Kapitel 23

Stumm folgte Lilitha ihm und als sie in die Gänge kamen, senkte sie den Blick.
Dabei fiel ihr eine Strähne über die Schultern und sie bemerkte, dass sie ihre Haare gar nicht geflochten und zu einem Zopf hochgebunden hatte, sondern sie nur locker geknotet hatte.
Untypisch für Dienstmädchen, aber jetzt war es ohnehin zu spät und es würde wohl auch niemandem auffallen, hoffte sie.
Der Highlord hatte es auch nicht angesprochen, also schien es für ihn in Ordnung zu sein.
Galten lange, offene Haare als attraktiv für ihn?
Chiana hatte lange Haare. Sie trug sie selten offen, aber das musste nichts heißen.
Im selben Augenblick waren sie auch schon wieder in dem bekannten Raum, der nur für Diener gedacht war, als er sich auch schon einen Umhang umwarf.
»Hast du heute etwa wieder frei?«, fragte er nun und griff nach einem Tuch, das wie ein Schleier sein Gesicht verhüllen würde.
Lilitha zuckte etwas. Daran hatte sie überhaupt nicht gedacht! Chiana wartete eigentlich auf sie. Aber sie war viel lieber mit dem Highlord unterwegs. Außerdem würde Chiana wohl nichts sagen, wenn sie ihr sagte, sie wäre beim Highlord gewesen, oder?
»Nicht direkt«, murmelte Lilitha ausweichend, während sie sich einen der Umhänge nahm.
Der Mann lächelte, als er sich die Kapuze über den Kopf zog und seinen Schleier über sein Gesicht.
»Ich könnte ihr erzählen, dass du bei mir geschlafen hast«, bot er an, als würde er ihr damit einen Gefallen tun. Doch das Gegenteil war der Fall, was er auch wusste.
Lilitha seufzte. »Dessen ist sie sich sowieso schon bewusst«, murmelte sie und zog ihr Tuch ebenfalls vor ihr Gesicht. »Wenn ich so weitermache, wird sie glauben, dass ich ihr ihren Platz streitig machen möchte und dann wird sie mich verschwinden lassen, genauso wie ihr letztes Dienstmädchen«, murmelte Lilitha, wirkte dabei aber fast schon schicksalsergeben. Sie hatte sich damit abgefunden, dass sie diesen Tanz lernen würde und hoffentlich gut genug war, dass der Highlord sie hochstufte. Ansonsten würde sie wohl den Palast räumen müssen.
»Willst du das denn?«, fragte er und Lilitha konnte deutlich das Lächeln in seiner Stimme vernehmen.
Meinte Chiana das mit spielen? Sie aufziehen?
Lilitha wusste es nicht. Womöglich dachte er ja wirklich, sie hätte Interesse an ihm. Er stieß die Tür auf und ließ die kühle Spätherbstluft hinein, ehe sie sich auf den Weg machten.
»Nein, aber wie Ihr mir bereits erklärt habt, habe ich nur die Möglichkeit hier zu bleiben, wenn ich mich in das Schlangennest werfe und versuche eine höhere Position zu erringen«, sagte sie leise, während ihre Augen die Umgebung betrachteten und sie die frische Luft langsam einsog und genoss.
»Verstehe«, antwortete er leise, als sie das große Tor ansteuerten, aus welchem gerade eine Kutsche kam. »Und welche Farbe ist es, die dich anzieht?«, fragte er, als sie den Weg betraten.
»Im Grunde keine. Aber grün und blau wären in Ordnung«, sagte sie schulterzuckend. »Wahrscheinlich eher grün, da ich Euch zumindest mit meinen Massagen unterhalten kann. Als Gelehrte würde ich wohl nichts taugen«, murmelte sie und beobachtete die Menschen um sich herum.
»Ja, die Grünen … sind im Harem sehr präsent. Nicht so sehr wie die Roten, aber gleich danach«, erklärte er, während sein Blick in die Ferne ging.
Ob er wohl noch immer an seiner damaligen Favoritin hing?
Lilitha wusste nicht einmal, wer genau sie gewesen war.
