Kapitel 59

Lilitha blieb stehen und trat einen Schritt zurück, als sie bemerkte, dass sich einige der Haremsfrauen vor Kadens Gemächern versammelt hatten. Mit unter ihnen Chiana, deren rotes Halsband auf der perlweißen Haut, beinahe schon leuchtete. Sie schien aufgebracht zu sein und als sie Lilitha entdeckte, verhärtete sich ihre Mimik zunehmend.
Was war hier los? Sonst waren hier nie irgendwelche Haremsfrauen anzutreffen. Immerhin war es ihnen untersagt, diesen Trakt ohne Erlaubnis zu betreten. Nur wenn der Highlord nach ihnen verlangte, durften sie hierherkommen. Doch da er nicht einmal im Land war, konnte das schwerlich der Fall sein. Oder war er bereits zurückgekehrt? Doch da Kadens Mutter gesagt hatte, er wäre wohl erst jetzt angekommen, konnte das kaum möglich sein. Was also machten diese ganzen Frauen hier?
Die Wachen blieben starr stehen und gingen ihren Aufgaben nach. Niemand durfte eintreten. Den Dienstmädchen war es gestattet ein paar Mal die Woche im Zimmer für Ordnung zu sorgen und Lilitha durfte, wie Kaden es ihr erlaubt hatte, immer ein- und ausgehen, wie es ihr beliebte.
Lilitha bekam ein wirklich ungutes Gefühl. Vielleicht hatte sie jemand dabei gesehen? Womöglich glaubten sie jetzt, dass der Highlord wieder zurück war.
Wenn dem so war, wollte sie lieber nicht wissen, wie die Frauen reagieren würden, sollten sie erfahren, dass Lilitha mehr Privilegien genießen durfte, als andere. Am liebsten hätte sie sich leise und unentdeckt aus dem Staub gemacht, doch Chiana hatte sie bereits gesehen und sie ins Visier genommen. Mit schnellen, beinahe aggressiven Schritten kam sie auf Lilitha zu. »Sag ihm: Ich möchte mit ihm sprechen«, erklärte sie in demselben gebieterischen Tonfall, den Lilitha noch von ihrer Zeit als Kammerzofe kannte. Dieser Ton erlaubte keine Widerworte und erst recht kein Ungehorsam.
Lilitha bemerkte aus dem Augenwinkel, wie einer der Eunuchen, die sonst stumm in den Gängen standen und für Ordnung im Harem sorgten, seine Position änderte. So, dass er eingreifen konnte, falls es zu Problemen kam. Eunuchen hatten ihre Befehle und sie kannten das System der Halsbänder. So war es auch ihre Pflicht, die Favoritin zu verteidigen, falls andere Frauen ihr gegenüber ausfallend wurden. Taten sie es, weil Chiana einmal die Favoritin gewesen war, oder würden sie Lilitha unterstützen?
»Der Lord ist nicht anwesend, das wisst Ihr doch«, erklärte sie und versuchte dabei nicht zu kleinlaut zu klingen und sich nicht von Chiana einschüchtern zu lassen. Doch diese war größer als sie und wirkte wesentlich gebieterischer. Sie hatte eine Aura an sich, die Lilitha am liebsten auf die Knie zwingen würde. Sie verstand es, sich auf dem Stand der Favoritin zu befinden. Ganz anders als Lilitha, die nun einmal nicht sonderlich dominant war. Eine Tatsache, die zu ihrem Charakter gehörte. Doch Chiana verstand sich darauf, ihre Macht zu nutzen und sich zu behaupten.
Die Hexe schnaubte hörbar und es war deutliche Verachtung in dieser Geste zu spüren.
Lilitha konnte ihr ansehen, dass sie Luft holte, um noch etwas zu sagen, blickte dann jedoch unauffällig zu den Eunuchen um sie herum und schluckte die Antwort runter. Dafür bekam Lilitha dennoch einen eindringlichen und düsteren Blick von ihr, ehe die Schwarzhaarige sich abwandte und von Dannen schritt.
»Was soll das heißen, er ist noch nicht zurück?«, fragte eine andere Frau, die Lilitha bisher als recht umgänglich kennengelernt hatte. Wahrscheinlich weil sie, aufgrund ihrer leicht schief stehenden Augen, die sie faszinierend schön machten, sich keine wirkliche Chance beim Highlord ausrechnete.
