AdD2-Kapitel 9
Yuvan spürte Aufregung in sich aufsteigen, als er mit Luminos durch die Wolken auf seine Heimat zuglitt.
Mit dem Mann, der nur wenig älter war als er und ihr von Nae als Drachenreiter Giori vorgestellt wurde, konnte er nicht sonderlich viel anfangen.
Seine dunkle Haut und die goldenen Augen wiesen ihn als Südländer aus. Er hatte nichts gegen Südländer, konnte sie aber so schwer einschätzen.
Obwohl er als Mitglied des Clans der Seelenkatzen eine recht hohe Stellung haben sollte, hatte sich das auf der Akademie als nicht gerade nützlich erwiesen. Was auch daran lag, dass die Hindergründe der anderen genauso geheimgehalten wurden. Wobei das auch nicht ganz stimmte.
Er hatte immerhin mitbekommen, dass Idris ein hohes Tier in seiner Heimat war. Irgendwie.
Nicht, dass er es ganz verstanden hatte, doch er wollte weder seine Eltern, noch seine Tante nach ihm fragen.
Und jetzt war plötzlich ein weiterer Typ aufgetaucht, der eine Ausstrahlung hatte, die Yuvan nicht einschätzen konnte.
War es einfach nur Selbstsicherheit, oder eine versteckte magische Gabe? War er vielleicht Teil des Drachenclans?
Es war falsch ihn zu unterschätzen. Gleichzeitig fragte sich Yuvan aber auch, warum er mit diesem Typen auf eine Mission musste.
Selbst Rhana war mit einer Frau aufgebrochen, die er nicht kannte. Außerdem hatte er auch Lottas Drachen nicht gesehen. Sie musste also auch unterwegs sein.
Yuvan wollte Giori gerade zurufen, dass sie hier, um nicht gesehen zu werden, höher steigen musste, da tat er es bereits, als wüsste er, wie er in den Nordlanden zu fliegen hatte.
Yuvan verzog den Mund. Er hatte gehofft, hier ein wenig mit seinem Wissen angeben zu können, doch wie es schien, war er keine sonderliche Hilfe.
Trotzdem kannte er den Kristallsee besser als andere. Als Kind hatte er dort oft gespielt und die Kristallvögel beobachtet.
Nur die Grotte war ihm nicht zugänglich gewesen. Es war ein besonderer Ort, den nur die Mitglieder der Königsfamilie betreten durften. Und auch nur dann, wenn die Wächter es zuließen. Er war dazu bisher immer zu jung gewesen, hatte aber auch nie das Verlangen gespürt. Immerhin versteckte sich in dieser Grotte nichts besonderes, außer das kräftigende Wasser des Sees.
Es gab keine besonderen Kräfte, sondern half nur bei der Genesung. Also war es eher ein Ort, den man aufsuchte, wenn man krank war. Was nicht häufig vorkam, da es weder große Schlachten gab, noch Krankheiten für die Gesegneten der Götter ein Problem waren.
Yuvan hatte deshalb nie hinterfragt, warum dieser Ort so streng bewacht wurde.
Plötzlich ging Giori in den Sinkflug über, was Yuvan sofort nervös machte. Was, wenn sie jemand sah?
Allerdings landete Giori in einem Wald, der nahe dem Kristallsee lag und nur dem Schloss zur Jagt diente.
»Was soll das?«, fragte Yuvan, der neben Gioris Drachen landete.
»Ab hier sollten wir laufen«, bemerkte Giori, der bereits von seinem Drachen rutschte.
Yuvan ballte die Hand zur Faust. »Es ist ein weiter Weg. Warum sollten wir den laufen?«, fragte er frustriert. Der Kristallsee bot selbst genug Platz für die Drachen, um zu landen.
»Damit wir nicht zu viel Aufsehen erregen«, erklärte Giori, der seinem Drachen sanft über die Schnauze strich.
Seine Schuppen begannen leise zu klappern, bevor der Drache selbst langsam schrumpfte, bis er auf die Hand seines Reiters passte.
Yuvan konnte beide nur mit offenem Mund anstarren. Das konnten Drachen? Warum wusste er das nicht? Warum hatte man ihm das nicht beigebracht.
»Luminos sollte mittlerweile alt genug sein, um das ebenfalls zu können«, bemerkte Giori, der sich den Drachen, der nun eher wie ein Kuscheltier aussah, auf die Schulter setzte.
Yuvan, der nicht fassen konnte, dass er schon wieder überboten wurde, wandte sich zu Luminos um und starrte ihn an. Er hatte sich immer darüber gefreut, dass er einen Drachen erhalten hatte, der scheinbar der älteste und mächtigste unter ihnen war, doch so konnte er sich täuschen. Scheinbar war Luminos gar nicht so stark, wenn er etwas, das so einfach aussah, nicht konnte.
Luminos stieß einen leisen Laut aus, bevor sich seine Schuppen ebenfalls leicht klappernd bewegten. Allerdings ging es wesentlich langsamer, doch er schrumpfte, während ein helles Licht ihn einhüllte.
