DBdD-Kapitel 31

Zunae verbrachte den ganzen Tag damit, die Bewerber zu sichten und passende Leute auszuwählen.
Es waren jedoch nicht nur passende darunter. Trotzdem gelang es ihr am Ende neben Elias als Koch noch Kammerdiener für Yelir, Degoni und Dainte anzustellen. Auch einen Stallburschen und einen Gärtner konnte sie sichten. Das war die Grundausstattung, die sie brauchten, womit sie noch nicht ganz zufrieden war. Am liebsten hätte sie mehr Kammerdiener angestellt, doch keiner wollte so richtig passen. Zunae wollte sich auch nicht zwingen, jemanden einzustellen, bei dem sie ein schlechtes Gefühl hatte.
»Sie sind alle noch sehr jung«, bemerkte sie besorgt an Yelir gerichtet. »Ich hoffe, sie kommen mit der Arbeit klar. Es ist doch sehr viel.«
»Mach dir keine Sorgen«, beschwichtigte Yelir mit ruhiger Stimme. Er hatte sie den ganzen Tag beobachtet und war überrascht über ihre ruhige Hingabe. Sie war viel geduldiger als er angenommen hatte. Selbst denen gegenüber, die sich seiner Meinung nach wirklich schlecht benommen hatten. Es hatte sogar Beleidigungen gegeben. Yelir verstand nicht, warum diese Männer überhaupt vorgehabt hatten, im Schloss zu arbeiten. Sie hatten Zunae fast völlig ignoriert. »Dass sie so jung sind ist gut. So haben sie weniger Vorurteile.«
Zunae nickte zustimmend und lehnte sich nach hinten.
Belle hatte ihnen immer wieder Tee und Kekse gebracht, doch es wurde langsam sehr spät und beide hungrig. »Nur noch ein Bewerber«, bemerkte Zunae erleichtert, die kaum noch sitzen konnte. Der Stuhl war zwar gut gearbeitet, doch auf Dauer für sie und ihren empfindlichen Körper zu unangenehm. Vermutlich würde sie am Rücken und Hintern blaue Flecke bekommen.
»Bist du müde?«, fragte Yelir, denn er war generell überrascht, dass sie so lange durchhielt. Er hätte schon nach der Hälfte aufgehört, weil er entweder die Geduld oder die Lust verloren hätte. Aber er war auch einfach nicht für sowas geschaffen.
Zunae streckte sich etwas. »Ja. Aber danach kann ich mich ausruhen«, sagte sie, während sie ihren einen Arm über den Kopf hielt und mit den anderen etwas zur Seite zog. Ihr Körper fühlte sich steif und erschöpft an, weil sie zu lange gesessen hatte. Dazu kam, dass es ihr hier auch immer recht häufig kalt war, weshalb sie ihre Magie einsetzte. Auf Dauer jedoch keine Lösung.




Ein leises Klopfen ertönte, bevor die Tür geöffnet wurde.
Zunae zog überrascht die Luft ein, als sie die Frau erblickte, die eintrat.
Das blonde Haar fiel ihr in Korkenzieherlocken über die Schultern und wippte auf und ab, als sie einige Schritte in den Raum machte.
Vor sichtig griff sie nach ihrem Kleid und hob es an, um einen Knicks zu vollführen. »Eure Hoheiten«, grüßte sie, wobei sie die erste war, welche beide mit dem selben Titel ansprach.
Yelir runzelte verwundert die Stirn, denn er konnte sich nicht erinnern, eine Frau eingeladen zu haben. Nicht, weil er es nicht gewollt hatte, sondern weil es einfach niemanden gab, der sich dafür beworben hatte.
Auch Zunae war überrascht, denn sie hatte nur den Nachnamen auf ihrer Liste und hatte mit einem Mann gerechnet. Dass es eine Frau war, überraschte sie sehr positiv.
»Dame Blanche?«, fragte sie neugierig, was die Frau unschuldig lächeln ließ.
»Mein Name ist Ariel, Eure Hoheit«, erwiderte sie höflich und konzentrierte sich auf Zunae, als sie langsam näherkam.
Vorsichtig, aber sehr elegant ließ sie sich auf dem Stuhl nieder. »Bitte entschuldigt, dass ich Euch so überrasche, aber da es sich bei der Stelle um eine Ausschreibung für einen Lehrer in Etikette für die zukünftige Königin handelt, war mein Vater der Meinung, eine Frau, welche die Traditionen kennt, wäre sinnvoller«, erklärte sie ungefragt.
Überrascht darüber, dass Ariel direkt so offen mit ihr sprach, wusste Zunae nicht sofort, was sie darauf erwidern sollte.
»Fürst Blanche ist ein gerissener Mann«, erwiderte Yelir stattdessen, der Ariel eingängig musterte. Er kannte ihren Vater sehr gut. Ein Kampfgefährte aus den unzähligen Schlachten. Er hasste die Südländer, was Ariel in seinen Augen potentiell gefährlich machte. Allerdings war sie eine Nordländerin. Von ihr ging nicht all zu viel Gefahr aus. Nicht im üblichen Sinne. Zunae wäre ihr bei weitem überlegen, weshalb er sich auch nicht zu viele Gedanken darüber machte, warum sie hier war. Vielleicht war es wirklich nur, weil Fürst Blanch helfen wollte. Immerhin hatte er die Entscheidungen seines Königs nie hinterfragt und ihn immer unterstützt. Für Yelir gab es, trotz dessen Hass auf die Südländer, keinen Grund, ihm zu misstrauen.




