Neckereien
Am Abend herrschte wieder der übliche Betrieb im Clubhaus, die Mehrheit des Rudels war da und es herrschte eine ausgelassene Stimmung.
Die Nachricht, dass der Reaper keine Gefahr für das Rudel mehr darstellte, hatte sich wie ein Lauffeuer verbreitet.
Da für das Wochenende sowieso eine Party geplant war, wurde kurzerhand beschlossen, sie noch grösser ausfallen zu lassen.
Eigentlich wäre es Reapers Geburtstagsparty gewesen, doch nun würde es kurzerhand ein verdammtes Fest werden.
Reaper sass noch immer an dem Platz, an dem Johanna ihn zurückgelassen hatte.
Sie ging zu ihm hin, selbst vollgeklebt mit Pflastern und diversen Verbänden und stellte ihm einen Kaffee hin.
„Du brauchst neue Pullover“, sagte sie leise zu ihm und schob ihm 200€ hin.
„Hol dir Morgen 4-5 Rollkragenpullis, sonst sieht jeder gleich die Markierung und das muss nicht sein. Vor allem nicht, da sie die nächsten Monate noch sichtbar sein wird.“
„Und was machst du?“ Reaper hob eine Augenbraue.
Es war ja nett, dass sie daran dachte und auch, dass sie ihm das Geld gab, aber er war weder knapp bei Kasse, noch mochte er Rollkragen.
„Mach dir um mich mal keine Gedanken, ich habe genug Halstücher“, meinte sie und zuppelte an besagtem Kleidungsstück rum, das sie trug.
Es stimmte, sie hatte in ihrem Zimmer oben eine komplette Schublade voller Schals und Tücher, die sie regelmässig trug.
Am nächsten Tag klopfte es an Johannas Tür, als sie gerade dabei war, ihre Wäsche zu falten.
Ohne eine Antwort abzuwarten, trat Reaper ein, schloss die Tür hinter sich und lehnte sich dagegen.
„Hallo Mama.“
Aha. Er nannte sie also immer noch Mama, wie alle andern auch. Was hatte sie erwartet? Liebling? Schönheit? Bella? Zum Teufel, was war das überhaupt für ein Gedanke?
„Was willst du?“, fragte sie kühl und ohne von ihrer Wäsche aufzublicken.
„Ich hab was für dich. Eine kleine Entschuldigung, dass ich dich einfach so mit meiner Markierung überfallen habe. Es war unhöflich von mir.“, antwortete Reaper und stellte eine Schachtel auf ihre Kommode. Daneben legte er die 200€, die sie ihm am Vorabend gegeben hatte.
„Du solltest doch…“, fing Johanna an, doch weiter kam sie nicht, als sie sich umdrehte und Reaper ansah.
Er hatte kein Rollkragenpullover an, sondern ein verdammtes Rollkragenshirt, das jeden seiner Muskeln noch extra betonte.
„Ich hoffe, du hast mehr als eins gekauft“, schwenkte sie um und fuhr damit fort, die Spitzenunterwäsche in ihrer Hand zu falten.
„Hältst du mich für so blöd? Ich hab 10 von diesen Dingern für den Sommer und vier Pullis für den Winter. Ich hab keinen Bock, mir den Sommer über irgendwelche Spötteleien aufgrund Pullis anhören zu müssen“, knurrte er zurück.
Johanna nickte und sah zufrieden aus.
„Und was willst du dann noch hier? Du weisst, dass ich niemanden in meinem Zimmer dulde.“, zischte sie und drehte sich wieder zu ihrer Wäsche.
Mit zwei Schritten war er hinter ihr und umfasste ihre Taille.
Sie schnellte hoch, wollte sich umdrehen, doch er hielt sie fest, strich mit seinen Lippen über ihr Ohr.
„Ich will dich immer noch, Mama“, raunte er leise und atmete ihren Duft ein.
Sie erschauderte kurz ob seiner Worte, doch er zog sich zurück und liess sie alleine.
Die Wärme seiner Hände auf ihrer Taille blieb wie ein flüchtiger Hauch, doch seine Worte frassen sich durch ihre Hirnwindungen.
Ein erneutes Klopfen holte Johanna aus ihrer Starre heraus.
Sie öffnete die Tür, diesmal war es der Prez, der vor ihr stand.
