Luana – Kapitel 46

Luana beobachtete, wie Sienna über der Liste der Namen hing, die sie zusammengestellt hatte. Die Kinder waren gut angekommen und wurden gerade versorgt. Luana wäre gern bei ihnen, doch sie wusste auch, dass sie mit Sienna, Ragnar und Amon besprechen musste, was sie nun tun sollten.
„Es gab keine weiteren Überlebenden?“, wollte Amon nachdenklich wissen.
„Schwer zu sagen. Es waren so viele Kinder, dass wir mit ihnen nicht weiterreisen wollten“, sagte Ragnar, bevor Luana ihren Mund überhaupt öffnen konnte.
Amon rieb sich das Kinn. „Verstehe. Das hießt, wir könnten noch mehr Leute dort finden, die überlebt haben?“, fragte er und klang irgendwie hoffnungsvoll. Luana wusste nicht genau, was sie davon halten sollte, denn als Amon die Kinder ohne Eltern gesehen hatte, war er wirklich wütend geworden.
„Ich schätze, dass die Eltern ihre Kinder in Sicherheit gebracht haben, damit sie nicht gefangen werden“, murmelte Sienna nachdenklich. „Wahrscheinlich sind die Erwachsenen gefangen.“
„Während ihr weg wart, haben wir mit den Neuankömmlingen gesprochen“, erklärte Amon mit ruhiger Stimme, während er Siennas Schultern leicht massierte. „Sie wären bereit, uns zu unterstützen, um weitere Sklaven freizukaufen. Aber so einfach wird das nicht. Wir müssen vorsichtig sein, auch wenn wir zahlenmäßig wachsen“, erklärte der Vampir zögerlich.
Sienna lehnte sich ein Stück zurück und schloss die Augen. Es sah sehr vertrauensvoll aus.
„Das ist gut. Trotzdem müssen wir sehen, dass wir einen Plan machen“, meinte Ragnar.
„Können wir noch einmal eine Gruppe nach Wolfsmond schicken?“, wollte Luana vorsichtig wissen. Sie wusste, dass sie damit vorsichtig sein mussten, damit sie niemand verfolgte.
Sienna nickte. „Ich denke, das sollten wir tun. Der Planet ist groß. Seydon sollte ihn kennen, oder?“
Luana nickte zögerlich. „Ja. Ich würde ihn aber Rudon und Grudon mitschicken. Sie sind bekannter.“ Es war besser, wenn die Werwölfe sie sofort erkannten. Sie wollte nicht, dass schon wieder jemand angegriffen wurde.
„Ist es sehr gefährlich dort?“, wollte Sienna nachdenklich wissen.
Ragnar zögerte kurz, bevor er den Kopf schüttelte. „Ich denke nicht. Es sind keine Jäger mehr dort. Das kann sich aber schnell ändern“, sagte er ernst.




Sienna nickte. „Dann wäre es vielleicht sinnvoll, wenn wir kleine Gruppen bilden, so sind wir effektiver“, schlug sie vor.
„Dann werde ich auch mit einer Gruppe gehen“, entschied Luana, die sich davon nicht so leicht abbringen lassen würde.
Sie bemerkte, dass Sienna und Amon sie ansahen, dann packte Ragnar ihre Hand. „Ich lasse dich nicht allein gehen“, sagte er ernst.
Sienna musterte sie intensiv. „Ich verstehe, dass es dir wichtig ist“, begann sie, weshalb Luana sich versteifte. Sie würde sie nicht gehen lassen. Da war sie sich fast sicher. Es war gefährlich. „Bitte pass gut auf dich auf“, bat sie. „Ich möchte dich nur ungern persönlich retten kommen.“
Es war eine Drohung und ein Versprechen, das dafür sorgte, dass Luana noch einmal darüber nachdachte. Sie nickte trotzdem. „Ich bin vorsichtig“, versprach sie. Es war wichtig, dass Sienna sich nicht in Gefahr brachte.
Doch das würde sie, denn wenn Luana und Ragnar nicht zurückkehrten, würde sie kommen. Sienna ließ niemanden im Stich.
„Schaffst du es, dich hier um die Kinder zu kümmern?“, wollte Luana wissen, obwohl sie gesehen hatte, dass bereits alle Kinder an bekannte Werwölfe abgegeben waren, damit sie eine Bezugsperson hatten.
Auch die Neulinge schienen sich gut einzuleben, doch es waren noch nicht genug Häuser da, damit auch jeder eine eigene Unterkunft hatte. Jeder arbeitete sehr hart.
„Es wird etwas dauern, bis hier alles wieder ruhig ist, doch ich bin sicher, dass wir es schaffen“, meinte Sienna zuversichtlich. „Also kümmert ihr beide euch darum, dass Gruppen für Wolfsmond zusammengestellt werden.“
Luana nickte und griff instinktiv nach Ragnars Hand, um diese sanft zu drücken.
Ragnar erwiderte den Druck. „Ich werde auf sie aufpassen“, versprach Ragnar, der einen Arm um sie legte, bevor sie Sienna und Amon allein ließen.
„Können wir noch ein bisschen durch die Stadt laufen?“, fragte Luana und blickte zu Ragnar hoch.
Dieser erwiderte den Blick, lächelte und nickte. Es war bereits dunkel draußen und sie sollten sich ausruhen, doch Luana wollte sichergehen, dass alles in Ordnung war. Einen Drang, den sie mit vielen Leuten teilte, denn sie bemerkte viele bekannte Gesichter, die ihnen über den Weg liefen. Sie alle grüßten höflich, unterhielten sich kurz und gingen dann wieder ihren Weg.




