Kapitel 22

Blinzelnd, weil ihm die Sonne ins Gesicht schien, öffnete der Highlord die Augen

Blinzelnd, weil ihm die Sonne ins Gesicht schien, öffnete der Highlord die Augen. Er fühlte sich entspannt und erholt. Besser, als die letzten Wochen, sogar Monate, nach einer Audienz.

Vermutlich hätte er aufstehen und Sergej nach den heutigen Plänen fragen sollen. Wenn er Glück hatte, würde er heute freihaben und wieder in die Stadt gehen können. Auch wenn das eher unwahrscheinlich war. Dennoch blieb er, anstatt aufzustehen, weiter in die weiche Decke eingewickelt und zog Chiana dichter zu sich.

Chiana … nein, er war sich sicher, sie gestern verabschiedet zu haben, bevor …

Ein wenig verschlafen rieb er sich über die braunen Augen und entdeckte kirschrotes Haar neben sich.

Er blinzelte, als er die blasse Haut entdeckte und das feine Gesicht, das noch immer eine kindliche Rundung aufwies, aber schon zeigte, was für eine schöne Frau sich bald aus ihr entwickeln würde.

Noch verschlafen versuchte der Highlord zu rekonstruieren, was gestern passiert war und warum er Lilitha hier in seinem Bett und in seinen Armen hielt.

Er war weder betrunken gewesen, noch hatte er andere Rauschmittel genommen.

Vermutlich war es einfach die Erschöpfung gewesen, die ihn so umgehauen hatte. Aber er hatte doch nicht Lilitha … nein, sie war noch zu unerfahren. Auch wenn sie nicht mehr wirklich so aussah. Doch ihren Gedanken zufolge schien sie sich eher vor ihm zu fürchten, als ihn zu begehren, wie es sonst bei anderen der Fall war.

Flüchtig blickte er an ihr herab, doch zu seinem Erleichtern war sie noch voll bekleidet. In der grausamen Uniform, die Chiana ihr verschrieben hatte.

Chiana hatte bisher immer einen sehr guten Geschmack an den Tag gelegt, doch in diesem Falle schien sie es absichtlich nicht getan zu haben.

Wahrscheinlich, weil ihr letztes Dienstmädchen ihm zu nahe getreten war. Es war schön gewesen, aber leider viel zu aufdringlich.

Lilitha hingegen hatte etwas an sich, das seine Beschützerinstinkte weckte. Eine Abwechslung in diesem doch recht tristen Alltag seines Zuhauses.

Sie verkörperte alles, was hier nicht reinpasste. Vielleicht war es ja das, was sie so erfrischend und neu wirken ließ?

Er verstand nicht einmal, wieso Lilitha hier so zufrieden war, besonders mit ihrer Stellung. Vielleicht hätte er sie einfach in der Stadt lassen und Chiana ein neues Kammermädchen besorgen sollen. Allerdings wollte er Lilitha auch nicht irgendwo aussetzen. Diese konnte ja scheinbar nirgendwohin.




Im Harem war sie wenigstens sicher … zum Teil.

Vermutlich hatte er sowieso schon die Aufmerksamkeit der anderen Frauen auf sie gelenkt, weil er sie ständig zu sich rief. Ein Teufelskreis, den Lilitha ausbaden musste.

Es war leider sehr wahrscheinlich, dass die Frauen glaubten, dass er Interesse an ihr hatte. Was auch der Fall war, nur eben nicht so, wie diese wohl annahmen. Oder vielleicht doch?

Er wusste es nicht mit Sicherheit.

Sie war unglaublich gut darin, ihn zu massieren und ihre Gabe war dafür wirklich perfekt. Außerdem schien sie Spaß daran zu haben, sich um andere zu kümmern. Eine sehr seltene Eigenschaft. Gerade unter Vampiren.

Ein wirklich außergewöhnliches Mädchen. Nur nicht wirklich sein Typ.

Wobei er bisher auch nur einen Typ kannte. Er hatte selten eine Frau im Harem gesehen, die sich ihm verweigert hatte oder einfach nur neutral ihm gegenüber war. Sie schienen alle schon genau zu wissen, was sie wollten und auch die Wege zu kennen, wie sie diese Ziele erreichen konnten.

Würde er diese Ziele nicht kennen, wäre hier vermutlich bereits alles in Anarchie ausgebrochen.

Vielleicht war das auch der Grund, warum er Lilitha für eine interessante Begleitung hielt.