„Hey Mama, darf ich rein kommen?“, fragte er höflich, aber bestimmt.
Er schloss die Tür hinter sich und blickte Johanna an.
„Alles in Ordnung, Mama? Du siehst ein bisschen durch den Wind aus.“
Sie lächelte. Der Alpha hatte eine sehr charmante Art zu sagen, wenn man beschissen aussah.
„Was erwartest du, Geralt? Dass ich heute so frisch und unschuldig aussehe, wie ein Rehkitz? Nein, mein Lieber, das wird noch ein oder zwei Tage dauern. Selbst ich heile nicht in Rekordzeit.“
Sie begann die Wäsche in den Schrank zu räumen, der Blick des Prez fiel auf den Geschenkkarton und seine Neugierde war offensichtlich.
Er hob eine Augenbraue und blickte Johanna an.
„Nein, Geralt, ich habe keinen Verehrer“, schnaubte sie entnervt und verdrehte die Augen.
„Es ist von Reaper, eine kleine Entschuldigung für die ganze Sache mit der Markierung und so.“
Scheisse… das mit der Markierung hatte sie eigentlich nicht sagen wollen.
„Wie bitte? Er hat dich markiert?“
Der Prez schaute sie ungläubig an.
Sie seufzte und zog ihr Halstuch runter, erzählte, was im Keller alles passiert war.
„Na, dann wundert es mich nicht, dass die Jungs beim Putzen da unten beinahe reingekotzt haben…“, meinte er leise und zog die Stirn in Falten.
„Sehr witzig.“, meinte Johanna zynisch und legte sich das Halstuch wieder um.
Dann öffnete sie die Geschenkbox.
Darin lag ein Kleid, blassgrün mit einem etwas dunkleren Blättermuster drauf und dazu ein passendes Bettelarmband.
Sie hob das Kleid hoch und betrachtete es. Es war definitiv schön und entsprach auch voll und ganz ihren Geschmack, doch sie war sich nicht sicher, ob sie es jemals tragen würde.
Hinter ihr pfiff es anerkennend.
„Wow, da hat jemand aber ein gutes Auge.“
„Verpiss dich, Alpha!“, knurrte Johanna und warf ihm einen eisigen Blick zu.
Geralt grinste, hob die Hände und dackelte zur Tür.
„Du solltest es zur Party anziehen“, meinte er und verschwand.
Später ging sie in den Aufenthaltsraum runter und starrte einem grinsenden Reaper ins Gesicht. Vor sich hatte er eine Flasche Bier.
„Hallo Mama“
„Ich sagte doch, kein Alkohol, solange die Wun…“ Johanna brach den Satz ab und stürmte auf Reaper zu, zerrte ihn herum, drückte ihn gegen die Bar und zog sein Shirt hoch.
„Nicht so stürmisch, Mama“, neckte er sie, stützte sich an der Bar ab und winkelte sein Knie an, um sein Bein auf die Fusstütze zu stellen.
Der Duft seiner Erregung stieg ihr in die Nase, er war immer noch in Hitze, doch er konnte sich beherrschen.
Die Tür des Clubhaus ging auf und ein paar der Members kamen rein, gefolgt von ein paar Clubmädels.
„Oh!“
Sie blieben überrascht stehen, denn der Anblick, der sich ihnen bot, schien eindeutig: Mama ging Reaper an die Wäsche.
Yves, der VP und Beta des Rudels, versuchte, die Situation zu entspannen: „Reaper, du sollst doch kein Bier trinken, bis die Wunde geschlossen ist!“
Johanna schon daraufhin Reapers Shirt noch weiter hoch, sodass es alle sehen konnten: die Wunde an Reapers Flanke war geschlossen, noch lange nicht fertig ausgeheilt, aber zu.
„Was meinst du, was ich gerade gemacht habe, VP?“, knurrte Johanna und trat von Reaper zurück.
„Glaubst du wirklich, ich würde ihm an die Wäsche wollen? Dann würde ich es sicher nicht wie eine Teenager-Göre anstellen!“
Sie verschwand nach oben und liess einen amüsierten Reaper und einen sprachlosen VP zurück.
Was war los mit ihr?
Der Samstag kam und damit die riesige Party für Reaper.
Etwas unentschlossen stand Johanna vor ihrem Spiegel, sie kam sich so albern vor, wie ein 17- jähriges Mädchen.