»Er ist noch nicht wieder zurückgekehrt, sonst hätte man uns bereits informiert«, erklärte Lilitha und versuchte nicht allzu kleinlaut zu klingen.
»Warum bist du dann immer in seinem Zimmer?«, fragte eine andere anklagend.
Lilitha schabte ein wenig mit den Füßen. »Der Highlord hat mich darum gebeten, sich um seine Pflanzen zu kümmern«, war das Erste, was ihr einfiel. Kurz senkte sie beschämt den Blick, zwang sich jedoch nicht schwach zu werden und hob diesen wieder. Direkt fiel ihr Laura ins Auge, die ungläubig eine Augenbraue hob, jedoch zum Glück den Mund hielt.
Doch dafür kamen ihr genug andere sowieso zuvor.
»Was … jeden Tag rund um die Uhr, oder wie?«, bemerkte eine Frau mit blauem Halsband und rümpfte abschätzig die Nase. Fast so, als wäre sie beleidigt, dass Lilitha sie für dumm genug hielt, ihr zu glauben.
»Als würde er sie nach dem Auftritt beim Abschied noch solch niedere Arbeit verrichten lassen«, zischte eine andere eher zu den Haremsfrauen, als zu Lilitha selbst.
Diese verengte die Augen. »Sich um die Blumen zu kümmern, ist keine niedere Arbeit. Außerdem seid ihr ja nur neidisch, weil ich jeden Tag seine Räume betreten darf«, erklärte sie und wusste nicht genau, warum sie auf einmal so impulsiv wurde, aber sie mochte es nicht, wenn man über sie sprach, als wäre sie nicht da. Und über den Mann, den sie wohl liebte und über die Natur, die sie ohnehin liebte!
Ein herablassendes Lachen der Frau, welche den letzten Kommentar abgelassen hatte, fuhr Lilitha ins Ohr und schien sie geradezu zu verspotten. »Neidisch auf ein paar staubige Pflanzen? Ich denke nicht«, murmelte sie nur und mied Lilithas Blicke.
»Du kannst uns doch unmöglich sagen, du seist jeden Tag stundenlang allein da drin, um dich um Grünzeug zu kümmern«, warf nun eine andere anklagend ein, die Lilitha in dem Haremshaufen nicht einmal sehen konnte.
Ein leicht bösartiges Lächeln legte sich auf ihre Lippen. »Da du diese Behauptung aufstellst, würde ich die Behauptung aufstellen, du warst noch nie in den Räumlichkeiten des Highlords. Sonst wüsstest du, wie viele Pflanzen sich dort befinden und wie viel Arbeit es ist, diese zu pflegen. Und da du abfällig darüber sprichst, nehme ich einmal an, dass dir auch nie aufgefallen ist, wie sehr der Highlord Pflanzen schätzt. Womöglich ist auch das der Grund, warum du noch nie in seinen Gemächern warst.« Lilitha wusste, dass sie sich weit aus dem Fenster lehnte, aber sie hatte immerhin recht. Mit dem meisten jedenfalls. Der Highlord mochte es, viel Grün in seinen Räumen zu haben. Jedoch war sich Lilitha nicht so sicher, ob es wirklich an ihm lag, oder ob er es damals getan hatte, damit sie sich wohler fühlte.
So oder so, hatte sie nach den Gesichtsausdrücken der anderen Frauen wohl ins Schwarze getroffen. Schweigen breitete sich aus, schien aber eine angespannte Stimmung zu verursachen.
»In Ordnung, das reicht jetzt«, meinte Laura nun plötzlich und trat aus der Menge, um sich vor Lilitha zu stellen und zu den anderen Frauen zu sprechen. »Er ist nicht hier. Also können wir wohl alle wieder gehen«, meinte sie beinahe schon wie eine Anführerin und deutete nach hinten in die Gänge, die zum Harem führten.
Einige der Frauen folgten ihrer Anweisung mit hängenden Schultern. Andere warfen ihr und Lilitha noch ein bisschen länger böse Blicke zu, ehe sie irgendwann auch gingen. Die Eunuchen ließen die Szene nicht aus den Augen und würden dem Highlord Bericht erstatten.
