Kapitel 46

Und da saß er auch schon. Abwartend am Rand seines Bettes, welches zur Tür ausgerichtet war und blickte ihr erwartungsvoll entgegen. »Hast du gegessen?«, fragte er, ohne aufzustehen und hielt den kalten Blick auf die zierliche Rothaarige gerichtet.
Diese senkte den Blick. »Ja, Mylord«, murmelte sie, da sie sich unter dem Blick sichtlich unwohl fühlte.
»Gut«, sagte er mit tiefer Stimme, die überraschend bedrohlich klang. »Knie dich hin«, wies er sie an und deutete mit dem Kinn auf ein Kissen, das ein wenig weiter weg vom Bett am Boden lag.
Sehr irritiert trat Lilitha auf das Kissen zu und tat wie ihr geheißen. Es fühlte sich seltsam an und dazu dieser bedrohliche Blick und seine Stimme. Als sie dann jedoch kniete, schwieg er sie einfach an und beobachtete sie, obwohl Lilitha keinen Muskel regte. Mehrere Minuten verstrichen, in denen die Stille geradezu erdrückend wurde. Sein brauner Blick schien so undurchdringlich, dass Lilitha Angst hatte, ihren eigenen zu heben. Das gefiel ihr ganz und gar nicht.
»Ziemlich unhöflich den Augenkontakt zu verweigern«, erklärte er monoton, ohne den Blick von ihr abzuwenden.
Geduldig faltete er die Hände, um die Arme auf seinen Knien abzustützen und lehnte sich ein Stück nach vorne, damit sein Gesicht knapp hinter seinen Händen lag.
»Entschuldigung«, stammelte sie nervös. Was wollte er von ihr? Mehr als für den Bruchteil einer Sekunde zu ihm hoch zu schielen, brachte sie einfach nicht fertig. Das unbehagliche Gefühl nahm immer mehr zu und schien nicht wegzugehen.
Sie wollte diese Bestrafung, oder was das werden sollte, doch einfach nur hinter sich bringen. Wieso also saß er nur da und starrte sie an? Sollte sie ihn vielleicht doch einfach zur Rede stellen?
Lilitha hob den Kopf und blickte unsicher zurück. Sollte sie fragen? »W… Was?«, brachte sie stotternd und mühsam hervor.
»Ich möchte, dass du mir in die Augen siehst«, erklärte er nun verständlicher. Natürlich spürte er ihre Anspannung und schien sich nicht einmal ihrer eigenen Worte bewusst.
Lilitha schluckte und hob zittrig den Blick, um ihn mit unsicheren Augen zu betrachten. Es fiel ihr schwer, ihm in die Augen zu schauen. Sie betrachtete sein Gesicht und hoffte, es fiel ihm nicht auf.
Die Rothaarige schluckte angestrengt und holte tief Luft. Bestimmt wollte er sie nur wieder verunsichern. Etwas, was er wunderbar, vermutlich selbst im Schlaf, machen konnte. Sie war so entschlossen gewesen, ihn zur Rede zu stellen, doch sobald sie ihm gegenüberstand, war der Wille verschwunden. Trotzdem versuchte sie, einen klaren Kopf zu behalten und seinen Blick zu erwidern. Gerade als sie Luft holen wollte, um anzusetzen, hörte sie plötzlich Schritte in den Fluren. Schritte, die ihr bekannt vorkamen und noch dazu ebenfalls hierher wollten.
Oh Götter. Lilitha wurde ein wenig blass, als ihr der Albtraum von letzter Nacht wieder einfiel. In diesem hatte Kaden sie für Chiana abgeschoben. Etwas, was eigentlich Sinn und Zweck des Plans gewesen war, doch ihr unglaublich wehgetan hatte.
Während sich die Schritte näherten, fasste Lilitha Mut. Sie hatte nicht viel Zeit, bevor Chiana hier sein würde. »Was wird das?«, fragte sie und ihre Stimme zitterte, obwohl sie versuchte diese fest klingen zu lassen. Der Highlord blieb jedoch ausdruckslos und starrte sie nur weiter an, als hätte er ihre Frage nicht gehört. Wut kochte in Lilitha auf. Was sollte das hier werden? Er konnte doch gar nicht wissen, was gewesen war, wieso also bestellte er gerade sie beide zu sich? Gerade als Lilitha nochmal mit Nachdruck nachhaken wollte, öffnete sich auch schon die Tür.