»Würdet Ihr mir eine Frage erlauben, Mylord?«, wollte Lilitha leise wissen und sah sich um, ob auch niemand in der Nähe war, der sie hören konnte. Noch waren sie nicht in der Stadt, daher war alles ruhig.
»Natürlich«, erlaubte er ihr und wandte ihr seinen Blick zu. Gespannt musterte er sie und schien nicht ganz zu wissen, was sie nun fragen wollte.
»Euer Harem scheint Euch, so wie er ist, keine Freude zu bereiten. Es wirkt eher so, als würde er Euch Ärger machen. Warum also unterhaltet Ihr ihn weiter so und ändert ihn nicht?«, fragte sie leise.
»Es ist Tradition«, war die einfache, nüchterne Antwort, die er ihr gab. Seine Augen dagegen schienen eher unerfreut, als dass er wirklich vom Herzen diese Tradition aufrechterhielt.
Es stimmte, es war eine Tradition, doch er war der Herrscher und konnte diese somit auch leicht absetzen.
»Das heißt aber nicht, dass Ihr die internen Regeln nicht ändern dürft«, murmelte Lilitha leise, die sich dem ziemlich sicher war. Immerhin war er der Herrscher. »Es gibt sicher eine Möglichkeit, damit Ihr Euch in Eurem Harem wohler fühlt, ohne die gesamte Tradition zu ändern«, beharrte sie murmelnd.
Er lachte leise und senkte den Blick ein wenig.
»Was schlägst du vor? Ich hab bereits die Halsbänder eingeführt, damit sie untereinander wenigstens sowas wie Freunde finden können«, erklärte er, doch er verzog ein wenig das Gesicht bei dieser Idee, die wohl schiefgegangen war.
»Eine sehr gute Idee«, sagte Lilitha nachdenklich. »Was mir allerdings Sorgen macht, ist eher die Tatsache, dass es zu viele rote Halsbänder gibt, obwohl Ihr kein Interesse an ihnen zu haben scheint. Sie sind schnell gelangweilt, wenn Ihr sie nicht zu Euch rufen lasst«, erklärte Lilitha. »Vielleicht solltet Ihr Euch überlegen, ob es nicht sinnvoller wäre, innerhalb der Roten auch noch eine Hierarchie einzubauen, damit sie wissen, wo ihr Platz ist und nicht ständig versuchen, sich gegenseitig zu übertrumpfen oder sich versuchen, die Augen auszukratzen, weil ihr mit einer mehr Zeit verbracht habt als mit einer anderen. Niemand zwingt Euch überhaupt Zeit mit ihnen zu verbringen. Vielleicht solltet Ihr ihnen dies noch einmal erläutern. Viele scheinen es nicht zu verstehen«, murmelte die Rothaarige leise.
»Würde das nicht zu noch mehr Konkurrenz führen?«, fragte er ein wenig skeptisch und zog Lilitha ein Stück zu sich, da eine Kutsche hinter ihnen vorbeiwollte.
Diese wurde ein wenig rot von der plötzlichen Nähe und löste sich wieder, als es ihr möglich war.
»Das kann man vorher nie genau sagen. Vielleicht sorgt es auch dafür, dass Ihr weniger Ärger habt«, murmelte sie. »Oder Ihr überlegt Euch, Eure Favoritin ebenfalls wegzulassen und nur noch eine Stufe unter den Roten zu behalten«, fügte sie hinzu und spielte ein wenig mit ihrer roten Strähne.
Der Blonde schmunzelte, was Lilitha jedoch dank des Tuches nicht sehen konnte. »Was denkst du, wie Chiana reagieren würde?«, fragte er, als langsam die Dächer der Stadt am Fuß des Gipfels hinausragten.
»Sie ist total in Euch vernarrt. Sie wäre unglaublich wütend«, sagte Lilitha ehrlich und nahm die Betriebsamkeit in sich auf, die in der Stadt herrschte. »Aber eigentlich glaubt sie, sie wäre aufgrund ihres Status etwas Besseres. Ich habe allerdings nicht das Gefühl, dass sie Euch noch die Freude bereitet, die sie sollte.«
Der Highlord antwortete nicht direkt, sondern schritt nachdenklich an Lilithas Seite den letzten Weg entlang, der in die Stadt führte.
