AdD2-Kapitel 13

»Ich freue mich so, wieder Zeit mit dir zu verbringen«, lachte Rachel, während sie mit Rhana durch die Gänge der Schule schritt.
Rhana ging es ähnlich, auch wenn sie sehr lange darauf gewartet hatte, während es für Rachel so war, als hätte sie Rhana erst vor einigen Tagen gesehen. Wäre da nicht der Altersunterschied.
Sie beiden hatte einiges nachzuholen, weshalb sich Rhana sehr darüber freute, ihre Mutter begleiten zu können. Gleichzeitig hatte sie jedoch auch ein mulmiges Gefühl.
So, wie Rachel sich eingesetzt hat, glaubte Rhana, dass sie in ihr noch immer das kleine Kind sah, dass sie allerdings nicht mehr war.
Rhana war klar, dass es etwas dauern würde, bis ihre Mutter das ebenfalls sah und die Zeit wollte sie ihr auch geben. Außerdem hatte sie als Kind lange auf eine Mutter verzichtet, weshalb es sich für Rhana auch nicht schlecht anfühlte, ein wenig bemuttert zu werden.
»Wir haben sehr viel nachzuholen«, stimmte Rhana zu, die ihren Mantel ein Stück richtete.
Sie trug, ähnlich wie Rachel, wärmere Kleidung, die für das Fliegen geeignet waren.
Während Rachel ihre Kleidung schon vorher getragen hatte, hatte sich Rhana schnell umgezogen. Dabei hatte sie sich bewusst für das Kleidungsset entschieden, das Idris ihr gemacht hatte.
Noch immer frustrierte es sie, dass er ihr scheinbar aus dem Weg ging und sie wusste auch immer noch nicht, was sie von dem halten sollte, was sie gehört hatte, doch sie glaubte trotzdem daran, dass Idris sie nicht einfach so gehen lassen würde.
So, wie er auf sie geachtet hatte, während sie fliegen geübt hatte, musste er sich Sorgen machen.
»Nae hat mir schon erzählt, dass du auf Kisa das Drachenreiten gelernt hast, weil Kaza noch so klein ist«, bemerkte Rachel, die ein wenig rot um die Wangen war, als würde sie das sehr freuen. »Wir können also gern auf ihr zusammen fliegen«, schlug sie vor, was Rhana schmunzeln ließ.
»Gern«, erwiderte sie, auch wenn sie sich nicht so sicher war, ob das wirklich passieren würde.
Und damit sollte sie recht behalten.
Als sie hinaus auf den Landeplatz kamen, auf dem Kisa wartete, entdeckte sie einen wunderschönen Kristalldrachen, der am Boden lag und geduldig wartete.
Idris Drachenform sah so schön aus, dass Rhana wirklich Mühe hatte, ihn nicht anzustarren und sich stattdessen auf ihre Mutter zu konzentrieren.




Diese blieb stehen und sog überrascht die Luft ein, während sie Idris musterte.
»Stimmt etwas nicht?«, fragte Rhana, die ebenfalls stehenblieb. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass ihre Mutter so reagierte.
»Es ist selten, ihn so zu sehen«, murmelte Rachel, als würde sie auf ihre Worte achten.
Rhana schmunzelte. »Wirklich?«, fragte sie und lief direkt auf Kira zu. Dabei war sie sich bewusst, dass Idris sie mit seinen Augen verfolgte und vorsichtig den Kopf hob. »Wollen wir?«, fragte sie und machte sich bereit, auf Kisa zu klettern.
Sie kam jedoch nicht weit. Idris bewegte sich so schnell, dass sie kaum reagieren konnte. Er packte vorsichtig mit seinen Zähnen ihre Kleidung, bevor er sie mit einem leisen Schnauben hochzog und sich auf den Rücken warf.
Rhana quietschte auf, schaffte es aber, sich zu drehen und so auf seinen Rücken zu landen, dass nichts passierte. Sie war es immerhin schon gewohnt, dass er so etwas machte.
Rachel stand einfach nur da und betrachtete ihre Tochter und den Drachen. Ihr war anzusehen, dass sie nicht genau wusste, was sie davon halten sollte.
Schließlich trat sie auf Idris zu und klopfte leicht seine Seite. »Willst du, dass sie mit dir fliegt?«, fragte Rachel und schmiegte sich dann an seine Schuppen.
Idris schloss die Augen und stieß ein Geräusch aus, das an ein Schnurren erinnerte, während er die Wärme genoss.
»Na gut, wenn du das so möchtest«, murmelte Rachel plötzlich und löste sich mit einem leisen Räuspern von Idris, bevor sie zu Rhana nach oben blickte. Auf ihren Lippen lag ein breites Lächeln. »Sieht aus, als würde Idris uns begleiten wollen«, sagte sie gut gelaunt.
Rhana verstand nicht ganz, warum sie plötzlich so glücklich darüber war, nickte jedoch.
Idris richtete sich langsam auf, während Rachel auf Kisa kletterte. //Versuch nicht, runterzufallen//, hörte Rhana eine Stimme direkt in ihren Gedanken.
Zuerst runzelte sie verwirrt die Stirn, bevor sie verstand, dass es sich dabei um Idris handelte. »Ich kann fliegen, das weißt du«, sagte sie beleidigt. Wie kam er nur auf die Idee, dass sie runterfallen könnte?
Idris ließ Kira zuerst abheben, bevor er selbst die Flügel ausbreitete und sich von dem Landeplatz schwang.




