Ascardia-Kapitel 1

~Ascardia~
Der Fuß dieses verdammten Alphas drückte mich nieder, während einer seiner Handlanger mir die Arme fest auf den Rücken band.
Das Seil schnitt tief in meine Haut, doch ich gab ihnen nicht die Genugtuung, einen Schmerzenslaut von mir zu geben. Stattdessen strampelte ich wild mit den Beinen und versuchte alles, um mich zu befreien.
Vergebens.
Die Stärke eines Alphas war eben nicht von dieser Welt.
Erst recht nicht die von Rashid, der überall gefürchtet war.
Natürlich hatte ich mir ausgerechnet seinen Clan zum Beklauen ausgesucht.
Wie dumm konnte ich nur sein. Das war die denkbar ungünstigste Wahl.
»Schön ist sie ja nicht gerade«, bemerkte die Frau, die mich eingängig musterte.
Hatte sie man in einen Spiegel geschaut? Mit ihrer Rabennase und den anstehenden Ohren glich sie eher einem Telnor-Geier. Und sie schien sich auch mit Aß zufriedenzugeben, wenn sie mich als Ersatz für ihre Tochter wollte.
»Muss sie ja auch nicht sein. Die Götter interessiert nur, dass sie Jungfrau ist«, erwiderte Rashid, der endlich seinen Fuß von mir nahm.
Ich wollte aufspringen und wegrennen, doch sie wie sie mich gefesselt hatten, konnte ich nicht einmal über den Boden kriechen.
Verdammt, wann hatten sie denn auch meine Beine zusammengebunden?
Und wo hatten sie überhaupt so viel Seil her?
»Bastarde«, knurrte ich, wofür ich mir einen Tritt in die Seite einging, der meinen ganzen Körper zum Zittern brachte.
Verdammt tat das weh. Wollte er mir sämtliche Knochen brechen?
»Sei vorsichtig, dass du sie nicht tötest, bevor wir sie opfern können«, lachte der Mann mit dem Vogel, der sich zu mir niederkniete.
Seine krallenbewehrten Finger legten sich schmerzhaft um ein Kinn und zogen meinen Kopf nach oben.
Mein Körper ächzte unter der Behandlung, konnte ich mich doch nicht einmal erheben.
»Feuer hat sie«, erwiderte Rashid, während ich noch immer angestarrt wurde.
»Das ist auch alles«, seufzte der Mann und ließ mein Kinn los.
Ich spürte, wie sich Finger in meine Haare krallten und mich dann nach oben zogen.
Das Gefühl, als würden mir sämtliche Haare ausgerissen, ließ mich aufwimmern, doch ich unterdrückte die Tränen, die mir in die Augen traten.
Schwäche war Tod. Ich wollte ihre Gewaltbereitschaft nicht noch mehr schüren.
»Die Feier beginnt gleich. Wir sollten uns beeilen, sonst kommen wir zu spät«, sagte die Frau aufgeregt, während mich Rashid mit sich zog.
Da meine Arme und Beine gefesselt waren, konnte ich nicht laufen und wurde unsanft über den heißen Boden gezogen.
Nur, weil ich bereits abgehärtet war, zog ich mir dabei keine ernsthaften Verletzungen zu.
Ich hatte noch immer keine Ahnung, was hier vor sich ging, war aber überrascht, als ich die Ansammlung an Werwölfen erblickte. So viele Menschen auf einen Haufen hatte ich noch nie gesehen. Das mussten alle Bewohner des Gluthains sein. Was machten sie alle hier?
»Wird aber auch Zeit«, knurrte ein junger Mann, der als einziger von ihnen ein Schwert trug. Es war abgenutzt, würde seinen Zweck aber sicherlich erfüllen.
Panik überkam mich.
Hatten sie nicht etwas von einem Opfer gesagt? Wollten sie mich vielleicht töten?
Nein. Das konnte nicht sein. Das durfte nicht sein.
Ich fuhr meine Krallen aus, um damit das Seil zu bearbeiten, das meine Arme hielt. Es war schwer dieses zu erwischen und so schnitt ich nicht nur einmal in meine eigene Haut.
Ich roch das Blut, doch allen anderen würde es vermutlich nicht auffallen. Dazu war der Geruch von Schwefel, der von Meersalz überzogen wurde, zu stark.
So nah war ich schon lange nicht mehr am Wasser und ich hätte die kühle Brise genossen, wäre da nicht die Panik, die drohte mein Herz zu sprengen.
