Kapitel 45

Kaden wurde wach, weil sich Lilitha in seinen Armen hin und her wand und dabei immer wieder etwas vor sich hin murmelte, das stark nach einer Entschuldigung klang

Kaden wurde wach, weil sich Lilitha in seinen Armen hin und her wand und dabei immer wieder etwas vor sich hin murmelte, das stark nach einer Entschuldigung klang.

Der Highlord bemerkte sofort, dass sie noch schlief und zog sie instinktiv näher an sich heran. »Bitte, verzeiht mir«, murmelte sie und klang traurig, während sie sich noch immer unter seinen Händen versuchte zu befreien. Meinte sie etwa ihn? Nein, vermutlich träumte sie noch. Sollte er sie vielleicht wecken?

Sie schniefte leise, was ihm eine unangenehme Gänsehaut verpasste. »Lilitha?«, flüsterte er leise, mit besorgter Stimme und strich ihr das Haar aus dem Gesicht.

»Bitte«, jammerte sie und drückte sich an ihn. »Es tut mir leid«, hauchte sie noch einmal und krallte sich mit einer Hand in die Decke, während sie sich mit der anderen verzweifelt an Kaden festhielt.

»Sh~«, machte Kaden und versuchte sie zu beruhigen. Sie so zu sehen war ja noch schlimmer als gestern Abend. Immerhin konnte er da wenigstens etwas tun. »Ich bin hier, Lilitha«, murmelte er ihr direkt ins Ohr und zog sie dicht an sich, um sich langsam mit ihr in einem gleichmäßigen Takt zu wiegen.

Er bemerkte, wie sich ihr Atemrhythmus änderte und dann schlug sie ganz langsam, blinzelnd die Augen auf. Kaden konnte ihre Verwirrung fast spüren.

»Kaden?«, murmelte sie ganz leise und mit einer leicht verweinten Stimme. Es schien so, als würde sie nicht genau wissen, wo sie sich befand, oder was passiert war. Dennoch schmiegte sie sich dicht an ihn.

»Ja, ich bin hier«, versicherte er ihr und drückte sie kurz, um ihr zu zeigen, dass er sie nicht loslassen würde. Sie schien noch recht desorientiert und irritiert.

Unweigerlich musste sich Kaden fragen, ob sie sich überhaupt an letzte Nacht erinnern konnte. Was, wenn das Mittel sie alles vergessen ließ? Sollte er es ihr sagen?

Er konnte spüren, wie sie sich an ihn schmiegte, aber sich gleichzeitig versteifte. Eine sehr eigenartige Reaktion. Zitternd holte sie Luft. »E… Es tut mir leid«, murmelte sie leise, doch diesmal bei vollem Bewusstsein.

Verwirrt runzelte er die Stirn und verstand nicht so recht, was sie meinte. Vielleicht, weil er ihr Erleichterung verschafft hatte und sie ihm nicht? Das konnte er sich nicht wirklich vorstellen. »Was redest du da?«, fragte er leise mit einem rauen Lachen und versuchte ihr Kinn mit der Hand hochzuschieben, um sie anzusehen.




Lilitha biss sich auf die Lippen, blickte kurz in seine Augen, ehe sie versuchte den Blick abzuwenden. »Ich … Das von gestern Abend«, murmelte sie. »Ihr hättet es nicht sehen sollen. Ich wusste nicht, dass es so schlimm sein würde«, gestand sie leise und Kaden verengte ein wenig die Augen. So schlimm? Hieß das, sie wusste, was sie da anrührte?

»Womit hast du da rumexperimentiert?«, fragte er nun misstrauisch und versuchte eine Antwort in ihrer Mimik zu lesen.

Lilitha konnte spüren, wie sein Misstrauen wuchs und ihr wurde immer unangenehmer zumute. Das kam ihren Gedanken ziemlich nahe. Und als ihr auch noch auffiel, dass sie noch immer nackt bis aufs Fleisch und dabei so dicht an ihn gepresst war, dass seine Wärme sie einnahm, wurde sie unweigerlich rot.

