DBdD-Kapitel 40

Zunae hatte sich noch nie so schlecht gefühlt. Sie hing mehr auf ihrem Pferd, als dass sie wirklich saß und musste ständig husten. Ihr Hals war die ganze Zeit rau, während ihr Kopf schmerzte und ihre Sicht sogar verschwamm.
Arcas ritt neben ihr, doch sie lehnte es ab, dass sie auf sein Pferd stieg. Sie würde es zurück ins Schloss schaffen und wenn sie das letzte bisschen Magie zusammensuchte, das sie hatte. Auf gar keinen Fall wollte sie Arcas anstecken.
»Hätte ich gewusst, dass es dir so schlecht geht, wären wir nicht gegangen«, sagte Arcas, der nicht verhindern konnte, sogar anklagend zu klingen. Wenn sie ihm jetzt vom Pferd fiel, konnte sie sich ernsthaft verletzen und er wäre schuld.
»Ich wusste nich-«, setzte Zunae an, wurde aber von heftigen Husten unterbrochen.
»Du wusstest nicht, dass du krank wirst?«, fragte Arcas gegen ihr Husten an.
Zunae verstand nur Teile, konnte sich aber zusammensetzen was er meinen musste und nickte.
Arcas stieß die Luft aus. Er wollte nicht, dass es ihr schlecht ging, doch gegen eine Erkältung war er machtlos. »Wir sind fast da. Dainte wird sich um dich kümmern.«
Zunae erwiderte nichts. Sie hatte schon Probleme gehabt, sich von Aidina behandeln zu lassen. Das hatte meist nur dann geklappt, wenn sie Chiaki gebeten hatte, mehr von ihrer Magie zu fressen als üblich. Nur fühlte sie sich danach noch ausgelaugter als zuvor und das konnte sie sich im Moment nicht leisten. Anders wäre es Dainte aber nicht möglich, sie mit Magie zu behandeln.
Da Arcas nichts davon ahnte, ging er davon aus, dass Dainte ihr sofort helfen konnte, als sie endlich auf den Innenhof ritten. Arcas blieb stehen, sprang von seinem Pferd und zog Zunae zu sich in die Arme. Diese gab einen überraschten Laut von sich, wehrte sich aber nicht. Dazu war ihr Körper zu erschöpft und es drehte sich sowieso schon alles.
Daher protestierte sie auch nicht, als Arcas sie in seinen Armen zur Burg trug.
Die Blicke des Stalljungen konnte sie nicht sehen, da sie ihre Augen schließen musste. Durch die Bewegungen wurde ihr nur noch schlechter, was dafür sorgte, dass sie Angst bekam, sich übergeben zu müssen. Krank zu sein war schrecklich. Wieso passierte ihr das plötzlich?
Zunae krallte sich an Arcas fest, während dieser mit ihr direkt die Burg betrat und auf Daintes Zimmer zuhielt. Als Heiler der Königsfamilie musste er immer erreichbar sein, obwohl es bereits spät am Abend war.
Die meisten Gänge waren nicht einmal beleuchtet, doch für Arcas stellte das kein Problem da. Er kannte die Gänge der Burg sehr gut und musste daher die Zimmer nicht sehen, um zu wissen, wo er richtig war.
Als er stehenblieb, öffnete Zunae für einen Moment ihre Augen. Nur Schwärze umfing sie. Nicht einmal die leichten Schemen, die sie sonst wahrnahm.
Arcas hingegen konnte zumindest Graustufen erkennen und wusste daher, dass er richtig war.
Ohne sie abzusetzen, klopfte er an. Laut und drängend, bis die Tür geöffnet wurde.
Verschlagen blickte Dainte zu Arcas auf. Ihm war anzusehen, dass er nicht begeistert war, dass man ihm aus seinem Schlaf gerissen hatte. Allerdings klärte sich sein Blick recht schnell, als er Zunae erblickte.
Sie atmete schwer und konnte kaum noch klar denken. Ihr war unglaublich warm, obwohl sie gerade noch gefroren hatte.
»Sie ist erkältet. Hilf ihr«, forderte Arcas, der sich versuchte, an Dainte vorbei in den Raum zu schieben.
Immerhin war das hier das Behandlungszimmer. Daintes private Räume lagen dahinter.
»Bring sie in ihr Zimmer«, forderte Dainte, der sofort hellwach war.
Arcas blieb irritiert stehen. »Willst du sie nicht behandeln?«, fragte er, da er wusste, dass Dainte eigentlich die Patienten in diesem Raum heilte. Es war eher selten, dass er in ihre Zimmer ging, weil er die Krankheitserreger dort nicht verteilen wollte.
