Mirani-Kapitel 39

~Rashid~
Ich schlug meine Zimmertür hinter mir zu und fluchte, bevor ich zu meinem Spiegel ging. Davor hob ich mein Hemd an und blickte auf den dunklen, blauen Fleck, den Miranis Faust hinterlassen hatte.
Ich spürte die Schmerzen noch immer, dabei war schon ein ganzer Tag seitdem vergangen. Wie konnte es sein, dass meine Selbstheilung nicht einsetzte? Warum dauerte das so lange?
Keine Omega könnte bei mir eine solche Verletzung hinterlassen. Etwas stimmte mit dieser Frau nicht. Warum war sie hier? Wirklich nur, weil sie Mutter helfen sollte?
Und ihre Gabe … Ich wurde aus ihr nicht schlau. Es hatte gewirkt, als hätte sie bei Nael etwas Gesehen, doch bei mir, als sie mich geschlagen hatte, nicht? Wie konnte das sein? Ich war mir sicher, dass sie nur etwas vorspielte.
Sie war gefährlich und das musste ich Mutter irgendwie erklären. Aber ihr zu erzählen, dass ich gegen sie verloren hatte … nein. Diese Blöße würde ich mir nicht geben. Vor niemandem.
Eine bekannte Aura kündigte sich an, sodass ich schnell mein Hemd wieder runterzog und mich umdrehte. »Sprich«, knurrte ich den Mann an, der aus den Schatten trat.
Er trug eine sandfarbene Tunika und einen Schleier vor dem Mund. An seinem Gürtel befanden sich lange, dünne Klingen. Gut sichtbar, doch ich wusste, dass es nicht die einzigen Waffen waren, die dieser Klingentänzer bei sich trug.
Nolan war das Ass meiner Spionageabteilung. Ich war mir sicher, dass er meiner Aufgabe gewissenhaft nachgekommen und alles über Mirani herausgefunden hatte, was ich wissen musste.
»Alpha«, grüßte er mich und verneigte sich, wie er es immer tat.
Heute störte mich diese Formalität, denn ich wollte, dass er mir alles sagte, was er herausgefunden hatte.
»Dieses Mädchen, das bei Euch zu Gast ist, ist wirklich die Tochter von Maeve Nebelweiss«, erklärte er.
Ungeduldig tippte ich mit meinen Fingern auf meinen Arm. Ich hatte sie vor der Brust verschränkt und blickte ihn abwartend an.
»Außerdem wohnt sie nicht im Haupthaus. Sie wird auch kaum erwähnt. Es deutet also alles darauf hin, dass sie eine Ausgestoßene aus der eigenen Familie ist«, sagte er, was mich jedoch nicht ganz befriedigte. Es waren zu oberflächliche Informationen.
»Sonst noch etwas?«, fragte ich ungeduldig.
Nolan schüttelte den Kopf. »Das ist alles, was ich auf die Schnelle herausfinden konnte. Entweder, es gibt nicht viel mehr, oder die Informationen über sie sind verborgen.«
Ich runzelte die Stirn. Hielt jemand Informationen über sie geheim?
»Finde mehr heraus. Wer ihr Vater ist, was sie die Jahre gemacht hat. Wie Maeve und Kaelen zu ihr stehen«, forderte ich auf. Ich hatte mit all diesen Informationen gerechnet, doch so einfach war es wohl nicht, an sie heranzukommen. Dazu würde Nolan mehr Zeit brauchen, das war mir klar.
»Wie Ihr wünscht«, sagte er, bevor er sich wieder zurück in den Schatten zog und sein Netzwerk kontaktierte.
Die Aethelhain-Inseln waren recht weit von der Dämmerwüste entfernt, sodass ich nicht schnell mit weiteren Informationen über sie rechnete. Ich würde mich in der Zwischenzeit hier darum kümmern, sie im Auge zu behalten.
Nur war sie gerade mit Asher zusammen in der Wüste, um den toten Wölfen nachzugehen.
Ich stieß ein Schnauben aus, als ich zum Fenster ging und hinaus auf die Zufahrt unseres Anwesens blickte.
Warum hatte Mutter sie nur hergeholt? Die toten Wölfe waren nun wirklich nichts, was großartig Probleme machte. Es waren zu wenige, um zu sagen, dass es wie eine Seuche war. Vielleicht pro Jahr einen. Es gab mehr Tote während der verbotenen Untergrundkämpfe oder durch die Raq’har-Droge. Darum sollten wir uns kümmern.
Ich war mir ziemlich sicher, dass wir uns mit Mirani nur noch mehr Ärger ins Land geholt hatten.
Mein Blick wanderte über die Stadt. Ich liebte sie und würde sie verteidigen, doch würde ich so weit gehen und Miranis Hilfe annehmen?
Ihre Gabe war nützlich, das konnte ich nicht bestreiten, doch auch gefährlich.
Ich durfte also nicht zulassen, dass sie einfach so durch meine Stadt streifte. Es gefiel mir nicht, dass nur Asher bei ihr war. Er würde sie nicht aufhalten können. Generell glaubte ich nicht, dass er überhaupt zu etwas fähig war.
Vielleicht sollte ich mich an ihre Fersen heften und so mehr herausfinden.
Aber ich wollte auch nicht in ihrer Nähe sein.
Meine Hand wanderte zu meinem schmerzenden Bauch. Wie hatte sie das gemacht? Was war ihr Geheimnis?
War sie vielleicht sogar ein Spion, den Maeve geschickt hatte?
Ich stieß frustriert die Luft aus und wollte mich gerade abwenden, da entdeckte ich meinen Versagerbruder, der mit dem Mädchen zurückkehrte.
Als ich beide musterte, konnte ich nicht anders, als den Mund zu verziehen. Er stützte sie sichtbar.
Körperkontakt, den wir alle vermeiden sollten.
Von wegen. Ich war mir sicher, dass sie es kontrollieren konnte und uns nur etwas vorspielte.
Frustriert ballte ich die Hand zur Faust und wandte mich dann vom Fenster ab.
Es dauerte nicht lange, da klopfte es und eine Dienerin informierte mich darüber, dass meine Mutter eine Versammlung einberufen hatte.
Ging es um das, was Mirani und Asher herausgefunden hatten? Wenn sie überhaupt etwas Neues dazu beitragen konnten.































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