»Danke«, murmelte sie zu Laura. Auch wenn sie diese aufgrund ihrer aufdringlichen Art nicht immer mochte, war sie im Moment sehr froh über ihre Gegenwart und Hilfe.
Diese drehte sich nun auch wieder zu Lilitha um und musterte ihr schwarzes Halsband. »Ich werde nicht immer da sein, Lilitha. Du solltest dir lieber nicht noch mehr Feinde machen, als du ohnehin schon hast«, flüsterte sie ihr eindringlich zu, was fast schon nach einer Warnung klang.
Lilitha seufzte. »Ich weiß, aber entweder ich wehre mich und mache mir so Feinde, oder ich lasse sie auf mir herumtrampeln. So, oder so wird es nichts ändern«, erklärte sie und zuckte die Schultern, als wäre es ihr egal. Und im Grunde war es ihr auch egal, was die anderen Frauen von ihr dachten. Nur wusste sie, dass sie mit diesen auskommen musste. Es sei denn, Kaden entließ sämtliche Frauen, die ihr nicht wohlgesonnen waren. Was unwahrscheinlich war.
Laura legte den Kopf ein wenig schief und verschränkte die Arme vor der Brust. »Umso seltener du im Harem bist, desto mehr wirst du zur Zielscheibe. Ich meine, zuerst dieser Kuss. Dann dieser Wintergarten, der anscheinend dir gehört. Und jetzt das mit dem Schlafzimmer. Was machst du da drin überhaupt? Und sag jetzt nicht Blumen gießen.«
Lilitha ließ geschlagen die Schultern hängen und seufzte. »Ich schlafe dort«, erklärte sie kleinlaut. Was sonst sollte sie sagen? Es war die Wahrheit, doch eine Wahrheit, die Laura wohl nicht glauben würde. »Weil ich ihn vermisse«, fügte sie hinzu und fühlte sich schrecklich. Es war eine Sache, mit Kadens Mutter darüber zu reden, doch mit Laura … Irgendwie hatte sie Angst vor ihrer Reaktion.
In der Tat blickte diese sie überrascht und mit offen stehendem Mund an. »Du hast mit Ihm geschlafen«, stellte sie nun mehr fest, als dass es eine Frage zu sein schien. Lilitha lief hochrot an, ohne es vermeiden zu können. Woher wusste sie das? Und wieso war das in irgendeiner Weise relevant?
»Einmal«, bestätigte sie leise und nicht so selbstsicher, oder hochnäsig, wie sie hätte klingen müssen. Laura fand einfach nicht die Haremsdame in ihr, die sie suchte. Diese Frau war … unerklärlich für sie.
Mit einem raschen Blick sah sie sich um, um sicherzugehen, dass sie außer den tauben Wachen allein waren. »Einmal nur? Ach egal!«, wiegelte sie ab und packte Lilitha mit einem schelmischen Grinsen an den Schultern. »Und wie war es?« Ja … das war wieder die Laura, die sie kannte.
Lilitha verdrehte die Augen. »Ich werde nicht darüber reden«, erklärte sie zerknirscht. »Außerdem muss ich mich jetzt beeilen. Ich möchte mich für das heutige Abendessen ein wenig schön machen, denn ich bin heute Abend mit jemandem verabredet«, erklärte Lilitha und versuchte so auch gleich das Thema zu wechseln. Dennoch war es vielleicht nicht ganz so ratsam, ausgerechnet dieses Thema zu wählen.
»Mit jemandem verabredet?«, wiederholte Laura schon fast belustigt und musterte Lilitha eindringlich, ohne ihr den Weg zu den Räumlichkeiten des Highlords freizumachen. »Also ist er doch wieder da?«, fragte sie unverständlich und hob fragend eine Augenbraue.
Lilitha seufzte. Das hatte sie jetzt davon. »Nein. Es ist eine Frau«, erklärte Lilitha ausweichend. Sollte sie Laura die ganze Wahrheit erzählen, oder lieber weiter versuchen es zu vertuschen? Auch wenn sie eben für sie eingestanden war, so konnte sie ihr trotzdem nicht vertrauen. Immerhin war sie auf gewisse Art und Weise noch immer ihre Konkurrentin.