»Also … denkst du, dass Chiana den Posten nicht verdient?«, fragte er jetzt ein wenig neugierig nach, als hätte er nicht erwartet, dass Lilitha so zu ihr stand.
»Sie liebt Euch von ganzem Herzen«, versicherte Lilitha. »Sie würde Euch sicherlich guttun, wenn Ihr sie an Euch heranlassen würdet. Aber ich habe nicht das Gefühl, dass Ihr Euch in ihrer Nähe so wohlfühlt, wie Ihr es müsstet. Aber vielleicht verstehe ich es auch nicht, weil ich Euch noch nie mit einer anderen Frau gesehen habe«, murmelte Lilitha leise und hielt sich dicht an dem Herrscher.
Wie erwartet schlugen sie denselben Weg ein wie letztes Mal und passierten erneut den Obststand, an dem er wieder stehenblieb.
Scheinbar grübelnd, sah er sich das frische Obst an und begutachtete einige Pfirsiche.
»Ich hab sie damals nur zu meiner Favoritin gemacht, weil …«, er brach ab und seufzte, als er sich auch schon das Tuch herunterzog, während er Lilitha einen Pfirsich reichte und sich selbst einen zwischen die Zähne schob, ehe er den Mann bezahlte.
Lilitha nahm den Pfirsich entgegen, zog das Tuch herunter und biss genüsslich hinein, ehe sie einen wohligen Laut von sich gab. Pfirsiche waren neben Erdbeeren ihre liebsten Früchte, weil sie so süß und saftig waren.
Der Highlord drehte sich weg und lief weiter.
Lilitha folgte ihm. Obwohl sie neugierig war, traute sie sich dennoch nicht zu fragen. Wenn er es ihr erzählen wollte, würde er es schon tun.
»Sagen wir einfach … sie war anders als andere«, schloss er seinen Satz ab und biss in die Frucht.
Flüchtig schielte Lilitha zu ihrem Herrn, wie sie ihn in der Stadt ansprach, und bemerkte, dass er beim Laufen auf seine Füße sah. Etwas, was er noch nie getan hatte. Jedenfalls nicht in ihrer Gegenwart.
»Und nun ist sie es nicht mehr«, mutmaßte Lilitha, da er davon in der Vergangenheit gesprochen hatte. »Was hat sie denn so anders gemacht? Vielleicht verbirgt sich das nur irgendwo tief in ihr?«, fragte Lilitha und klang ein wenig hoffnungsvoll.
Sie wusste, dass es dem Highlord guttun würde, wenn er wieder mehr Gefallen an Chiana finden würde und Chiana war so sehr verliebt, dass sich Lilitha auch für sie Glück wünschte.
Er seufzte und hob wieder den Blick, um diesen von Lilitha abzuwenden.
War ihm das unangenehm?
Er schien vor Selbstbewusstsein zu strotzen und nun war ihm doch tatsächlich etwas unangenehm?
»Das ist nicht das Problem. Mal abgesehen davon, dass sie viel zu obsessiv ist, hat sich diese ganze Haremsgeschichte anders entwickelt, als ich dachte«, erklärte er und bog in das dunkle Viertel ein. »Als ich noch Anwärter war, hab ich es mir immer toll vorgestellt, einen ganzen Harem hinter mir zu wissen, der nach mir schmachten würde.«
»Und jetzt habt Ihr herausgefunden, dass es eine Menge Arbeit ist?«, fragte sie mit einem leichten Lächeln. »Frauen machen in der Masse immer nur Ärger, hat mein Vater früher immer gesagt. Man sollte sich daher nur mit wenigen umgeben.«
Erneut biss der Blonde in den Pfirsich und lächelte schwach.
