DBdD-Kapitel 18

Zunae hatte es sich im Bett mit einem Stapel an Dokumenten gemütlich gemacht.
Sie war noch nicht einmal wirklich einen Tag hier und schon vertraute Yelir ihr diese Dinge an. Es fiel ihr schwer zu sagen, ob sie das gut oder schlecht fand. Allerdings hatte sie so etwas zu tun, während sie sich erholte. Das war gut, denn wenn sie nichts machen konnte, fühlte sie sich schnell unausgeglichen.
Ihr Körper wollte sich zwar bewegen, doch erst einmal blieb sie ruhig sitzen und las.
Yelir hatte wirklich alle Bediensteten hinausgeworfen. Zunae wusste nicht genau warum, doch neue zu finden, würde nicht sonderlich leicht werden. Vor allem nicht mit dem Geld, das ihr zur Verfügung stand.
Zunae fragte sich, ob man sie an der kurzen Leine hielt, oder wirklich erwartete, dass sie mit so wenig etwas auf die Beine stellen konnte. Zudem gab es Defizite, die sie nicht erklären konnte.
Yelir hatte gesagt, dass sich Charlet darum kümmerte. War sie dafür überhaupt ausgebildet? Sie hätte gern gewusst, was die Einnahmequellen waren, auf die sich die Königsfamilie verließ, doch diese waren hier nicht aufgezeichnet. Es gab wirklich nur Informationen über die Burg und die Dinge, die hier getan werden mussten.
Der Harem mit seinen Frauen war der größte Kostenfaktor, der gleichzeitig nichts Produktives beitrug.
Zunae überlegte, wie sie diesen komprimieren konnte, doch da sie sich noch nicht so gut mit den Traditionen der Nordlande auskannte, entschied sie sich dazu, diese Sache erst einmal zu lassen. Sie sollte sich lieber darum kümmern, woher sie neue Angestellte bekam.
Das Geld konnte sie erst einmal aus ihren eigenen Truhen nehmen. Allerdings würde sie überlegen müssen, wie sie das Geld vermehren und investieren konnte, um einen dauerhaften, festen Geldstrom zu generieren. Dazu würde sie allerdings erst einmal die Umgebung kennenlernen müssen, um zu sehen welche Möglichkeiten sie hatte und welche nicht.
Zunae widmete sich wieder den Dokumenten, als sie ein Kratzen hörte, das sie aufhorchen ließ.
Sie drehte den Kopf und blickte zum Fenster, von dem dieses Geräusch kam.
Eine getigerte Katze kämpfte sich das gekippte Fenster hinauf und steckte seinen Kopf in den Raum, bevor er durch den Spalt kletterte und hinabsprang.
Schnuppernd machte er sich auf den Weg durch das Zimmer, bevor er sich vor das Bett setzte und zu Zunae hinaufblickte.
Diese beobachtete den Kater genau. Er war etwas größer als Chiaki, aber sehr niedlich. Ob er wohl ein Haustier von Yelir war?
Zunae beugte sich ein Stück hinab und hielt ihre unverletzte Hand hin, doch der Kater wich zurück. Seine eisblauen Augen fixierten sie, als wüsste er nicht, was er mit ihr anfangen sollte.
Zunae lachte leise. Das arme Tier hatte offensichtlich Yelir erwartet.
Weil sie den Kater nicht noch mehr verunsichern wollte, widmete sie sich wieder ihren Dokumenten.
Sie ging diese immer wieder durch, um einen guten Eindruck der Situation zu erhalten.
Es gab sehr viele Baustellen in der Burg. Über Posten, die dringend Personal brauchten, wie die Ställe, da sich aktuell nur Yelirs Familie um sie kümmerte, bis hin zu Bereichen, die in der Burg ganz geschlossen waren, weil sie nicht mehr bewohnbar waren.
Versunken in ihren eigenen Notizen, zuckte Zunae heftig zusammen, als der Kater plötzlich zu ihr aufs Bett gesprungen kam.
Sie tat so, als wäre nichts, doch sie konnte sich nicht mehr ganz den Dokumenten widmen, sondern schielte immer wieder zu dem Kater, der sich in ihre Nähe legte. So, als würde er die Dokumente ebenfalls lesen wollen.
Zunae lachte leise, denn er wirkte überraschend intelligent. Allerdings glaubte sie nicht, dass er wie Chiaki war. Sie hätte gern seine Meinung zu diesem Kater, doch Chiaki jetzt zu beschwören, wäre nicht so gut. Sie war zu erschöpft und musste sich ausruhen.
»Darf ich dich streicheln?«, fragte Zunae, die ihre Hand langsam Richtung Kater streckte.
Dieser blickte auf und fauchte leise, weshalb Zunae die Hand zurückzog und sich wieder ihrer Arbeit widmete.
Obwohl es sie an ihr Zuhause erinnerte, war es doch irgendwie anders. Sie wusste, dass sie diese Sachen auch an Yelir zurückgeben konnte und nicht machen musste, wenn sie ihr zu viel waren. Dazu kam, dass sie noch nie im Bett gearbeitet hatte.
Zunae musste sich immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass sie noch gar nicht mit Yelir verheiratet war. Sie war keine nordländische Königin. Sie verstand auch nicht, warum Yelir sie mit diesen Dingen betraute.
