AdD2-Kapitel 10
Yuvan schnaubte. »Lass mich los«, forderte er ungerührt.
Das alles war einfach so lächerlich, dass Yuvan einfach nicht glauben konnte, dass das stimmte.
Giori war nie und nimmer Rhanas Vater. Vermutlich hatte er sich in die Fee verliebt. Verübeln konnte es Yuvan ihm nicht, denn Rhana war sehr schön. Besonders jetzt nach ihrer Wandlung.
Giori kniff die Augen zusammen. »Erst sagst du mir, wie du zu Rhana stehst«, forderte er ungeduldig.
Erneut schnaubte Yuvan. »Sie ist eine Freundin. Da läuft nichts. Ich bin ja nicht lebensmüde. Jeder weiß, dass sie Idris Mädchen ist«, bemerkte er, wobei er letzteres wie eine Warnung klingen ließ. Yuvan wusste nicht, wie gut Giori und Idris sich kannten, doch da er Lehrer an der Schule war, mussten sie zumindest Bekannte sein.
Giori blinzelte und ließ dann plötzlich von ihm ab. »Idris Mädchen, huh«, murmelte er zu sich selbst und grinste dann plötzlich. »Das erklärt einiges.«
Yuvan konnte ihm nicht folgen und wollte es eigentlich auch nicht. Ob sich Giori nun mit Idris anlegte oder nicht, war ihm eigentlich egal. Wobei er gern zusehen würde. Für ihn bestand kein Zweifel, dass Idris Giori in Stücke reißen würde, wenn sich dieser an Rhana ran machte. Was auch der einzige Grund war, warum Yuvan im Umgang mit Rhana immer sehr vorsichtig war. Wenn es nach ihm ginge, hätte er sie schon längst verführt. Er wollte sich jedoch auf der Schule keine Feinde machen.
Frustriert, dass er sich nicht losgerissen hatte, richtete sich Yuvan seine Kleidung. »Das solltest du lieber lassen. Sonst könnte das noch als Kriegserklärung aufgefasst werden«, bemerkte er, wobei er es absichtlich so klingen ließ, als wäre damit die Sache mit Rhana und Idris gemeint.
Die Vorstellung, er würde von Nordländern erwischt werden, wie er so mit dem Neffen der Königin umging, erheiterte ihn irgendwie.
Allerdings hatte Yuvan kein Glück, das zu sehen.
Stattdessen erreichten sie ihr Ziel. Den Kristallsee, der ruhig unter der langsam untergehenden Sonne lag.
Diese spiegelte sich im Wasser und tauchte die Umgebung in ein buntes Farbenspiel, das Yuvan nicht weniger interessieren könnte. Es war ein gewohnter Anblick, doch als auch Giori nicht darauf reagierte, fragte er sich, ob dieser vielleicht schon öfter hier gewesen war.
Alles sprach dafür, doch Yuvan konnte ihn niemanden zuordnen, der die Erlaubnis hatte, den Kristallsee zu betreten.
Nachdenklich starrte Yuvan auf die großen Steinfiguren, die als Wächter rund um den See platziert waren. Er wusste sehr genau, dass diese ungebetene Eindringlinge angriffen und abwehrten. Man musste sich erst die Erlaubnis einholen.
Seine lag in seinem Blut, doch er fragte sich, was Giori für eine hatte. Daher ließ er ihn auch vorlaufen.
Sollten die Statuen, die nicht weniger waren als magische Golems, ihn angreifen, könnte er ihn retten und damit angeben.
Yuvan malte sich den Moment bereits vor seinen inneren Augen aus, doch Giori passierte die Statuen, als wäre nichts dabei. Als wären diese einfach nur unbelebter Stein.
Was war hier los? War vielleicht schon etwas passiert und der Zauber, der dieses Gebiet beschützte, gebrochen?
Yuvan spürte Sorge in sich aufkommen und seine Sinne schärften sich. Jede Bewegung, jedes Geräusch und alles, was irgendwie anders war, wurde registriert.
Nur war nicht wirklich etwas anders.
Selbst das sanfte Knistern in der Luft, das nur diejenigen wahrnehmen konnten, die über Magie verfügten, war zu spüren. Dabei hatte er Stille erwartet, weil die Wächter sich nicht bewegten.
Skeptisch betrachtete Yuvan eine der Statuen, die einen wunderschönen Drachen zeigte.
Es gefiel ihn nicht, dass dieser Ort so viele Merkmale des Drachenclans aufwies, doch da Kristalle sein Markenzeichen waren, passte es auch irgendwie.
