DAdD-Kapitel 50

Als die Kutsche schließlich erneut hielt, waren sie an der Stelle, wo sie abgeholt werden sollte.
Lewin hielt Rhana die Tür auf, doch er reichte ihr nicht den Arm. Stattdessen sah er sich um, als würde er damit rechnen, erneut angegriffen zu werden.
Es war dunkel, denn das Schimmern des Drachen war weg.
Rhana verließ vorsichtig die Kutsche, denn sie hatte noch immer Schmerzen und versuchte ihren Arm ruhig zu halten.
Ihr Blick wanderte in den Himmel, wo sie den Mond entdeckte. Er war kaum zu sehen, da ständige Wolken diesen verdeckten. Zudem war es ein kleiner, abnehmender Mond. Selbst ohne Wolken hätte er kaum dabei geholfen, zu sehen.
Trotzdem konnte Rhana erkennen, dass etwas über den Himmel schwebte. Dann schimmerte plötzlich Feuer im Himmel auf. Für einen Moment erkannte Rhana die Umrisse eines Drachens, der sich ihnen näherte.
»Skargo«, bemerkte Lewin, der ebenfalls in den Himmel sah. Er klang zufrieden.
»Ich kümmere mich um die Kutsche und stoße dann zu euch«, erklärte Soraya, kurz bevor Skargo landete. Der Boden wackelte etwas, sodass Rhana einen Schritt machen musste, um nicht zu fallen. Dabei schmerzte ihr Arm so sehr, dass sie leise zischte.
»Komm«, sagte Lewin, der nicht bemerkt zu haben schien, dass Rhana Probleme hatte. Stattdessen legte er ihr eine Hand auf den Rücken und schob sie Richtung Skargo. Dieser legte sich zwar zu Boden, doch sie musste trotzdem hinaufklettern.
Rhana blickte skeptisch hinauf, während sie überlegte, wie sie das mit einem Arm anstellen sollte.
»Geh du zuerst hoch, ich helfe Rhana«, bemerkte Soraya, die sich zu ihnen gesellt hatte.
Lewin schnaubte. »Rhana kann sicherlich selbst hochklettern«, winkte er ab. Eigentlich hatte er damit recht, denn sie konnte es allein. Aber nicht in ihrem aktuellen Zustand.
Soraya seufzte. »Das war kein Vorschlag«, bemerkte sie und schob Lewin Richtung Drache, bevor sie sich an Rhana wandte. »Du musst vorsichtig machen«, sagte sie sanft, bevor sie Rhana einfach hochhob, als wäre sie keine ausgewachsene Frau, sondern ein kleines Kind.
Rhana stieß ein Quietschen aus und kurz darauf fand sie sich vor Lewin auf dem Drachen wieder. Dabei spürte sie den Sattel ein wenig in ihren Rücken drücken. Dieser war wohl nicht dazu gedacht, zwei Leute zu beherbergen, weshalb sie davor saß. Was ihr auch ganz gut gefiel, da sie so den Drachen unter sich spürte. »Halt sie bloß gut fest«, meinte Soraya, bevor sie von Skargo sprang.




Erst jetzt wurde Rhana klar, dass Soraya mit ihr zusammen einfach gesprungen war.
War das die Kraft eines Vampirs? Das war irgendwie gruselig, da Rhana ihren Bewegungen kaum folgen konnte.
Allerdings kam sie nicht dazu, weiter daran zu denken, denn Skargo hob ab.
Rhana wurde durchgeschüttelt und hatte die größte Mühe, sich einen erschrockenen Schrei zu verkneifen. Es fühlte sich ganz anders an als auf Kisa. Skargo war viel schneller und seine Bewegungen rüttelten sie ganz schön durch, was ihren Arm nicht gerade zuträglich war. Die Schmerzen darin wurden jeden Moment größer und sie wünschte sich nur, einfach zu landen. Hoffentlich dauerte der Flug nicht zu lange.
Als Skargo schließlich auf einen der Landeplätze auf der Schule landete, war Rhana erleichtert, als sie von seinen Rücken rutschen konnte.
Überall waren kleine, magische Lichter im Boden angebracht, damit man sich orientieren konnte. Aus der Luft hatte es wunderschön ausgesehen und sie hätte es durchaus auch genossen, wenn ihr Arm nicht so sehr schmerzte, dass sie kaum einen Schritt ohne Schmerzen gehen konnte. Es war so schlimm, dass ihr sogar die Tränen in die Augen traten.
Rhana schwankte auf den Eingang zum Tunnel zu. Sie musste unbedingt zur Direktorin. So sehr wie es schmerzte, war sicherlich etwas Schlimmeres passiert, als sie angenommen hatte.
Plötzlich spürte Rhana eine Berührung im Rücken und dann wie Lewin sie stützte. »Du musst müde sein. Ich bring dich in dein Zimmer«, sagte er sanft und half ihr, normal zu laufen.
»Ich wollte noch zur Direktorin«, sagte sie, denn sie musste ihren Arm untersuchen lassen.
»Das hat auch noch bis morgen Zeit. So wie du wankst solltest du schnell ins Bett«, sagte er entschieden und führte sie in den Bereich der Schlafzimmer.
»Aber«, setzte Rhana an und wollte ihn an ihren schmerzenden Arm erinnern, doch Lewin fuhr ihr über den Mund.
»Kein Aber. Du legst dich jetzt ins Bett und ruhst dich aus.«
Rhana spürte einen Schauer über ihren Rücken wandern. Wenn sie jetzt widersprach, würde er dann wieder sauer werden? Sie wollte nicht, dass er sie erneut so anfuhr.
Als sie ankamen, öffnete Lewin ihr die Tür und schob sie vorsichtig hinein. Rhana rechnete irgendwie damit, dass ihr Kaza entgegenkam, um sie zu begrüßen, doch die Drachendame war bei Direktorin Nae. Noch ein Grund mehr, zu dieser zu gehen. Wäre es nicht so spät. Vermutlich schliefen beide schon. Rhana sollte sie nicht stören. Das hatte tatsächlich bis morgen Zeit. »Und jetzt schlaf gut«, sagte er, bevor er ihr einen leichten Kuss auf die Stirn gab.