»Wirklich? Als ich dich damals angefasst habe, hat dir das aber nicht sonderlich zugesagt«, grummelte sie fast schon beleidigt und bohrte ihren Blick tiefer in Lilithas Gesicht. Als würde sie ihre Krallen in ihr Fleisch rammen, um sie einzuengen.
Lilitha verdrehte die Augen. Wenn Laura wusste, dass es ihr nicht gefiel, warum versuchte sie es dann immer wieder? »Doch nicht deswegen«, meinte sie knirschend und sah keine andere Wahl, als die Wahrheit zu sagen. »Es scheint, als hätte ich die Mutter des Highlords auf mich aufmerksam gemacht und ihr Sohn schien ihr das hier nicht erklärt zu haben«, sagte sie und zeigte auf das Halsband. »Mir übrigens auch nicht. Ich bin genauso unwissend wie du«, fügte sie leise hinzu, damit Laura gar nicht erst anfing weitere Fragen zu stellen.
Lauras Augen wurden kugelrund, als wüsste sie nicht einmal, dass der Highlord eine Mutter hatte. »Seine Mutter?«, fragte sie entrüstet und Lilitha war dankbar, dass sie allein waren. Sonst würde sie wohl nur noch mehr böses Blut auf sich ziehen. »Ich habe seine Mutter nur bei den Festen gesehen, sonst nie. Hat er dir etwa einen Antrag gemacht?«, fragte sie ganz aufgeregt und blickte instinktiv auf Lilithas Ringfinger.
Diese wünschte sich, es wäre so, doch sie musste Laura leider enttäuschen. »Nein. Er hat mich einmal, als ich noch Chianas Dienstmädchen war, mit zu ihr genommen, als er sie besuchte. Sie scheint sich an mich zu erinnern und interessiert sich wohl für meinen Aufstieg. Wahrscheinlich möchte sie wissen, ob ich gut für ihren Sohn bin. Was eben Mütter so tun«, erklärte sie langsam und blickte Laura dann eindringlich an. Sie war eine Plaudertasche, weshalb Lilitha schon ahnte, dass ihre nächsten Worte kaum Gewicht haben würden, doch sie versuchte es trotzdem. »Das bleibt aber unter uns, sonst bekommen wir beide einen auf den Deckel.«
»Er hat dir tatsächlich seine Mutter vorgestellt«, lachte Laura ungläubig, wobei es sich eher so anhörte, als würde sie sich selbst auslachen. »Dir ist doch bewusst, dass nicht mal Chiana sie wirklich kennengelernt hat?«, fragte sie nun und schien wieder ganz da zu sein. Das Thema interessierte sie wohl sehr. »Soweit ich weiß, hat sie Chiana sogar mal gebeten, sich vom Highlord fernzuhalten.«
Lilitha verzog ein wenig die Lippen. »Er hat sie mir nicht direkt vorgestellt. Ich kniete an der Tür, als er sie besuchte und sie klang eher so, als würde sie wünschen, dass er Chiana sofort zur Frau nehmen würde«, erklärte Lilitha kleinlaut und lief nun mit Laura durch die Gänge. Der beste Ort, um sich fertig zu machen, war der Hamam. Vor allem, da sie noch ein wenig dreckig von ihrem Ausflug ins Gewächshaus war.
»Du hast sie ja auch nicht erlebt, zu der Zeit, als Chiana seine neuste Errungenschaft war«, lachte Laura, als sie sich daran zurückzuerinnerte. »Sie hat Chiana gehasst. Vermutlich auch, weil sie einfach keine Vampirin war«, fügte die Mätresse hinzu und zuckte die Schultern, als sei dieses Verhalten der Mutter des Highlords normal.
Lilitha verdrehte innerlich die Augen. Wenn sie an die Dame zurückdachte, konnte sie sich das überhaupt nicht vorstellen. Sie konnte diese Frau einfach nicht mit Lauras Erzählung in Verbindung bringen. »Dann war sie damals öfter zu sehen?«, fragte Lilitha leise, weil sie gern wissen wollte, ob Kadens Mutter sich erst so zurückgezogen hatte, oder ob das schon immer so gewesen war.