Sie hatte das Kleid von Reaper angezogen und es sass perfekt, er hatte wirklich ein gutes Auge.
Der Hals war komplett umschlossen, die Markierung perfekt verdeckt, die Schultern waren frei. Kurz über dem Knie endete das Kleid. Auch das Armband passte perfekt dazu.
Reaper sass an der Bar und unterhielt sich mit ein paar Kumpels, als ihr Duft in seine Nase stieg. Sie roch absolut betörend!
Er drehte sich um und schluckte kurz.
Sie kam gerade die Treppe runter und sie war wunderschön.
Das rote Haar locker hochgesteckt, ein leichtes Make Up, passend zu dem Kleid und dem Schmuck, was er ihr gekauft hatte und dazu schwarze Pumps.
Seine Hitze züngelte augenblicklich wieder hoch und schrie ihn an, sich auf sie zu stürzen und ihr vor allen das Hirn raus zu vögeln.
Werwölfe waren gute Liebhaber, sowohl die Männer, als auch die Frauen, sie wussten immer genau, was sie taten.
Er lehnte sich zurück und blickte Johanna weiter an. Er konnte sich zügeln, er konnte sich beherrschen.
Er brauchte Geduld, wenn er Johanna erobern wollte. Er hatte Geduld.
Johanna ging zur Bar, um wie üblich auszuschenken, doch der Prez trat ihr in den Weg und schüttelte den Kopf.
„Heute sind die Clubmädels dran, Mama, nicht du. Du geniesst die Party, die letzten Tage waren hart für dich.“
Das Wort des Alpha war Gesetz, also wandte sie sich ab und gesellte sich zum Rudel.
Johanna lachte, sie tanzte, sie spielte mit den Kindern, ihr entging allerdings nicht, dass sie die ganze Zeit von Reaper beobachtet wurde.
Verschwand sie aus seinem Blickfeld, drehte er sich so, dass er sie wieder sehen konnte, sehr subtil, aber ihr fiel es auf.
Später am Abend lehnte sie an der Bar und trank ein Bier, als Reaper sich zu ihr gesellte.
„Das Kleid steht dir“, meinte er und griff das Bier, das ihm gereicht wurde.
„Danke.“, murmelte sie und nahm einen Schluck aus ihrem Glas.
Sie standen eine Zeit lang so da, da ergriff Johanna das Wort:
„Warum hast du es getan?“
„Weisst du das nicht?“, knurrte Reaper leise und drehte sich zu ihr.
„Reaper, sowas tut man nicht einfach so aus Spass“, zischte sie. Sie wäre ihm am liebsten an den Hals gesprungen, doch sie war klug und alt genug, um sich zu beherrschen.
Reaper grinste wieder, bückte sich zu ihr und flüsterte „Ich weiss“ in ihr Ohr, bevor er sich umdrehte und zu seinen Kumpels zurück ging.
„Mama sieht schockiert aus, was hast du ihr gesagt?“, wollte einer von Reapers Kumpels wissen.
Sie waren eher rangniedrig, aber sehr loyale Soldaten und Freunde. Solche, die mit einem in der Zelle sassen und nicht vorwurfsvoll davor.
„Ich hab ihr gesagt, dass sie in diesem Kleid nen geilen Arsch hat“, meinte er nur kurz und blickte zu ihr.
Seine Kumpels pfiffen anerkennend zu seinem Mut, denn keiner von ihnen würde so etwas jemals zu Johanna sagen.
Dafür hatten sie zu grossen Respekt vor ihr.
Die Party nahm ihren Lauf und wurde immer ausgelassener und als die Kinder dann weg waren, kam sie erst richtig auf Hochtouren.
Drogen machten die Runde und die Nutten waren da.
Johanna pfiff Reaper zu sich heran.
„Du kannst vögeln, mit wem du willst, aber stell sicher, dass sie kein Wolf ist. Und sei anständig und lass sie leben.“
Sie entfernte sich und verschwand hinter der Bar, es war einfach nicht ihr Stil, nichts zu tun.
Sie schickte die Mädchen in den Feierabend und war wieder in ihrem Element.
Der Prez hatte es mitbekommen und schüttelte nur den Kopf, so war Mama nunmal, sie ignorierte selbst die Befehle eines Alpha.