Kaden legte seine Hand auf ihre Schulter, um sie hinunterzudrücken, als sie aufstehen wollte. »Bleib da und keinen Mucks«, sagte er kühl und erhob sich.
Lilitha schluckte und zwang sich dazu, sitzen zu bleiben. Ihr Blick gen Boden gerichtet und ihr Herz im Marathonlauf.
Chiana, deren Gesicht bis eben noch ein Strahlen geziert hatte, schien nun mehr als erstarrt, als sie Lilitha entdeckte.
»Beachte sie einfach nicht«, beschwichtigte der Highlord diese, ohne Lilitha anzusehen, als er Chianas Blick bemerkte. Stattdessen ging er auf die ehemalige Favoritin zu, um sie in den Arm zu nehmen und ihr einen Kuss auf den Mundwinkel zu drücken.
Lilitha zuckte merklich überrascht zusammen. Was sollte das denn jetzt? Wieso hatte er sie überhaupt hierher bestellt? Um sie zu ignorieren? Um sie furchteinflößend anzustarren? Um sie zu verletzen? Denn das tat es. Beachte sie nicht … Reflexartig fand sich Lilitha wieder in ihrer Rolle als Dienstmädchen wieder. Und auch wenn sie die Arbeit als Kammerzofe nicht verachtet hatte, so schmerzte es doch, so oberflächlich von ihm links liegen gelassen zu werden. Als würde sie ihm nichts bedeuteten. Was wohl auch der Fall war.
Lilitha schluckte und senkte den Blick, damit sie die beiden nicht ansehen musste. Es tat weh zu sehen, wie Kaden Chiana küsste. Diese schien den kurzen Kuss zwar zu genießen, doch sie schielte gleich wieder nervös zu Lilitha, nachdem er beendet war.
»Ich dachte, Ihr wolltet mit mir allein sein«, stellte Chiana ein wenig unschlüssig fest, als sich der Highlord von ihr löste und ein paar Schritte zu einem kleinen Tisch lief. Dort schenkte er eine rotdurchsichtige Flüssigkeit in ein kurzes Glas und ging mit diesem zurück zu Lilitha.
Die Rothaarige schluckte nervös und traute sich nicht aufzublicken, doch als ihr das kleine Gefäß ins Auge fiel, was er gerade aus seiner Jacke gezogen hatte, bahnte sich ein ungutes Gefühl in ihr an. Ohne den Blick von der Vampirin abzuwenden, öffnete er die Phiole und träufelte drei Tropfen in das kurze Glas. »Wenn du mich nicht ansiehst, wirst du das trinken. Verstanden?«, erklärte er so leise, dass nur Lilitha es hören konnte und sah sie so lange an, bis sie den Blick hob.
Sie riss die Augen auf und starrte das Getränk angstvoll an. Meinte er das ernst? Das konnte er nicht ernst meinen. »Aber-«, begann sie ganz leise zu widersprechen.
»Hast du … es verstanden?«, fragte er nochmal mit Nachdruck und brachte Lilitha somit zum Schweigen.
Sein Blick ließ sie nicht los und Lilitha hatte sich selten so unbehaglich gefühlt. Kurz schielte sie über die Schulter des Highlords hinweg und entdeckte Chianas verwirrten, aber auch irgendwie ungeduldigen Blick. »Ja«, murmelte sie nicht erfreut. Wie sollte sie das denn schaffen? Sie verstand überhaupt nichts mehr. Wieso hatte er sie herbestellt, um ihn anzusehen? Wollte er sie etwa quälen? Eifersüchtig machen? Denn genau das tat er hier.
Sein Mundwinkel zuckte kurz, als er sich mit dem Glas aufrichtete und wieder zu Chiana ging, um es ihr zu reichen. »Trink«, bot er ihr freundlich an, doch sie beide wussten, dass es alles andere als freundlich war.
Obwohl Chiana gesehen hatte, dass der Highlord etwas in das Getränk getan hatte, nahm sie es dennoch entgegen, warf Lilitha einen kurzen, misstrauischen Seitenblick zu und nahm dann einen Schluck.
Lilitha riss die Augen auf und schüttelte den Kopf. Es war doch gar nicht für die Hexe bestimmt gewesen! Keiner konnte sagen, wie es wirkte. »Nicht«, hauchte sie und wollte aufspringen, doch da war es schon zu spät. Chiana hatte das kurze Glas in einem Zug geleert und runtergeschluckt. Lilitha hatte die großen goldenen Augen weit aufgerissen und beobachtete die Hexe besorgt.