»Ja, das ist wahr«, stimmte er ihr zu und lachte ein wenig gezwungen. »Als ich gerade in meine Reife gekommen war, ein paar Jahre vor meinem Antritt, habe ich nachts davon geträumt, einen Harem zu besitzen. Hab mit Freunden darüber gesprochen und sie damit aufgezogen, dass ich vielleicht mal einen besitzen werde, im Gegensatz zu ihnen«, erzählte er, während sein Blick zwar auf der Straße lag, aber dennoch in die Vergangenheit ging. »Anfangs war es auch mehr als …«, er hielt inne und schielte flüchtig zu Lilitha, als er sich räusperte. »… unterhaltsam. Aber mit der Zeit wird immer alles gleich und jedes Mal, wenn neue Frauen kommen, werden es mehr und alle hassen sich oder bilden Komplotte. Und dabei versuchen sie mir vorzumachen, sie wären die Unschuld vom Lande, während sie schon teilweise bei Dunkelelfen hausiert haben.«
Lilitha blickte ihn mit großen Augen an. Den Pfirsich zwar in Mundnähe, aber nicht daran interessiert, hineinzubeißen. »Woher wisst Ihr das alles? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie es Euch erzählt haben«, murmelte Lilitha und biss dann doch hinein. Der Pfirsich war viel zu lecker, als dass sie ihn ignorieren konnte.
Er lachte ein wenig vergnügt über ihre Reaktion und biss ebenfalls nochmal hinein.
»Ich nenne keine Namen, aber ich bin nicht blöd. Die Frauen waren viel zu erfahren, als dass sie wirklich das waren, was sie mich glauben lassen wollten. Chiana hat zwar auch so unschuldig getan, aber bei ihr wurde ich nicht ganz schlau. Das hat mich fasziniert. Inzwischen weiß ich es aber, weil sie es mir erzählt hat«, erklärte er belustigt, da Lilitha gerade diese Tatsache für unwahrscheinlich gehalten hatte.
»Oh«, murmelte Lilitha nachdenklich und biss erneut in ihr Obst. »Ich denke, es ist sehr schwer, in diesem Schlangennest seine Unschuld zu behalten. Selbst wenn man sie vorher vielleicht hatte. Ich kann mir gut vorstellen, dass einige der Frauen so frustriert sind, dass sie sich gegenseitig … unterhalten«, murmelte sie und wurde bei ihren eigenen Gedanken rot.
Sie hörte, wie ihr Gebieter neben ihr in einen Hustenanfall, vermischt mit einem Lachen, ausbrach. Es dauerte eine Weile, bis er sich wieder gefangen hatte und wissend lächelte.
»Du liegst da gar nicht mal so falsch«, erklärte er ihr fast schon entschuldigend und wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. »Eigentlich ist es ihnen untersagt, aber ich sehe mich nicht dazu verpflichtet, ihnen sowas vorzuschreiben, wenn sie Spaß daran haben«, gestand er schulterzuckend.
Lilitha zuckte ebenfalls die Schultern. »Viele der Frauen scheinen von den Neuankömmlingen zu erwarten, dass sie sehr obszön und triebgesteuert sind, habe ich das Gefühl«, murmelte sie, als sie sich an die blonde Frau im Hamam zurückerinnerte. »Außerdem haben Eure Favoritin und Eure Mutter die Frauen ausgesucht. Daher ist es logisch, dass sie irgendwie alle dem gleichen Vorbild folgen, oder?«, fragte die Rothaarige und bemerkte, dass sie wieder in die Richtung des Ladens unterwegs waren, in dem sie das wunderschöne Kleid gesehen hatte.
Sie hatten bereits die enge Gasse erreicht, als er ein zustimmendes Nicken zeigte.
»Sie bestehen darauf. Sonst haben sie ja auch nichts zu tun. Da wollte ich ihnen die Beschäftigung nicht nehmen«, gestand er und es hörte sich an, wie eine Entschuldigung. »Was die Frauen angeht, musst du es ihnen nachsehen. Ihr Leben besteht so gesehen aus nichts anderem, außer diesem einen Vergnügen. Die meisten sind freiwillig hier. Fast alle der Roten sind mit diesem Ziel hergekommen«, erklärte er und hielt an der Ecke zum Zelt kurz inne.
Lilitha wirkte ein wenig irritiert. »Und was ist mit den Sklaven, mit denen ich gekommen bin?«, fragte sie leise. »Von ihnen sind auch eine Menge bei Euch im Harem«, flüsterte sie, weil sie Angst hatte, dass sie jemand hörte.