Es fühlte sich komisch an, doch irgendwie auch sehr liebevoll. Rhana konnte nicht genau einschätzen, was das für Gefühle waren, doch es beruhigte sie etwas.
»Gute Nacht«, murmelte sie. Sie würde einfach ein paar Minuten warten, bis er gegangen war und dann zur Direktorin gehen.
Erst einmal setzte sie sich jedoch auf ihr Bett, um sich etwas zu beruhigen. Ihr ganzer Körper zitterte und ihr war irgendwie kalt. Als würde sie erst jetzt begreifen, was vorgefallen war.
Ihr Schild hatte sie in der Kutsche nicht geschützt, was problematisch werden könnte. Auch darüber musste sie dringend mit der Direktorin sprechen.
Rhana wartete eine gefühlte halbe Stunde, bevor sie sich erhob und zur Tür ging. Zuerst lauschte sie und als sie nichts hörte, öffnete sie vorsichtig die Tür. In dem Moment erklangen bekannte Schritte und sie schloss diese wieder. Es war eindeutig Lewin gewesen, denn ihr Herz klopfte vor Aufregung und Angst.
Was machte er denn hier patrouillierte er jetzt etwa vor ihrem Zimmer?
Rhana stieß die Luft aus und begab sich zurück zu ihrem Bett. So würde sie vermutlich nicht zur Direktorin kommen, aber wie sonst?
Ein leises Geräusch ließ sie aufsehen. Es kam von der Glastür, die zu ihrem Balkon führte.
Rhana erhob sich schwerfällig, bevor sie zum Balkon ging und mit ihrem nicht verletzten Arm die Gardienen zur Seite zog.
Überrascht schnappte sie nach Luft und machte einen Schritt zurück, als sie Idris erkannte.
Wie war er auf ihren Balkon gekommen?
Schnell öffnete sie die Tür. »Was machst du hier?«, fragte sie leise und ließ ihn ein, während sie versuchte herauszufinden, ob ein Drache ihn abgesetzt hatte. Das hätte sie aber vermutlich bemerkt.
Hoffentlich war er nicht verrückt genug gewesen, um herzuklettern.
»Ich habe gehört, dass ihr angegriffen wurdet«, sagte er besorgt.
Sofort deutete Rhana ihm, leise zu sein, was Idris verwirrte. Er musterte sie und erkannte sofort ihre Haltung. »Bist du verletzt?«, fragte er und erneut zischte sie ihm zu, leise zu sein.
»Lewin ist draußen. Er will nicht, dass ich mit dir rede«, murmelte sie, was Idris sichtlich verwirrte.
»Aber du bist verletzt«, flüsterte er und griff sofort besorgt zu ihrem Arm.
Rhana zog diesen jedoch zurück. »Es ist nicht schlimm«, log sie. So wie sie Idris einschätzte, würde er sich nur mit Lewin anlegen, um sie zur Direktorin zu bringen, doch das konnten ihre Nerven jetzt einfach nicht gebrauchen. »Ich gehe gleich morgen früh«, versicherte sie.




Idris schüttelte den Kopf. »Sei nicht albern«, sagte Idris, bevor er nach Rhanas Arm griff und diesen vorsichtig mit den Fingern abtastete.
Rhana ließ es zu, zuckte aber immer wieder, wenn er bestimmte Stellen berührte.
»Darf ich ihn mir genauer ansehen?«, wollte Idris wissen.
Rhana verstand nicht genau, warum er fragte, nickte aber. Selbst mit den Handschuhen war er sehr sanft, weshalb sie keine Sorgen hatte, dass er ihr weh tun würde.
Idris sah auf und in Rhanas Augen. »Würdest du dein Oberteil ausziehen, damit ich mir deinen Arm ansehen kann?«, fragte er und jetzt verstand sie auch, warum er generell gefragt hatte.
Die Vorstellung, sich vor ihm auszuziehen, sorgte für reichlich aufgeregte Schmetterlinge in ihrem Bauch, während ihr die Röte ins Gesicht stieg. Wie sollte sie darauf reagieren? Was sollte sie tun?
Rhana wusste sehr genau, dass sie es nicht allein schaffen würde. Dazu schmerzte ihr Arm zu sehr. Aber … sollte sie wirklich Idris bitten, ihr zu helfen?

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