Statt zu antworten, senkte sie den Blick und sah sich suchend im Raum um. »Mit einigen Kräutern«, erklärte sie ausweichend und dachte daran, wie sie überhaupt auf diese dumme Idee gekommen war. Einen aphrodisierenden Trank für Chiana herzustellen, den diese Kaden verabreichen konnte, damit dieser sie wieder wollte, war wirklich eine unglaublich dumme Idee gewesen. Wieso hatte sie sich nur darauf eingelassen? Wieso hatte sie es überhaupt vorgeschlagen? So etwas konnte doch gar nicht gut gehen.

Er nahm einen tiefen Atemzug und seufzte schwer, während er sich auf den Rücken legte und die Decke ansah.

Lilitha schluckte und schloss kurz erleichtert die Augen, in der Hoffnung er hätte aufgegeben. Sie hatte keine Ahnung was sie ihm sagen sollte und bei dem bloßen Gedanken was gestern eigentlich geschehen war, begannen ihre Wangen wieder zu glühen. Wenn sie daran dachte, wie er sie berührt hatte, wollte sie sofort mehr davon. Ihr Körper wurde warm und ihre Haut begann zu spannen, während sie förmlich auf seine Berührungen wartete. Kein Wunder, dass die Frauen so leicht von ihm abhängig wurden. Es fühlte sich so gut an, wenn er einen auf diese Weise berührte.

Lilitha schluckte und versuchte, ihre Gedanken umzulenken. Es war nicht gut, wenn sie zu lange über den gestrigen Abend nachdachte. Dann wollte sie nur mehr davon und drohte in dasselbe Loch zu fallen wie Chiana. Etwas, was sie auf keinen Fall riskieren wollte. Aber sie hatten nicht miteinander geschlafen … glaubte sie jedenfalls. Nein, Sex war anders, da war sie sich sicher. Sie war vielleicht naiv, aber nicht dumm.




Aber sie wusste noch, wie sehr sie gebettelt hatte … doch er hatte sich nicht ihre Unschuld genommen. Etwas, was sie unglaublich beruhigte, ihr aber auch gleichzeitig ein wenig Panik bereitete, denn sie wollte, dass er es tat. Lilitha schluckte bei diesem Gedanken. Lag das noch an den Nachwirkungen der Mixtur?

Verstohlen schielte sie auf die kleine Phiole auf dem Tisch. Sie sollte diese vielleicht wegschütten, das war besser.

Bei diesem Gedanken erhob sich Kaden und trat vom Bett auf den umfunktionierten Tisch zu, ehe er nach der Phiole griff. »Die hier nehme ich an mich«, erklärte er mit ruhiger Stimme, die Lilitha aber einen Knoten im Magen bescherte. Er klang irgendwie seltsam.

»D… Das ist …«, begann sie, aber ein Blick seitens Kaden reichte aus, um sie zum Schweigen zu bringen.

»Das macht dir doch nichts aus, oder?«, fragte er mit einem kühlen Lächeln, das nicht seine Augen erreichte. Jedoch ließ sein Tonfall darauf schließen, dass er es so oder so an sich nehmen würde. Also nickte Lilitha nur zögerlich und beobachtete Kadens Blick, der über ihren Körper huschte. Bei dieser Geste sah sie kurz an sich herab und zog sich schnell die weiße Decke über die entblößten Brüste.

Erneut begannen ihre Wangen zu glühen und dennoch kribbelte ihr Körper aufgeregt, allein von seinen Blicken.

»Gut«, sagte er und trat auf sie zu, ehe er über ihre Wange strich und sie so dazu brachte, ihn anzusehen. Etwas war anders, als sein kühler Blick sich in ihre goldenen Augen bohrte und Lilitha bekam ein ungutes Gefühl. »Ich möchte, dass du nach dem Frühstück zu mir ins Zimmer kommst«, erklärte er und seine Stimme duldete keine Widerrede.