Ariel schielte schüchtern zu ihm hinüber und errötete, da sie nicht damit gerechnet hatte, direkt angesprochen zu werden. Yelir war ein sehr schöner Mann und seine Blicke ließen ihren Körper kribbeln. »Er war auch der Meinung, dass ich in der Burg ebenfalls einiges lernen könnte«, fügte sie mit sanfter Stimme hinzu, mied dabei aber Yelirs Blick, während ihre Wangen an Röte zunahmen. Mit Zunae zu sprechen war wesentlich einfacher für sie und es war ihr bis gerade eben auch ganz gut gelungen, Yelir auszublenden. Durch seine Worte war sie sich nun jedoch seiner Gegenwart nur all zu genau bewusst.
Die Art, wie Ariel mit ihr und Yelir umging, sorgte dafür, dass Zunae sie mochte. Jedoch bemerkte sie auch die Blicke, die sie Yelir zuwarf. Kannten sie sich oder sahen sie sich das erste Mal? Ariel wirkte, als würde sie ihn mögen. War sie vielleicht verliebt und war deshalb hier?
Zunae überlegte einen Moment. Sie würde Yelir zwar heiraten, hatte aber nicht vor, ihm ein Kind zu schenken. Das passte nicht in ihre Pläne. Immerhin war sie hier, um den aufkommenden Feind zu vernichten, nicht, um eine Familie zu gründen.
Dieser Gedanke sorgte für ein Stechen in ihrer Brust, doch sie schüttelte das Gefühl sofort ab und lächelte Ariel an. »Mir gefällt deine Einstellung«, sagte sie, denn gedanklich fragte sie sich bereits, ob so ein Harem für sie nicht doch Vorteile haben könnte. So weit in die Zukunft wollte sie jedoch nicht gehen.
Ariel strahlte Zunae an. »Ich würde Euch sehr gern helfen, in den Nordlanden Fuß zu fassen«, erklärte sie unumwunden, denn sie wusste, wie wichtig es war, die Traditionen zu kennen.
Ihr Vater hatte sie zwar hierhergeschickt, damit sie die Königin überwachte, aber das hieß nicht, dass sie ihr auch nicht etwas beibringen konnte. Immerhin würde sie die Königin werden. Ariel wollte eine gute Königin.
»Dann ist es entschieden«, erwiderte Yelir. »Du wirst im Harem untergebracht. Da es schon spät ist, darfst du dich jetzt zurückziehen«, sagte er, was Ariel und auch Zunae überraschte.
Ariel erhob sich sofort und knickste. »Habt Dank«, sagte sie voller Vorfreude.
Zunae betätigte die Glocke und Belle kam in den Raum. Sie hatten zwar besprochen, was sie tun würden, sollte eine Frau Interesse haben, doch Belle war genauso überrascht Ariel zu sehen. Trotzdem schaffte sie es, schnell ihre Fassung zu wahren und Ariel professionell hinauszugeleiten.




Kaum hatte sich die Tür geschlossen, seufzte Zunae erleichtert. Sie war wirklich geschafft.
»Wieso hast du sie so schnell akzeptiert?«, wollte Zunae wissen, als sie sich langsam erhob und dabei streckte.
Yelir beobachtete sie genau. »Sie ist eine Frau und hatte eine gute Ausbildung«, erwiderte er ruhig. »Und ich kenne ihren Vater. Sie ist eine gute Wahl«, versicherte er, was Zunae nicken ließ. Es überraschte sie, dass er sich eingemischt hatte, da er sie bisher alles hatte machen lassen.
Nun legte er ihr eine Hand auf den Rücken. »Außerdem bist du müde. Du solltest dich ausruhen. Es war ein langer Tag.«
Zunae blickte zum Fenster. Als sie bemerkte, dass es draußen dunkel war, seufzte sie leise. Yelir hatte recht. Der Tag war lang gewesen und die nächsten Tage hatte sie viel vor.
Mit einem Lächeln wandte sie sich an Yelir. »Lass uns essen«, sagte sie, denn sie mochte diese kleine, unausgesprochene Absprache zwischen ihnen. Das Abendessen und das Frühstück wurde immer zusammen eingenommen.

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