Sie war anders und neu. Ein neues, interessantes Spielzeug, das mit Sicherheit auch irgendwann nicht mehr interessant und neu sein würde.

Doch der Highlord hatte gelernt, dass es wichtig war, neue Eindrücke zu sammeln und vor allem zu schätzen.

Wenn man so alt werden konnte, wie Vampire, lief man schnell Gefahr abzustumpfen und nur noch Gefallen in Extremen zu finden.

Das passierte leider häufiger, als es der Fall sein sollte.

Lilitha schien immer noch zu schlafen, was merkwürdig war, denn ihr Arbeitstag hätte schon längst anfangen sollen. Hoffentlich würde Chiana nicht nach ihr suchen. Sie schien nicht mehr ganz so abgeneigt von der Vampirin zu sein und er wollte es auch nicht wieder heraufbeschwören.

Er schluckte ein wenig überrascht über sich selbst, als ihm auffiel, dass er Lilitha schon eine ganze Weile beobachtet hatte. Ihr Brustkorb hob und senkte sich gleichmäßig und ihre langen Wimpern schützten ihre geschlossenen Augen. Vorsichtig strich er ihr eine rote Strähne aus dem Gesicht, die sich aus ihrem, inzwischen unordentlichen, Haarknoten verirrt hatte.




Diese Geste sorgte dafür, dass sich die Lippen der Rothaarigen ein wenig bewegten. Sie öffnete leicht den Mund, den sie vorher geschlossen hatte und ihre Augenlider begannen sich zu bewegen, ehe sie sich ein Stück drehte, als wolle sie sich von dem Licht wegdrehen.

»Hm«, gab sie leise murmelnd von sich, als sie ihren Kopf gegen seine Brust schmiegte.

Wahrscheinlich versuchte sie sich vor dem angebrochenen Morgen zu verstecken.

Er schmunzelte bei dieser niedlichen Geste, die allerdings in Anbetracht der Tatsachen wohl doch recht unangebracht war.

Etwas, was ihn inzwischen nicht mehr interessierte.

Was war unangebracht, was erlaubt … ermüdend und irrelevant.

Er fiel schließlich nicht über sie her und riss ihr die Klamotten vom Leib. Und so lange er es ihr gestattete, durfte sie tun, was sie wollte.

Also rutschte er ein wenig dichter an sie heran, um sie an sich zu ziehen und ihr Gesicht vor dem Licht zu schützen.

Entspannt schloss er die Augen und genoss die Morgenruhe. Ein wenig Schlaf würde ihr und auch ihm guttun. Auch wenn er sich sicher war, dass er jetzt nicht mehr einschlafen konnte.

Dazu war er sich zu deutlich dem kleinen, faszinierenden Geschöpf in seinen Armen bewusst, das jetzt munter zu werden schien, denn ihr Herzschlag änderte sich und auch ihr Atem ging anders.

Er spürte durch ihre langen Wimpern, wie sie die Augen aufschlug und ihr kurz der Atem stockte. Doch sie bewegte sich nicht.

Er schmunzelte amüsiert, als er ihre Reaktion bemerkte. Sie schien wirklich mehr als unbeholfen und überfordert mit der Situation zu sein.

Sie gab sich stets Mühe, alle Regeln zu befolgen und sich keinen Fehltritt zu leisten.

Vermutlich dachte sie jetzt schon wieder, er würde sie köpfen lassen, nur weil sie hier lag.

An sich würde er es unterhaltsam finden, zu sehen, wie sie reagieren würde, wenn er so tat, als würde er schlafen. Doch die Wahrscheinlichkeit war sehr hoch, dass sie einfach so liegen bleiben würde, bis er aufwachte.

Lilitha gab ein Seufzen von sich und schmiegte sich noch mehr an die Wärmequelle. Warum auch nicht? Sie lagen nun einmal hier und daran konnte sie jetzt ohnehin nichts mehr ändern. Warum es nicht einfach genießen?

Ein wenig überrascht über diese Reaktion, holte der Highlord tief Luft und spielte mit dem Gedanken, einen Blick in ihre Gedanken zu werfen.




Bis jetzt hatte er dort nur Ängste gesehen, doch nun wirkte sie nicht mehr so zurückhaltend und paranoid.

Er glaubte nicht daran, dass sie schon ihren Reifeprozess überwunden hatte … oder vielleicht doch? Der Winter würde bald beginnen und sie sagte bereits, dass es im Winter so weit sein würde.