Lilitha schluckte und wollte nicken, doch ihr Körper schien aus Blei zu bestehen. »Ja«, brachte sie leise hervor.

Er lächelte leicht, noch immer so kalt wie Eis, aber scheinbar dennoch zufrieden.

Eine unangenehme Gänsehaut überkam sie, die ihren Körper in Beschlag nahm und leicht erzittern ließ.

»Sehr schön«, murmelte er und setzte dazu an, sie zu küssen, zog sich jedoch kurz vor ihren Lippen wieder zurück und ließ von ihr ab.

Ohne weitere Worte packte er die Phiole ein und verließ ihr Zimmer nach einem letzten Blick. Sie hatte nicht bemerkt, dass sie begonnen hatte zu zittern und dabei die Decke losgelassen hatte. Nun kroch ihr die Kälte in die Knochen, die im Zimmer herrschte. Und eine andere Kälte, die langsam von ihrem Herzen Besitz ergriff.




Was hatte er vor? Warum wollte er sie in seinem Zimmer haben?

Lilitha schluckte und erhob sich zittrig. Es war das Beste, wenn sie sich wusch, anzog und dann zum Frühstück ging, um nicht so lange nachdenken zu müssen. Es einfach hinter sich zu bringen, wäre wirklich die einfachste Lösung. Nicht daran denken, dass sie mit der letzten Nacht eine verschlossene Tür geöffnet hatte …

Zittrig rang Lilitha nach Atem und schnappte sich ihren Morgenmantel, um sich darin einzuwickeln. Nein … das würde er nicht. Sie hatten nicht miteinander geschlafen! Und er wusste scheinbar, dass sie unter Drogen gestanden hatte.

Mit aufgerissenen Augen trat sie wie paralysiert in das Bad, um sich zu waschen. Dort traf sie auf Chiana, die gerade sehr zufrieden mit sich aussah, als sie ihren Körper vorsichtig einölte.

Lilitha achtete nicht auf sie und versuchte sich einfach schnell zu waschen. Wer wusste schon, ob sie einfach nur einen schönen Traum hatte? Mehr wollte Lilitha sich gar nicht vorstellen, denn sie hatte so eine schleichende Ahnung, was Chianas gute Laune hervorrief. Und an den blonden Herrscher wollte sie im Moment erst recht nicht denken.

Schnell setzte sie sich auf einen Platz abseits von allen und begann mit eiligen Handgriffen ihren Körper zu reinigen.

»Lilitha.« Die Rothaarige zuckte heftig zusammen und ließ vor Schreck den Eimer Wasser fallen, als sie Chianas Stimme direkt neben sich vernahm. Mehr als euphorisch lächelte sie die Vampirin an, musterte sie jedoch gleichzeitig besorgt. »Hast du das Mittel?«, fragte sie flüsternd und verschwörerisch.

Erneut ein Zucken. »Na ja«, murmelte sie. Sie hatte es und das war auch der Grund, warum sie sich gerade so unwohl fühlte. »Es ist noch nicht einsetzbar. Warum fragt Ihr?«, wollte sie skeptisch wissen. Irgendwie gefiel ihr das ganz und gar nicht.

Chiana seufzte ein wenig enttäuscht, doch ließ sich ihre Freude nicht nehmen. »Weil der Highlord mich zu sich bestellt hat«, erklärte sie selbstzufrieden im Flüsterton.

Lilithas spürte den Knoten in ihrem Magen. »H… Heute?«, fragte sie unsicher. Das konnte doch nicht sein! Das war doch nicht möglich! Das würde er doch nicht, oder? Während das Herz der Rothaarigen immer schneller schlug, blickte sie Chiana fragend an und wartete auf eine Antwort.