Luana liebte ihre kleine Stadt. Alles wirkte friedlich und der Umgang miteinander war liebevoll. Was vielleicht daran lag, dass es noch nicht so viele Leute hier gab.
„Lady Luana“, erklang plötzlich eine raue, vorsichtige Stimme, die Luana dazu veranlasste, sich umzudrehen. Ein großer Mann trat auf sie zu, der kein Oberteil trug. Dadurch erkannte man seinen muskulösen Oberkörper.
„Maurice“, sagte sie überrascht, denn sie kannte den Mann sehr gut. Er war ein Schmied, der sich immer gut um die Waffen kümmerte. „Was ist los?“, fragte sie, denn er klang nervös, fast schon angstvoll.
„Ich glaube, Laura geht es nicht gut“, sagte er und trat von einem Bein auf das andere. „Sie muss sich ständig übergeben.“
Luana blickte kurz zu Ragnar und nickte dann. „Ich komme sofort“, sagte sie, um kurz darauf dem Werwolf zu folgen. Auch Ragnar folgte ihnen.
Als sie ins Haus kamen, wirkte die junge Lycanerin sehr überrascht. Sie hatte nicht geschlafen, sondern bei einer magischen Lichtkugel gelesen. Nun erhob sie sich und knickste leicht. „Lady Luana. Lord Ragnar, was führt Euch hierher?“, fragte sie überrascht und ein wenig überfordert.
Luana lächelte sanft. „Dein Mann macht sich Sorgen um dich“, sagte sie, bevor sie auf Laura zuging.
Diese blickte überrascht zu ihrem Mann, der entschuldigend lächelte. „Es ist schon in Ordnung“, versicherte Laura schnell, doch Luana ließ sich davon nicht abschrecken. „Es ist wirklich nichts Schlimmes. Nur manchmal Übelkeit“, sagte Laura.
„Lass es mich trotzdem ansehen“, bat Luana. „Wir wollen doch nicht, dass wir es vielleicht mit einer Krankheit zu tun haben, die sich auf andere überträgt“, sagte sie sanft, denn sie wusste, dass es manchmal wichtig war, zu betonen, dass es vielleicht auch andere treffen konnte.
Laura machte ein überraschtes Geräusch, bevor sie sich von Luana zum Sofa ziehen ließ, wo sie sich niederließ.
Luana legte ihr die Hände aufs Schlüsselbein und ließ ihre Magie durch ihren Körper wandern, wie sie es gelernt hatte. Dabei runzelte sie leicht die Stirn, bevor sie begann, zu lächeln.
Das, was sie spürte, war alles andere, als eine Krankheit.
Luana beugte sich zu Lauras Ohr vor und flüsterte ihr etwas zu. Die junge Frau riss die Augen auf, schwieg aber.




„Was? Was ist?“, wollte Maurice wissen. Er wirkte aufgeregt.
„Es ist alles in Ordnung“, versprach Luana lächelnd. „Ich denke, sie sollte es dir selbst sagen“, meinte Luana, bevor sie Ragnar an der Hand nahm und mit sich zog.
Kaum hatten sie die Wohnung verlassen, erklang ein erfreuter Schrei, was Luana lachen ließ.
„Glaubst du, Maurice wird ein guter Vater?“, fragte sie an Ragnar gewandt, der grinste. Er wusste genau wie Luana, dass sich Maurice schon immer Kinder gewünscht hatte.

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