»Ja, es gibt auch viele Sklaven, die sie aufgenommen haben. Aber von ihnen sind die meisten Dienstmädchen, aber auch einige bei den Gelehrten oder Mätressen. Das kommt ganz auf das Aussehen und die Anpreisung der Händler an«, erklärte er und aß den letzten Rest seiner Frucht.
»Hm«, machte Lilitha nachdenklich und betrachtete den Pfirsichkern in ihrer Hand, ehe sie diesen in ihre Tasche steckte. Dann schwieg sie und folgte weiter ihrem Herrn.
Sie betraten das Zelt und erneut kam Lilitha nicht umhin, die prächtigen Gewänder zu begutachten.
»Ich bin gleich wieder da, du kannst dich so lange umsehen, wenn du möchtest«, erklärte er und legte Lilitha eine Hand auf die Schulter, um auf ihr Einverständnis zu warten.
Diese nickte zustimmend. Etwas anderes hätte sie auch kaum tun können.
Der Highlord nickte ebenfalls und verschwand kurz, während Lilitha sich umsah. Ihr Blick fiel auf etwas, das an der Wand hing. Es war kein Kleid. Es sah eher aus wie zwei kugelartige Gebilde aus Holz.
»Ah, so sieht man sich wieder«, erklang eine bekannte Stimme und Lilitha drehte sich um, ehe sie lächelte. Es war die Verkäuferin vom letzten Mal, die sie dazu gedrängt hatte, das Kleid anzuprobieren.
»Hallo«, sagte Lilitha leise und wandte dann ihren Blick wieder zu den beiden hölzernen Gegenständen.
Die Verkäuferin trat an sie heran. »Das ist nur zur Dekoration«, sagte sie, als wäre es nichts Wichtiges. »Ich weiß nicht einmal, was das ist. Es wurde uns geschenkt«, sagte sie und Lilitha legte ein wenig den Kopf schief.
»Darf ich sie denn mal ausprobieren?«, fragte sie, was die Verkäuferin verwundert dreinblicken ließ.
»Ja. Äh … natürlich«, murmelte sie, weil sie wohl nicht verstand, was Lilitha damit meinte.
»Das sind Kastagnetten«, erklärte sie und nahm die beiden Gebilde von der Wand, ehe sie diese in die Hände nahm. »Damit macht man Musik«, erklärte Lilitha gut gelaunt und ließ die Musikinstrumente in ihrer Hand ein wenig klappern. Dabei erinnerte sie sich zurück an die Zeit, in der ihre Mutter ihr beigebracht hatte, wie man damit spielte.
»Musik?«, fragte sie ein wenig verwundert und verstand nicht so recht, wie man damit Musik machen sollte, doch Lilitha nickte nur und ließ demonstrativ das Holz klappern. »Wenn Ihr möchtet, könnt Ihr sie haben. Sie hängen hier sowieso nur rum und fangen Staub«, erklärte sie schulterzuckend, doch schmunzelnd, von Lilithas Begeisterung für das Instrument.
Lilitha strahlte. »Wirklich? Das ist toll«, lachte sie und begann ein wenig mit den Kastagnetten zu spielen. Es klang sogar sehr gut und die Verkäuferin wippte ein wenig mit.
»Ja, wieso nicht? Wäre doch traurig, wenn sie hier nur rumliegen«, erklärte sie und musterte Lilitha eindringlich. »Habt Ihr es Euch doch anders überlegt mit dem Kleid?«, fragte sie nun und lächelte ihr verschwörerisch zu.
Lilitha lächelte ein wenig traurig und schüttelte den Kopf. »Ich kann es mir leider immer noch nicht leisten«, erklärte sie entschuldigend, auch wenn sie es wirklich gern gehabt hätte.
»Wie schade, es stand Euch so gut. Aber vielleicht möchtet Ihr noch ein paar andere Kleider anprobieren?«, wollte die Verkäuferin mit einem Funkeln in den Augen wissen.
Lilitha zögerte ein wenig. Warum eigentlich nicht? Anprobieren kostete immerhin nichts.