»Ja, heute«, lachte die Hexe, als sollte das offensichtlich sein.

Lilitha schluckte mühsam und wusste nicht, ob sie schreien, lachen oder weinen sollte. Was war bloß los mit diesem Mann? Sie konnte ihn so schlecht einschätzen, dass sie schon Angst davor hatte, jetzt in seiner Gegenwart zu sein. Sie hoffte nur, dass er sie nicht gleichzeitig zu sich rufen ließ.

Gedanklich überlegte sich Lilitha, ob sie diese Gelegenheit nicht nutzen sollte. Wenn Chiana bei ihm war, könnte sie erneut versuchen wegzurennen. Doch ob das so eine gute Idee war?

Das letzte Mal, als sie erwischt worden war, war sie schließlich eingesperrt worden. Kein schönes Erlebnis. Aber wenn sie nicht erwischt wurde, würde man sie auch nicht einsperren.

Das jedoch warf eine noch viel schlimmere Frage auf. War sie bereit, Kaden für immer zu verlassen?

Wenn sie diesen Weg wagen sollte, dann würde sie ihn nie wiedersehen. Im Gegenteil. Vermutlich würde er sie jagen und finden. Und dann weiß Gott was, von ihr denken.

Am Ende dachte er noch, sie rannte weg, weil er sie am gestrigen Abend nicht genommen hatte. Lilitha schluckte erneut und versuchte sich an einem zittrigen Lächeln, das sie Chiana schenkte. »Das ist toll«, murmelte sie. Eine Lüge. Es war überhaupt nicht toll und sie war nicht bereit dazu Kaden zu verlassen!

Ein brennendes Gefühl kam in ihr auf, das jedoch alles andere als angenehm war. Sie wusste nicht, was es war, doch es gefiel ihr nicht.

Sie sollte sich freuen, denn der Plan schien zu funktionieren. Er würde sich mit Chiana vergnügen und Lilitha vergessen. Dann würde sie tun können was sie wollte oder auch wo sie wollte … toll. Aber wieso verspürte sie dann einen solchen Groll in sich? Richtete dieser sich wirklich gegen Chiana oder war sie vielleicht nur zufällig da?

Nein! Es sollte ihr egal sein, was er mit wem tat! Und das war es auch! Das würde sie sich so lange einreden, bis sie es selbst glaubte.

Schnell erhob sie sich und lächelte Chiana noch einmal zu. »Ich muss jetzt los. Viel Glück.« Damit verschwand Lilitha aus dem Bad und eilte Richtung Saal. Sie würde sich schnell etwas zu essen schnappen und dann hoffentlich vor Chiana ankommen und ihn zur Rede stellen. Sie wollte wissen, was hier los war. Nicht, dass es sie interessierte …, aber verdammt nochmal, sie hatte ein Recht darauf, zu erfahren, was hier vor sich ging!




Zwanghaft nötigte sie sich dazu etwas zu essen, auch wenn ihr Körper es am liebsten wieder von sich gegeben hätte. Dieses Gefühl wollte einfach nicht nachlassen. Doch sie würde sich niemals eingestehen, dass der Grund für dieses Gefühl Kaden war … Kaden und Chiana. Und diese verdammte Eifersucht!

Lilitha schlang den letzten Bissen hinunter und machte sich dann auf den Weg zu Kadens Gemächern. Chiana war zum Glück nirgendwo zu sehen und als sie die Wachen passierte, wurde sie nicht aufgehalten.

Schweiß stand ihr auf der Stirn, als sie regungslos vor der Tür stehenblieb. Ihr Herz schien kurz vor einem Infarkt zu stehen und alles um sie herum wirkte bedrohlich. Sie hatte keine Ahnung, was auf sie zukommen würde, doch sie hatte keine Wahl.

Also atmete sie tief ein und betrat die Räumlichkeiten des Highlords.

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