DAdD-Kapitel 22

Während Rhana Idris half Freya zu putzen, lernte sie sehr viel über die Drachen. Vorrangig über Pflanzendrachen, die sich eigentlich gegenseitig putzten und so ihre Zuneigung zueinander ausdrückten.
Idris wusste überraschend viel über Drachen. Er erzählte von ihnen immer mit warmer Stimme, als wären sie seine besten Freunde, was Rhana neugierig machte.
Die Direktorin musste sich etwas dabei gedacht haben, dass sie ausgerechnet ihn empfahl, wenn es um ein Ledergeschirr für ihren Drachen ging.
»Fertig«, entschied Idris, der die Bürste in den Eimer warf, sodass ein wenig dreckiges Wasser spritzte.
»Das hat echt Spaß gemacht«, bemerkte Rhana, denn sie hatte nicht nur die Flügel geputzt, sondern auch die Krallen. Dabei hatte sie Freya und Kaza beobachten können.
Obwohl Kaza noch immer eher lethargisch war und sich nicht viel bewegte, wirkte es doch oft so, als würde sie mit Freya spielen.
Idris musterte Rhana eingängig. »Yuvan ist nie begeistert, wenn er seinen Drachen putzen soll«, bemerkte er, als wäre das die Reaktion, die er auch von ihr erwartet hätte.
»Oh. Wieso das? Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als so mit seinem Drachen zu interagieren.«
Idris schnaubte leise. »Schön, dass du das so siehst und nicht als unnötige Arbeit, weil sich Drachen ja selbst putzen können.«
Rhana beugte sich zu Kaza und hob sie langsam hoch. Kaza quietschte leise, bevor sie ihren Kopf an Rhana schmiegte. Sie drückte sich so fest an Rhana, als hätte sie erwartet, nie wieder mit ihr kuscheln zu können.
Rhana fühlte sich schlecht, weil es Kaza nicht gut ging und gleichzeitig geschmeichelt, dass die Drachin sie so sehr liebte.
»Lass mich ihre Maße nehmen, bevor wir Leder für sie holen gehen«, bat Idris, der einen Schritt auf Rhana zu machte und die Hände nach Kaza ausstreckte.
Kurz musterte Rhana Kaza, doch sie machte keine Anstalten, sich zu widersetzen, als sie ihn vorsichtig Idris reichte. Es fühlt sich seltsam an. Ganz anders als der Moment, wo sie Kaza zu Freya gesetzt oder als sie zur Direktorin gesprungen war. Rhana hatte das Gefühl, Idris etwas Wichtiges anzuvertrauen.
Dieser nahm Kaza ganz sanft, bevor er sie absetzte. Aus seiner Jackentasche holte er ein Maßband. Hatte er das immer dabei? Das wunderte Rhana, denn sie verstand nicht, warum er damit herumlaufen sollte.




Interessiert hockte sich Rhana zu Idris, der erst einmal Kaza das Maßband hinhielt. »Das ist ein Maßband. Damit werde ich deinen Körper ausmessen«, erklärte er, als wäre Kaza einfach nur ein Kind, das ihn verstehen konnte.
Kaza schnupperte an dem Band und legte mit einem Fiepen den Kopf schief. Es sah unglaublich süß aus, weshalb Rhana schmunzeln musste.
»Nein. Es wird dir nicht weh tun«, versicherte Idris, als hätte er ihr Gefiepse verstanden.
Rhana beobachtete die beiden genau. Wenn Idris wirklich verstand, was Kaza meinte, dann konnte sie von ihm lernen. Es fiel ihr gar nicht ein, zu hinterfragen, woher er das konnte. So, wie er mit Freya umgegangen war, hatte er Erfahrung, die nur mit der Zeit gekommen sein konnte. Hatte er womöglich die Drachen schon in frühster Kindheit studiert? Wenn ja, dann hoffte Rhana, dass er sein Wissen mit ihr teilte.
Kaza wandte sich an Rhana und blickte sie mit ihren unergründlichen, grünen Augen abwartend an.
Rhana verstand nicht ganz, was sie wollte, doch sie nickte leicht, um Kaza zu zeigen, dass alles in Ordnung war. »Ich bin hier«, versicherte sie und strich dem Tier über den Kopf.
Nur zögerlich drehte sich Kaza wieder an Idris und blickte ihn abwartend an. Dieser legte vorsichtig das Band um die Drachin und nahm ihre Maße.
»Streck deinen Flügel aus«, bat er leise, woraufhin Kaza der Aufforderung sogar nachkam. Drachen waren intelligenter als Rhana erwartet hatte, wenn sie die menschliche Sprache so gut verstanden.
»Wie schaffst du es, dass sie tut, was du willst?«, fragte Rhana, die sich sicher war, dass er irgendeinen Trick hatte.
Idris blickte auf und ein Lächeln umspielte seine Lippen. »Erfahrung«, erwiderte er geheimnisvoll.
Rhana hob lediglich eine Augenbraue und musterte ihn. Er schien es nicht verraten zu wollen, weshalb Rhana es so hinnahm.
»Solange es dir hilft«, meinte sie, während sie weiter zusah, wie Idris die Maße nahm. Kaza war kooperativ und so ging es auch sehr schnell.
»Und was jetzt?«, fragte Rhana aufgeregt. Dabei zu sein, wenn die Leine für Kaza gemacht wurde, erfüllte sie mit Vorfreude. So etwas hatte sie noch nie gesehen.
Idris nahm Kaza hoch und erhob sich mit ihr, um sie Rhana zurückzugeben, als diese auch wieder stand. »Zuerst schauen wir in den Lagern, ob wir dort entsprechendes Material finden.«