Dainte schüttelte den Kopf. »Das wird ein bisschen dauern. Sie sollte gemütlich liegen«, erklärte er, wusste aber auch nicht, ob er ihr überhaupt helfen konnte. »Bring sie ins Bett, ich such meine Sachen zusammen.«
Arcas blickte Dainte einen Moment verwirrt an, bevor er das Zimmer wieder verließ. Er ahnte nicht einmal, dass Dainte durch Zunaes Magie kaum helfen konnte. Für ihn war der Heiler sehr mächtig und konnte selbst schwerste Verletzungen komplett heilen. Daher fragte er sich, ob Dainte Zunae vielleicht nicht mochte und deshalb nichts tun wollte.
Wenn dem so war, würde er Yelir bescheid sagen müssen. In Arcas sträubte sich alles dagegen, Zunae nicht zu helfen. Mittlerweile wusste er auch, dass es nicht nur daran lag, dass sie eine Frau war. Sie war eine Frau, die ihn faszinierte. Er wollte nicht, dass sie litt und wollte sie auch nicht zurücklassen.
In den Fluren, auf den Weg zu Zunaes Zimmer, begegnete er Belle, die sich sofort verneigte und erklärte, dass sie ihr Zimmer vorbereiten würde. Dann rannte sie los.
Arcas verstand nicht ganz, was sie meinte, doch als er das Zimmer schließlich erreichte, war das Bett so gemacht, dass er sie nur noch hineinlegen und zudecken musste. Zudem war die Luft frisch, als hätte man gerade gelüftet. Trotzdem bannte im Kamin ein warmes Feuer.
Nachdenklich blickte er von oben auf Zunae hinab. Sie regte sich kaum, stattdessen atmete sie lediglich schwer. Ihr Körper war durchgeschwitzt, sodass sich ihre Kleidung nur noch mehr an ihre kurvenreiche Gestalt schmiegte. Ein sehr anziehendes Bild, das Arcas fast dazu brachte, sie auszuziehen. Mit dem Vorwand, dass sie nicht in ihren verschwitzten Kleidern bleiben konnte.
Manchmal beneidete er Dainte. Als Heiler musste er auch Frauen untersuchen. Somit bekam er wesentlich mehr Haut zu sehen, als Arcas. Jedoch war er auch gut erzogen, weshalb er sich an Belle wandte. »Dainte ist informiert. Du solltest Ihr beim Umziehen helfen. Ihre Kleidung ist nass«, bemerkte er und machte einen Schritt vom Bett zurück, sodass Belle zu Zunae gehen konnte.
Am liebsten wäre er dabei gewesen, doch er zwang sich dazu, hinauszugehen, damit Belle ungestört war.
Draußen wartete Arcas unruhig. Hoffentlich war es nichts Ernstes. Sie sah wirklich nicht gut aus. Er wusste nicht, wie er es Yelir erklären sollte, falls sie starb. Außerdem wollte er nicht, dass sie starb.
Schließlich kam Dainte an geeilt. In der Hand einen großen Koffer, den Arcas bei ihm noch nie gesehen hatte. Außerdem drang der Geruch von Kräutern an seine Nase. »Bist du jetzt unter die Kräuterfrauen gegangen?«, neckte Arcas, um seine eigene, innere Unruhe zu überspielen.
»Meine Magie kommt gegen ihre nicht an. Also sind Kräuter und Tränke die einzige Hilfe, die ich ihr bieten kann«, gab Dainte wenig begeistert zurück. Yelir hatte ihn zwar gebeten, nicht darüber zu sprechen, aber Arcas solle es wissen. Dainte glaubte nicht, dass er diese Informationen weiterreichen würde.
Arcas Augen weiteten sich, da er nicht glauben konnte, was er hörte. Dainte war der mächtigste Heiler ihrer Geschichte. Zumindest hatte sein Vater das immer gesagt. Er war auch von den Göttern gesegnet, weshalb es Arcas schwerfiel, zu glauben, dass ausgerechnet Zunae mit ihrer Magie stärker war als er. Sie wirkte so zerbrechlich und jetzt wo sie krank war, sollte sie doch schwächer sein. Daher verstand er nicht, warum Dainte so reagierte.
»Dann … wirst du sie nicht heilen können?«, fragte Arcas, der eigentlich damit gerechnet hatte, dass sie in wenigen Stunden wieder auf den Beinen war.
In dem Moment, in dem Belle die Tür öffnete, um die beiden wieder rein zu lassen, schüttelte Dainte den Kopf.
Arcas sah zu, wie Dainte eintrat, blieb aber draußen stehen. Der Heiler mochte es nicht, beim Heilen zu viel Gesellschaft zu haben und Arcas wollte nicht stören. Er konnte sowieso nichts tun. Also würde er sich zurückziehen und in ein paar Stunden, nach einem guten Schläfchen, noch einmal nach ihr sehen.
Kommentare