Luana – Kapitel 45

Luana trat aus dem Portal heraus und schauderte, als sie ihren Planeten betrachtete. Alles wirkte zerstört und verbrannt. Nicht ein Baum war zu sehen, dafür lag überall verbranntes Holz. Es glimmte noch und sogar ein wenig Rauch stieg auf. „Das ist schrecklich“, flüsterte sie. Sie wusste schon jetzt, dass der Aufwand, das Portal zu suchen, um nach Wolfsmond zu gelangen, es wert gewesen war. Hier war etwas sehr Schreckliches vorgefallen. Wahrscheinlich war das Portal deshalb nicht mehr bewacht.
Seydon, der ihr folgte, stieß ebenfalls einen überraschten, angewiderten Laut aus.
„Seid vorsichtig“, warnte Ragnar, der Seydon folgte. Sie waren hier, um eventuelle Überlebende zu finden. Hier schien jedoch keiner mehr zu leben. Wenn doch, dann war es sicherlich nicht leicht. Sah es überall so aus?
Langsam schritt Luana durch die Kohle, während sie einen Zauber nutzte, damit sie sich die Füße nicht verbrannte.
War das wirklich Wolfsmond oder waren sie irgendwo anders gelandet? Sie konnte dieses Bild einfach nicht mit ihrer Heimat in Verbindung bringen.
Luana rieb ihre Arme, um sich selbst zu beruhigen, während sie immer weiter ging.
„Schrecklich“, flüsterte Seydon immer wieder, blieb aber in ihrer Nähe. Genau wie Ragnar, der sogar ein Schwert in der Hand hielt, um beide beschützen zu können.
„Sicher, dass wir hier noch jemanden finden?“, wollte der Braunhaarige angespannt wissen, bevor er die Hand vor Luana hielt, damit diese nicht weiterging. Sofort blieb Luana stehen, spannte sich an und lauschte. Da war etwas. Sie hörte etwas knacken.
Seydon schnupperte in der Luft und Luana tat es ihm gleich, konnte aufgrund der leichten Rauchfäden jedoch nicht wirklich etwas riechen.
Aus dem Dickicht kam ein Wolf, der die Lefzen hochgezogen hatte und wütend knurrte.
Luanas Herz setzte für einen Moment aus, bevor es heftiger weiterschlug. War das ein normaler Wolf? Unwahrscheinlich. Aber welchem Rudel gehörte er an?
„Wir sind nicht hier, um Sklaven zu holen“, sagte Seydon mit versucht fester Stimme. „Wir gehören dem Dunkelwaldrudel an“, versuchte er, den Wolf zu beruhigen, der nur noch mehr knurrte.
Luana wollte ihrem Bruder helfen, wusste aber nicht wie. Gleichzeitig wusste sie, dass der Wolf angreifen würde. Ein Kampf schien unvermeidlich, denn es war klar, dass er sein Territorium verteidigen wollte und sie für Feinde hielt.




Dann ging alles ganz schnell. Der Wolf setzte sich in Bewegung und auch Ragnar bewegte sich. Statt jedoch mit seinem Schwert kurzen Prozess zu machen, schützte er Luana mit seinem Arm. In diesen bohrten sich große, spitze Wolfszähne und hinterließen ein Rinnsal Blut, das über Ragnars Arm floss, der sich langsam veränderte.
Mit großen Augen sah Luana zu, wie sich die Hand zu einer Wolfskralle veränderte, während der Arm mit Fell überzogen wurde. Ragnars restlicher Körper blieb normal und unverändert. Ein eindeutiges Zeichen dafür, dass er gar kein Werwolf war! Wie hatte sie nur so dumm sein können? Natürlich erklärte das seine Stärke. Er war ein Lycaner.
„Wir wollen dich nicht verletzen“, knurrte er mit rauer Stimme. Der Biss schien ihn nicht sonderlich viel auszumachen.
Luanas Herz klopfte heftig. Warum wehrte er sich nicht? Wollte er, dass der Wolf ihn den Arm zerbiss?
Als sie eingreifen wollte, um den Wolf von Ragnar wegzuziehen, griff Seydon ein und hielt sie fest. „Warte“, bat er angespannt, während er seinen Arm um Luana geschlungen hatte, damit diese nicht eingriff.
„Warum?“, knurrte sie verärgert. Sie wollte den Wolf wegziehen und Ragnars Wunde heilen.
„Schau“, meinte Seydon, der mit dem Kopf auf den Wolf deutete, der von Ragnar angestarrt wurde. Er ließ lockerer und schließlich los, bevor er sich zurückzog und Ragnar vorsichtig betrachtete. Zudem hatte er den Schwanz eingezogen, als würde er Ragnars Stärke akzeptieren.
Schließlich verwandelte er sich sogar zurück. Luana stieß einen überraschten Laut aus, als sie einen Jungen erkannte, der schwer an seinem Arm verletzt war.
Sie löste sich von Seydon und sprang förmlich auf diesen zu. Er zuckte zurück, riss aber die Augen auf, als er spürte, dass Luana ihn heilte. „Bist du von den Vampiren angegriffen wurden?“, fragte sie, wobei sie versuchte, sanft zu klingen. Er war so jung, dass sie sich fragte, warum er hier allein war.
„Ja“, keuchte er, wobei ihm anzuhören war, dass er sich Mühe gab, nicht zu schwach und wehleidig zu klingen.
Luana konzentrierte sich auf die Heilung, während Seydon und Ragnar die Umgebung im Blick behielten. „Sind die Angreifer noch hier?“, fragte Seydon angespannt.
„Ich … glaube nicht“, sagte der Junge rau, bevor er sich bei Luana bedankte. Diese half ihm, aufzustehen.