Ihr Blick wanderte zum Fenster. Es war noch nicht allzu spät, doch ihr Hunger machte sich langsam bemerkbar. Die Suppe war schon eine Weile her, doch sie wusste nicht genau, wen sie fragen sollte. Immerhin gab es kein Küchenpersonal mehr.
Ein leises Klopfen ließ Zunae aufsehen. Der Kater sprang auf und vom Bett, unter dem er sich versteckte. »Ja?«, fragte Zunae, die sich wunderte, wer klopfte.
Es war Belle, welche die Tür öffnete und mit einem kleinen Wagen eintrat.
Der Duft von gebratenem Reis machte sich in der Luft breit, was Zunae das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. »Du kommst wie gerufen«, sagte sie, weil ihr Hunger sie unkonzentriert werden ließ.
Belle lachte leise. »Ich habe die Küche übernommen«, erklärte sie zufrieden und schob den Wagen in Zunaes Richtung. »Ich habe den Reis gekocht, den wir mitgebracht haben. Es gibt nicht sonderlich viel in der Küche«, sagte sie unschlüssig, ob sie diese Dinge überhaupt erwähnen sollte.
Zunae nickte langsam. »Das ist gut. Hast du auch für die anderen gekocht?«, wollte sie wissen, denn sie wollte sich irgendwie für die gute Pflege bedanken.
»Ja. König Yelir war nicht ganz so erfreut, hat mich aber gelassen«, sagte sie, musste aber ein wenig schaudern. Der Blick, den Yelir ihr zugeworfen hatte, war raubtierhaft. Als würde er damit rechnen, dass sie Probleme machte.
Zunae fragte sich, ob es wohl daran lag, dass Belle ein Reisgericht gekocht hatte. Diese Speise gab es hier nicht. Zunae hatte sich trotzdem dafür entschieden, denn Reis war problemlos zu lagern. Daher hatte sie eine ganze Menge davon mitbringen können.
Während Belle Zunae das Essen servierte, genoss diese den Duft. Sie liebte Reis sehr und hatte vielleicht ein wenig eigennützig gehandelt, als sie diesen ausgewählt hatte. Die Vorstellung, auf gutes Essen verzichten zu müssen, hatte ihr nicht behagt, also hatte sie sich abgesichert.
»Ich bin sicher, sie können sich um sich selbst kümmern, aber ein bisschen Hilfe ist sicherlich nicht verkehrt. Vermutlich haben sie wichtigere Dinge zu tun, als zu kochen oder ihre Zimmer aufzuräumen«, bemerkte sie, da sie vertraut damit war, was alles dazugehörte, über ein Land zu herrschen. Gerade, wenn es in Zeiten solcher Veränderungen war.
»Ich werde dafür sorgen, dass genug zu Essen für alle bereitsteht«, erwiderte Belle, die verstehen konnte, worauf ihre Königin hinaus wollte. Sie war hier, um dieser zu dienen und ihre Wünsche zu erfüllen. Wenn es Zunae am Herzen lag, dass für alle gesorgt war, würde sie sich darum kümmern. Yelir hatte ihr gesagt, dass es kein Personal mehr im Schloss gab. Sie wusste nur noch nicht, ob sie das gut oder schlecht finden sollte. Alles wirkte so gespenstig leer und es gab niemanden mehr, den sie fragen konnte. Allerdings bestand auch nicht mehr die Gefahr, mit jemandem aneinanderzugeraten, wenn sie nach Dingen, die ihre Arbeit betraf, fragte.
»Sehr gut. Bist du schon dazu gekommen, die nahe Stadt zu erkunden?«, fragte Zunae, die selbst bisher mehr Zeit im Bett verbracht hatte, als ihr lieb war.
»Nein, aber Jane wollte heute gehen, um zu sehen, was sie so für das Abendessen findet«, erklärte Belle, die Zunae den Löffel für den Reis reichte und eine Tasse Tee für sie eingoss.
Zunae stieß ein leises Seufzen aus, bevor sie begann zu essen. »Ich wünschte, ich könnte mich auch einfach umsehen«, murmelte sie, denn im Gegensatz zu ihren beiden Dienstmädchen wusste sie, dass sie nicht einfach so die Burg verlassen konnte. Sie durfte ohne Erlaubnis nicht einmal aus dem Zimmer hinaus. Das würde es ihr schwer machen, ihre neue Welt zu erkunden.
»Ihr solltet Euch erst einmal erholen«, bemerkte Belle, die den Wagen zur Seite schob. »Ich bin sicher, wenn es Euch besser geht, wird man Euch die Umgebung zeigen. Immerhin seid Ihr hier, um die Frau des Königs zu werden.«
Zunae lächelte, auch wenn es nicht ganz echt war. Sie wusste nicht genau, ob sie wirklich hier war, um Königin der Nordlande zu werden oder nur eine Gefangene für den Frieden. Während es bei ihnen zu Hause üblich war, nur eine einzige Frau zu haben, wusste Zunae sehr gut, dass es in den Nordlanden neben der Erstfrau, die man auch als Königin bezeichnete, nicht unüblich war, mehrere Frauen zu haben. Solange man sie versorgen konnte. Warum sonst existierte der Harem? Zunae wollte sich nicht der Illusion hingeben, dass Yelir nicht seinen eigenen Harem gründen würde, sobald sich die Situation etwas gelegt hatte.
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