Nachgiebig nickte die Rothaarige ein wenig widerwillig. Die Sachen, die sie hier hatte, waren einfach wunderschön und sie wollte die Zeit nicht damit verbringen, in der Gegend herumzustehen und zu warten. »Ja, wieso nicht«, willigte sie ein und folgte der weißhaarigen Frau, die Gänge entlang.
Ein wenig grübelnd lief sie die Ständer mit den Kleidern ab und griff zielstrebig nach einem Kleid, um es rauszunehmen und ihr vorzuführen. »Was haltet Ihr von dem?«, fragte sie und hielt es hoch.
Es war kein Kleid, wie man es hier auf der Straße tragen würde. Stattdessen wirkte es eher, wie für eine Tänzerin geschaffen. »Oh«, staunte Lilitha, die sich sofort in die dunkelrote Farbe und die goldenen Muster und Perlen verliebte. »Das ist erstaunlich«, sagte sie fast atemlos.
Stolz legte sich die Frau das Kleid über den Arm und lächelte zufrieden, ehe sie weiterging, da sie das als Zustimmung auffasste. »Das will ich doch auch hoffen. Ich hab Monate daran gesessen«, erklärte sie lachend und legte einige weitere Kleider zur Seite, ehe sie ein weiteres herauszog.
Es war eher enganliegend, für einen schlichten, aber besonderen Anlass, inspiriert von einer Ästhetik, die Eleganz und Anmut betonte, jedoch ziemlich modern für ihre Verhältnisse.
»Das Dunkelgrün würde schön im Kontrast zu Eurer Haut und den Haaren stehen und die goldenen Verzierungen heben Eure Augen hervor«, erklärte sie und zog die Seiten ein wenig auseinander, da es doch sehr eng aussah.
»Das ist auch wirklich schön«, meinte Lilitha, die aus dem Staunen gar nicht herauskam.
»Ja, nicht?«, fragte die Verkäuferin schmunzelnd. »Kommt, probiert es an«, drängte sie und schob Lilitha schon fast in Richtung des Umkleidebereichs.
Diese gab einen unsicheren Laut von sich, als sie sich von der Frau in das kleine Abteil schieben ließ und diese schon gleich die Vorhänge zuzog.
Beinahe selbstverständlich half sie Lilitha aus ihrer spärlichen Kleidung und begutachtete kurz ein wenig perplex ihren Körper.
»Ihr seid seit letztem Mal ganz schön gewachsen, wenn ich das so sagen darf«, gestand sie lachend und griff nach dem grünen Kleid, um es aufzuknöpfen und ihr vor die Füße zu halten.
Lilitha wurde ein wenig rot. »Ja, ich werde diesen Winter volljährig«, erklärte sie leise und trat in das Kleid, damit die Weißhaarige es ihr anziehen konnte.
Der Stoff fühlte sich toll auf ihrer Haut an. Er war wunderbar glatt und seidig und schmeichelte ihren Kurven.
Erst jetzt fiel Lilitha auf, dass es an den Seiten ziemlich hoch ausgeschnitten war, sodass es aufreizend aussah und die weiblichen Reize hervorhob.
»Der Stoff ist magisch und passt sich automatisch den Rundungen an«, erklärte die Frau und knöpfte das Kleid an ihrer Schulter zu. »Meine Mutter ist sehr begabt, was sowas angeht.«
»Es sieht wirklich wunderschön aus«, stimmte Lilitha ihr zu und konnte nicht anders, als sich vor dem Spiegel zu begutachten und zu drehen.
Es betonte ihre Weiblichkeit, ohne jedoch zu aufreizend zu wirken, wie sie am Anfang gedacht hatte. Und die Bewegungsfreiheit war auch gegeben.
Zufrieden lächelte die Weißhaarige und zog das Kleid ein wenig zurecht. Dann gab sie Lilitha den vollen Blick auf ihr Spiegelbild frei.
»Ich hab mir schon gedacht, dass es Euch gefallen würde. Es schmeichelt Euch wirklich sehr«, stimmte sie ihr zu und sah durch den Spiegel zu Lilitha.