Er war einfach zu neugierig, um diese Tür geschlossen zu lassen und konzentrierte sich darum auf Lilithas Geist.

Das Erste, was er bemerkte, war die Tatsache, dass sie sich geborgen fühlte und es genoss, so dazuliegen. Ihr gingen zwar noch immer die Dinge durch den Kopf, welche die Frauen ihr gesagt hatten, doch es schien sie nicht zu interessieren. Zumindest im Moment nicht. Dennoch begann sie sich langsam Gedanken darüber zu machen, ob Chiana schon wach war und ob sie ihr Fehlen bemerkt hatte. Und ihre Gedanken kreisten darum, was von ihr erwartet wurde.

»Ich hoffe, dass dieser Welpenschutz noch eine Weile glaubhaft wirkt. Aber was, wenn das nicht klappt?«, hörte er ihre Stimme fast schon panisch und sie verspannte sich sichtlich in seinen Armen.

»Ich bin nicht bereit dazu. Aber ich werde ihm keinen Wunsch abschlagen können«, dachte sie zögerlich. »Ob es ein Mittel gibt, mit dem es mir möglich ist, meine Reife zu verzögern? Bestimmt. Man kann sie ja auch beschleunigen«, dachte sie und entspannte sich etwas. »Ich will kein Spielzeug sein.«

Spielzeug?

Wieso dachte sie überhaupt sowas von ihm?

So oder so schien sie nicht zu wollen, dass er ihr zu nahe trat. Was sich jedoch widersprach, da sie, obwohl sie wach war, seine Nähe gesucht hatte.

Vielleicht belog sie sich ja auch selbst.

Andererseits war das eher unwahrscheinlich. Sie schien zu wissen, was sie wollte und er war nichts davon. Das alles war wirklich sehr verwirrend.

Wenn sie ihn nicht wollte, warum lag sie dann hier? Sie konnte aufstehen.

Auch etwas, worüber sie nachdachte. Doch sie schien zu entspannt und müde. Nutzte ihn sogar als Ausrede, liegen bleiben zu können. Sie schien ein Morgenmuffel zu sein.

»Wenn du am Morgen gerne ausschläfst«, flüsterte der Blonde sanft. »Solltest du dich wirklich darum bemühen, ein grünes oder blaues Halsband zu ergattern«, riet er ihr.

Lilitha zuckte kurz und meinte dann müde: »Und mich noch mehr ins Schlangennest werfen? Schon als eigentlich unbedeutende Dienerin werde ich mit hineingezogen, obwohl ich es nicht will. Jetzt habe ich zumindest noch Mistress Chiana als Schutzschild.«




Der Highlord lachte leise, machte jedoch keinerlei Anstalten, sich von ihr zu lösen.

»Das wird Chiana bestimmt gefallen, so bezeichnet zu werden«, scherzte er und schlug die Augen ein wenig nieder, um den roten Haarschopf sehen zu können. »Die anderen Frauen werden dir nichts tun. Mach dir da keine Sorgen«, beschwichtigte er sie nun und schloss nochmal die Augen, um den Morgen zu verdrängen.

»Sie versuchen, mich für ihre Interessen zu manipulieren. Chiana möchte, dass ich für Euch möglichst uninteressant bleibe. Eine andere Frau versucht mich dazu zu überreden, das Interesse, das Ihr an mir habt, auszunutzen, damit ich Euer Bett wärmen kann. Sie will damit wahrscheinlich Chiana ärgern. Ich glaube nicht, dass das besser wird«, murmelte sie und versuchte nicht daran zu denken, mit wem sie sprach. Solange sie nicht daran dachte, dass er der Highlord war und solange er nicht so aussah, war es einfacher, unbeschwert mit ihm zu reden und sich nicht vor möglichen Konsequenzen zu fürchten.

Der Highlord runzelte ein wenig überrascht die Stirn.

»Ich würde es lieber trotzdem versuchen. Es ist immer gut eine Absicherung zu haben«, erklärte er vorsichtig, ohne zu viel Wert hineinzulegen. Hoffentlich verstand sie den Wink, doch zu viel verraten konnte er ihr auch nicht. Sie würde nur in Panik geraten und was noch viel schlimmer wäre, sie würde es weitererzählen und der komplette Harem würde in Aufruhr geraten. Das wollte er nicht … noch nicht jedenfalls.

»Gibt es denn einen Grund, warum ich eine Absicherung bräuchte?«, fragte sie und klang skeptisch. Schlaues Mädchen. Sie schien es verstanden zu haben.