Genussvoll schloss Chiana die Augen und wirkte so, als hätte ihr einfach nur das Getränk geschmeckt. Doch ehe sie sich versah, stöhne Chiana plötzlich lustvoll auf und ließ sowohl ihre Körperbeherrschung, als auch das Glas fallen. Bevor diese jedoch den Boden erreichen konnte, hatte Kaden sie bereits aufgefangen und hob sie auf die Arme, ohne den Blick von Lilitha zu nehmen.
Diese schluckte. Das war doch der Plan gewesen. Wieso störte es sie dann jetzt so, dass Chiana in Kadens Armen lag? Und warum sah er Lilitha noch immer so an? Sie konnte kaum ihren Augen trauen, als er die Hexe auf dem Bett ablegte und sie aufkeuchte, während er sich auf sie legte und begann sie zu küssen.
Als eine Welle der Eifersucht Lilitha übermannte, zuckte sie zusammen und ballte ihre Hände auf ihren Knien zu Fäusten, zwang sich aber, sitzen zu bleiben. Dabei bohrten sich ihre Fingernägel in ihr Fleisch und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis Blut floß.
Doch sie hielt sich zurück. Blieb sitzen und ließ den Blick nicht von Kaden ab. Nur leider war das unglaublich schwer. Sie wollte ihn von ihr runterziehen und Chiana rauswerfen. »Warum?«, hauchte sie und eine Spur Verzweiflung lag in ihrer Stimme.
Wenn es wirklich das war, was sie dachte, dann war ihr das Auspeitschen lieber. War das wirklich seine Art, sie zu bestrafen? Psychospielchen?
Das Stöhnen der Schwarzhaarigen, das unter seinen Küssen hervordrang, ließ in Lilitha ein unerwünschtes Bedürfnis aufkommen. Eines, das sie sich ungern eingestand. Doch sie konnte nicht anders, als sich vorzustellen, an Chianas Stelle zu liegen. Wie er sie küssen und berühren würde. Sie entkleiden, ganz langsam, so wie er es mit Chiana gerade tat.
Lilithas Haut begann zu spannen und ihre Brüste wurden hart, während die Hitze zwischen ihren Beinen zusammen lief. Und das nur vom darandenken. Wie gemein.
Kaden saugte an Chianas Hals, während seine Hände über ihre Seiten strichen und langsam immer mehr ihres Körpers entblößten. Lilitha starrte sie an und keuchte auf, als sich Kadens Hand um Chianas Brust schloss. Ohne es zu merken, drückte Lilitha ihr Kreuz durch, als Kaden begann Chianas Brüste zu kneten.
Erregt rieb Lilitha ungeduldig ihre Beine gegeneinander und wartete förmlich auf irgendeine Form der Berührung, auch wenn Kaden sie überhaupt nicht beachtete. Trotzdem fühlte es sich so an, als würde er sie gedanklich küssen.
Lilitha schloss für einige Sekunden die Augen, um sich zu fangen. Ihr ganzer Körper stand in Flammen und wartete darauf, irgendwie berührt zu werden. Es war so schlimm, dass sie kurz davor war, ihre Hand zu heben und sich damit selbst über die Haut zu streichen. Zum Glück war es nicht so schlimm, wie zu dem Zeitpunkt, als sie das Mittel selbst genommen hatte.
Irgendwie beneidete sie Chiana dafür, dass Kaden schon von Anfang an bei ihr war, um ihr zu helfen. Auch wenn es dumm war so zu denken, da es Kadens Schuld war, dass sie das Mittel überhaupt erst geschluckt hatte.
Vielleicht war das hier ja wirklich eine Strafe. Oder womöglich war es seine verquere Art Lilitha zu zeigen, dass er nichts mehr von ihr wissen wollte? Sie wusste es nicht, doch im Moment schien es auch irrelevant zu sein. Sie wollte seine Berührungen spüren. Seinen heißen Atem auf ihrer Haut tanzen lassen und seinen Körper erkunden. Doch stattdessen sah sie zu, wie er mit der einen Hand Chianas Brust knetete und mit der anderen über ihre weiche Haut strich, bis hinunter zwischen ihre Beine.
Heiser stöhnte die Hexe auf und begann mit ihren Händen den Körper von Kaden abzutasten und sogar mit ihrer Hand unter seine Hose zu schlüpfen.