»Lager?«, fragte Rhana. Sie war jetzt erst ein paar Stunden hier und kannte noch nicht viel. Immerhin hatte sie bisher noch nicht einmal Unterricht gehabt.
»Ich zeige es dir«, erwiderte Idris, der ihr deutete, ihm zu folgen.
Rhana drückte Kaza an sich, die leise schnurrte, bevor sie Idris folgte.
Als sie wieder in die Tunnel traten, bemerkte Rhana erst, wie kalt ihre Hände und Ohren waren. Auch die Lautstärke des Windes hatte sie ausgeblendet, doch die Ruhe, die sie jetzt umfing, war sehr angenehm.
Rhana schloss für einen Moment die Augen, denn erst jetzt spürte sie, wie erschöpft sie war. Es war, als wäre ihr Körper plötzlich schlapp und erschöpft. Als sie ihre Augen wieder öffnete, bemerkte sie die unscharfen Ränder ihres Blickes. Ihr wurde ein wenig schwummrig, weshalb sie sich an der Wand festhielt, um nicht umzukippen.
»Kipp mir bloß nicht um«, bemerkte Idris, der zu Rhana kam und sie musterte.
»Ich muss mich kurz setzen«, erwiderte sie matt und ließ sich langsam an der Wand nieder.
Idris beobachtete Rhana dabei genau. »Du bist blass«, stellte er fest.
»Ich … mir ist schwindlig und schlecht«, erklärte sie, wobei langsam Angst in ihr aufstieg.
Idris stieß die Luft aus. »Du solltest dich ausruhen, sonst klappst du noch komplett zusammen.«
»Was ist mit Kaza?«, wollte Rhana wissen, die sich eigentlich fest vorgenommen hatte, Kaza die Leine anfertigen zu lassen.
»Sie kann warten«, bemerkte Idris, der sich vor Rhana hinhockte. »Ich bring dich in dein Zimmer. Kletter hoch«, wies er an, doch Rhana zögerte.
»Ich schaff das schon allein. Mach dir keine Umstände«, murmelte Rhana und versuchte, sich zu erheben.
»Sei nicht albern«, brummte Idris, der ihre Hand nahm und sie sich förmlich auf den Rücken zog.
Rhana schnappte nach Luft. Er war unglaublich stark, sodass Rhana kaum verstand, was geschah, bis sie doch auf Idris Rücken saß.
Sein Griff um ihre Beine war fest und sie hatte nicht das Gefühl, zu fallen.
»Du musst das nicht machen«, murmelte sie, spürte jedoch ihre Erschöpfung. War der Höhenunterschied schuld, wie Suna sie gewarnt hatte? Hätte sie sich länger ausruhen sollen?
Rhana schloss einen Moment die Augen und versuchte sich nicht zu übergeben.




»Muss ich nicht, aber so wie du bist, brichst du gleich zusammen«, erwiderte Idris nüchtern, während er sie durch die Gänge trug.
»Danke«, flüsterte Rhana erschöpft, bevor sie spürte, dass ihr Körper komplett aufgab und sie erschöpft in den Schlaf driftete.

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