Er zuckte seufzend die Schultern.

»Ich weiß nicht. Aber es ist immer gut, ein weiteres Standbein zu haben, oder? Eine Stelle als Blaue oder Grüne würde dich absichern«, erklärte er leichthin und wirkte fast schon unschuldig, als wäre er bei der Sache vollkommen unbeteiligt. Was für eine dreiste Lüge. Er war an so gut wie allem beteiligt, was sich im Palast abspielte.

»Wenn ich diese Absicherung nicht habe, müsste ich den Palast dann verlassen?«, fragte sie angstvoll. Sie wollte nicht gehen. Hier hatte sie seit langem wieder so etwas wie ein Zuhause gefunden. Ein Dach über dem Kopf. Außerdem musste sie nicht um ihr Überleben kämpfen.




Der Highlord zögerte sichtlich.

»Möglich«, sagte er schließlich und wartete auf ihre Reaktion.

Natürlich würde er sie nicht rausschmeißen, aber er wollte auch nicht, dass sie sich auf ihrem Welpenschutz, wie sie es nannte, ausruhte.

Lilitha wand sich unter ihm, doch nicht, um von ihm wegzukommen. Eher, als wolle sie einer Wahrheit nicht ins Auge blicken, die unausweichlich war.

»Ich verstehe«, sagte sie schließlich mit zögerlicher Stimme. Gedanklich fragte sie sich, ob sie ihre Reife nicht lieber beschleunigen sollte. Sonst würde sie den Tanz niemals aufführen können. Und den Palast verlassen zu müssen, war weitaus schlimmer.

Ein gemeiner Schachzug musste er sich eingestehen. Man sollte nie Ängste schüren, egal ob es einen guten Zweck verfolgte oder nicht. Doch sie ließ ihm keine andere Wahl. Er hatte sie oft genug darauf angesprochen, doch sie blieb immer dabei.

Seufzend löste er sich nun von ihr und setzte sich auf, um sich müde zu strecken.

Es klopfte zweimal kräftig an der Tür. »Mylord, seid Ihr wach?«, fragte Sergej mit lauter Stimme.

Lilitha zuckte etwas und erhob sich fast ruckartig. Der Highlord warf dieser einen flüchtigen Blick zu, als er ihre Resignation bemerkte.

Mit einem genervten Aufstöhnen ließ er sich zurück in die Matratze fallen.

»Ja, komm nicht rein«, rief er sichtlich unerfreut zurück und hoffte, dass er heute keine anstehenden Aufgaben haben würde.

»Ich wollte Euch nur mitteilen, dass der Fürst das Treffen für heute abgesagt hat«, rief Sergej und kam dem Wunsch des Highlords nach. Es war generell eher selten, dass er ohne Erlaubnis eintrat. Nur dann, wenn es wichtig war.

»Gott sei Dank«, hauchte der Highlord erleichtert zu sich selbst und schloss kurz die Augen. »In Ordnung, vielen Dank«, rief er noch zur Verabschiedung und hoffte auf ein wenig Ruhe.

Lilitha seufzte erleichtert, weil Sergej sich auf den Rückweg machte. Sie wusste nicht, wie sie reagiert hätte, wenn er sie so gesehen hätte. Oder womöglich noch das Falsche gedacht hätte. Noch immer saß sie auf dem Bett neben dem Highlord, entschied sich aber nun dazu, sich langsam zu erheben und sich zu strecken, ehe sie ihre Kleidung richtete und dann ihre Haare öffnete, weil diese völlig durcheinander waren.




Sie schüttelte leicht den Kopf und massierte sich die strapazierte Kopfhaut.

Als sie sich umdrehte, bemerkte sie zuckend, wie der Highlord sie mit gehobener Augenbraue musterte.

»Ist das deine Methode, mich zu verführen?«, fragte er und legte den Kopf ein wenig schief, während sein Blick wanderte.

Lilitha sah verwirrt an sich hinab. »Habe ich überhaupt die nötigen Voraussetzungen, um Euch zu verführen?«, fragte sie scheinbar desinteressiert, doch sie war sehr gespannt auf seine Antwort. Sollte er ihren Körper, so wie er jetzt war, bereits attraktiv finden, würde sie aufpassen müssen, was sie tat und wie sie sich kleidete. Sie wollte ihn nicht unabsichtlich reizen.

Der Highlord versuchte sich mit Mühe ein Lächeln zu verkneifen, was jedoch überhaupt nicht gelingen wollte.