Geralt sah sich um und sah Reaper mit den Barmädels nach oben verschwinden.
„Mama? Alles in Ordnung?“, fragte er Johanna und legte einen Arm um sie.
„Ich hab ihm gesagt, er kann vögeln, wen immer er will, nur, dass es kein Wolf sein darf“, meinte sie, „warum fragst du?“
„Weil du traurig aussiehst.“
Johanna blickte ins Leere.
„Ich weiss nicht, was mit mir los ist, seit wir uns markiert haben… Meine Gedanken sind anders und ich kriege seinen verdammten Geruch nicht aus der Nase“, murmelte sie.
Der Prez lachte und klopfte ihr auf die Schulter.
„Das wird schon, meine Liebe, das ist normal. Kann es sein, dass du noch nie komplett markiert wurdest?“
Sie schüttelte den Kopf.
Sie hatte zwar schon die eine oder andere Markierung gekriegt, oder auch selbst markiert und ihre Erfahrungen soweit gesammelt, aber letztlich hatte sie es bevorzugt, allein zu bleiben..
Eine gegenseitige, komplette Markierung war neu für sie.
„Es stört dich, dass er mit den drei Gören da oben ist, nicht wahr, Mama?“
Der Prez hatte sehr leise gesprochen, doch die Worte bohrten sich in ihr Gehirn, als ob er sie geschrien hätte.
„Ja…“, sagte sie und stütze sich auf dem Tresen ab. „Ja, es stört mich. Ich komme mir gerade vor, wie eine 17-Jährige, die einen Typen aus der Ferne anhimmelt und auf jedes Mädchen eifersüchtig ist, die er auch nur ansieht…
Ich werde Morgen mit ihm reden.“
Das Gespräch war beendet und der Alpha zog sich zurück, wandte sich wieder seiner Old Lady zu und genoss den Rest der Nacht mit ihr.
Die Party neigte sich langsam dem Ende zu, es war vier Uhr früh.
Johanna räumte die Gläser zusammen und sammelte die Flaschen ein, so, wie sie es immer tat, bevor sie zu Bett ging.
Sie blickte auf, als sie die Treppe knarzen hörte und erblickte Reaper, wie er nur in Shorts da stand und sie anblickte, Hunger in seinen Augen.
Ein Schauer lief ihr über den Rücken, doch sie schüttelte ihn ab und trug die Flaschen zur Bar.
Die Musik hatte sie schon zuvor leiser gedreht.
Reaper folgte ihr zur Bar und als sie sich über den Tresen lehnte, um die Flaschen abzustellen, trat er hinter sie und umfasste ihre Taille.
Sie erschrak nicht und zuckte auch nicht zurück, es war fast so, als hätte sie es erwartet.
„Tanz mit mir“, raunte er in ihr Ohr und zog sie langsam von der Bar weg.
„Sag bloss, an dir ist ein Romantiker verloren gegangen?“, spöttelte sie, doch sie liess sich mitziehen und drehte sich zu ihm.
Er zog sie an sich ran und sie bewegten sich langsam zur Musik.
„Du stinkst nach diesen Schlampen“, meinte sie und rümpfte die Nase, umschlang mit ihren Händen seinen Nacken.
Die Berührung seiner Markierung jagte tausende Blitze durch seinen Körper und sorgten bei ihm für eine Gänsehaut.
Natürlich blieb dies von Johanna nicht unbemerkt, sie war schliesslich nicht blind.
Sie sah Reaper von unten her an, sie war zwar nicht klein, aber er war ein verdammter Hüne.
Er beugte sich zu ihr runter und legte sanft seine Lippen auf die ihren, ein leichter, zärtlicher Kuss.
Seine Hände streichelten ihre Taille, sein Gehirn war komplett betört von ihrem Duft. Er wollte mehr von ihr, hier, jetzt!
In Johannas Kopf wirbelte es. Reapers Kuss war sanft und zärtlich, seine Hände weich und vorsichtig, als er ihre Taille streichelte.
Langsam löste sie den Kuss und blickte ihn an.
„Ich bin viel zu alt für dich, Reaper…“, flüsterte sie leise und wollte sich von ihm lösen, doch er zog sie nur noch näher an ihn heran.