Yuvan blinzelte, als er das Wesen betrachtete, das eher aussah wie ein Salamander aus Lichtpartikeln.
Fiepend richtete er seinen Blick auf Yuvan, der lediglich eine Augenbraue hob. Wollte sein Drache jetzt auch noch ein Lob dafür? Dabei hatte er es vor ihm geheim gehalten. Das gefiel Yuvan gar nicht.
Trotzdem stieß er die Luft aus, tätschelte Luminos leicht und hob ihn dann hoch. Der Drache konnte nichts dafür, dass Yuvan schlechte Laune hatte. Luminos war immer an seiner Seite und unterstütze ihn, doch das reichte Yuvan nicht. Er wollte, dass die Leute ihn nicht einfach nur als Verwandter der Königin der Nordlande sahen. Er wollte für seine Erfolge und seine Kraft bekannt sein und gesehen werden.
Der Moment, in dem er verstanden hatte, dass Rhana zu einer Fee mit magischen Fähigkeiten geworden war, hatte ihm gezeigt, dass er gar nicht so besonders war, wie er gedacht hatte. Erst recht nicht mit seiner Gabe, die er nicht verstand und nicht einsetzen konnte. Manchmal fragte er sich, ob er wirklich Götterblut in seinen Venen hatte.
Weil Yuvan nichts anderes übrig blieb, folgte er Giori und schwieg.
Er hätte seine Kontakte nutzen können, damit sie sich nicht einschleichen mussten, doch da Giori einen Plan zu haben schien, schlug Yuvan es nicht vor. Wenn er ehrlich war, wollte er, dass Giori scheiterte und er die Situation retten konnte.
Schnell verbannte er diesen Gedanken wieder. Ihre Aufgabe war wichtig und er konnte sich nicht durch diese Gedanken davon abhalten lassen, sie zu erfüllen.
Allerdings führte Giori sie sehr zielsicher direkt zum Kristallsee, wobei er die Straßen, die viel befahren waren, mied.
Nur einmal kam er an eine Straße, die erst vor kurzem dort gebaut worden war und runzelte die Stirn.
Allerdings ließ er sich davon nicht abhalten, überquerte sie und setzte seinen Weg fort.
»Es ist ganz schön was passiert in den letzten Jahren«, hörte Yuvan ihn murmeln, wobei er viel mit sich selbst sprach, doch nicht immer verstand Yuvan, um was es ging.
Giori wirkte, als würde er sich hier auskennen, weshalb Yuvan vermutete, dass er ein Händler sein könnte. Immerhin waren die Grenzen zwischen Süd- und Nordlande mittlerweile für den Handel geöffnet. Auch Reisen waren möglich, doch noch immer konnten sich nur wirklich reiche Adlige diese leisten und Giori sah nicht gerade so aus.
Das Bandana, das er trug, kam Yuvan bekannt vor und er verknüpfte es mit Savrana, auch wenn er nicht genau wusste, wieso. Die einzige aus Savrana war Rhana und diese trug so etwas nicht.
»Mit Rhana hätte das viel mehr Spaß gemacht«, murmelte er vor sich hin, da er sie schon jetzt vermisste. Auch gegen Lotta hätte er nichts einzuwenden gehabt. Ja sogar Idris wäre ihm irgendwie lieber gewesen.
Plötzlich bieb Giori stehen und wirbelte herum.
So schnell konnte Yuvan gar nicht reagieren, da hatte dieser seine Schulter gepackt und ihn gegen den nächsten Baum gedrückt. Seine goldenen Augen funkelten, während Yuvans Herz drohte, aus seiner Brust zu springen.
Diese Schnelligkeit, gepaart mit dieser Stärke … Er musste eine sehr gute Kampfausbildung genossen haben. Vielleicht war er doch nicht einfach nur ein Händler.
»Halte deine Gedanken von meiner Tochter fern«, warnte er, als hätte Yuvan gerade irgendetwas unanständiges gesagt.
Er weitete überrascht seine Augen, konnte er den Worten des Mannes nicht folgen.
War es wirklich eine gute Idee gewesen, einfach darauf zu vertrauen, dass ein Drachenreiter der älteren Generation ihm freundlich gesinnt war?
»Was meinst du?«, fragte Yuvan, der mit einer Hand nach seinem Schwert tastete. Auch er war im Kampf ausgebildet. Als Nordländer war ihm das Schwert schon in die Wiege gelegt, doch er wollte es eigentlich ungern zücken. Nicht, solange er nicht wusste, mit was er es hier zu tun hatte.
»Ich weiß nicht, was für eine Beziehung du zu Rhana hast, aber zieh sie bloß nicht in irgendwelche gefährlichen Sachen«, knurrte er, als hätte Yuvan gerade jemanden beleidigt.
Dieser blinzelte irritiert. »Rhana?«, fragte er verständnislos. Hatte Giori nicht gerade noch von seiner Tochter gesprochen? Wenn Yuvan das richtig sah, war diese vielleicht fünf Jahre jünger. Das konnte also gar nicht sein.






























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