»Kann ich auch was sehen, wenn schon alle so begeistert sind?« Lilitha zuckte heftig zusammen, als sie die rufende Stimme des Highlords außerhalb des Vorhangs vernahm.
Hatte sie das richtig verstanden? Er wollte sie sehen?
Am liebsten hätte sie Nein gerufen, aber sie war einfach nicht in der Lage, ihm eine Bitte abzuschlagen. Das war so ärgerlich.
Also holte sie tief Luft, öffnete den Vorhang und trat zögerlich hinaus. Den Blick gesenkt.
Er hatte die Kapuze und auch den Schal heruntergezogen, als sie hinaustrat und er den Blick auf sie richtete.
Sie hörte, wie die Weißhaarige hinter sie trat und im Rahmen der Umkleide stehen blieb.
»Guck doch nicht so«, bat er sie ein wenig enttäuscht, da sie fast schon ihr Kinn in ihrer Brust vergrub.
Sie hob den Blick leicht an und er konnte eine leichte Röte auf ihren Wangen sehen.
»Es ist so peinlich«, murmelte sie leise. Noch nie hatte sie ihren Körper so betont gezeigt, wie in diesem Kleid. Und schon gar nicht vor diesem Mann. Obwohl sie sich daran erinnerte, dass er sie schon einmal nackt gesehen hatte. Doch da war ihr Körper noch nicht so erwachsen gewesen.
Er rollte schmunzelnd die Augen, als er ihr stumm mit dem Finger deutete, sich zu drehen.
Verkrampft kam sie der Bitte nach und drehte sich einmal um sich selbst, wobei sie sogar versuchte, mit einer gekrümmten Haltung ihre Rundungen zu verstecken.
»Es sieht hübsch aus«, meinte er nun an die Schneiderin gewandt, während sein Blick über Lilithas Körper wanderte. Beinahe so, als würde er mehr das Kleid loben, als Lilithas Auftritt darin.
»Natürlich ist es das. Es ist ja auch handgefertigt«, erklärte die Schneiderin schnaubend, als wäre es offensichtlich, dass Lilitha darin hübsch aussah.
Diese wollte gerade sagen, dass sie sich wieder umziehen würde, als die Weißhaarige plötzlich meinte: »Aber das andere sieht auch wunderbar aus. Das solltet Ihr Euch auch ansehen«, erklärte sie und sorgte so dafür, dass Lilitha bei dem Gedanken, sich in diesem Kleid zu zeigen, rot anlief. Immerhin zeigte es verdammt viel Haut.
Er nickte langsam, während sein Blick noch immer auf Lilitha lag.
Wenn sein Blick jetzt schon so an ihr klebte, wie würde es erst bei dem anderen aussehen? Das wollte sie sich lieber gar nicht erst vorstellen!
Nun lag sein brauner Blickt auf ihrem Gesicht und er lächelte provokant.
»Das würde ich gerne«, bestätigte er und sah zu, wie die Weißhaarige Lilitha wieder in das Abteil dirigierte und die Vorhänge zuzog. Dabei musste er lächeln und dachte an die letzten Tage zurück. Ob Lilitha bewusst war, dass sie sich ihrer Reife viel schneller näherte, als ihr klar war? Man sah es in all ihren Bewegungen und hörte es an ihrer Stimme. Das Mädchen wurde zu einer jungen Frau.
Die Rothaarige holte tief Luft und ließ sich dann von der Frau dabei helfen, das Kleid anzuziehen.
Wie sie erwartet hatte, war es wunderschön, verdeckte jedoch nicht ansatzweise so viel, wie es zeigte. Und bei jedem Schritt, den sie tat, klimperten die Perlen im Takt.
Es würde sich wunderbar für ihren Tanz eignen. Wenn sie dazu noch die Kastagnetten nutzte, würde das sicherlich toll werden. Nur war das Problem, dass sie sich nicht traute, die Kabine zu verlassen.
Lilitha war sich sogar sicher, dass der Highlord es für sie kaufen würde. So wie er ihr auch Schmuck angeboten hatte, doch das Risiko, dass er sich etwas darauf einbilden würde, war zu groß.