Rhana spürte, wie der Wind ihr um die Flügel fegte und an ihnen riss.
Sie zog die Luft erschrocken ein, als sie plötzlich ein Stück vom Sattel gehoben wurde und sich festkrallen musste. Ihre Flügel waren im Weg! Damit hatte sie wirklich nicht gerechnet!
Meinte das Idris, als er sie gewarnt hatte?
Sofort versuchte sie, die Flügel anders anzulegen, damit sie nicht so sehr dem Wind ausgesetzt waren. Es war schwieriger als erwartet und so brauchte sie einen Moment. Vielleicht hätte sie doch mit ihrer Mutter fliegen sollen. Oder mit Freya und Idris?
Rhana schüttelte innerlich den Kopf über sich selbst. Sie war eine stolze Drachenreiterin! Sie würde es doch wohl schaffen, im Sattel zu bleiben. Es konnte doch nicht sein, dass so ein paar kleine Flügel, ihr die Sache so erschwerten.
//Versuch dich ein Stück nach vorn zu lehnen//, schlug Idris vor, doch so richtig helfen wollte es nicht. Es war schwerer, die Flügel geschlossen zu halten, denn der Wind zog sie die ganze Zeit auf, als würden sie nur darauf warten, dass Rhana mit ihnen flog. Aber das war noch zu früh. Sie würde wie ein Stein vom Himmel fallen, wenn sie den Drang jetzt nachgab.
Plötzlich näherte sich ihnen Kisa, sodass beide Drachen recht dicht beieinander flogen. »Wie kommt es, dass Idris dir erlaubt, auf ihn zu reiten?«, fragte Rachel, wobei sie sehr gegen den Wind anrufen musste.
Rhana hatte Mühe, die Frage direkt zu verstehen und spürte Hitze in ihre Wangen schießen. Die Frage war überraschend zweideutig, doch Rhana glaubte nicht, dass ihre Mutter wusste, wie tief die Beziehung zwischen ihr und Idris eigentlich war. Und wenn sie ehrlich war, wollte sie auch nicht, dass diese das wusste.
Idris kam ihr jedoch zuvor. »Sie ist meine Freundin«, sagte er, wobei er dieses Mal nicht gedanklich mit ihr sprach.
Rhana spürte, wie die Worte sie trafen und aus einem Instinkt heraus, schlug sie ihm leicht gegen die Flanke. »Ach, jetzt bin ich wieder deine Freundin, ja?«, fragte sie angefressen. Immerhin war es Idris, der sie seit einigen Tagen ignorierte.
Rhana spürte den Blick ihrer Mutter auf sich, doch diese schwieg und beobachtete lediglich.
Idris schwieg jedoch auf ihre Aussage hin, was dazu führte, dass sich Rhana erneut ignoriert fühlte.




Irgendwann gab sie ein verärgertes Geräusch von sich. »Er bezeichnet sich gern als meinen Freund, aber aktuell scheint er mir alles daran zu legen, mir aus den Weg zu gehen«, grummelte sie, während ihr der Gedanke kam, dass Idris vielleicht irgendwas angestellt hatte, weshalb er glaubte, sie wäre böse auf ihn.
Aber was?
Fühlte er sich vielleicht schuldig, weil er sie nicht hatte beschützen können und sie dadurch zur Fee geworden war?
Am liebsten hätte Rhana die Zeit genutzt, um mit Idris zu sprechen, doch sie wollte auch nicht, dass ihre Mutter zuhören konnte.
Außerdem wollte sie sich auch mit ihrer Mutter unterhalten. Da war die Angst, dass ihre Mutter doch nur ein Traum war und bald wieder verschwinden würde.
Obwohl sie es gewollt hatte, bereute sie es nun doch ein wenig, auf Idris zu fliegen, statt bei ihrer Mutter. Sie wollte so viel fragen und so viel erzählen. Noch war dazu keine Zeit gewesen.
»Erzähl mir, wie es dir die letzten 15 Jahre ergangen ist«, bat Rachel plötzlich, wobei ihre Stimme recht klar zu Rhana drang. Dabei war sie mit Kisa so weit entfernt, dass die Flügel der Drachen sich nicht aus Versehen berührten.
Obwohl sich Rhana fragte, wie das möglich war, begann sie von den letzten Jahren zu erzählen. Auch, wenn sie selbst bemerkte, dass sie irgendwie ein paar Lücken hatte. Momente, an die sie sich nicht mehr ganz erinnerte. Darunter war der Weg von ihrer Wohnung zu Königin Suna, aber eigentlich war das auch nicht wichtig, weshalb sie sich nicht weiter damit befasste. Stattdessen genoss sie es, ihre Mutter an ihrem Leben teilhaben zu lassen.

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