holen, auch wenn ich nein sage?«, fragte sie und ihre Stimme spiegelte Entsetzen wider. War er wirklich so jemand? Das konnte sie sich gar nicht vorstellen.

»Eigentlich nicht. Nein. Aber andererseits bist du ein Vampir, genau wie er. Ich denke, er würde andere Wege finden, um dich zu überzeugen«, meinte sie und achtete unauffällig auf Lilithas Mimik.

Diese wirkte erschüttert und unruhig. »Denkt Ihr, er würde mich zwingen? Oder versuchen, mich zu manipulieren?«

Irgendwie wollte sie das gar nicht glauben. Aber andererseits war es sicherlich sein Ziel einen Erben zu bekommen und mit einer Vampirfrau wäre das wohl am sinnvollsten. Auch wenn es länger dauerte. Zumindest war das Kind dann auch ein reiner Vampir.

Chiana lachte und strich über Lilithas Schulter, um diese zu besänftigen.

»Jetzt beruhig dich mal wieder«, lächelte Chiana, die scheinbar über Lilithas Reaktion überrascht war. »Wenn du meinen Rat befolgst, wirst du es gar nicht erst herausfinden müssen«, erinnerte sie die Hexe und hoffte Lilitha zu überzeugen.

»Ja, da habt Ihr Recht. Aber ich werde es nicht ewig mit Ausreden verstecken können«, murmelte sie kleinlaut, immer noch sehr unschlüssig und auch ein wenig ängstlich.

»Deswegen solltest du deinen Welpenschutz solange genießen, wie man ihn dir glaubt«, erklärte Chiana als sollte das offensichtlich sein.

»Ich hoffe, das wird noch sehr lange der Fall sein«, wisperte Lilitha und senkte nachdenklich den Blick.

Nun war ihr Kopf nicht mehr nur voll mit dem Problem ihrer Gabe. Jetzt malte sie sich auch noch aus, wie der Highlord sie vielleicht bedrängte. Na wunderbar.

»Glaubt Ihr, ich sollte den Tanz vorführen, damit ich zu den grünen Halsbändern komme und mich um die Unterhaltung kümmern kann? Dann wäre es sicher unwahrscheinlich, dass er mich zu sich holt, oder?«, fragte Lilitha unsicher. Sie war sich noch nicht so ganz bewusst, wie das System nun funktionierte.




Chiana lachte erneut und drehte langsam wieder um, um zurück zum Harem zu laufen.

»Möglich. Vielleicht bemerkt er aber auch, dass du gar nicht so klein bist, wie du aussiehst«, mahnte Chiana die Rothaarige dezent. »Die Favoritin vor mir ist jetzt auch bei den Unterhaltern oder besser gesagt, war es auch davor schon. Sie ist direkt von grün auf weiß gesprungen. Wenn er an jemandem Gefallen findet, interessiert ihn auch nicht die Farbe des Halsbandes«, erklärte sie und zog den Mantel fester um sich. »Was ist das denn für ein Tanz?«

»Bei Vampiren ist es üblich, dass es Familientänze gibt, welche den Clan repräsentieren. Ich habe den Tanz von meiner Mutter gelernt«, erklärte Lilitha. »Wenn Ihr wollt, kann ich ihn Euch zeigen, aber ich bin nicht sehr gut darin«, fügte sie hinzu und folgte Chiana weiterhin langsam.

»Ich würde mich freuen, wenn du ihn mir zeigst«, gestand Chiana lächelnd und sah zu Lilitha, die ein wenig nervös mit ihren Fingern rang.

Diese Vorstellungen über den Highlord machten alles nur noch schlimmer. Ein grausamer Gedanke jagte den nächsten.

»Sehr gern. Soll ich ihn Euch in Euren Gemächern vorführen?«, fragte sie und hoffte auf ein wenig Schutz. Auf einmal fühlte sie sich hier draußen beobachtet, wie Beute auf dem Präsentierteller. Kein angenehmes Gefühl.

»Ja, das wäre wohl besser«, stimmte Chiana ihr zu und steuerte ihre Räume an, als sie beide auch schon den Harem wieder betraten.

Noch immer fühlte sich Lilitha nicht wohl, da sie Blicke auf sich spürte. Aber wenn sie sich verstohlen umsah, konnte sie niemanden bemerken.

Erst als sie Chianas Räumlichkeiten betrat, wurde es besser.

Die Schwarzhaarige legte den Mantel ab und faltete ihn ordentlich, um ihn auf einem Hocker zu platzieren.

»Also? Ich bin gespannt«, erklärte sie neugierig und setzte sich an den Bettrand, um Lilitha genug Raum zu geben.

Diese legte ebenfalls ihren Mantel ab, ehe sie den freien Platz nutzte und versuchte sich zu konzentrieren.

Ihre Bewegungen waren dennoch ruckartig und wenig fließend, sodass der Tanz nicht seine eigentliche Wirkung erzielte.

Es war ein Tanz, der die Natur ehren sollte, doch so wie Chiana lächelte, sah Lilitha wohl eher aus wie ein betrunkenes Huhn.




Selbst hier drinnen auf ebenem Grund und mit hochgekrempelten Hosenbeinen landete Lilitha nicht nur einmal auf dem Boden.

Sie errötete ein wenig, weil es ihr peinlich war, vor Chianas Augen so zu versagen.

Als Lilitha wieder einen Ausfall vermasselte und sich den schmerzenden Hinterkopf rieb, ging Chiana auf sie zu, um sich neben sie zu hocken und ihr die Hand zu reichen.

»Vielleicht solltest du das mit dem Tanz lieber lassen«, riet ihr Chiana mit einem entschuldigenden Lächeln.

»Ja, vielleicht«, murmelte Lilitha, konnte sich aber noch daran erinnern, dass der Highlord sie nach dem Tanz gefragt hatte. Was sollte sie tun, wenn dieser ihn erwartete? »Oder ich führe ihn auf und zeige allen so, dass ich noch immer Welpenschutz brauche«, murmelte sie, auch wenn sich Lilitha sicher war, dass ihr das Ganze sehr peinlich werden würde.

Chiana lächelte zufrieden und half Lilitha wieder auf die Beine.

»Jetzt hast du es verstanden«, stimmte Chiana ihr zufrieden zu.

Lilitha schien endlich verstanden zu haben, dass sie diesen Welpenschutz, solange es ihr möglich war, ausnutzen musste.

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