Ein unangenehm zerreißender Schmerz ließ Lilitha die Tränen in die Augen treten. Sie hielt es einfach nicht mehr aus. Sie musste hier raus, sonst würde sie zusammenbrechen.
Obwohl ihr Körper zitterte, schaffte sie es irgendwie auf die Beine zu kommen. Kaden war so mit Chiana beschäftigt, dass er sie sowieso nicht bemerken würde.
Lilitha erkannte nicht viel durch die Tränen, die sich bereits in ihren Augen sammelten, dennoch rannte sie auf die Tür zu. Sie musste raus aus diesem Raum und weg von diesem Szenario.
Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals und schnürte ihr die Luft ab, während sie die Tür öffnen wollte.
Plötzlich wurde sie mit einem Ruck zurückgezogen, während sie erschrocken aufschrie und begann um sich zu schlagen. »Was denkst du, wo du hingehst?«, fragte der Highlord angestrengt und versuchte Lilitha an den Handgelenken festzuhalten, um sie zu bändigen. Doch diese zappelte nur noch wilder.
Der Schmerz in ihr war ein lebendes Ding, das versuchte nach außen zu dringen. Tränen rannen ihr über die Wangen und ein Schluchzen entrang sich ihrer Kehle. Warum tat es so weh? Warum?
»Lass mich los!«, kreischte Lilitha schmerzverzerrt und erkannte ihre eigene Stimme nicht wieder. Doch Kaden hielt sie fest umklammert und schien sich nicht im Geringsten an ihren Tritten und Kratzversuchen zu stören.
»Los raus«, rief er zu Chiana, die sich auf dem Bett aufgerichtet hatte und mit schnellem Atem und fragendem Blick die beiden beobachtete. Sie schien nicht das Geringste zu verstehen. Vermutlich sogar weniger als Lilitha. Was nicht verwunderlich war, da sie noch immer diesen Blick hatte, der deutlich zeigte, dass sie unter Drogen stand. Doch anders als bei Lilitha, schien es ihr nicht ganz so schlecht damit zu gehen. Da die Stärke auf einen Vampir abgepasst war, schien sie bei einer Hexe wohl anders zu wirken.
»Was?«, fragte Chiana ziemlich überfordert und mit rauer, lustvoller Stimme.
»Raus!«, brüllte er fast schon, während sein Griff um Lilitha fester wurde und er diese an sich zog, damit sie endlich still hielt, was jedoch nicht wirklich Wirkung zeigte.
Chiana zuckte, bei dem harschen Ton, den er anschlug, heftig zusammen und rutschte zögerlich an den Rand des Bettes. Jedoch ohne den Blick von den beiden Vampiren abzuwenden.
Ihr Atem ging heftig und trotz Kadens Tonfall, der eigentlich jede Erregung hätte stoppen müssen, war sie noch immer erregt. »Das könnt Ihr nicht«, hauchte sie mit heiserer Stimme und schien den Tränen nah, während Lilitha es irgendwie schaffte aus seinem Griff zu schlüpfen und sich loszureißen.
Wütend knurrte Kaden auf, ehe er wieder auf Lilitha zu schnellte und seine Arme um ihre Taille schlang, um sie an sich zu drücken und so hoffentlich ruhig zu stellen. »Verschwinde!«, presste der Blonde angestrengt zu Chiana hervor, während Lilitha mit aller Kraft versuchte, sich schluchzend von ihm wegzudrücken.
Vollkommen überfordert mit allem, packte Chiana ihre Kleidung zusammen und drückte diese an ihre Brust, um mit unkoordinierten Schritten auf die Tür zuzulaufen.
Als sie diese öffnete, um zu gehen, wurde Lilithas Gegenwehr stärker, in dem Versuch Chiana zu folgen.
Kaden war sich nicht sicher, ob sie einfach nur aus diesem Zimmer raus, oder Chiana an den Hals fallen wollte. Es war schwer zu sagen, denn die Rothaarige zischte und knurrte auf eine Art, die Kaden überhaupt nicht gewohnt war.
Als die Tür schließlich ins Schloss fiel und Chiana den Raum verließ, wurde Lilithas Gegenwehr ein klein wenig schwächer. Dennoch hörte sie nicht auf, zu strampeln und zu beißen.































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