Mirani-Kapitel 63

~Mirani~
Nur zögerlich löste ich mich von Kaelen, wollte ich seine Umarmung doch weiter genießen.
Dieser starrte mich noch immer an, als würde er seinen Augen nicht trauen, was mich vorsichtig lächeln ließ. Erst dann schob er mich etwas zurück und musterte mich von Kopf bis Fuß. »Bist du verletzt? Geht es dir gut?«, fragte er, wobei ich spürte, dass er zitterte.
»Mir geht es gut«, versicherte ich und schielte kurz zu Asher zurück. Alise heilte Zahira noch immer, doch ich konnte ihr ansehen, dass sie sich langsam erholte.
Ein erleichtertes Seufzen von meinem Bruder zog meine Aufmerksamkeit wieder zu diesem zurück.
»Was haben sie mit dir gemacht? Warum hast du deinen Nebel zurückgezogen? Mutter ist krank vor Sorge«, brachte er hervor, während sich langsam die Mitglieder meines Rudels um mich versammelten, um zu sehen, wie es mir ging.
»Es … gab ein Rakshasa Problem, das ich so nicht erwartet habe«, sagte ich vorsichtig, wobei ich leises Flüstern hörte. Es blieb ihnen nicht verborgen, dass ich in der Lage war, Kaelen zu berühren. Immerhin hielt ich noch immer seine Hand.
»Das ist alles?«, fragte Kaelen misstrauisch.
Ich wurde ein wenig rot um die Nase. »Ja. Es tut mir wirklich leid, dass ich euch Sorgen gemacht habe.«
Ein Seufzen erklang, dann fuhr sich Thalen durch die Haare. »Ich würde ja sagen, dass du uns eine Nachricht hättest schreiben können«, sagte er und sah sich um, »aber die Situation sieht nicht aus, als wäre das möglich gewesen.«
Ich war erleichtert, dass er verständnisvoll war. Mir eine Strafpredigt von ihm anzuhören, hätte ich jetzt nicht ertragen.
»Was macht ihr eigentlich alle hier?«, fragte ich, denn erst jetzt wurde mir klar, dass wirklich aus jedem Rudel, egal wie groß es war, das auf den Aethelhain-Inseln lebte, ein Mitglied bei dieser Gruppe dabei war.
Es handelte sich nicht um das Heer, das für Kriege ausgebildet wurde, dennoch waren alle von ihnen Soldaten.
Kaelen schnippte mir leicht gegen die Stirn, wie er es auch schon immer getan hatte, als wir noch Kinder waren. Eine Geste, die mich so irritierte und überraschte, dass ich mich kurz in meine Kindheit zurückversetzt fühlte. »Wir haben uns alle Sorgen um dich gemacht«, bemerkte er mit einem tadelnden Unterton.
Ich ließ meinen Blick über die erleichterten Gesichter wandern und spürte, wie mein Herz schwer wurde. Viele dieser Männer und Frauen hatte ich gekannt, als ich noch ein Kind gewesen war. Damals waren sie auch noch Kinder und meine Spielkameraden. Dass sie sich noch immer an mich erinnerten, trieb mir die Tränen in die Augen.
Erneut schmiegte ich mich in Kaelens Umarmung und ließ meinen Tränen freien Lauf, während mein kleiner Bruder seine Arme um mich schlang und mir sanft den Rücken streichelte.
Ich konnte noch gar nicht richtig glauben, dass der Kampf endlich vorbei war.
»Da wir jetzt sichergestellt haben, dass es dir gut geht, sollten wir wieder gehen«, bemerkte Kaelen, als würde er sich nicht so ganz wohlfühlen. »Sonst wird unser Eingreifen noch als Kriegserklärung betrachtet.«
»Darüber müsst ihr euch keine Sorgen machen«, bemerkte plötzlich Asher, der von seiner Mutter abgelassen hatte und langsam auf mich zukam. Sein Blick fixierte Kaelen, was mich ein wenig unruhig machte.
Kaelen zog mich fester in seine Arme, als würde er mich vor Asher beschützen wollen. Sein Blick wurde ähnlich lauernd wie der von Asher. »Du bist Schuld daran, dass sie in dieses Chaos mit hineingezogen wurde«, knurrte er, wobei ich den Ärger in seiner Stimme gut hörte. Die Feindseligkeit, die von ihm ausging, kam überraschend und gleichzeitig hätte ich damit rechnen sollen. »Du solltest sie doch beschützen.«
Asher machte eine wegwerfende Handbewegung. »Mirani braucht keinen Beschützer. Sie ist stark genug, um auf sich selbst aufzupassen. Wenn, dann hat sie eher die Dämmerwüste beschützt«, erwiderte er, was mich mit Stolz füllte. Er erkannte meine Kraft an und ich hörte den Stolz in seiner Stimme.
Kaelen kniff die Augen weiter zusammen. »Der Auftrag ist erfüllt, oder?«, fragte er, wobei ich langsam das Gefühl hatte, er wollte mich zerdrücken.
»Ist er«, stimmte Asher zu, doch ich hatte das Gefühl, sie würden gleich aufeinander losgehen.