»Wir haben da was gefunden«, lachte Rashid, der mich plötzlich nach vorn warf.
Ich knurrte frustriert. »Mistkerl«, warf ich ihn um die Ohren, doch meine Stimme wurde komplett ignoriert.
»Was soll das?«, fragte die knurrende Stimme des Schwertmannes.
»Das Opfer. Damit wir niemanden von uns nehmen müssen«, erklärte Rashid, was meine Bemühungen, meine Hände zu befreien, noch verstärkte.
Ich spürte die ganzen musternden und starrenden Blicke auf mir, was mich schaudern ließ.
Sie meinten das tatsächlich ernst!
Scheiße, scheiße, scheiße.
Wo war ich hier nur hineingeraten?
In meiner Panik schnitt ich mir noch mehr in meine eigene Haut, doch ich spürte, wie sich das Seil ein wenig bewegte. Ich musste kurz davor sein, es zu lösen.
Als ich wieder hochgezogen wurde, achtete ich kaum darauf. Meine ganze Konzentration lag auf dem Seil, das ich lösen musste. Wenn meine Hände frei waren, würden meine Füße kein Problem mehr sein.
Ich musste nur …
Plötzlich wurde ich geworfen und landete hart auf etwas, das unter mir wackelte.
Orientierungslos und mit meinen Haaren, die mir die Sicht verschleierten, versuchte ich zu verstehen, was vor sich ging.
Wo war ich? Was war das unter mir?
Es schwankte und mir wurde schlecht.
War das Holz? Aber warum wankte es? Eine Brücke?
Nein. Ich bewegte mich, oder?
Die Übelkeit, die mich überkam, war so schlimm, dass ich mich kaum noch darauf konzentrieren konnte, was ich eigentlich vorhatte. Meine Hände zu befreien war plötzlich noch schwieriger, denn ich zitterte am ganzen Leib.
Um besser sehen zu können, bewegte ich mich, bis ich schließlich auf den Rücken lag und in den Himmel sehen konnte.
Die sanften Wattewolken ließen mich einen Moment vergessen, wo ich mich befand, bis das Schwanken so stark wurde, dass ich sogar ein Stück vom Boden hochgehoben und herumgeschubst wurde.
Meine Füße berührten plötzlich etwas eiskaltes, was mich zucken ließ.
Panisch schüttelte ich mir die Haare aus dem Gesicht, nur um auf Wasser zu schauen.
Hatten sie mich auf das Meer hinausgeschickt?
Panisch löste ich endlich das Seil, um mich aufzusetzen und umzusehen.
Ich war auf einem kleinen Floß mitten im Wasser.
Scheiße. Ich konnte doch gar nicht schwimmen!
»Was soll das?«, schrie ich, doch ich glaubte kaum, dass meine Stimme auf die Insel drang. Diese war kaum noch am Horizont zu sehen.
Mein Herz setzte aus, denn ich näherte mich den riesigen Strudeln, die den Gluthain umgaben.
Es war nicht möglich, mit einem Boot zu fliehen. Die Strudel waren tödlich.
»Ihr könnt mich doch nicht einfach so in den Tod schicken!«, schrie ich, weil ich nicht wusste, was ich tun sollte.
Zitternd versuchte ich meine Beine zu befreien.
Wenn ich das Holz nutzen konnte, um Halt zu finden, war es mir vielleicht möglich, gegen den Strudel anzukämpfen und zur Insel zurückzukehren.
Gerade, als ich diese Gedanken gefasst hatte, wurde ich heftig durchgeschüttelt.
Ich krallte mich sofort fest, doch die Hälfte meines Körpers krachte trotzdem in das Wasser.
Wie Nadelstiche bohrte sich die Kälte in meine Haut und ließ meine Sicht für einen Moment verschwimmen.
Als ich wieder klar sehen konnte, war es plötzlich dunkel geworden.
War der Tag so schnell der Nacht gewichen?
Nein, das konnte nicht sein!
Allerdings konnte ich nicht nach der Ursache suchen, denn ich war mittlerweile so nah an dem Strudel, dass ich nicht mehr dagegen ankam.
Das Wasser riss mich in die Tiefe und schleuderte mich so stark hin und her, dass ich die Orientierung vollends verlor.
War das mein Ende?
































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