„Und wenn du 300 Jahre alt bist, das ist mir egal“, knurrte er und fuhr mit seiner Nasenspitze an ihrer Ohrmuschel entlang.
„Ich BIN über 300 Jahre alt, Reaper!“
Sein Kopf schnellte hoch und er blickte sie etwas fassungslos an. Wie bitte?
„Ich bin ein Diamantwolf. Deshalb konnte ich dich auch überhaupt in Schach halten.“, murmelte sie und löste ihre Hände von seinem Nacken.
Sie hatten längst aufgehört zu tanzen.
„Reaper werden doch ähnlich alt, wie Diamantwölfe, oder?“, fragte er plötzlich und schaute sie an.
„Ihre Lebensspanne ist etwa 250-300 Jahre kürzer als unsere“, entgegnete Johanna. „Warum meinst du?“
„Das ist gut“, grinste er und zog sie nun endgültig an sich heran.
„Dann haben wir mehr als genug Zeit miteinander.“
Er küsste sie erneut, diesmal jedoch nicht so sanft wie zuvor, sondern rau und fordernd, danach liess er sie los.
Johanna stolperte zurück, sichtbar irritiert über das plötzliche Loslassen.
Reaper strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht, hauchte ihr ein leises „Gute Nacht“ ins Ohr und machte sich auf den Weg in sein Zimmer.
Teufel und eins, was zur Hölle war das gerade gewesen?
Johanna stand da wie angewurzelt und das eben Geschehene wanderte langsam durch ihre Hirnwindungen.
Sie hatten getanzt, sie hatten sich geküsst, sie hatten einen einzigen Teil des Ganzen besprochen.
Johanna drehte sich langsam um und folgte Reaper nach oben, steuerte jedoch ihr eigenes Zimmer an.
Sie hatte schon ein paar Beziehungen hinter sich, aber nie den Mut gehabt, sich wirklich zu binden. Und Reaper sprach hier gerade von lebenslang.
Johanna seufzte.
Sie kannte ihn schon sein ganzes Leben lang und es fühlte sich seltsam an, mit jemandem eine Beziehung einzugehen, bei dessen Geburt sie dabei gewesen war.
Und trotzdem… irgendwie war es richtig, diesen Schritt zu wagen.
Als Reaper war er etwas Besonderes und da sie es war, die ihn gezähmt UND markiert hatte, waren sie für ihr restliches Leben aneinander gebunden.
Normalerweise fanden Werwölfe im Laufe ihres Lebens einen Gefährten und damit war gut. Familie, Einklang, usw.
Für einen Reaper war dies schwieriger, aufgrund ihrer Mordlust und für Diamantwölfe war es eher unnatürlich, tatsächlich einen Gefährten zu finden, schlicht und ergreifend aufgrund der langen Lebensdauer.
Johanna lehnte sich an ihre Zimmertür. Würde sie jemals mit Reaper vögeln? Abgeneigt war sie definitiv nicht, denn er sah verdammt gut aus.
Über kurz oder lang würden sie beide miteinander schlafen, damit seine Mordlust nicht Überhand nahm.
Aber es gab nunmal Sex und Sex.
Sie seufzte und ging zu Bett, es war alles ein bisschen viel auf einmal gewesen.
Die nächsten Wochen zogen ins Land und Reaper gab sich alle Mühe bei Johanna, ohne für die anderen auffällig zu sein.
„Hey Mama“, rief er, als er ins Clubhaus kam.
„Hier sind die Einkäufe, die du haben wolltest!“
Es war üblich, dass Johanna öfter mal die Jungs zum Einkaufen schickte, insbesondere wenn sie gerade auf die Kinder des Rudels aufpasste. Heute war so ein Tag und Reaper, der wie sie im Clubhaus wohnte, hatte diesmal dran glauben müssen.
Er war jetzt drei Wochen für den Club unterwegs gewesen und war tiefenentspannt zurück gekommen.
Im Club galt die Regel, dass man seiner Old Lady alles erzählte, oder gar nichts.
Reaper hatte sie am Vorabend aufgesucht und sie hatten lange geredet.
Johanna wusste schon immer über beinahe alles Bescheid, es war nur noch wenig, das Neu für sie war.
Der Club hatte noch mehrere Rechnungen offen gehabt, die Reaper nun beglichen hatte.
