AdD2-Kapitel 11

Weil ihm keine andere Wahl blieb, stapfte Yuvan den dreien hinterher.
Giori unterhielt sich angeregt mit den beiden Feen und so lernte Yuvan, dass es sich bei ihnen wirklich um die legendären Krieger Aaron, der sich jetzt wohl Ron nannte, und Luenara, die als Lady Luna bekannt war, handelte.
Das war jedoch alles, was er mitbekam. Die Gespräche waren sehr sprunghaft und Yuvan konnte kaum folgen.
Zuerst hatte er geglaubt, die beiden Feen würden eine Art Lagebericht mit ihm teilen, doch mittlerweile war es so persönlich geworden, dass das nicht der Fall sein konnte.
»Unsere Lady hat auf sie aufgepasst«, hatte Aaron versichert und dabei breit gegrinst.
»Es war ein Schock, sie zu sehen. Sie ist so schön geworden«, hatte Giori erwidert und ab dem Punkt hatte Yuvan völlig abgeschaltet.
Es interessierte ihn nicht, was Giori dachte, aber wen ein Krieger wie Aaron als seine Lady bezeichnete schon. Nur war dieses Thema nie wieder aufgekommen. Stattdessen hatte Yuvan das Gefühl, dass sich Aaron und Luenara besonders schwammig ausdrückten, damit er nicht folgen konnte.
Es war ärgerlich, doch was sollte er tun?
Obwohl er das Blut der Seelenkatze in sich trug, war er für dieses Trio nicht mehr als ein Kind. Vermutlich würden sie ihn nicht einmal ernst nehmen. Warum war er überhaupt hier?
Nae hatte gesagt, er solle Erfahrungen sammeln, aber … hier gab es doch gar nichts für ihn zu tun.
Viel lieber wäre er durch die Berge geflogen und hätte Monster getötet. Dabei hätte er sicher mehr gelernt.
Plötzlich blieb Aaron stehen und wandte sich um.
Yuvan runzelte die Stirn und lauschte, doch alles schien wie immer.
»Wir bekommen Besuch«, bemerkte er, was Yuvan erst recht irritierte. Woher wusste er das?
Sofort setzte sich Luenara in Bewegung und die anderen folgten. »Ein Besucher um die Uhrzeit ist nicht ganz so ungewöhnlich. Die meisten niederen Adligen kommen in der Nacht, weil da weniger los ist«, erklärte sie.
Yuvan verstand, dass es sich wohl nur um einen Besucher der Quelle handelte. Immerhin war diese sehr beliebt, auch wegen ihrer Exklusivität. Man brachte eine gute Beziehung zur Königin.
Yuvan war sich sicher, den Adligen zu kennen, doch als er einen jungen Mann erblickte, der am offiziellen Eingang wartete, war er überrascht.




Mit Fürst Evet, der über ein sehr kleines, erst vor ein paar Jahren gegründetes Dorf herrsche, hatte er nicht gerechnet.
Der Mann selbst war unscheinbar.
Das kurze braune Haar und die blauen Augen waren typisch für die Nordländer. Auch seine blasse Haut passte ins Bild. Allerdings war er eher schmächtig, sah er sich selbst doch nicht als Krieger sondern eher Politiker. Seine Frau pflegte gute Beziehungen zu Königin Lumire, seiner Tante.
Also wenn er darüber nachdachte, war es doch nicht verwunderlich, ihn hier zu sehen.
Er stand vor den Statuen und blickte abwartend zu ihnen nach oben.
Yuvan kannte die Gerüchte, dass es lebendige Wesen waren, doch mittlerweile war er sich nicht mehr so sicher.
Sie bewegten sich leicht, wobei es ein wenig kratzte. Wie Stein, der über Stein schabte.
»Heute ist die Quelle geschlossen«, sagte Luenara, die sich mit der Gruppe in einer nahen Baumgruppe versteckte.
Ihre Worte drangen aus dem Maul eines der Drachenfiguren, was Yuvan schaudern ließ.
Es musste eine Art Magie sein, die sie nutzte, um durch die Steinfiguren zu kommunizieren.
Außerdem bemerkte Yavan auch, dass Aaron seine Finger bewegte, woraufhin sich die Figuren ebenfalls bewegten. Als würde er ihnen damit Befehle geben.
Auch der Fluss der Magie war für Yuvan deutlich zu sehen.
»Aber die Königin selbst hat mir die Erlaubnis erteilt«, sagte er und zog einen Brief hervor.
Yuvan runzelte die Stirn. So etwas war seines Wissens nach noch nie vorgekommen.
»Denkst du der Brief ist echt?«, fragte Luana flüsternd an Aaron gerichtet. Sie wirkte ähnlich irritiert wie Yuvan. Als hätte auch sie nicht damit gerechnet.
»Könnte tatsächlich sein. Sie weiß, dass sie Briefe als Sondererlaubnis nutzen darf. Vielleicht ist es etwas ernstes«, murmelte Aaron vor sich hin.
»Soll ich mich darum kümmern?«, fragte Yuvan, der mit dem Fürsten kaum Probleme haben sollte.
Überrascht blickten alle drei zu ihm, als hätten sie vergessen, dass er da war.
Yuvan spürte ein Gefühl von Ärger in sich aufsteigen, unterdrückte es jedoch gleich wieder.
Aaron und Luenara tauschten kurz Blicke aus, bevor sie nickten.
Dass er endlich dazu kam, zumindest irgendwie hilfreich sein zu können, freute Yuvan. Es ging zwar nur um seinen Titel als Enkel der Königin, aber zumindest das konnte er nutzen und bot ihm einen Vorteil.




