Mirani-Kapitel 55

~Irgendwo in der Nordhauch-Tundra~
Eirik Frostklaue, der amtierende Alpha der Nordhauch-Tundra, saß an seinem Schreibtisch und kämpfte sich durch die Dokumente, die sich darauf stapelten.
Die Konflikte mit der Dämmerwüste machten ihn zu schaffen. Es gelang ihm zwar seit Jahren einen Patt um das fruchtbare Gebiet zwischen ihnen zu erzielen, doch das alles zehrte an seinen Kräften.
Dazu kam das Drängen seiner Frau, dass er endlich seinen Posten niederlegen und einen seiner Söhne zum neuen Alpha erklären sollte.
Sie hatte zwar das Potential, doch sie waren nicht als solche geboren. Er wollte ihnen zudem kein so kaputtes Reich überlassen.
Als er damals an die Macht gekommen war, lag die Nordhauch-Tundra so gut wie in Trümmern. Er hatte alles wieder aufbauen müssen, doch mittlerweile waren sie wieder zu einer Macht geworden, die man ernst nehmen musste. Wären da nicht die Konflikte innerhalb der Nordländer. Die Werwolfclans waren oberflächlich betrachtet zwar eine Familie und hielten zusammen, doch unter der Oberfläche brodelten so viele Konflikte, dass Eirik gar nicht wusste, wo er überhaupt anfangen sollte.
Macht und Ansehen trieb die meisten dazu, Dinge zu tun, die früher oder später, dem gesamten Volk schadete. Gerade, weil die Nordhauch-Tundra kein sonderlich fruchtbares Gebiet war.
Sie besaßen viele Rohstoffe, doch um an lebenswichtige Nahrungsmittel zu gelangen, brauchten sie den Handel. Die Aethelhain-Inseln waren dafür unerlässlich und eine gute Beziehung zu ihnen alles, was sie am Leben erhielt. Er wünschte, seine Söhne würden das verstehen.
Allerdings kamen Björn, Joran und Havald sehr nach ihrer Mutter. Was seine Schuld war, da er sehr oft in militärischen Einsätzen oder politischen Angelegenheiten außer Haus war.
Die Tage, die er tatsächlich in seiner Burg verbrachte, wurden zunehmend weniger und wenn er ehrlich war, gab es nur einen Grund, warum er überhaupt hierher zurückkehrte. Seine geliebte Mirja.
Eirik blickte zu seiner Linken und lächelte, als er die kleine Wölfin beobachtete, die eingerollt auf seinem Sessel lag und immer wieder mit dem Fuß zuckte, während sie niedliche Geräusche machte.
Wovon sie wohl träumte?
Seine Tochter war noch zu jung, um ihn zu begleiten. Er würde sie auch nicht mit auf die Schlachtfelder nehmen, welche die Nordhauch-Tundra noch immer dominierten. Diese Schrecken wollte er ihr ersparen. Aber er wünschte sich, sie könnte ihn zumindest zu anderen Reisen begleiten. Zu politischen Feiern oder Verhandlungen.




Er dachte gerade darüber nach, wie schön es wäre, sie dabei zu haben, als jemand die Tür aufriss.
In den Raum gestürmt kam ein Mann, der die typische, dicke Uniform der Nordhauch-Tundra trug. Weißes Fell und ein blauer Umhang, der warmhielt. »Alpha«, sagte er atemlos, doch Eirik deutete ihm sofort, still zu sein und zeigte dann auf seine schlafende Tochter. Diese zuckte zwar, wurde jedoch nicht wach.
»Es ist wichtig«, brachte der Mann, der einer seiner Heerführer war, hervor.
Als sein Beta durfte er dieses Zimmer jederzeit betreten, doch Eirik zweifelte nicht daran, dass es wichtig war, wenn er so hereingestürmt kam. »Berichte. Leise«, befahl Eirik, der seine Tochter weder wecken, noch beunruhigen wollte.
»Unsere Späher berichten, dass die Aethelhain-Inseln ihr Heer zusammenziehen. Sie sind auf dem Weg in die Dämmerwüste.«
Eirik traute seinen Ohren nicht.
Die Aethelhain-Inseln?
»Unmöglich. Maeve würde nie …«, setzte er kopfschüttelnd an.
»Kaelen selbst führt sie an«, erklärte sein Beta mit zusammengebissenen Zähnen.
Eirik schüttelte erneut den Kopf. »Wieso sollten sie so etwas tun?«
»Es gibt Gerüchte, dass die Tochter der Ahnin sich in der Dämmerwüste befindet«, erklärte der Mann, der seinen Alpha eingängig musterte.
Dieser sprang auf. »Was?«, fragte er und wurde dabei lauter als gewollt.
»Scheinbar wird sie als Geisel gehalten. Das ist für uns die perfekte Gelegenheit. Wenn wir uns mit den Aethelhain-Inseln verbünden, können wir die Dämmerwüste unterwerfen.«
»Mach das Portal bereit und sorge dafür, dass die Truppen abmarschbereit sind. Ich werde die Aethelhain-Inseln besuchen gehen.«

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