Luana – Kapitel 25

Luana fühlte sich leer, als sie in der Kutsche saß. Sie befanden sich auf dem Rückweg zu Amons Anwesen. Dabei wurde ihr der leere Platz neben sich deutlich bewusst. Dort sollte Ragnar sitzen, doch das tat er nicht. Stattdessen war er jetzt in den Händen einer Vampirin, die scheinbar nicht gut auf Amon zu sprechen war.
Es waren Unsummen beim Bieten geflossen und schließlich hatte Amon aufgegeben, weil klar geworden war, dass die Vampirfrau den Lycaner unbedingt wollte.
„Wer war dieser Lycaner?“, fragte Sienna, die scheinbar nicht nur neugierig, sondern auch mutig war.
Luana seufzte leise. „Ragnar. Er kam über ein Portal zu uns“, gestand sie zögerlich. „Er hat mir die Magie beigebracht und versucht, mich davor zu retten, versklavt zu werden.“
Sienna musterte sie. „Er ist dir wichtig“, stellte sie fest.
Luana versuchte leicht zu lächeln und zuckte die Schultern. „Er ist … für mich etwas Besonderes“, gab sie zögerlich zu.
Sienna nahm Luanas Hände. „Ich bin sicher, dass wir es irgendwie schaffen, dass er zu uns kommt“, sagte sie sicher. Wahrscheinlich wollte sie Luana beruhigen.
„Ich denke, das wird schwerer, als du denkst“, meinte Amon, der schon die ganze Zeit aus dem Fenster sah. Er wirkte sehr nachdenklich.
„Wieso?“, fragte Sienna überrascht, während Luana spürte, dass ihr Mund trocken wurde. Das klang nicht gut.
„Weil Amara sehr viel Macht und Einfluss hat“, erklärte er widerwillig. „So ungern ich das zugeben, aber sie hat mehr Geld als ich.“
Luana spürte, dass sie der Mut verließ.
„Dann ist Abkaufen keine Option“, bemerkte Sienna, obwohl es unnötig war. Gleichzeitig klang sie aber auch, als hätte sie bereits einen anderen Plan. Luana gefiel das nicht. Gleichzeitig wollte sie aber auch Ragnar befreien. Sie wusste nicht, wie Amara war. Möglicherweise war sie ein Monster.
„Mach keinen Unsinn“, warnte Amon mit fester Stimme. „Mit Amara sollte man sich nicht anlegen. Sie ist sehr alt“, warnte Amon. „Und sehr mächtig.“
Alt und mächtig. Das gefiel Luana gar nicht. Das würde nur dafür sorgen, dass es schwerer für Ragnar werden würde.
„Wäre es für sich von Vorteil, wenn sie … nicht mehr da wäre?“, fragte Luana zögerlich.
Ihre Worte jagten Luana einen Schauer über den Rücken, denn da war ein Klang, der ihr nicht gefiel. Etwas Dunkles und Mächtiges.




„Ich sagte, du sollst keinen Unsinn machen“, wiederholte Amon ernst.
Luana fragte sich, was in Siennas Kopf herumging. Mit diesem Halsband würde sie sowieso keine Magie wirken können. Das konnte es also nicht sein. Gleichzeitig juckte es Luana aber auch irgendwie in den Fingern herauszufinden, was Sienna vorhatte. Sie wollte irgendwie Ragnar wieder haben. Sie vermisste ihn sehr. Was seltsam war, da sie ihn fast mehr vermisste als ihre Familie. Vielleicht, weil die Beziehung zu ihm irgendwie inniger geworden war.
„Könnte man ihr irgendetwas bieten, was sie vielleicht dazu bringt, ihn herzugeben?“, fragte Sienna, die noch immer nachdenklich schien.
Amon schnaubte, schien dann aber auch zu überlegen. „Nein, ich denke nicht“, sagte er zögerlich.
„Und was ist, wenn die Sklaven … fliehen würden?“, fragte Sienna neugierig. „Was passiert dann und wer bekommt sie?“
Amon wirkte überrascht. Luana konnte ihn sehr gut verstehen. „Fliehen sie und die Sklavenhändler bekommen sie zuerst, werden sie weiter verkauft. Bekommt sie die Sklaven zuerst … werden sie bestraft.“
„Würde es Euch etwas bringen, wenn sie komplett weg wäre?“, fragte Sienna plötzlich und richtete ihren Blick direkt auf Amon.
Entsetzt sah Luana zu, wie dieser erschauderte. Warum? Glaubte er etwas, dass Sienna diese Vampirin irgendwie verschwinden ließ und wenn ja, wieso machte es ihm dann etwas aus?
So ganz wurde Luana aus diesem Gespräch nicht schlau.
„Ich werde versuchen, mit ihr zu verhandeln“, sagte Amon nachdenklich. „Vielleicht leiht sie ihn mir auch aus.“
Luana hörte genau zu, glaubte aber nicht mehr daran, dass sie Ragnar wiedersehen würde. Es war vielleicht besser, ihn zu vergessen. Aber schon dieser Gedanke schmerzte so sehr, dass ihr Tränen in die Augen traten.
Schließlich hielt die Kutsche wieder und Luana folgte Amon und Sienna. Ihre Gedanken waren jedoch bei Ragnar. Ob es ihm gut ging? Konnte sie wirklich nichts für ihn tun?
„Wird Lady Amara gut mit ihm umgehen?“, fragte sie zögerlich und blickte Amon fast schon flehend an.
Dieser zögerte. „Ich weiß es leider nicht“, gestand er mit einem Seufzen. „Sie ist sehr … fordernd.“
Luana ließ die Schultern hängen. Das gefiel ihr gar nicht.




Niedergeschlagen folgte sie den beiden hinein in das Anwesen, bevor sie mit Sienna Richtung Bad trottete. So war es eigentlich immer. Kamen sie zurück, sollten sie sich als Erstes waschen. Amon hatte eine Abneigung gegen Dreck aller Art. Zumindest glaubte Luana das.
„Wie weit würdest du gehen, um ihn zurückzuholen?“, fragte Sienna leise, womit sie sofort Luanas Aufmerksamkeit erhielt.
„Ziemlich weit“, sagte sie zögerlich und wusste sofort, dass sie sogar töten würde. Es war einfach ein Gefühl, das sie nicht genau beschreiben konnte. „Sienna, was hast du vor?“, fragte Luana skeptisch. Sienna war für sie wie ein Buch mit sieben Siegeln. Sie wurde aus der Itari einfach nicht schlau.
„Es gibt hier so viele Sklaven und so wenig Vampire“, bemerkte sie, als würde sie über das Wetter sprechen. Luana verstand nicht ganz, was sie meinte, fragte aber auch nicht nach. Stattdessen öffnete sie die Tür zum Badezimmer und schlüpfte hinein.
Ihr Weg führte sie zum Becken, wo sie das Wasser einließ. Es war schon sehr praktisch, das Amon scheinbar Rohre durch das ganze Haus gelegt hatte. Diese waren mit einem Wassertank verbunden. Zudem gab es einen Bereich, wo das Wasser permanent magisch erhitzt wurde.
Luana fand es seltsam, dass sie im Haus noch immer die Halsringe tragen mussten, sagte aber nicht dazu. Heute hatte sie zu viele Dinge erlebt und musste diese erst einmal verarbeiten. Zudem bekam sie Siennas Reaktion in der Kutsche einfach nicht aus ihrem Kopf. Was hatte diese nur vor?

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