»Nicht wirklich«, meinte die Werwölfin kopfschüttelnd. »Wie gesagt: Ich sehe sie nur auf Festen. Aber es ist kein Geheimnis, dass sie Chiana nach dem Haremstanz, wo sie zur neuen Favoritin auserkoren wurde, ordentlich niedergemacht hat. Aber mit den Jahren haben sie sich auf eine distanzierte Koexistenz geeinigt. Vermutlich dem Highlord zuliebe. Du weißt schon … als ihm Chiana noch etwas bedeutet hat.«
Lilitha seufzte. Das hatte sie sich doch gedacht. Auf Laura war eben kein Verlass. Wahrscheinlich stimmte es gar nicht und sie reimte sich hier nur etwas zusammen. »Nun, mich hat sie nicht niedergemacht. Aber vielleicht auch nur nicht, weil sie nicht weiß, was dieses Halsband soll«, murmelte Lilitha und betrat den Hamam. Automatisch lief sie auf einen Bereich zu, der normalerweise kaum genutzt wurde. Sie hatte gerade bei diesem Thema wenig Lust auf Gesellschaft.
Stumm entledigte sie sich ihrer Kleidung und ihre Gedanken schweiften zu Kaden. Es schien ihr falsch, nicht bei ihm zu sein und hier sinnlose Zeit zu verschwenden, um über irrelevantes Zeug zu diskutieren.
Sie bemerkte nicht einmal, wie Laura sie neugierig musterte, während sie sich ein Handtuch um die Brust wickelte. »Ich kann schon verstehen, wieso er so auf dich fixiert ist«, murmelte Laura plötzlich nach längerem Schweigen und analysierte sie von Kopf bis Fuß.
Die Rothaarige wurde rot um die Nase und versteckte sich sofort hinter dem Handtuch. Wie hatte sie das nur vergessen können? An Kadens Blicke hatte sie sich mehr oder weniger gewöhnt, doch wenn Laura sie ansah, fühlte sie sich unwohl. Es war auch nicht das angenehme Kribbeln, welches ihre Haut bedeckte, wenn Kaden sie so musterte. Bei Laura war es einfach nur eine unangenehme Gänsehaut.
Die dunkelhäutige Frau lächelte und senkte die Lider. »So unschuldig und dennoch so aufreizend. Dass du dir dem gar nicht mal selbst bewusst bist«, erklärte sie leise und ging langsam auf Lilitha zu.
Diese machte einen Schritt zurück. »Ich möchte nicht, dass du mich anfasst«, sagte sie ernst und abweisend. Niemanden außer Kaden würde sie es erlauben ihre Haut zu berühren.
Sichtlich überrascht blieb Laura nach dem einen Schritt, den sie getan hatte, stehen und blickte sie vielsagend an. »Der hat dich ja wirklich vollkommen um den Finger gewickelt«, stellte sie belustigt fest. »Ich wollte dir nur einen Gefallen tun. Immerhin meintest du, der Highlord fehlt dir«, erinnerte sie Lilitha unschuldig und zuckte die Schultern.
»Er fehlt mir nicht auf diese Art und Weise«, erklärte Lilitha. »Sex ist nicht der Grund für unsere … Beziehung«, fuhr sie fort und hoffte, Laura würde es verstehen. Wäre sie ein Mann, hätte sie gesagt, sie würde mit ihrem Schwanz denken, doch scheinbar gab es auch ein Gegenstück bei Frauen. Laura war der Beweis dafür.
»Oh«, machte sie in einem fast schon mitleidigen Tonfall. »Es war wohl doch nicht so gut … vermutlich, weil er so lange abstinent gewesen war«, murmelte Laura nachdenklich und schien sich tatsächlich Gedanken darüber zu machen. Wieso interessierte es Laura so brennend, was Lilitha und der Highlord hinter geschlossenen Türen taten?
Lilitha seufzte. »Doch es war gut. Er war gut. Aber ehrlich gesagt ist Sex nicht unbedingt das Erste, was mich an ihm interessiert«, erklärte sie und fragte sich, wie man so triebgesteuert sein konnte, wie Laura.
Die Rothaarige nahm ihre Haare zurück und legte sich auf einen der Tische, damit eines der Dienstmädchen sie massieren konnte. Ob Kaden ihr wohl ein eigenes Dienstmädchen zur Seite stellen konnte, der sie erklärte, wie das mit dem Massieren richtig funktionierte? Sie hatte keine Lust, es jedem Dienstmädchen extra beizubringen.