„Stell sie bitte hinter die Bar“, antwortete Johanna und hob das Baby hoch.
In 10 Minuten würde die Mutter wieder da sein, dann konnte sie alles weg räumen.
Reaper sah sie an, als sie zu ihm hinter die Bar kam.
„Das Baby steht dir, Mama“, meinte er und fing an, die Einkaufstasche auszuräumen.
„Spar dir dein Gesülze, Reaper“, zischte sie zurück, musste jedoch lachen.
Er war wirklich zuvorkommend und schmeichlerisch gewesen, er umgarnte sie nach allen Regeln der Kunst, jedenfalls so gut es ging, dass das Rudel nichts mitkriegte.
Johanna hatte im Rudel neben dem Alpha und seiner Frau den grössten Respekt und wer sich ihr zu nähern wagte, hatte praktisch sein Todesurteil unterschrieben, denn Mama fasste man nicht an.
Und Reaper brach mit dieser ungeschriebenen Regel.
Natürlich, mit seinem neuen Status hatten sich für ihn die Spielregeln geändert und er konnte beinahe alles tun und lassen, was er wollte, weil alle Angst vor ihm hatten.
Bis auf Johanna.
Ihr Handy, das auf der Bar lag, klingelte plötzlich, es war der VP.
„Warum ruft er dich an?“, knurrte Reaper und seine Augen wurden dunkler.
„Eifersüchtig?“, grinste Johanna und drückte das grüne Symbol.
„Yves?“, sagte sie und hörte dann einfach zu, das Lächeln gefror ihr auf dem Gesicht ein.
„Ja, natürlich! Ich schick dir Reaper vorbei, ich habe noch das Baby von Laura hier und kann gerade nicht weg.“
Mit diesen Worten legte sie auf und drehte sich zu Reaper um.
„Yves und seine Familie hatten einen Autounfall…“, sagte sie mit einem leichten Zittern in der Stimme.
„Ihre Tochter ist unverletzt, Yves nur leicht, aber Kayla… es kann sein, dass sie nicht überlebt…“
Reaper hatte in seinen Bewegungen – er war immer noch damit beschäftigt die Einkäufe wegzuräumen- erstarrt.
Er kannte Kayla sehr gut, sie hatte oft auf ihn aufgepasst, als er noch klein war und Johanna keine Zeit hatte.
„Du musst Regina im Krankenhaus abholen, ich kann nicht weg, solange Laura noch nicht da ist.“, hörte er Johanna sagen.
Er nickte, nahm sich die Schlüssel für den Familienwagen vom Schlüsselbrett, dann drehte er nochmals kurz um, nahm Johanna kurz in den Arm und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn.
„Es wird alles gut“, flüsterte er und machte sich auf den Weg ins Krankenhaus.
Am Abend war das ganze Rudel im Clubhaus versammelt.
Die Members waren im Sitzungszimmer, zusammen mit dem VP, der kurz vorbeischaute, um nach seiner Tochter zu sehen.
Johanna hatte Regina bereits den ganzen Nachmittag bei sich, selbst auf Toilette, da die Kleine heftige Panikanfälle bekam, wenn man sie alleine liess.
Es stand bereits fest, dass sie bei Johanna schlafen würde, falls Yves in der Nacht bei seiner Frau bleiben würde.
Die Flügeltür des Sitzungszimmers öffnete sich, Yves verschwand ohne eine weiteres Wort aus dem Clubhaus, die Members informierten ihre Frauen und die Clubmädchen.
Reaper ging zu Johanna.
„Ich werde mein Zimmer räumen, ich gehe in das kleine Zimmer schräg gegenüber. Dann können Yves und Regina es haben, während Kayla im Krankenhaus ist und auch nachher, falls notwendig.“, meinte er und angelte sich eine Bierflasche.
„Sehr grosszügig“, meinte Johanna und blickte ihn an. „Und du hast sicher keine Hintergedanken?“
Reaper grinste: „Habe ich die nicht immer?“
Johanna verdrehte die Augen und strich Regina zärtlich über den Kopf.
Das Zimmer, das Reaper nun beziehen würde, lag direkt neben ihrem und es hatte eine Verbindungstür durch das gemeinsame Bad.
Der kleine Bastard hatte die Gunst der Stunde genutzt, um ihr auf die Pelle zu rücken.