»Das war nicht meine Frage«, erklärte er und erhob sich ebenfalls, um in seinem Ankleidezimmer zu verschwinden.

»Nein, es ist nicht meine Methode, Euch zu verführen«, erklärte sie, obwohl er schon dabei war, sich seine Kleidung für den Tag zu nehmen. »Wenn ich schon einmal hier bin, sollte ich Euch auch dabei helfen«, erklang plötzlich Lilithas Stimme direkt neben ihm.

Der Highlord zuckte zusammen und drehte sich überrascht zu ihr um.

Er hatte sie überhaupt nicht gehört. Dafür, dass sie immer so tollpatschig war, schienen sich ihre Sinne doch langsam zu schärfen. Dass sie so leise sein konnte, zeigte ihm sehr gut, wie weit sie in ihrer Entwicklung bereits war.

»Wenn du so darauf bestehst mich anzutatschen, kannst du mich auch massieren«, erklärte er, als würde er ihr damit einen Gefallen tun.

Lilithas Lippen umspielte ein Lächeln. »Massagen sind die einzige Form von Berührungen, die Ihr von mir bekommen werdet«, sagte sie. »Aber das scheint Euch zu reichen, Ihr genießt sie ja scheinbar mehr als die Berührungen von Chiana«, sagte sie mit einem unschuldigen Ton, der jedoch nicht über den Biss dieses Kommentars hinwegtäuschen konnte.

Der Highlord lachte laut auf bei dieser Aussage, die er von jedem, außer Lilitha, erwartet hatte.

»Wie bissig du sein kannst«, murmelte er grinsend und ging langsam zurück ins Schlafzimmer, um auf die Massage zu warten.

»Ich kann bissig werden, wenn ich mich geärgert fühle«, erwiderte sie und zuckte die Schultern, während sie dem Highlord dabei zusah, wie er sich auf das Bett legte.




Ihr Blick glitt über seinen, nun nackten, Körper und ihre Lippen zuckten ein wenig.

Wie er so da lag, war er komplett ungeschützt und entspannt, während er seinen braunen Blick auf sie richtete.

Langsam trat sie auf ihn zu, um sich kurz darauf auf sein Bett und seinen Rücken zu schwingen, um mit der gewünschten Massage zu beginnen.

»Gar keine Kräutermischung heute?«, fragte er, drehte seinen Kopf geradewegs in die Kissen und spreizte locker die Arme von seinem Körper.

Er schien jetzt schon vollkommen entspannt zu sein.

Lilithas geschultes Auge konnte sagen, dass er an sich keine Massage brauchte, aber er wollte trotzdem eine.

Sie versuchte nicht den Gedanken zu fassen, der ihr von der blonden Frau eingetrichtert wurde und konzentrierte sich wieder auf den Mann, der unter ihr lag.

Der Highlord hatte genügend Frauen, jede unterschiedlich und auf ihre eigene Art attraktiv. Sie war nur eine Vampirin und konnte ihm sowieso nicht das geben, was er vermutlich brauchte.

Nur ihre Massagen waren es, die ihn dazu brachten, sie immer wieder zu sich zu holen. Nichts Anderes.

Das war es, was sie sich einredete und womit sie sich beruhigte.

»Ihr seid nicht sonderlich verspannt und zu viele Kräuter können auch das Gegenteil bewirken«, erklärte sie leise, ließ aber dennoch ihre Finger entspannend über seinen Körper wandern. Dabei fiel ihr auf, wie viele Muskeln er doch besaß.

»Wenn du das sagst«, presste er durch die Matratze und schien sich vollkommen in Lilithas Bewegungen zu verlieren. »Wieso hast du gesagt, dass diese Massagen die einzige Form von Berührung ist, die ich von dir bekommen werde?«, fragte er nach einer Weile und drehte sein Gesicht wieder zur Seite.

»Ich bin keine Frau, die ihre Unschuld einem Mann gibt, den sie nicht liebt«, sagte sie. »Ihr seid mein Gebieter und ich werde Euch Eure Wünsche erfüllen, so gut ich kann. Aber meinen Körper werde ich nur demjenigen schenken, dem ich auch mein Herz schenke«, erklärte sie leise. »Er ist alles, was ich habe.«

»Melancholisch kannst du also auch sein«, nuschelte er und öffnete blinzelnd die Augen. »Und was glaubst du, wer das sein wird, wenn nicht ich?«, fragte er nun und schielte vorsichtig zu ihr hoch.




