DBdD-Kapitel 37

Obwohl Yelir am Abend sehr schnell einschlief, war sein Schlaf nicht sonderlich erholsam.
In der Nacht wandte er sich immer wieder hin und her, während ein Albtraum ihm in Griff hielt.
Hatte er sich die Tage schon Sorgen darum gemacht, Zunae zu viel aufzuerlegen, bestätigten seine Träume das nur noch mehr.
»Sie ist zu gut für dich«, hörte er Stimmen auf sich einreden.
»Du nutzt sie nur aus.«
»Sie wäre bei einem anderen besser aufgehoben.«
Die Stimmen hallten in seinem Kopf, während er selbst in Dunkelheit stand und nichts tun konnte, außer zuzuhören. Gleichzeitig bestätigten sie seine eigenen Gedanken.
Yelir ballte die Hand zur Faust, während er seinen Kopf einzog.
»Sie hat es nicht gut bei dir«, hallte die Stimme erneut durch die Dunkelheit und Yelir glaubte, einen schimmernden Schemen zu erkennen.
»Lass sie gehen«, hallte die Stimme weiter, während sich der Schemen von ihm entfernte.
Yelir setzte sich in Bewegung und rannte dem Schemen hinterher. Dabei wurde dieser immer deutlicher.
Rotes Haar wallte ihm entgegen, während Zunae immer klarer wurde.
Yelir rannte ihr hinterher, streckte seine Hand aus und versuchte ihren Namen zu rufen, doch kein Wort verließ seine Lippen.
Dann erkannte er Aaron, in dessen Arme sie sich warf. »Sie hat jemand Besseren verdient«, hallte die Stimme anklagend wider.
Yelir blieb jedoch nicht stehen und versuchte, den beiden näherzukommen. Er wollte sie zur Rede stellen und wissen, warum sie vor ihm wegrannte, doch kurz bevor er sie erreichte, fiel er in ein dunkles Loch.
Er wedelte wild mit den Armen, bevor er heftig mit dem Rucken am Boden aufkam.
»Das alles wird mir zu viel«,drang Zunaes flüsternde Stimme an sein Ohr.
»Er wälzt alles, was er nicht kann, auf dich ab«, stimmte eine Stimme zu, die Yelir nicht einordnen konnte. Sie klang etwas wie Aaron, aber auch wie Degoni.
»Du solltest ihn verlassen. Bei mir kannst du dich entspannen.«
Yelir versuchte sich aufzurappeln, doch als er saß, entdeckte er Aaron und Zunae, die zusammen um ihn herum tanzten. Dabei trug Zunae das Hochzeitskleid, das er so schön gefunden hatte, weil es zeigte, dass sie zu ihm gehörte. Nur war es dieses Mal in einem reinen Weiß, wie es wohl bei ihr zuhause gewesen wäre.




»Mir mir zusammen kannst du zurück in die Südlande. Niemand zwingt dich, hier zu bleiben«, erklang die Stimme des Mannes lockend.
»Oh ja«, hauchte Zunae, die sich an ihn schmiegte.

Yelir spürte ein Rütteln, dass die Dunkelheit um ihn herum zerstörte.
Seichtes Licht eines sanfte Lichtballes empfing ihn, als er blinzelnd die Augen öffnete.
Schwer atmend lag er im Bett, während Zunae neben ihm saß und ihn noch immer leicht rüttelte. »Yelir«, sagte sie besorgt, denn er hatte sich so sehr hin und hergeworfen und leise, verzweifelt gestöhnt, dass sie aufgewacht war.
Vorsichtig wandte Yelir den Blick und brauchte einen Moment, um zu verstehen, dass er aufgewacht war.
»Geht es dir gut?«, fragte Zunae, die vorsichtig über sein Gesicht strich. »Hattest du einen Albtraum?«, fragte sie, wobei ihre goldenen Augen ihn besorgt musterten.
Yelir griff sich an den Kopf, der ihm das Gefühl gab, gleich zu platzen.
»Ja«, erwiderte Yelir, der es nicht schaffte, Zunae anzusehen. Er war völlig verschwitzt und sein Herz ging schnell, doch das schlimmste waren seine Gefühle.
Es war nur ein Albtraum, doch die Vorwürfe waren wahr. Er nutzte Zunae aus und war nicht gut für sie. Trotzdem wollte er sie einfach nicht mehr missen. Die Vorstellung, sie würde zu Aaron gehen, zog ihm so sehr das Herz zusammen, dass er kaum noch Luft bekam.
Mit einer schnellen Bewegung zog er Zunae fest an sich. Zuerst überrascht, dann verwirrt schlang sie schließlich ihre Arme um Yelir. »Es ist alles gut, ich bin hier«, flüsterte sie. Obwohl sie keine Ahnung hatte, was ihn in seinen Träumen quälte, hatte sie unbewusst die richtigen Worte gewählt.
Yelir drückte sie noch fester und nahm ihren beruhigenden Duft auf. Ja. Sie war hier. Bei ihm.
Zunae hielt ihn einfach, während sie bemerkte, dass sich sin heftig schlagendes Herz langsam beruhigte. »Möchtest du ein Bad nehmen?«, fragte sie, denn da sie nun beide wach waren, konnten sie sich auch anders entspannen.
»Das werde ich wohl müssen«, brummte Yelir, der Zunae eigentlich nicht loslassen wollte.
»Ich komme mit«, sagte sie, löste sich etwas und küsste seine Stirn, wie er es oft bei ihr machte.
»Es ist noch immer spät in der Nacht. Du solltest schlafen«, bemerkte Yelir, der es noch immer nicht schaffte, ihr in die Augen zu sehen.