Laura kicherte bei ihren Worten und begann nun auch, sich zu entkleiden. »Also wirklich, du kannst mir doch nicht sagen, dass du nicht darüber reden willst. Erzähl es mir schon. Es bleibt auch unter uns!«, bettelte sie schon fast und ließ sich auf einem Hocker nieder, um sich die Haare zu kämmen.
»In diesem Harem ist das sehr unwahrscheinlich, also nein. Ich werde dir nichts erzählen«, erklärte Lilitha entschieden und schwieg schließlich.
Ungläubig blickte Laura sie an und fuhr weiter mit dem Kamm durch ihr lockiges, blondes Haar. Nach einem genervten Seufzen rollte sie die Augen und drehte sich wieder dem Spiegel zu. »Sag mir wenigstens, wer oben lag. Mich holt immerhin niemand mehr irgendwo hin.«
Lilitha bekam ein wenig Mitleid. Ja, das war das Problem in einem Harem. Normalerweise wurden die Frauen nicht nur gut behandelt, sie bekamen auch regelmäßig ihren Sex. Doch da Kaden keine andere Frau wollte, waren diese Frauen hier mehr oder weniger zur Abstinenz gezwungen.
»Oder wie es dazu kam. Ich dachte immerhin, du wolltest nichts davon wissen, dich ihm hinzugeben«, warf sie nun ein und gab nicht auf, Lilitha zum Reden zu bringen. Geschmeidig richtete sie sich wieder von dem Hocker auf und legte sich auf eine Steinplatte, um den heißen Dampf zu genießen, der ihre schokoladenfarbene Haut umspielte.
Lilitha seufzte. »Es war kurz vor seiner Abreise«, murmelte sie und genoss die Massage des Dienstmädchens.
»Ah … diesen Prozess seid ihr also durchlaufen. Verstehe. Du dachtest wohl jetzt oder nie, was? Also hast du den ersten Schritt getan?«, fragte sie und klang überrascht.
Lilitha seufzte erneut. »Ja und nein. Ich wollte ihm etwas schenken und da er sich das gewünscht hat …«, hier zuckte sie die Schultern und fragte sich, warum sie überhaupt über dieses Thema sprach und ob sie es dann mit seiner Mutter erneut besprechen musste. Hoffentlich nicht. Es war schon schlimm genug, mit Laura darüber zu reden. Doch mit seiner Mutter zu sprechen, wie intim sie mit ihm war, ging dann doch zu weit.
»Er hat es sich gewünscht?«, fragte Laura und rümpfte die Nase. »Ich muss zugeben, ich hätte es mir anders vorgestellt.«
Lilitha brummte frustriert über Lauras Engstirnigkeit. »Nicht so, wie du jetzt denkst«, murrte sie mürrisch. Wie sollte sie es denn so erklären, dass Laura es verstand? Sollte sie ihr sagen, dass sie sich ihm die ganze Zeit verweigert hatte? Dass er es gewesen war, der sie verführt hatte? Vermutlich würde sie es so oder so falsch verstehen. Laura war nun mal Laura. Und das würde sich wohl auch nicht ändern.
»Wenn du meinst …«, entgegnete sie nur und schloss wieder die Augen. »Ich denke, es hat dir mehr gefallen, als du zugeben willst. Und ich stelle sogar die freche Vermutung zu behaupten, dass du dich nach einer zweiten Runde verzehrst. Wie er dich berührt und er schmeckt«, erzählte sie, während ihre Stimme immer leiser und gedämpfter wurde, als würde sie Lilitha ein Bild mit Worten malen wollen.
Doch diese hatte die Augen geschlossen und gab sich ihrer Erinnerung, an die letzten Stunden mit Kaden hin. Sie wollte jetzt bei ihm sein und nicht hier!
Laura redete weiter auf sie ein, wohl in der Annahme sie würde zuhören, doch das tat sie nicht.
Und so vergingen die Stunden, bis schließlich das verheißungsvolle Abendessen anstand.



























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