»Stimmt etwas nicht?«, fragte Giori, wobei Yuvan glaubte ein leises Lachen in seiner Stimme zu hören.
Wusste er vielleicht sogar davon?
Yuvan stieß ein Seufzen aus. »Nein«, grummelte er, weil er nicht diskutieren wollte. Stattdessen deutete er Giori, dass er weiter gehen sollte. Er wollte ihn beobachten.
Giori nickte und setzte seinen Weg durch den Wald, der den See umgab, fort.
Sie hatten den magischen Schutz bereits durchschritten und so erwartete Yuvan keine Gefahren mehr. Hier konnte man sich entspannen und er glaubte nicht, dass um diese Uhrzeit jemand hier war.
Trotzdem hörte er plötzlich Geräusche, die er nicht einordnen konnte.
Leises Rascheln von Blättern. Das kaum hörbare Knacken von Ästen.
Dann sah er eine Bewegung und wandte sich sofort um.
Giori blieb ebenfalls stehen, hatte seine Hände aber in den Taschen des Mantels vergraben, was Yuvan gar nicht verstand.
Nur die Wächter sollten hier sein. War es vielleicht ein Tier?
Ein leises Lachen erklang, das Yuvan einen Schauer über den Rücken jagte. Es hörte sich nicht bösartig an, doch es war definitiv menschlich. Jemand war hier. Nur wer?
»Was für eine Überraschung«, erklang die Stimme erneut und ließ Yuvan herumwirbeln.
Er erstarrte, als er vor Giori eine Frau mit wunderschönen, grünen Geenflügeln entdeckte.
Das dichte schwarze Haar, die blasse Haut und die blauen Augen zeigten deutliche ihre Zugehörigkeit zu den Nordlanden, doch Yuvan wusste nicht, dass hier Feen lebten. Die einzigen Feen, die er kannte, waren die legendären Helden, die einst die Nordlande vor dem Untergang bewahrt hatten.
Giori hob seine Hand, als würde er eine alte Freundin begrüßen. »Schön zu sehen, dass bei euch alles ruhig zu sein scheint«, sagte er mit einem Lächeln, doch bevor er zu Ende sprechen konnte, stürzte sich die Frau auf ihn und drückte ihn fest an sich.
Yuvan blinzelte irritiert. Durch ihre Größe, die Giori gerade bis zur Brust ging, hatte er die Fee nicht als Gefahr gesehen, doch die Schnelligkeit mir der er sich bewegte, suchte seinesgleichen.
Sie drückte Giori mit so viel Kraft an sich, dass dieser leicht zischte. »Lady Luna«, brachte er keuchend hervor, wobei sich Yuvan fragte, warum er sie mit Lady und nicht mit Dame ansprach.
Ein Lachen verließ ihre Lippen, als sie sich von ihm löste. »Nicht so förmlich. Ich bin noch immer die Mutter deiner Frau«, sagte sie tadelnd, was Yuvan nun völlig konfus zurückließ.
»Wie kommt es, dass du nach 15 Jahren hier wieder auftaucht?«, erklang eine weitere Stimme und erneut wirbelte Yuvan herum.
Der Mann, der hinter ihm stand, schien einer alten Legende entsprungen.
Yuvan hatte ihn in den Geschichtsbüchern seines Reiches gesehen.
Das schwarze, zu einem Zopf gebundene Haar und die intensiven dunkelblauen Augen waren unverkennbar.
Seine blassgrauen Flügel waren angelegt, sodass sie das Bild nicht irritierte. Trotzdem war er für einen Mann, einen Krieger der Nordländer, sehr klein. Einen Kopf kleiner als Yuvan, doch seine Macht war unübersehbar.
Yuvan Rang um Atem, als ihm klar wurde, dass er tatsächlich den beiden legendären Kriegern seines Reiches gegenübersteht. Luenara und Aaron, die ihr Leben für den Soeg gegeben hatten. Die Legende, sie wären als Dank als Feen wiedergeboren, stimmte also.
Giori lachte verlegen und rieb sich am Hinterkopf.
Wie konnte er nur so ruhig bleiben? »Wir haben uns versehentlich mit versiegelt«, gestand er, als wäre nichts dabei.
Die Macht, die Yuvan umgab, sorgte dafür, dass er sich klein, unbedeutend fühlte.
Er hasste es.
































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