»Ich bin ausgeruht genug«, sagte sie und küsste sanft seine Lippen. Wenn sie ehrlich war, wollte sie auf keinen Fall wieder schlafen. Sie hatte ebenfalls schlecht geträumt, doch zum Glück hatte es sich nicht um eine Vision gehandelt. Wenn es doch eine gewesen wäre, hätte sie wieder die Zeit wechseln können, ohne, dass es Yelir aufgefallen wäre. Sie wollte sich nicht vorstellen, wie er sich gefühlt hätte, wenn sie einfach nicht mehr neben ihm gewesen wäre.
»Sicher?«, fragte Yelir stirnrunzelnd, als er nun doch Zunae betrachtete. Sie war ebenfalls verschwitzt, was nicht an der Temperatur im Raum liegen konnte. Das Feuer war erloschen und ohne den Wärmezauber auf der Decke wäre es recht kalt.
»Ja, warum nicht. Wir gehen kurz im Wasser entspannen und dann legen wir uns wieder hin«, sagte sie, während sie sich schon erhob und Yelir mit sich zog.
»Aber die Diener schlafen gerade«, murmelte er, denn so leicht würde es nicht werden, das Becken zu füllen.
»Lass das meine Sorge sein«, bemerkte Zunae, die aufgedrehter war, als es für die Uhrzeit angemessen war. Was daran lag, dass sie zwar müde war, doch durch ihren eigenen Traum zu aufgedreht.
»Na gut«, murmelte Yelir, der ihr folgte. Er hoffte sehr, dass er auf andere Gedanken kam, wenn er mit Zunae einen ruhigen Abend im Wasser genoss.
Yelir stapfte Zunae hinterher und als sie das angrenzende Bad betraten, bemerkte er, dass sich bereits im Becken magisch Wasser bildete. Außerdem war da eine Sillouhette, die er nicht ganz einordnen konnte.
»Wann hast du denn einen Vertrauten beschworen?«, fragte Yelir, der nichts mitbekommen hatte.
»Ach«, erwiderte Zunae abwinkend, denn sie wollte nicht sagen, dass ihr Albtraum Ehana auf den Plan gerufen hatte.
Yelir brummte, weil sie schon wieder auswich, doch er nahm es so hin.
Als das Wasser fertig eingelassen war, steckte er selbst eine Hand hinein, um es zu erwärmen.
Als Kind der Götter sollte er auch normale Magie nutzen können, doch in seiner Blutlinie waren nur die Gaben stark ausgeprägt. Allgemeine Magie war eher verloren gegangen und trotzdem versuchte er sein Bestes, da er nicht wollte, dass Zunae zu viel machte.
Als er mit der Temperatur zufrieden war, wandte er sich zu seiner Frau, die sich bereits ausgezogen hatte und ihn auffordernd anlächelte.




Schnell zog sich auch Yelir aus, bevor er mit Zunae zusammen einstieg. Das dampfende Wasser entspannte seine Muskeln, die sich durch den Traum verkrampft hatte.
Zunae schmiegte sich vertrauensvoll in seine Arme, was Yelir nur noch mehr beruhigte. Aber nicht genug, um nicht trotzdem Sorge zu empfinden. »Fühlst du dich hier unwohl?«, fragte er leise, denn er wollte eine Antwort von ihr.
Überrascht blickte Zunae nach oben und versuchte seine Augen zu finden, doch die Position machte es ihr nicht leicht.
Yelir zog sie fest an seine Brust, damit sie sich nicht drehen konnte. »Wie meinst du das?«, fragte sie schließlich.
Einen Moment schwieg Yelir, um nach Worten zu suchen. »Fühlst du dich … überfordert? Willst du zurück in die Südlande?«, wollte er wissen, denn diese Hochzeit war politischer Natur. Es wäre nur natürlich, wenn sie sich nach ihrer Heimat sehnte.
»Warum sollte ich mich überfordert fühlten?«, fragte sie verständnislos. Irgendwie gelang es ihr nicht ganz, ihm zu folgen.
Yelir brummte. »Weil ich so viel auf dich abwälze«, murmelte er leise.
Zunae stieß ein leises Lachen aus. »Ich mache solche Sachen gern. Es macht mir Spaß. Du musst dir keine Sorgen machen«, versicherte sie und strichelte seinen Arm.
»Ich will trotzdem nicht, dass du dich … ausgenutzt fühlst.«
»Tue ich nicht«, versichert Zunae. »Es macht Spaß, Dinge zu verwirklichen, die andere glücklich macht«, versicherte sie. Auch, wenn es ihr Ziel war, so viel Gutes zu tun, wie sie konnte, solange sie noch die Möglichkeit hatte, log sie nicht. Es machte ihr Spaß. Planung und Umsetzung waren Dinge, die ihr eine gewisse Genugtuung gaben.
Yelir zog sie fester an sich und vergrub seinen Kopf an ihrem Nacken. »Ich mache mir nur Sorgen, dass du dich unwohl fühlst und eigentlich lieber wider zuhause wärst«, murmelte er an ihre Haut und küsste sie leicht, um sich zu beruhigen.
»Ich bin doch zuhause«, erwiderte Zunae, ohne großartig darüber nachzudenken, dass Yelir die Nordlande meinte.
Yelir spürte Erleichterung in sich aufsteigen. Sie hatte nicht einmal gezögert. Vielleicht waren seine Sorgen unnötig und er machte sich einfach zu viele Gedanken.

Wie gut gefällt dir dieses Buch?

Klicke auf einen Stern zum bewerten.

Durchschnitt 5 / 5. Anzahl: 2

Bisher keine Bewertungen

Kommentare