Zufrieden lächelte die Frau, was jedoch gleich erstarb, als sie Lilithas panisches Gesicht sah. »Es gefällt Euch nicht?«, fragte sie leise und sichtlich enttäuscht.
»Nein, das ist es nicht«, meinte sie und scharrte ein wenig mit den Füßen. »Ich … Ich bin es nicht gewohnt, so viel Haut zu zeigen. Es ist mir … unangenehm«, brachte sie leise hervor.
Normalerweise trug sie nicht solche aufreizenden Kleider. Vor allem nicht jetzt, da sie ihre Weiblichkeit so sehr betonten. Eine Weiblichkeit, die sie erst in den vergangenen Wochen entwickelt hatte und der sie sich jetzt erst selbst bewusst wurde.
Anscheinend ließ die Reife doch nicht so lange auf sich warten, wie Lilitha gehofft hatte. Zumindest körperlich. Geistig fühlte sie sich noch nicht ansatzweise so weit.
»Na dann«, meinte die Verkäuferin lächelnd, trat an den Vorhang und deutete darauf, ihn aufzuziehen.
Ein wenig nervös blickte Lilitha zu ihr, als ihr Herz bereits vor Aufregung schneller schlug. Lilitha schluckte und wollte zu einem hektischen Kopfschütteln ansetzen, doch da riss sie auch schon den Vorhang auf und der braune Blick des Highlords lag ungeschützt auf ihr.
Seine Augen weiteten sich. Ob vor Entsetzen oder Begeisterung konnte Lilitha nicht sagen, sie war zu sehr damit beschäftigt, die forschenden Blicke des Herrschers zu ignorieren.
Schließlich schnappte sie nach Luft, packte den Vorhang der Umkleide und hielt ihn sich schützend vor den Körper. »Ich mag das nicht«, sagte sie laut genug, um ihr Unwohlsein zu verkünden und wurde hochrot im Gesicht. Am liebsten wäre sie jetzt im Boden versunken.
»Wieso, du siehst doch toll aus«, erklärte der Highlord und legte grinsend den Kopf ein wenig schief, bei dem Versuch, einen Blick auf sie erhaschen zu können.
Lilithas Gesicht wurde nur noch röter, wenn das überhaupt ging. »Bitte schaut mich nicht so an«, sagte sie unbeholfen.
Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, kam sie mit ihrem Körper und vor allem mit der Reaktion ihres Körpers auf seine Blicke nicht ganz zurecht. Es fühlte sich so seltsam an. Die Blicke des Highlords ließen Schauer über ihren Rücken wandern und das verstand sie nicht.
Noch vor einigen Tagen hatte sie nichts gehabt, was sie verstecken wollte und jetzt hatte sie das Gefühl, ihr ganzer Körper gehörte versteckt.
»Schämst du dich etwa?«, fragte er irritiert und verschränkte die Arme vor der Brust.
Als wäre das nicht offensichtlich!
Ihre Finger krallten sich immer tiefer in den Stoff des Vorhangs. Sie hätte ihn am liebsten heruntergerissen, um sich darin einzuhüllen. Allerdings war ihr bewusst, dass sie damit fremdes Eigentum beschädigte.
Ihr Rücken war komplett ungeschützt und auch, wenn er eigentlich vor ihr stand, fühlte es sich so an, als wären seine Blicke überall.
»Ja«, rief sie ein wenig aufgebracht und zwang sich dann doch dazu, den Stoff ein wenig loszulassen, damit sie die Umkleide wieder schließen konnte und sich nicht mehr seinen Blicken ausgesetzt fühlte.
Ihr Herz klopfte heftig in ihrer Brust und ihr Atem ging so schnell, dass sie sich erst einmal beruhigen musste, ehe sie sich überhaupt ausziehen konnte.
Ein wenig perplex über diese extreme Reaktion blieb die Weißhaarige stehen und traute sich nicht einmal, ihr zu helfen. Sie setzte kurz dazu an, etwas zu sagen, entschied sich dann aber doch dagegen und verließ leise und unbemerkt das Abteil, um die Rothaarige sich selbst zu überlassen.































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