„Dann sorgst du aber gefälligst dafür, dass du dein altes Zimmer auch selbst reinigst und das Bett neu beziehst!“
Reaper zwinkerte ihr zu und verzog sich nach oben, er tat, wie Johanna ihn geheissen hatte.
Er warf seine Klamotten in seine Sporttasche und packte seine Waffen dazu, dann holte er seine Seife, sein Deo, seine Zahnbürste, Zahnpasta und seine Haarbürste aus dem Bad und hatte fertig gepackt.
Er zog die Bettwäsche runter und neue auf, danach holte er den Staubsauger und den Wischmopp.
Nach knapp 20 Minuten war das Zimmer komplett gereinigt und bezugsbereit für Yves und seine Familie.
Reaper nahm seine Sporttasche und stellte sie in seinem neuen Zimmer auf das Bett, blickte sich um. Es war echt klein, kaum mehr nur zum übernachten oder vögeln gedacht, aber sicher nicht zum wohnen.
Aber… da war diese eine Tür, die zum Badezimmer führte und die Tür dahinter, die führte zu Johanna.
Er leckte sich lüstern über die Lippen, als er die Badezimmertür öffnete und sich vorstellte, wie sie unter der Dusche stand, während ihm ihr Duft in die Nase stieg.
Augenblicklich spürte er, wie die Hitze in ihm aufflammte und die Erregung ihn überkam.
Er trat ins Bad ein und sah sich um.
Natürlich war es sauber und aufgeräumt, doch da Johanna auch hier wohnte, war es eben doch ein etwas persönlicheres Bad, als die anderen. Kleine Dekogegenstände und Pflanzen waren Stil- und liebevoll hingestellt worden und neben der Wanne befand sich ein kleiner Tisch mit diversen Badezusätzen, hübsch arrangiert.
Reaper ging zum Waschbecken und stellte Zahnbürste und Zahnpaste in den zweiten Becher, seine Haarbürste in den Spiegelschrank und die Seife in die Dusche.
Ja, verdammt, er war wirklich ein Bastard.
Am Abend kam Yves wieder, als sie gerade beim Abendessen waren.
Das Clubhaus war immer noch sehr voll, obwohl viele Rudelmitglieder wieder nach Hause gegangen waren.
Heute hatten die Old Ladies gekocht, damit Johanna sich um Regina kümmern konnte.
Das Mädchen sprang auf, als sie ihren Vater eintreten sah und sprang ihm weinend in die Arme.
„Kayla ist soweit stabil.“, sagte der VP leise und setzte sich an den Tisch.
„Dann bleibst du heute Nacht?“
Zu aller Überraschung war es Reaper gewesen, der gefragt hatte.
Yves nickte und nahm einen vollen Teller entgegen.
„Jetzt heisst es warten, mehr kann ich im Moment nicht für sie tun.“, antwortete er und begann zu essen.
Johanna drehte ihren Kopf leicht zu Reaper und sah ihn aus dem Augenwinkel scharf an.
Sie konnte riechen, dass er wieder in Hitze war und es jagte ihr kalte Schauer über den Rücken.
Bisher war da ein Flur gewesen, der ihn davon abgehalten hatte, sie aufzusuchen, nun war da nur noch eine Tür…
Der Gedanke daran, dass er plötzlich in besagtem Türrahmen stehen könnte, leicht geduckt, damit er sich nicht den Kopf stiess und sie mit seinen Blicken auszog, erzeugte bei ihr eine Gänsehaut.
Tatsächlich war sie zwei Nächte zuvor aus dem Schlaf hochgeschreckt, nachdem sie geträumt hatte, wie er sie in Bad von hinten an der Taille gegriffen, sie mit Küssen übersät und im Anschluss gegen die Wand gedrückt hatte, seine Erektion hart zwischen ihre Schenkel gepresst.
Ein Schweisstropfen rann Johanna die Schläfe hinunter. Bei allen Göttern, was war jetzt los?
Sie brauchte einen Moment, dann realisierte sie, was das Grinsen in Reapers Gesicht bedeutete, als er einen Schluck von seinem Bier war.
Der Rest des Rudels behielt die Conténance und achtete überhaupt nicht darauf: Bei Johanna war gerade die Hitze gekommen.




























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