Es wäre ihm zwar lieber, wenn es dabei um seine eigene Kraft gegangen wäre, doch das ließ er sich nicht anmerken, als er langsam den offiziellen Weg entlang schlenderte und damit auf Fürst Evet zuhielt.
»Aufruhr hat mich hierhergeführt, dabei habe ich versucht, mich zu entspannen«, begrüßte er den Fürsten mit ruhiger Stimme.
Seine Haltung war entspannt, fast schon ein wenig herablassend, als er den Mann musterte.
Dieser riss seine Augen auf, bevor er sich leicht verneigte. »Oh, junger Lord Yuvan. Was führt Euch um diese Uhrzeit hierher?«, fragte der Fürst, als hätte er nicht damit gerechnet.
»Die Ruhe und Entspannung«, erwiderte Yuvan. Vermutlich sah er nicht aus, als würde er sich hier gerade entspannen, da er doch die Kleidung trug, die er zum Drachenreiten bevorzugte. Es wirkte also vermutlich eher, als würde er in einen Krieg ziehen.
»Das kommt unerwartet«, brachte Fürst Evet hervor, der auf Yuvan überraschend unruhig wirkte.
Er hatte Geschichten davon gehört, dass Fürst Evet als Fürst gewählt wurde, weil er immer sehr ruhig und erhaben wirkte. Nichts brachte ihn aus der Ruhe.
War das vielleicht gelogen?
»Ich würde Euch bitten, diesen Ort jetzt zu verlassen. Wie Ihr seht, ist er besetzt.«
Yuvan blieb zwar entspannt, nutzte aber seine Autorität, die er von Kindesbeinen auf gelernt bekommen hatte.
Da seine Tante Lumire aktuell noch keine eigenen Kinder hatte, konnte es durchaus sein, dass er als Thronfolger in Frage kommen könnte. Daher wurde er als solcher auch ausgebildet. Wäre da nicht das Problem mit seiner nicht erwachten Kraft.
Fürst Evet runzelte die Stirn. »Bitte entschuldigt die Frage, aber es ist so ungewöhnlich, Euch hier zu sehen. Kommt Ihr öfter her?«, fragte er.
Yuvan wusste, dass diese Stunden eigentlich den niederen Adel vorbehalten waren und somit war es natürlich verwirrend, ihn hier zu sehen.
Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Mein Zeitplan lässt nicht viele Besuche zu«, erwiderte er, auch wenn er eigentlich keinen Grund hatte, sich vor Fürst Evet zu rechtfertigen.
Noch immer wirkte der Fürst nervös und blickte auch ab und an hin und her, als würde er auf etwas warten.
Ein Grund für Yuvan, bereits sein Artefakt zu aktivieren. Dem Ring an seinem Ohr sahen nicht viele an, dass es sich dabei um ein Artefakt handelte, das sich in jede erdenkliche Waffe verwandeln konnte. Es gab also keinen Grund für ihn, offensichtliche Waffen mitzuführen. Damit hätte er sich auch nur verraten. Denn es galt die Regel, dass man diesen Bereich nur ohne Waffen betreten durfte und dabei waren die Wächter sehr hartnäckig. Dass er mit seinem Artefakt durchgekommen war, war vermutlich auch nur Aaron und Luenara zu verdanken.




»Bitte geht jetzt«, forderte Yuvan erneut, mit fester Stimme.
In dem Moment straffte Fürst Evet die Schultern und erwiderte Yuvans Blick. Seine blauen Augen funkelten. »Das geht leider nicht«, sagte er, wobei er plötzlich gar nicht mehr so unsicher und unschuldig wirkte.
Yuvan öffnete den Mund, doch bevor er auch nur ein Wort hervorbringen konnte, war Fürst Evet schon so schnell bei ihm, dass Yuvan sein Artefakt aktivierte. In seiner Hand tauchte ein Dolch auf, mit dem er sofort den Angriff eines versteckten Messers abblockte.
Yuvans Herz schlug ihm bis zur Brust, während er versuchte, die Situation zu verstehen. Warum griff Fürst Evet an und warum war er so verdammt schnell?

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