„Komm, ich bringe dich in Sicherheit“, sagte sie sanft, doch der Junge zögert.
„M-Meine Geschwister“, brachte er mühsam hervor. Sofort wurde Luana hellhörig.
„Hier sind noch andere Kinder?“, wollte sie wissen und blickte zu Ragnar und Seydon, als der Junge nickte.
„Wir suchen sie“, entschied Ragnar, der dem Jungen bedeutete, ihnen den Weg zu zeigen.
Gemeinsam liefen sie über verbrannte Erde, Überreste einer kleinen Siedlung und zu einem Bereich, der sehr verwuchert wirkte. Voller Büsche mit Stacheln.
„Warum warst du allein unterwegs?“, fragte Luana leise, die ihre Ohren jedoch die ganze Zeit spitzte.
„Ich musste Essen besorgen“, gestand er und ließ die Schultern hängen. Wahrscheinlich, weil er eben dieses nicht mitgebracht hatte.
„Bald werdet ihr in Sicherheit sein“, sagte Luana sanft, die Seydon und Ragnar zunickte, als sie vorsichtig einen Busch zur Seite schob. Die Stacheln des Gewächses bohrten sich in ihre Haut, doch sie ignorierte es. Es war ihr wichtiger, den Jungen zu schützen.
Dieser huschte schnell an ihr vorbei und auf die andere Seite. Luana folgte und ließ den Busch zurückfallen. Damit war das Gestrüpp aber noch nicht zu Ende und sie kämpften sich weiter durch Äste, Dornen und andere Hindernisse.
Schließlich kamen sie zu einem kleinen Loch in einem Berg. Der Junge spannte sich an. „Ich werde sie herausholen“, sagte er entschieden. Es schien, als wäre das hier eine Art Schutz für die Kinder.
Luana nickte. „Ich werde hier warten“, sagte sie, wobei sie sich umsah. Waren die Kinder hier sicher?
Der Junge kroch durch das Loch und wenig später kam ein junges Mädchen heraus, das Luana sogar bekannt vorkam. Sie riss die Augen auf, als sie erkannte, dass die junge Schwarzhaarige zu ihrem Rudel gehörte. „Nella“, sagte Luana atemlos und ging auf die Knie.
„Lua“, rief das kleine Mädchen und warf sich ihr in den Arm.
Das schien einige der anderen Kinder, die nach und nach aus dem Loch stiegen, zu beruhigen.
Luana hingegen machte das nervös. Sie konnte Kinder aus allen Rudeln erkennen. Hatten die älteren sie hierhergebracht?
„Wie viele seid ihr?“, fragte sie nach Luft schnappend.
Der älteste der Jungen sah sich um. „Ich denke, wir sind noch fünfzehn“, erklärte er leise, aber nicht ganz sicher.




Luana nickte und atmete langsam aus. „Gut. Wir bringen euch hier weg“, versprach sie, bevor sie Nella auf den Arm nahm und die Hand eines weiteren kleinen Mädchens griff.
Sie hatte nicht erwartet, so viele Kinder hier zu treffen. Wo waren ihre Eltern? Waren sie alle gefangengenommen worden?

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