»Hier in diesen Mauern gibt es außer Euch niemanden, dessen bin ich mir bewusst. Aber ich bin mir sicher, dass ich irgendwann das Glück haben werde, jemanden zu finden, der mich wegen meiner Selbstwillen möchte und nicht wegen meines Körpers oder meiner Rasse. Oder weil er ein Kind braucht«, sagte sie, wobei Lilitha den letzten Satz nur sehr leise aussprach.

Kinder waren ein Wunsch, den sie sich irgendwann einmal erfüllen wollte. Doch nicht, solange sie selbst noch ihrer Reife ins Auge blickte.

»Und dann wird sie wieder bissig«, murmelte er mit dem Wissen, dass Lilitha ihn trotzdem hören konnte. »Ich gehe heute wieder in die Stadt. Vielleicht findest du ja dort deinen Traumprinzen«, seufzte er und drehte den Oberkörper, soweit es ihm möglich war, zu ihr.

Ihre goldenen Augen richteten sich auf den blonden Mann, der im Bett lag und reichlich schlaftrunken aussah. »Ihr würdet mich wieder mitnehmen?«, fragte sie leise.

»Sollte ich nicht?«, fragte er skeptisch mit gehobener Braue und legte sich auf den Rücken, während Lilitha immer noch über ihm kniete.

Unter Umständen könnte das hier sehr falsch wirken. Chiana würde ihr wohl den Hals umdrehen, wenn sie Lilitha so sehen könnte.

Aber der Highlord beobachtete die Rothaarige genau und suchte mit seinem Blick nach einem Anzeichen, dass es ihr unangenehm war. Doch sie schien von seiner Frage so gefesselt oder verwirrt, dass sie kaum darauf reagierte.

»Ich habe nicht erwartet, dass Ihr mich wieder mit Euch nehmen würdet«, sagte sie leise. »Aber ich würde sehr gern.«

Der Highlord lächelte über ihre Antwort und winkelte die Arme an, um sich ein Stück aufzustützen.

»Gut«, sagte er leise und suchte ihren Blick, der gesenkt war und vermutlich ins Leere ging.

Würde er ihre Gedanken nicht hören können, würde er sogar vermuten, dass sie bereits reif war. Doch leider sagte ihre innere Stimme etwas anderes.

Ihr Körper näherte sich dem einer Frau, doch ihre Gefühle glichen noch immer dem eines Kindes. Ein Kind, das kein Interesse am Körper des anderen Geschlechts verspürte. Fast. Ab und an konnte er Interesse aufblitzen sehen. Manchmal, wenn sie etwas an ihm interessant fand. Doch es war so schnell wieder weg, dass sich der Highlord fragte, wie lange es wohl noch dauern würde, bis sie endlich selbst begriff, dass sie sich irgendwann anders verhalten würde, wenn es um ihn ging. Zumindest hoffte er darauf.




Aber noch war es nicht so weit und sollte sie wirklich diesen Gedanken verfolgen, ihre Reife zu verzögern, würde es wohl auch noch eine Weile dauern.

Schwungvoll warf er Lilitha von sich, zur Seite, auf die Matratze, um aufzustehen. Als sei sie nicht mehr als ein flauschiges Kissen, mit rotem Haar.

»Mach dich fertig, ich will nicht zu spät wieder hier sein. Es ist kalt draußen«, rief er ihr noch zu, als er im Ankleidezimmer verschwand und Lilitha auf dem Bett zurückließ.

Diese lag mit geweiteten Augen und erstarrtem Körper in einer Art Abwehrhaltung da. Fast so, als wolle sie sich tot stellen.

Das sorgte dafür, dass der Highlord lächeln musste, denn er hatte es selbst geschafft, ihre wirren Gedanken mit dieser Aktion komplett zu löschen und im Moment dachte sie an überhaupt nichts. Bis sie sich wieder fing und ein wenig schüttelte. Dann erhob sie sich.

»Ich bin doch fertig, Mylord«, meinte sie zögerlich. Gewaschen hatte sie sich gestern Abend und andere Sachen als diese, die sie trug, hatte sie auch nicht.

Fertig angezogen kam er wieder zurück und kramte noch einen klirrenden Beutel aus einer Kiste, den er in seinen Mantel packte, ehe er sich zu ihr umwandte.

»Dann komm«, forderte er und nickte in Richtung Tür, während er sich bereits auf den Weg machte.

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