»Dann kann ich sie jetzt auch mitnehmen«, bemerkte Kaelen, der mich bereits zu den anderen schob.
Asher stieß ein Knurren aus, während seine Aura sich langsam ausbreitete und Kaelen überrascht zucken ließ.
Ich riss mich aus seiner Umarmung los und blickte ihn ein wenig verärgert an. »Habe ich bei der Sache auch noch was zu sagen?«, fragte ich und stemmte die Hände in die Hüfte.
Sofort hob Kaelen beschwichtigend die Hände. Ich konnte jedoch auch Sorge und Angst in seinen Augen sehen. »Du kommst doch wieder zurück, oder?«, fragte er, was mich wirklich traf.
Das war eine sehr gute Frage. Ich wollte sofort sagen, dass ich bei Asher bleiben wollte, doch konnte ich ihnen das antun?
Mein Blick glitt zu Asher, der zwar erhaben dastand und wartete, doch in seinen Augen konnte ich die Furcht vor meiner Antwort sehen. Hatte er ebenfalls Angst?
Hin- und hergerissen zwischen meinem Bruder und dem Mann, den ich liebte, wusste ich nicht sofort, was ich sagen sollte.
»Kaelen«, sagte ich schließlich sanft, denn eigentlich hatte ich mich schon längst entschieden. »Ich bin nicht mehr die Alpha der Aethelhain-Inseln und obwohl es meine Heimat ist und ich mein Rudel liebe, kann ich nicht zurückkehren«, erklärte ich, wobei ich versuchte, meine Stimme nicht zittern zu lassen. »Ich werde mit Mutter alles klären, aber ich möchte meine neugewonnene Freiheit auskosten, solange ich kann«, sagte ich schnell, bevor Kaelen etwas erwidern konnte. Ich konnte ihm ansehen, dass er protestieren wollte, doch als Asher ein paar weitere Schritte auf mich zu machte und seinen Arm sanft um meine Taille legte, verzog Kaelen nur das Gesicht. Dann stieß er ein Seufzen aus.
»Verstehe«, grummelte er, als hätte er sich seinem Schicksal ergeben.
Vorsichtig nahm er meine Hände in seine, als hätte er noch immer Angst, dass er mich damit verletzte. »Ich möchte, dass du weißt, dass du immer willkommen bist. Wenn es sein muss, auch mit dem da«, bemerkte er und deutete mit seinem Kinn auf Asher.
Dieser knurrte, was mich leise kichern ließ. Ich konnte nicht genau sagen, ob beide Freunde waren, doch zumindest war ich erleichtert, dass Kaelen nicht versuchte, mir das auszureden. Es wäre vergebens und am Ende würden wir uns vielleicht streiten. Das wollte ich nicht.
Kaelen ließ meine Hand los und wandte sich zu seinen Leuten. »Wir haben erreicht, weshalb wir hier waren. Wird Zeit, wieder heimzukehren«, bemerkte er, was leises Murmeln auslöste.
»Ruht euch ein paar Nächte bei uns aus«, bot Asher plötzlich an. Er wusste, wie anstrengend es war, durch die Wüste zu reisen. »Ich bin sicher, Vater wird euch das Portal öffnen, damit ihr heimkehren könnt.«
Ich blinzelte überrascht, denn daran hatte ich gar nicht gedacht. Azhar war in der Lage, das Portal zu nutzen, was ganz hilfreich war.
Kaelen blickte noch einmal zurück und verzog leicht den Mund, als ihm klar wurde, dass sie alle erschöpft von der Reise und dem Kampf waren. »Gut. Wir würden trotzdem nur ungern auffallen«, gab er von sich, als Kaeden plötzlich auf Thalens Schulter landete.
Sein Schnabel streifte seine Wange, bevor der Vogel wieder abhob.
Ich hatte nicht erwartet, ihn zu sehen und spürte das Bedürfnis ihn zu streicheln, doch er hielt Abstand, selbst als ich meine Hand nach ihm ausstreckte.
Thalen beugte sich zu meinem Bruder und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Ich verstand es nicht und konnte nur einen Fetzen davon aufschnappen. »Passt zu ihm. Haut der einfach wieder ab und lässt uns hier allein«, knurrte Kaelen kopfschüttelnd.
Bevor ich fragen konnte, kam Alise auf uns zu. Sie sah vorsichtig und unsicher aus. »Zahira ist außer Lebensgefahr«, erklärte sie Asher leise, während sie die Blicke meines Rudels mied. »Sie und Khali müssen sich trotzdem ausruhen.«
Asher nickte und strich mir kurz über den Arm. »Bring du deine Leute zum Anwesen. Ich kümmere mich um den Rest«, versicherte er und drückte mir einen sanften Kuss auf die Wange, der ein leises Raunen und Kichern auslöste.
Ich spürte, wie mir die Röte in die Wangen schoss, versuchte aber dennoch, mich meiner Aufgabe zu widmen. Sie mussten müde sein.


































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